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Der Portfolio-Ansatz in der Schülerbeurteilung der USA und seine ...

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von zwei erfahrenen <strong>und</strong> fachlich ausgewiesenen Sprachlehrkräften geführt wurden.<br />

Die Resultate ihrer Studie zeigten, dass das <strong>Portfolio</strong> im Bereich Sprechen <strong>und</strong> Zuhören<br />

ke<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ungen im Unterricht bewirkte, für das Lesen konnte festgestellt<br />

werden, dass die Lehrpersonen die Eigenverantwortlichkeit <strong>der</strong> Lernenden für ihr Lesen<br />

stärker betonten <strong>und</strong> generell dem Lesen e<strong>in</strong> grösseres Gewicht beimassen<br />

(Murphy, Bergam<strong>in</strong>i & Rooney, 1997, S. 317). Im Bereich <strong>der</strong> Textproduktion<br />

(Schreiben) schliesslich offenbarte sich ebenfalls ke<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>legende Verän<strong>der</strong>ung des<br />

Unterrichts, ausser dass die Lehrpersonen stark damit beschäftigt waren, den Lernenden<br />

die Standards <strong>und</strong> Kriterien zu erklären <strong>und</strong> zu erläutern, nach denen sie dann die<br />

eigenen Texte für das <strong>Portfolio</strong> auswählen sollten (siehe Murphy, Bergam<strong>in</strong>i &<br />

Rooney, 1997, S. 318−328). Insgesamt zeigte die E<strong>in</strong>führung dieses summativen <strong>Portfolio</strong>-<strong>Ansatz</strong>es<br />

nicht die erwünschten Folgewirkungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> curricularen Ausrichtung<br />

des Unterrichts. Murphy, Bergam<strong>in</strong>i <strong>und</strong> Rooney (1997, S. 331) zogen daraus den<br />

<strong>in</strong>teressanten Schluss, dass bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es <strong>Portfolio</strong>-<strong>Ansatz</strong>es immer auch<br />

überprüft werden müsse, welches implizite Lehr-Lernverständnis dem neu e<strong>in</strong>geführten<br />

<strong>Portfolio</strong>-<strong>Ansatz</strong> zugr<strong>und</strong>e liege <strong>und</strong> wie sich dieses mit dem bereits vorhandenen<br />

Lehr-Lernverständnis vertrage. Sie führen die festgestellte äusserst ger<strong>in</strong>ge Verän<strong>der</strong>ung<br />

des Unterrichts durch das summative <strong>Portfolio</strong> unter an<strong>der</strong>em darauf zurück, dass<br />

die Konzeption des summativen Sprach-<strong>Portfolio</strong>s, das stark strukturiert <strong>und</strong> <strong>in</strong>haltlich<br />

sehr umfassend war, nicht mit dem Lehr-Lernverständnis <strong>der</strong> Lehrpersonen kompatibel<br />

war, das sich zuvor über mehrere Jahre aus <strong>der</strong> Erfahrung mit e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en <strong>Portfolio</strong>-<strong>Ansatz</strong><br />

heraus entwickelt hatte, <strong>der</strong> primär auf die <strong>in</strong>dividuellen Bedürfnisse <strong>der</strong><br />

Lernenden ausgerichtet, offen <strong>und</strong> flexibel gestaltet war. Die Fallstudie von Murphy,<br />

Bergam<strong>in</strong>i <strong>und</strong> Rooney (1997, S. 297−233) ist somit e<strong>in</strong> Indikator dafür, dass sich<br />

positive Folgewirkungen bei <strong>Portfolio</strong>s nicht automatisch e<strong>in</strong>stellen.<br />

Ellsworth (1998) erforschte <strong>in</strong> zwei zeitlich versetzten Fallstudien (Januar bis Mai,<br />

1994 <strong>und</strong> März 1996), wie sich an e<strong>in</strong>er Primarschule (elementary school) die Vorstellungen<br />

<strong>der</strong> Lehrpersonen h<strong>in</strong>sichtlich des Unterrichts, <strong>der</strong> beruflichen Weiterbildungsbedürfnisse<br />

sowie <strong>der</strong> eigenen beruflichen Rolle <strong>und</strong> Verantwortung im Schulzimmer<br />

wie auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule als Konsequenz <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung von formativen Student <strong>Portfolio</strong>s<br />

<strong>in</strong> Mathematik verän<strong>der</strong>ten <strong>und</strong> entwickelten. Aufgr<strong>und</strong> ihrer Studien identifizierte<br />

Ellsworth (1998, S. 10−14) folgende Verän<strong>der</strong>ungen bei den Lehrpersonen:<br />

• Die Lehrpersonen erkannten, welche Lehr-Lernvorstellung bisher implizit ihren Unterricht<br />

geprägt hatte, <strong>und</strong> reflektierten sie kritisch. In e<strong>in</strong>er ersten Phase hiess dies,<br />

dass den Lehrpersonen durch das <strong>Portfolio</strong> die eigene Lehr-Lernvorstellung wirklich<br />

erst bewusst wurde. In <strong>der</strong> zweiten Phase wurden dann die eigene Lehr-Lernvorstellung<br />

bewusst im Unterricht umgesetzt <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungen vollzogen. Dies<br />

bedeutete z.B., dass die Lehrpersonen den Lernenden mehr zuhörten, d.h. sich nicht<br />

e<strong>in</strong>fach von vorgefassten eigenen Me<strong>in</strong>ungen über e<strong>in</strong>en Lerner leiten liessen, <strong>und</strong><br />

den Lernenden die eigenen Lehrziele offen kommunizierten.<br />

• Die Lehrpersonen analysierten den eigenen Unterricht systematischer <strong>und</strong> zielgerichtet.<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Student <strong>Portfolio</strong>s begannen die Lehrpersonen die Wirkung<br />

des eigenen Unterrichts gezielter zu analysieren, was wie<strong>der</strong>um konkrete H<strong>in</strong>weise<br />

für Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Unterrichtsplanung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Lernziele lieferte.<br />

Dieser Effekt verstärkte sich langfristig sogar.

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