Der Portfolio-Ansatz in der Schülerbeurteilung der USA und seine ...
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petenzniveau <strong>der</strong> Lernenden. Innerhalb e<strong>in</strong>es Kompetenzniveaus war die Unterstützung<br />
durch die Lehrpersonen ebenfalls verschieden. Je<strong>der</strong> Lernende erhielt also je<br />
nach Lehrperson e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Art <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung. Zudem zeigte sich, dass Lehrpersonen,<br />
welche bereits Erfahrung mit Schreib-<strong>Portfolio</strong>s besassen, den Lernenden<br />
mehr Unterstützung boten <strong>und</strong> das Schreiben als Prozess för<strong>der</strong>ten.<br />
Die Ergebnisse dieser Studie, wie auch diejenigen <strong>der</strong> ersten Untersuchung, bestärkten<br />
Gearhart <strong>und</strong> Kollegen dar<strong>in</strong>, dass beim <strong>Portfolio</strong> sehr genau untersucht werden müsse,<br />
wessen Arbeit letztlich beurteilt <strong>und</strong> bewertet werde. Drückten die <strong>Portfolio</strong>-Ergebnisse<br />
tatsächlich die <strong>in</strong>dividuelle Leistungsfähigkeit aus o<strong>der</strong> aber wurde diese <strong>in</strong>dividuelle<br />
Leistungsfähigkeit nicht systematisch überschätzt, weil es sich um e<strong>in</strong>e mehr<br />
o<strong>der</strong> weniger stark von <strong>der</strong> Lehrperson <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Personen (Klassenkameraden,<br />
Eltern etc.) unterstützte <strong>und</strong> geprägte Leistung handelte (Herman, Gearhart & Baker,<br />
1993, S. 219−221; Gearhart & Herman, 1995, S. 6−8). Nach weiteren eigenen Studien<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Analyse des Unterrichts sowie des Lehrverhaltens <strong>der</strong> Ergebnisse aus dem<br />
<strong>Ansatz</strong> von Vermont (siehe hierzu ausführlich Gearhart & Herman, 1995, S. 1−9), die<br />
ebenfalls grosse Unterschiede im Unterricht <strong>und</strong> Lehrverhalten <strong>der</strong> Lehrpersonen<br />
offenbarten, gelangten sie zur Überzeugung, dass aus messtechnischer Sicht die Rückschlüsse<br />
auf die <strong>in</strong>dividuelle Leistungsfähigkeit von Lernenden alle<strong>in</strong> aufgr<strong>und</strong> von<br />
<strong>Portfolio</strong>-Ergebnissen für summative Zwecke fragwürdig sei (Gearhart & Herman,<br />
1995, S. 9). Dies vor allem deshalb, weil die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Lernenden sehr unterschiedlich <strong>und</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss bzw. <strong>der</strong> Beitrag an<strong>der</strong>er Personen<br />
auf bzw. zur Qualität <strong>der</strong> <strong>Portfolio</strong>-Inhalte bisher nicht <strong>in</strong> ausreichendem Ausmass berücksichtigt<br />
worden seien. E<strong>in</strong>e Vergleichbarkeit <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Leistungsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> Lernenden, wie er für summative Funktionen <strong>der</strong> <strong>Schülerbeurteilung</strong> jeweils<br />
vorausgesetzt wird, ist für Gearhart <strong>und</strong> Herman (1995, S. 10) also höchst problematisch.<br />
Als Ausweg schlagen sie e<strong>in</strong>e Reihe von Massnahmen vor (Gearhart &<br />
Herman, 1995, S. 10−11), die im Wesentlichen darauf abzielen, vere<strong>in</strong>heitlichte Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
für die Erstellung des <strong>Portfolio</strong>s zu gewährleisten, den Entstehungsprozess<br />
des <strong>Portfolio</strong>s möglichst genau zu dokumentieren, so dass <strong>in</strong>dividuelle <strong>und</strong><br />
Beiträge von an<strong>der</strong>en Personen unterschieden werden können, <strong>und</strong> die Plausibilität <strong>der</strong><br />
Ergebnisse <strong>der</strong> <strong>Portfolio</strong>-Bewertung mit Hilfe <strong>der</strong> Ergebnisse aus an<strong>der</strong>en <strong>Schülerbeurteilung</strong>en<br />
(z.B. Tests, Aufsatzprüfungen etc.) zu überprüfen bzw. bei grossen Unterschieden<br />
e<strong>in</strong>gehend zu analysieren.<br />
Zu e<strong>in</strong>em späteren Zeitpunkt erforschten Gearhart <strong>und</strong> Wolf (1997, S. 265−296) im<br />
Zusammenhang mit e<strong>in</strong>em Schreib-<strong>Portfolio</strong> nochmals die Bedeutung <strong>und</strong> die Konsequenzen<br />
<strong>der</strong> Lehr-Lernbed<strong>in</strong>gungen (opportunity-to-learn) auf die Aussagekraft des<br />
<strong>Portfolio</strong>s. Am Beispiel von vier Lehrpersonen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Schulklassen wiesen Gearhart<br />
<strong>und</strong> Wolf (1997, S. 272−283) nach, dass diese je nach Lehrphilosophie im Unterricht<br />
an<strong>der</strong>e Lehrstrategien e<strong>in</strong>setzten, die Lernenden also ganz unterschiedliche<br />
Voraussetzungen hatten, um e<strong>in</strong> <strong>Portfolio</strong> zu erstellen. Sie identifizierten e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>en<br />
romantischen <strong>Ansatz</strong> für die Textproduktion, bei welchem die Lernenden von ihren<br />
eigenen Fragen <strong>und</strong> Gefühlen ausgehend Texte schreiben sollten, um so e<strong>in</strong>e eigene<br />
s<strong>in</strong>nvolle Sicht <strong>der</strong> Welt zu entwickeln, während an<strong>der</strong>erseits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em klassischen<br />
<strong>Ansatz</strong> die Lernenden über die Analyse verschiedenster Texte e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>lage entwickeln<br />
sollten, die es ihnen ermöglichte, selbst vielfältiger <strong>und</strong> flexibler zu schreiben