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PDF-Paket - Paulinus

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Sonderausgabe · 13. März 2011 VORBEREITUNGSJAHR PAULINUS 3Der Weg aus demLabyrinth des LebensBischof Dr. Stephan Ackermann gibt im Interview mit„<strong>Paulinus</strong>“-Chefredakteur Bruno Sonnen Antwortendarauf, wo wir Erlösung im Alltag erfahren können.Außerdem verrät er, wobei ihm der Begriff Erlösung zumersten Mal im Leben so richtig bewusst geworden ist.Bischof Stephan AckermannHerr Bischof, was bedeutet Erlösungfür Sie?Für mich schwingen im Begriff Erlösungimmer zwei Dinge mit. Zum einen:Erlösung ist mehr als bloß Lösung.Bei einer Lösung geht es in derRegel um eine ganz bestimmte Sache,ein bestimmtes Problem oder einenbestimmten Konflikt, der zu lösenist. Erlösung meint dagegen etwasviel Umfassenderes, ist vielganzheitlicher. Da ist immer derganze Mensch im Spiel. Und zweitenshat Erlösung auch immer etwasGeschenkhaftes. Eine Lösung kannich mir selbst erarbeiten. Erlösungnicht. Die wird mir zuteil.Können Sie sich noch erinnern, wasSie unter Erlösung verstanden haben,als Ihnen der Begriff das ersteMal begegnete?Ich glaube, den Begriff habe ichwirklich bewusst zum ersten Mal alsAbiturient wahrgenommen. Damalshabe ich im Kirchenchor St. Stephanin Andernach gesungen. Es sollte dieJohannespassion von Johann SebastianBach aufgeführt werden. Dazubrauchte es noch Männerstimmen.Im letzten Teil der Passion findetsich die wunderbare Arie „Mein teurerHeiland, lass dich fragen“. DerGesang ist gestaltet als ein Zwiegesprächzwischen der Bass-Stimmeund dem Gekreuzigten.Der Sänger fragt den am Kreuzhängenden Jesus, ob nun mit seinemTod, den er aus Liebe stirbt, die „Erlösungaller Welt“ da ist. Jesus kanndie Antwort nicht mehr mit Wortengeben. Er ist zu schwach. Er neigtsein Haupt und stirbt. Im Gesang derJohannespassion wird das Neigendes Hauptes gedeutet als stilles Kopfnicken,als Ja. Diese Szene und dieseMusik haben mich damals ganz tiefbeeindruckt und berühren michauch heute jedesmal, wenn ich siehöre. Vielleicht kann man das, wasErlösung ist, gar nicht schöner undtiefer erklären.Aber wenn Sie Erlösung doch mitWorten erklären müssten, wie würdenSie es dann tun?Im Glauben verstehen wir unter Erlösungdas neue Leben, das Christusuns geschenkt hat. Indem Jesus Gott,seinem Vater, und dessen Auftragganz treu geblieben ist und uns Menschengeliebt hat bis in den Tod, hater den Knoten der Schuldverstricktheitgelöst. Und mit dem Glaubengibt er uns sozusagen den Faden indie Hand, um auch für uns persönlichden Knoten zu lösen. Die MethodeJesu ist nicht die von Alexanderdem Großen: Jesus haut den gordischenKnoten der Schuld, der Widersprüche,in die wir Menschen unsverstricken, den Knoten der Einsamkeit,der Ängste, unter denen wir leiden,nicht mit der Gewalt einesSchwertes entzwei. Nein, sein Wegheißt: sich selbst hineinknoten zulassen in das Geflecht des Unheils,unter dem wir Menschen leiden, umes von innen her aufzulösen. Um esin einem anderen Bild zu sagen: Jesuszeigt uns durch seine Botschaft,durch sein Leben und sein Sterbenden Weg aus dem Labyrinth des Lebens.Das ist Erlösung.Ein schönes Bild, aber was heißt daskonkret? Wie kann ich Erlösung erfahren?Neben der Erlösung im tiefsten Sinndes christlichen Wortes, gibt es Vorformen,man könnte vielleicht sagen,es gibt „Vorspiele“ der Erlösung,die wir menschlich-alltäglich erfahrenkönnen:Wenn jemand etwa den erlösendenBrief erhält, in dem ihm mitgeteiltwird, dass seine Bewerbung Erfolghatte; wenn eine Patientin dieerlösende Nachricht erhält, dass ihrBefund doch nicht bösartig ist. So etwaswie Erlösung ist doch auch,wenn ein Verliebter das heiß ersehnteSignal bekommt, dass seine Liebeerwidert wird. Erlösung geschiehtda, wo ein Anderer zu mir sagt: „IchBischof Ackermann: Erlösung ist ganzheitlichund ein Geschenk. Foto: Bistum Triervergebe dir. Wir wollen es neu miteinanderversuchen.“ Wo so etwas passiert,ist die Welt mit einem Mal verändert.Ein neues Lebensgefühl stelltsich ein. Eine neue Perspektive eröffnetsich. Solche Erfahrungen sind soetwas wie die alltäglich-kleinen Geschwisterder großen Erlösung, andie wir glauben.Der Begriff Erlösung wird auch umgangssprachlichbenutzt. Heute „erlösen“Fußballer ihre Fans und ihrenClub, wenn Sie den Ausgleichstrefferoder Siegtreffer erzielen. Was bedeutetdiese Verweltlichung?Wenn wir umgangssprachlich dieWorte „Erlösung“ und „erlösen“ benutzen,etwa im Bereich des Fußballs,dann gehört das für mich zudem, was ich eben als „Vorspiele derErlösung“ bezeichnet habe. Denn beieinem Fußballspiel fiebern die Fansmit, sind vielleicht sogar regelrechtgefangen von der Spannung, unterder sie stehen, weil sie wollen, dassihre Mannschaft gewinnt. Von denRängen aus können sie aber nichtwirklich etwas tun, damit sich dasSpiel in ihrem Sinn entwickelt undihre Mannschaft den Sieg davonträgt. Das können nur die Spieler aufdem Feld. Wenn dann endlich das„erlösende“ Tor fällt, ist das für dieFans wie ein riesiges Geschenk. DieSpannung löst sich, Jubel bricht ausund auch die Mannschaft steht andersda als vorher: Sie ist Siegerin,oder sie hat wenigstens die Chance,im Wettkampf noch weiter zu kommen.Der Begriff der Erlösung gehört sicherheute zu den eher sperrigentheologischen Begriffen. Sind heutigeZeitgenossen nicht mehr erlösungsbedürftig?Als Christen sind wir der Überzeugung,dass mit dem Tod und der AuferstehungJesu die Erlösung grundlegendbereits für die ganze Menschheitgeschehen ist. Das Tor zum neuenLeben in der Freiheit der KinderGottes steht offen. In Anlehnung anPsalm 124 könnte man sagen: „DasNetz ist zerrissen und wir sind frei.“Nun kommt es darauf an, dass jedereinzelne Mensch sich persönlich dazuentscheidet, die Liebe Gottes inseinem Leben so anzunehmen, dasssie sich konkret auf sein Denkenund Handeln auswirkt. So gesehensind die Menschen heute natürlichgenauso erlösungsbedürftig wie frühereGenerationen, auch wenn dereinzelne sich dessen nicht bewusstist oder dies nicht wahrhaben will.Ich glaube, dass wir Heutigen unsmit dem Begriff der Erlösung deshalbeher schwer tun, weil wir sowissenschafts- und technikgläubigsind. Wir meinen, dass wir für alleProbleme über kurz oder lang selbsteine Lösung finden, wenn wir nurgenug Sachverstand und Willensanstrengunginvestieren. Wer aberglaubt, sich alles selbst erarbeiten zukönnen, sich sozusagen selbst zu erlösen,der verliert den Sinn für daseigentliche Geschenk der Erlösung.

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