PDF-Paket - Paulinus

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14 PAULINUS VORBEREITUNGSJAHRSonderausgabe · 13. März 2011Erlösung in der MusikNur ein Stück weiter die Straße hoch„Tod, wo ist Dein Stachel? Trauer, wo ist Dein Sieg?“ Dasletzte Lied aus der Feder von Johnny Cash zitiert aus demKorintherbrief. Der tiefe Glaube an göttliche Erlösung wardas Leitmotiv im Leben und Werk der Country-Ikone.Von Tobias Wilhelm„Manchmal bin ich zwei Personen:Johnny ist der Nette, und Cash machtall den Ärger. Sie kämpfen miteinander!“Der Musiker, der 2003 mit 71 Jahrenstarb, war ein Mensch mit zweiGesichtern. Hier der populäre Country-Star,ein Hühne mit markantemBassbariton und einem missionarischenGlauben. Dort der raue Rebell,launische Egoist und Drogensüchtige,der mit dem Gesetz in Konflikt kam,jahrzehntelang mit Schuldgefühlen,Depressionen und Schmerzen rang,sich umbringen wollte, seine Vorsätzeverriet und dessen Karriere längst amEnde schien.Himmelhochjauchzend und zu Todebetrübt: Cash hat alle Höhen undTiefen durchlebt. Sein geliebter BruderJack stirbt jung einen schrecklichenUnfalltod, und der gewalttätigeVater gibt Johnny die Schuld daran.Cashs erste Ehe zerbricht am kometenhaftenRuhm, endlosen Tourneenund ungezügelter Tablettensucht.Dann wieder schicksalhafte Fügungen.June Carter, die er 1968 heiratet,ist die Liebe seines Lebens, eine Seelenverwandte,ein fester Halt. SeineFrau und der – nie verlorene, abernun neu entbrannte – Glaube helfenCash, seine Abhängigkeit in den Griffzu bekommen. Er schreibt wiederHits und ist Gastgeber einer TV-Show.Doch Mitte der 70er beginnt seinStern zu sinken, und in der Countryszenesetzt man auf neue, seichtereTöne. Der „Man in Black“ mit seinenernsten Liedern von Liebe, Gott, Verbrechenund Gerechtigkeit wird zumAuslaufmodell – und steht irgendwannohne Plattenvertrag dar.Ein 30-jähriger Zottelbart wirdzum Geschenk des HimmelsDa nimmt sein Leben eine weitereungeahnte Wendung: der gerade mal30-jährige Rick Rubin, zottelbärtigerGründer der durch Rap- und Hardrock-Albenbekannten Plattenfirma„American Recordings“, spricht Cash1993 an und bittet, ihn produzierenzu dürfen. Akkustisch, nur mit Gitarre,aufs Wesentliche reduziert –Lieder, die dem Musiker am Herzenlägen, eigene und fremde Songs, diezu seinem düsteren Mythos passten.Rubin sei für den 62-Jährigen ein Geschenkdes Himmels gewesen, „wieein Engel, der in sein Leben herabkam“,sagt Cash-Tochter Rosanne.Das Ergebnis – eine kleine Auswahlaus 218 (!) Studio-Aufnahmen –klang so eindringlich, so klar und authentisch,dass die schlicht „AmericanRecordings“ genannte Platte daswohl größte Comeback der Musikgeschichteeinleiten sollte.Dass sie nicht nur von Kritikernausgezeichnet und gelobt, sondernauch und gerade von vielen jungenLeuten außerhalb der Country-Szenegeliebt wurde, ist ein kleines Wunder– auch, weil das Leitmotiv so uncooldaherkommt: Es geht um Verstrickungin Sünde und Schuld – und dieHoffnung auf göttliche Vergebung.„Redemption“, Erlösung, ist dennauch eins der eindrucksvollsten Stücke.Mit sonorer Tiefe lädt der Künstlerzur Karfreitagsmeditation ein:„Von den Händen kam es herab /von der Seite kam es herab /von den Füßen kam es herab /und floss auf den Grund /Der Baum des Lebens wuchs /und das Blut gab den Zweigen desBaums Leben /und das Blut war der Preis /der die Gefangenen befreite /und mit den Scharen, die kamen /durch das Feuer und die Flut /klammerte ich mich an den Baum /und wurde erlöst durch das Blut.“Als Cash das Lied 1994 in Montreuxsingt, herrscht stille Ergriffenheit.Er sagt: „Wenn es keine Vergebunggäbe, wäre ich jetzt nicht hier!“Schuld und Erlösung – dieses Themenfeldsollte auch die fünf weiteren„American“-Alben dominieren. Mitweiter spärlicher Instrumentierung,aber nun wechselnden Begleitern arrangiertCash alte Lieder neu odermacht sich (von Rubin vorgeschlagene)moderne Stücke zu eigen – wie„Personal Jesus“: Von „Depeche Mode“als Wunderheiler-Verulkung gedacht,macht der Baptist ein Zeugnispersönlicher Gottesbeziehung darausund wirbt für einen Glauben, dergreifbar real ist: „Reach out and touchfaith!“ Und bei „Hurt“, das in der Ursprungsversionder „Nine Inch Nails“vom Elend eines Heroin-Junkies erzählt,reflektiert Cash gegenüberGott, seinem „süßesten Freund“, überSein natürlicher Glaube beeindruckte sogar Atheisten: Johnny Cash.Sterblichkeit, Einsamkeit und dieSchmerzen, die seinen Körper unablässigpeinigten. In „Meet Me in Heaven”(der Grabinschrift seines Bruders)zeigt er sich überzeugt von einemWiedersehen nach dem Tod,und „The Man Comes Around“ (DerHerr kommt vorbei) bereitet mit apokalyptischerMetaphorik aufs JüngsteGericht vor: „Er entscheidet, wer freisein oder schuldig gesprochen wird,es wird nicht jeder gleich behandelt /Hört auf die Worte, die vor langerZeit niedergeschrieben wurden.“„Gib mir zu arbeiten. Wennich an June denke, sterbe ich“Der fünfte, erfolgreichste und erstposthum erschienene fünfte Teil der„American Recordings“ entsteht zwischendem Tod seiner geliebten Juneim Mai 2003 und dem eigenen vierMonate später. Fast blind und imRollstuhl sitzend bittet Cash den Produzenten,ungeachtet der Umständeweiterzumachen: „Gib mir zu arbeiten.Wenn ich an June denke, sterbeich!“ Mit brüchiger, aber würdevollerStimme und im Wissen, dass ihm nurwenig Zeit bleibt, singt der Schwerkrankezwölf Lieder über Rückblick,Dankbarkeit, Tod und Erlösung – einVermächtnis, das zu Tränen rührt.„Mit demütigem Herzen und gebeugtenKnien flehe ich Dich an: Bitte, hilfmir. Steig von Deinem goldenenThron tief herunter zu mir – ich brauchedie Berührung Deiner sanftenHand!“ („Help Me“). Und mit Blick aufJune: „Eines sonnigen Morgens werdenwir auferstehen, und dann treffeich Dich wieder – ein Stück weiterdie Straße hoch“ („Further up on theRoad“). Tief anrührend auch ein Lied,das man im Wissen um Cashs düstereZeiten nur als demütiges Credoverstehen kann: „Ich begann an eineMacht zu glauben, die viel größer istals ich / ich kam zu der Einsicht, dassich Hilfe brauchen würde, um durchzukommen/ in kindlichem Glaubenlenkte ich ein und gab Ihm eineChance. Und ich begann an eineMacht zu glauben, die viel größer istals ich“ („I Came to Believe“).Cash war todkrank, einsam, unendlichtraurig – aber er war mit sich,Gott und der Welt im Reinen, wiesein Sohn John Carter berichtet: „Erhatte einen Sinn, er hatte Glauben,und er hatte ohne sein Zutun einenFrieden, den Gott ihm schenkte. Ichglaube, das war die Gnade in seinemLeben, und darin lag die Erlösung.“Der bibelfeste Christ war fest überzeugtdavon, dass die Liebe den Todüberwindet und den Weg freimachtfür ein neues Leben. Das letzte Lied,das Johnny Cash vor seinem Todschrieb und das dem großen Bewundererdes Apostels Paulus ganz besondersam Herzen lag, verdeutlicht diesmit einem Zitat aus dem Korintherbrief:„Tod, wo ist Dein Stachel? Trauer,wo ist Dein Sieg? Leben, Du bistein leuchtender Pfad – und die Quelleder Hoffnung wird auf ewig sprudeln,wenn mein Erlöser mich zusich winkt“ („Corinthians 15, 55“).TippsFoto: ImagoMusikalisch sehr berührend sind dieTeile V und VI der „American Recordings“,die sich fast nur mit den ThemenAbschied, Tod und Erlösung befassen.Empfehlenswert sind auch dieBiographie „Ein Mann namens Cash“von Steve Turner (Johannis-Verlag,Lahr 2005, 22 Euro) sowie der OscarprämierteSpielfilm „Walk the Line“über Cashs frühe Lebensstationen.

Sonderausgabe · 13. März 2011 VORBEREITUNGSJAHR PAULINUS 15Künstlergruppe KoblenzHeilig,nüchtern,kühnIn Koblenz setzen sich achtKünstlerinnen und Künstlermit dem Heiligen Rock auseinander.Jeder wählt eineneigenen Zugang, am Endewird alles gemeinsam in einerAusstellung auf derBundesgartenschau undspäter an ausgewählten Ortenim Bistum Trier gezeigt.Von Andreas KrisamKonzentriert steht der DruckerChristian Zsagar an einer Glasplattein seinem Atelier in der EhrenbreitsteinerAltstadt. „Ich habe diese Plattevorher mit brauner, wasserlöslicherDruckfarbe eingefärbt unddann ein DIN-A-3 großes Blatt darübergelegt.“Mit einem feinen Bleistiftzeichnet er die Umrisse des HeiligenRocks darauf. Wenige Minuten späterzieht er das Blatt ab, die Farbe hatsich auf die Vorderseite durchgedrückt.Der 42-Jährige hat seinen„Röcken“ den Arbeitstitel „One sizefits all“ (Eine Größe passt allen) gegeben.Ihm geht es mit den vielen Darstellungender Röcke um die „Unteilbarkeitder Kirche“.Die Malerin Anneliese Geisslerhat ihre Arbeit unter das Thema „...und führe zusammen, was getrenntAnja Bogott, Andreas Rauland, Sandra Oßmann sowie Christian Zsagar begutachtenim Atelier eine Fotoinstallation zum Thema „Heiliger Rock“. Fotos: Andreas Wiegandist“, also das Thema der Wallfahrt,gestellt. „Ich habe das Motto wörtlichgenommen und dabei den HeiligenRock getrennt. Erklärend dazuhabe ich meine Gedanken auf demHintergrund erläutert. Das Leinensymbolisiert die Einfachheit einesMenschen, der aus dem ganz ,normalen‘Volk kommt. Heute würde manwohl sagen: Er lebte ganz nah an derBasis !“Katholiken, Protestanten undAtheisten arbeiten zusammenFür den Fotografen Andreas Raulandbedeutet die Beschäftigung mitdem Heiligen Rock eine Zeitreise inseine eigene (Familien)-Geschichte.Er hat ein Heiligenbildchen gefunden,das sein Urgroßvater gemalthat. Raulands Großtante hat ein Kirchenfensterin der EhrenbreitsteinerKirche entworfen, das man heutenoch sehen kann. „Diese zwei Motivehabe ich fotografiert und sie in einer240 mal 260 Zentimeter großenTapete aneinandergehängt. Mir wares wichtig, die Zeitabstände zu dokumentieren,die zwischen den Jahrenliegen, in denen der Heilige Rockausgestellt wurde.“ Die betendenHände der Zeichnung des Urgroßvaterssollen die „Wartejahre“ symbolisieren,die Fotos des leuchtendenKirchenfensters der Großtante ClaraRauland „stehen für die Heilig-Rock-Jahre“. „In der Installation soll dieSeltenheit der Heilig-Rock-Jahre aufgezeigtwerden“, erklärt der 29-Jährige.„Die Jahre stechen leuchtend ausder Masse der letzten 500 Jahre heraus,es werden sehr deutlich die langenZeiten ohne die Heilig-RockWallfahrten offenbart.“Die Sprecherin der Gruppe „e“ KulturraumEhrenbreitstein, Anja Bogott,freut sich, dass das Projekt deracht individuell gestaltenden Künstlerinnenund Künstler allmählich zueinem Ganzen zusammenwächst.„Die beiden kirchlichen Bundesgartenschau-BeauftragtenKalle Grundmannund Sven Dreiser wollten eineAusstellung von EhrenbreitsteinerKünstlern zur Buga. Wir haben unsfür das Thema „Heiliger Rock“ entschieden,weil er zwischenzeitlich jaauch mal in Ehrenbreitstein – auf derFestung und in der Kreuzkirche –gelagert war.“ In der Künstlergruppesind Katholiken, Protestanten, Anthroposophen,ein Mitglied der NeuapostolischenKirche und Atheistenversammelt.Spannende Annäherungan die ReliquieSie bezeichne sich gerne als „Heidenkind“bekennt Bogott. Sie habesich die Frage gestellt, warum dieses„Stück Stoff so eine große Bedeutunghat“. „Ich gehe davon aus, dass sichder christliche Glaube aus dem römisch,keltischen und neolithischenGlauben entwickelt hat.“ Für sie übedie Form der „Urmutter“ einen großenReiz aus. Deshalb stehe eine Venusfigurim Mittelpunkt ihrer Installation.Um diese Figur soll Seidenpapier,Leinen, Folie und Zeitungspapierin den Farben weiß, rotund schwarz gewickelt werden. „Damitwill ich die Hüllen der verschiedenenJahre ausdrücken.“„Das Gespräch mit dem Leiter derBistumswallfahrt, Georg Bätzing, seisehr hilfreich gewesen, erinnert sichAndreas Rauland. „Da gab es ehrlicheAntworten auf unsere Fragennach der Herkunft und Bedeutungdes Heiligen Rocks.“ Für Anja Bogottwurde die Annäherung an die Reliquieimmer schwieriger, aber auchspannend.Christian Zsagar hängt seine ersten Entwürfeauf.InfoDie Ausstellung derKünstler ist als Wanderausstellungkonzipiert.Am 5. Mai um15.30 Uhr wird sie inder Festungskirche Ehrenbreitsteineröffnet.Sandra Oßmann, eineBesucherin des Ateliers,sagt: „Alle arbeitenan unterschiedlichenInterpretationenund mit je individuellenFormen und Materialien.Ich bin gespannt,wie das einmal in derGesamtschau wirkt.“Wir sind zertifiziertnach DIN ISO 9002Rahmenvertragspartner Bundeswehrund Auswärtiges AmtUMZÜGE Kurt Oberringer spedition-oberringer@t-online.de• Stadt-, Nah- und Fernverkehr, Lagerung und Versicherung• Umzüge europaweit inkl. Balearen, Korsika und Sardinien• Beiladungen • Klavier- und Flügeltransporte• Antiquitäten- und Kunsttransporte • Möbelwagenvermietung mit Fahrer• Vermietung und Verkauf von Wolldecken und Kartonagen (0 68 51) 23 28 + 64 55 Fax 52 55Burbacher Straße 2, Gewerbegebiet West, 66606 St. Wendel

14 PAULINUS VORBEREITUNGSJAHRSonderausgabe · 13. März 2011Erlösung in der MusikNur ein Stück weiter die Straße hoch„Tod, wo ist Dein Stachel? Trauer, wo ist Dein Sieg?“ Dasletzte Lied aus der Feder von Johnny Cash zitiert aus demKorintherbrief. Der tiefe Glaube an göttliche Erlösung wardas Leitmotiv im Leben und Werk der Country-Ikone.Von Tobias Wilhelm„Manchmal bin ich zwei Personen:Johnny ist der Nette, und Cash machtall den Ärger. Sie kämpfen miteinander!“Der Musiker, der 2003 mit 71 Jahrenstarb, war ein Mensch mit zweiGesichtern. Hier der populäre Country-Star,ein Hühne mit markantemBassbariton und einem missionarischenGlauben. Dort der raue Rebell,launische Egoist und Drogensüchtige,der mit dem Gesetz in Konflikt kam,jahrzehntelang mit Schuldgefühlen,Depressionen und Schmerzen rang,sich umbringen wollte, seine Vorsätzeverriet und dessen Karriere längst amEnde schien.Himmelhochjauchzend und zu Todebetrübt: Cash hat alle Höhen undTiefen durchlebt. Sein geliebter BruderJack stirbt jung einen schrecklichenUnfalltod, und der gewalttätigeVater gibt Johnny die Schuld daran.Cashs erste Ehe zerbricht am kometenhaftenRuhm, endlosen Tourneenund ungezügelter Tablettensucht.Dann wieder schicksalhafte Fügungen.June Carter, die er 1968 heiratet,ist die Liebe seines Lebens, eine Seelenverwandte,ein fester Halt. SeineFrau und der – nie verlorene, abernun neu entbrannte – Glaube helfenCash, seine Abhängigkeit in den Griffzu bekommen. Er schreibt wiederHits und ist Gastgeber einer TV-Show.Doch Mitte der 70er beginnt seinStern zu sinken, und in der Countryszenesetzt man auf neue, seichtereTöne. Der „Man in Black“ mit seinenernsten Liedern von Liebe, Gott, Verbrechenund Gerechtigkeit wird zumAuslaufmodell – und steht irgendwannohne Plattenvertrag dar.Ein 30-jähriger Zottelbart wirdzum Geschenk des HimmelsDa nimmt sein Leben eine weitereungeahnte Wendung: der gerade mal30-jährige Rick Rubin, zottelbärtigerGründer der durch Rap- und Hardrock-Albenbekannten Plattenfirma„American Recordings“, spricht Cash1993 an und bittet, ihn produzierenzu dürfen. Akkustisch, nur mit Gitarre,aufs Wesentliche reduziert –Lieder, die dem Musiker am Herzenlägen, eigene und fremde Songs, diezu seinem düsteren Mythos passten.Rubin sei für den 62-Jährigen ein Geschenkdes Himmels gewesen, „wieein Engel, der in sein Leben herabkam“,sagt Cash-Tochter Rosanne.Das Ergebnis – eine kleine Auswahlaus 218 (!) Studio-Aufnahmen –klang so eindringlich, so klar und authentisch,dass die schlicht „AmericanRecordings“ genannte Platte daswohl größte Comeback der Musikgeschichteeinleiten sollte.Dass sie nicht nur von Kritikernausgezeichnet und gelobt, sondernauch und gerade von vielen jungenLeuten außerhalb der Country-Szenegeliebt wurde, ist ein kleines Wunder– auch, weil das Leitmotiv so uncooldaherkommt: Es geht um Verstrickungin Sünde und Schuld – und dieHoffnung auf göttliche Vergebung.„Redemption“, Erlösung, ist dennauch eins der eindrucksvollsten Stücke.Mit sonorer Tiefe lädt der Künstlerzur Karfreitagsmeditation ein:„Von den Händen kam es herab /von der Seite kam es herab /von den Füßen kam es herab /und floss auf den Grund /Der Baum des Lebens wuchs /und das Blut gab den Zweigen desBaums Leben /und das Blut war der Preis /der die Gefangenen befreite /und mit den Scharen, die kamen /durch das Feuer und die Flut /klammerte ich mich an den Baum /und wurde erlöst durch das Blut.“Als Cash das Lied 1994 in Montreuxsingt, herrscht stille Ergriffenheit.Er sagt: „Wenn es keine Vergebunggäbe, wäre ich jetzt nicht hier!“Schuld und Erlösung – dieses Themenfeldsollte auch die fünf weiteren„American“-Alben dominieren. Mitweiter spärlicher Instrumentierung,aber nun wechselnden Begleitern arrangiertCash alte Lieder neu odermacht sich (von Rubin vorgeschlagene)moderne Stücke zu eigen – wie„Personal Jesus“: Von „Depeche Mode“als Wunderheiler-Verulkung gedacht,macht der Baptist ein Zeugnispersönlicher Gottesbeziehung darausund wirbt für einen Glauben, dergreifbar real ist: „Reach out and touchfaith!“ Und bei „Hurt“, das in der Ursprungsversionder „Nine Inch Nails“vom Elend eines Heroin-Junkies erzählt,reflektiert Cash gegenüberGott, seinem „süßesten Freund“, überSein natürlicher Glaube beeindruckte sogar Atheisten: Johnny Cash.Sterblichkeit, Einsamkeit und dieSchmerzen, die seinen Körper unablässigpeinigten. In „Meet Me in Heaven”(der Grabinschrift seines Bruders)zeigt er sich überzeugt von einemWiedersehen nach dem Tod,und „The Man Comes Around“ (DerHerr kommt vorbei) bereitet mit apokalyptischerMetaphorik aufs JüngsteGericht vor: „Er entscheidet, wer freisein oder schuldig gesprochen wird,es wird nicht jeder gleich behandelt /Hört auf die Worte, die vor langerZeit niedergeschrieben wurden.“„Gib mir zu arbeiten. Wennich an June denke, sterbe ich“Der fünfte, erfolgreichste und erstposthum erschienene fünfte Teil der„American Recordings“ entsteht zwischendem Tod seiner geliebten Juneim Mai 2003 und dem eigenen vierMonate später. Fast blind und imRollstuhl sitzend bittet Cash den Produzenten,ungeachtet der Umständeweiterzumachen: „Gib mir zu arbeiten.Wenn ich an June denke, sterbeich!“ Mit brüchiger, aber würdevollerStimme und im Wissen, dass ihm nurwenig Zeit bleibt, singt der Schwerkrankezwölf Lieder über Rückblick,Dankbarkeit, Tod und Erlösung – einVermächtnis, das zu Tränen rührt.„Mit demütigem Herzen und gebeugtenKnien flehe ich Dich an: Bitte, hilfmir. Steig von Deinem goldenenThron tief herunter zu mir – ich brauchedie Berührung Deiner sanftenHand!“ („Help Me“). Und mit Blick aufJune: „Eines sonnigen Morgens werdenwir auferstehen, und dann treffeich Dich wieder – ein Stück weiterdie Straße hoch“ („Further up on theRoad“). Tief anrührend auch ein Lied,das man im Wissen um Cashs düstereZeiten nur als demütiges Credoverstehen kann: „Ich begann an eineMacht zu glauben, die viel größer istals ich / ich kam zu der Einsicht, dassich Hilfe brauchen würde, um durchzukommen/ in kindlichem Glaubenlenkte ich ein und gab Ihm eineChance. Und ich begann an eineMacht zu glauben, die viel größer istals ich“ („I Came to Believe“).Cash war todkrank, einsam, unendlichtraurig – aber er war mit sich,Gott und der Welt im Reinen, wiesein Sohn John Carter berichtet: „Erhatte einen Sinn, er hatte Glauben,und er hatte ohne sein Zutun einenFrieden, den Gott ihm schenkte. Ichglaube, das war die Gnade in seinemLeben, und darin lag die Erlösung.“Der bibelfeste Christ war fest überzeugtdavon, dass die Liebe den Todüberwindet und den Weg freimachtfür ein neues Leben. Das letzte Lied,das Johnny Cash vor seinem Todschrieb und das dem großen Bewundererdes Apostels Paulus ganz besondersam Herzen lag, verdeutlicht diesmit einem Zitat aus dem Korintherbrief:„Tod, wo ist Dein Stachel? Trauer,wo ist Dein Sieg? Leben, Du bistein leuchtender Pfad – und die Quelleder Hoffnung wird auf ewig sprudeln,wenn mein Erlöser mich zusich winkt“ („Corinthians 15, 55“).TippsFoto: ImagoMusikalisch sehr berührend sind dieTeile V und VI der „American Recordings“,die sich fast nur mit den ThemenAbschied, Tod und Erlösung befassen.Empfehlenswert sind auch dieBiographie „Ein Mann namens Cash“von Steve Turner (Johannis-Verlag,Lahr 2005, 22 Euro) sowie der OscarprämierteSpielfilm „Walk the Line“über Cashs frühe Lebensstationen.

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