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Der Portfolio-Ansatz in der Schülerbeurteilung der USA und seine ...

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e<strong>in</strong>gehalten waren <strong>und</strong> die Lernenden e<strong>in</strong> vollständiges <strong>Portfolio</strong> abliefern konnten<br />

(Borko & Elliott, 1998, S. 6−11). Über ähnliche Probleme berichtet auch e<strong>in</strong>e Fallstudie<br />

von Wolf <strong>und</strong> McIver (1998) für das Schreib-<strong>Portfolio</strong> <strong>in</strong> Kentucky. Auch hier<br />

kämpften die Lehrpersonen mit den zeitlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, die sie vor das<br />

grosse Problem stellten, sowohl den Ansprüchen aus dem Curriculum als auch jenen<br />

des <strong>Portfolio</strong>s gerecht zu werden. Dies führte letztlich dazu, dass die für das Schreib-<br />

<strong>Portfolio</strong> wichtigen Aspekte, Reflexion <strong>und</strong> Überarbeiten, nicht <strong>in</strong> dem Ausmass geför<strong>der</strong>t<br />

wurden, wie es aus Sicht <strong>der</strong> Lehrpersonen selbst nötig gewesen wäre (Wolf &<br />

McIver, 1998, S. 7−8). Callahan (2001, S. 177−200) berichtet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fallstudie davon,<br />

dass <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Korrektur <strong>der</strong> Schreib-<strong>Portfolio</strong>s bei den untersuchten<br />

Lehrpersonen <strong>in</strong> Kentucky zu ethischen Konflikten <strong>und</strong> Stresssituationen geführt habe.<br />

Den Korrigierenden fiel es sehr schwer, die „richtige“ Bewertung für e<strong>in</strong> <strong>Portfolio</strong> zu<br />

f<strong>in</strong>den, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e dann, wenn sie die Person aus dem Unterricht kannten, die das<br />

<strong>Portfolio</strong> erstellt hatte (Callahan, 2001, S. 189−196). Sie fühlten sich unsicher <strong>und</strong><br />

unbefriedigt, weil sie (a) während des Korrekturprozesses zunehmend den E<strong>in</strong>druck<br />

gewannen, nicht allen <strong>in</strong>volvierten Parteien (Lernende, Schule, Staat, eigene Fachschaft)<br />

<strong>und</strong> ihren Interessen im gleichen Ausmass gerecht werden zu können, <strong>und</strong> (b)<br />

auch während <strong>der</strong> Korrektur nicht über die Zeit verfügten, diese Unsicherheiten <strong>und</strong><br />

Zweifel h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Bewertung untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> auszudiskutieren <strong>und</strong> zu klären.<br />

Langfristig entwickelten die Lehrpersonen gemäss <strong>der</strong> Studie von Callahan (2001, S.<br />

196) für die als Stress empf<strong>und</strong>ene <strong>Portfolio</strong>-Korrektur Überlebensstrategien, d.h. sie<br />

wählten möglichst effiziente Vorgehensweisen für die Korrektur, vermieden vertiefte<br />

Gespräche über e<strong>in</strong>zelne <strong>Portfolio</strong>s <strong>und</strong> befassten sich auch nicht mehr mit <strong>der</strong> belastenden<br />

Untersuchung <strong>der</strong> möglichen Folgen ihrer Bewertung. Callahan (2001,<br />

S. 196−198) kommt zum Schluss, dass die Lehrpersonen aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> eigenen<br />

Situation <strong>und</strong> <strong>der</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, welche primär auf e<strong>in</strong>e möglichst effiziente<br />

Korrektur ausgerichtet waren, die Vermeidung von Konflikten <strong>und</strong> das Abschieben<br />

von Verantwortung an übergeordnete Stellen als Lösungsstrategien für ihre ethischen<br />

Konflikte bei <strong>der</strong> Korrektur gewählt hatten. Die Gelegenheit, die bei <strong>der</strong> <strong>Portfolio</strong>-<br />

Korrektur enstehenden <strong>und</strong> belastenden ethischen Konflikte als Anlass für e<strong>in</strong>e berufliche<br />

Weiterentwicklung zu nützen, seien lei<strong>der</strong> nicht genutzt worden, so Callahan’s<br />

Fazit (2001, S. 197).<br />

Zusammenfassend bestätigen die Forschungsergebnisse <strong>in</strong> ihrer Tendenz e<strong>in</strong>erseits die<br />

erwartete <strong>und</strong> erhoffte positive Folgewirkung, wonach das <strong>Portfolio</strong> als spezifische<br />

Form <strong>der</strong> <strong>Schülerbeurteilung</strong> dazu führe, dass <strong>der</strong> Unterricht stärker schülerorientiert<br />

geplant <strong>und</strong> durchgeführt werde, d.h. die Lernenden mehr Gelegenheit erhalten, selbstgesteuert<br />

zu lernen. An<strong>der</strong>erseits decken die Studien aber auch die negativen Folgewirkungen<br />

für die Lehrpersonen auf. Das <strong>Portfolio</strong> führt, so wird e<strong>in</strong>hellig festgestellt,<br />

zu e<strong>in</strong>er grösseren Verantwortung <strong>und</strong> zu e<strong>in</strong>er höheren Arbeitsbelastung <strong>der</strong> Lehrpersonen,<br />

die bei ihnen Unsicherheit <strong>und</strong> Frustrationen auslösen können.<br />

Auswirkungen auf die Lernenden<br />

E<strong>in</strong>es <strong>der</strong> Hauptanliegen des <strong>Portfolio</strong>-<strong>Ansatz</strong>es <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schülerbeurteilung</strong> besteht dar<strong>in</strong>,<br />

dass die Lernenden durch das <strong>Portfolio</strong> ihre höheren Denkfähigkeiten entwickeln<br />

<strong>und</strong> lernen, selbstverantwortlich <strong>und</strong> selbstgesteuert zu Lernen, wobei <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Metakognition e<strong>in</strong>e grosse Bedeutung beigemessen wird.

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