12.07.2015 Aufrufe

Den guten Kameraden gibt es nicht - Österreichische ...

Den guten Kameraden gibt es nicht - Österreichische ...

Den guten Kameraden gibt es nicht - Österreichische ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

TitelstoryKommentar„<strong>Den</strong> <strong>guten</strong> <strong>Kameraden</strong> <strong>gibt</strong> <strong>es</strong> <strong>nicht</strong>“64 Jahre nach Ende d<strong>es</strong> zweiten Weltkrieg<strong>es</strong> sprachen wir mit einem ehemaligenWeltkriegsteilnehmer bzw. Soldaten der deutschen Wehrmacht, Herrn Emil Schuster, Jahrgang1924, über seine Erinnerungen und Erfahrungen.Sabine BürkleChefredakteurin ÖH Courier„Demokratie ohne Demokraten funktioniert<strong>nicht</strong>“Vor ein paar Monaten, las ich, dass diePolitikverdrossenheit der StudentInnenzunimmt. Ich war ehrlich g<strong>es</strong>agt skeptischob di<strong>es</strong> der Wahrheit entspricht, aber dieletzten zwei Wahlen haben mich umg<strong>es</strong>timmt.Die Wahlbeteiligung an der ÖHWahl im Mai lag bei 31,50%, die an derEuropawahl bei ca. 42,3%.Was kann dagegen unternommen werdenbzw. wie können WählerInnen mobilisiertwerden? In Deutschland kam <strong>es</strong> di<strong>es</strong>bezüglichzu einer Diskussion über eineWahlpflicht. BürgerInnen, die <strong>nicht</strong> wählengehen, sollen demzufolge 50 Strafezahlen. Wie sinnvoll ist solch eine Maßnahme?Wie würde sich di<strong>es</strong>e Maßnahmeauf das WählerInnenverhalten auswirken?BürgerInnen, die sich schon wenig bis gar<strong>nicht</strong> für Politik inter<strong>es</strong>sieren, sind sehrempfänglich für Politikvorstellungen extremerParteien. Wenn di<strong>es</strong>e Menschengezwungen werden, wählen zu gehen,würden (kleine) extreme Parteien mit Sicherheitan Stimmen und Macht gewinnen(vgl. Belgien, wo Rechtsextreme Parteienim Parlament sitzen). Kann man unterdi<strong>es</strong>em G<strong>es</strong>ichtspunkt von einer sinnvolleLösung sprechen? Ich glaube, das Problemliegt <strong>nicht</strong> primär bei den WählerInnen,sondern bei unseren PolitkerInnen.Herr Schuster, denken Sie noch öfter anIhre Zeit als Soldat in der Wehrmacht?Ich denke in irgendeiner Form täglichdaran. Das kann man <strong>nicht</strong> verg<strong>es</strong>sen.Niemand der dabei war, kann das jemalsverg<strong>es</strong>sen. Verdrängen kann man<strong>es</strong>. Aber <strong>nicht</strong> auf Dauer, anfänglichgelingt einem das ganz gut. Aber <strong>es</strong>kommt immer wieder hoch. Ich habeimmer noch Alpträume. Je älter ichwerde, umso schlimmer wird <strong>es</strong>. MeineFrau kann das <strong>nicht</strong> verstehen, dassjemand nach so langer Zeit damit immernoch <strong>nicht</strong> abg<strong>es</strong>chlossen hat.Aber man kann <strong>nicht</strong> abschließen.Was träumen Sie?Es ist fast immer das gleiche: ichversuche wegzulaufen und kommeim Schlamm mit meinen schwerenStiefeln <strong>nicht</strong> vorwärts. Überall sindschwarze Rauchschwaden, tote Pferdeund Menschen liegen herum, aufgeblähteKadaver… Wenn ich aufwache,bin ich schweißgebadet. Ich riechedann förmlich den G<strong>es</strong>tank nach verbranntemFleisch und Di<strong>es</strong>elöl…Wie sehen Sie heute die Rolle der Wehrmacht?Es ärgert mich, wenn der Krieg bzw.die Wehrmacht romantisch verklärtwerden. Das beginnt bei Dokumentationenim Fernsehen und endet bei Begräbnissenvon ehemaligen Weltkriegsteilnehmernam Friedhof. Wenn einervon uns alten Soldaten stirbt, stimmtder Kameradschaftsbund das Lied vom„<strong>guten</strong> <strong>Kameraden</strong>“ an. Doch den „<strong>guten</strong><strong>Kameraden</strong>“ <strong>gibt</strong> <strong>es</strong> <strong>nicht</strong>.Wie meinen Sie das?Jeder war grundsätzlich sich selbst derNächste. Freilich hat man sich gegenseitiggeholfen, aber letztlich war manauf sich allein g<strong>es</strong>tellt. Das ist dochall<strong>es</strong> eine nachträglich inszenierteHeuchlerei. Aber wir Alten sterben ehbald alle aus. Dann <strong>gibt</strong> <strong>es</strong> zumind<strong>es</strong>tdi<strong>es</strong>e furchtbaren „Kriegerbegräbnisse“<strong>nicht</strong> mehr…Was also bleibt, sind Erinnerungen…?Genau. Doch mit den Erinnerungenist das so eine Sache. In meinen Erinnerungenfindet sich jedenfalls kein<strong>es</strong>abine.buerkle@oeh.jku.at4 | ÖH-Courier SS09 #13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!