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- 12 -Daß der naturwissenschaftl iche Schulunte rricht um so unbel iebterwird, je ~ehr e r sich von der unmitteZbaren Naturerfahrung weg indie Abstraktionen der Wi ssenschaft versteigt, dürfte zumindest fürjeden praktizierenden Lehrer eine Binsenwei'sheit sein 6 ). Die anfangsdurchweg positive Erwartung der Schüler gegenüber der Naturwissenschaft,ihr von lebhafter Neugier geprägter Forscherdrang, schlägtspätestens dann mehrheit 1 ich in Desinteresse, Apathi'e oder gar Aversionum, wenn der Physiklehrer den Kanon der klassischen Mechanik,der Chemielehrer die SchOlastik der chemischen Reaktionstypen und-gleichungen zelebriert - von den hehren "Konzepten" der wissenschaftsorientiertenDidaktik ganz zu sc hweigen?) .So bleibt den Lehrern in der Regel nur die Hoffnung, daß die ihnenund ihren Schülern von den modernen Lehrplänen und Curricula zugemuteteAbstraktionsakrobatik wenigstens denen Sp'aß bringt, diespäter selber einmal Naturwissenschaftl er oder naturwissenschaft-1 iche Lehrer werden wollen . Indes, auch diese Hoffnung' scheint zutrügen. Denn selbst die mathematisch-naturwissenschaft1 ichen Paradeschüler,mit den besten Wünschen und Hoffnungen ihrer Fachlehrerins Stud i um de.r ge 1 i ebten Wissenschaften ent 1 assen, ze i gen eineoffenkundige Ant ipathie gegenüber aller überzogener Abst raktion .Dies wird besonder~ deutl ich an den Urteilen, mit denen die Befragungsteilnehmerdie Beantwortung der Frage nach den "zur Zeit wichtigstenLehrveranstaltungen" verbanden .So wurden die mathematischen Grundvorlesungen ' von den Studenten inder folgenden Reihenfolge mit "gut" bewertet: Mathematik für Naturwissenschaftler(41 %), Rechenübungen zur Experimentalphysik (22 %),Lineare Algebra (1? %), Different ialgleichungen (6 %), Different ialundIntegralrechnung (4 %)8). Je weiter sich die Themen also von der6} Vgl. hierzu auch Rainer Brämer, Was erfahren wir aus unseren fachdidaktischenZeitschriften über die Wirklichkeit des naturwissenschaftlichen Unterrichts?In: physica didactica, H 3/1979, s. 137ff7) Rainer Brämer, Belie':)theit und Soziali'sationswirksamkeit des naturwissenschaftlichenUnterrichts~ In: Ders. (Hrsg.), Fachsozialisation im mathematisch-naturwissenschaftlichenUnterricht. Marburg 1977, S. 63ff.8) Prozentzahlen 'jeweils bezogen auf die Gesamtnennungen der betreffenden Lehrveranstaltungen.
- , 3 -unmitt e lbaren Anwendun g bzw. An schau un g entfernen, um 50 we ni ge r positiv werden sie beurteilt. Ähnliches g ilt für die Bewertungsfolgeder nicht- mathematischen Grundvorlesungen : Das Prädikat "gut" e rhieltend i e Experimentalphysik von 47 %, die Phy s ik für Naturwi ssen schaft ler (Pa r a l l e lveran ~ta ltung zur Experimentalphysik für Nichtphy s iker)von 4 2 %, die Al lgeme ine Chem i e (Experimentalvor l esung) von 22 % unddie Theo retische Mec ha nik von 6 % d e r Betroffenen 9 ). Natürl i ch s pieltdabei neben dem Anschau l ichkeit s krit e rium auch noch der unte r schied-1 iche Le i st ungsdruck der Veranstaltungen eine Ro lle, doch l assen sichdie Befunde hierdurch allein keine swegs erklären.Daß s ich die von der a ll gemeinbildenden Schule bekannte Aversiongegen mathematisch-naturwissenschaftl iche Abstrakta 50 verg l e ichs weise ungebrochen und durchgängig in das professionelle Studium diese~Fäche r fortsetzt , ist in sofern bemerkenswert, als man von dermit dem Schulabschluß einhergehenden berufsspezifischen Selektiondoch eigentl ich eine Auslese speziell so l cher Charaktere (bzw. Sozialisationstypen) e rwarten sollte; die diese fach s pezifi sche Sc hül e ravers i on gerade nicht teilen. Die in dieser Erwartung enttäuschtenHochschullehrer (i n sbesOndere der Mathematik) pflegen hieraus nichtselten den Sc hluß zu ziehen, den scheinbar nicht funktionierendenvorunive r s itären Au s l esemechanismus innerhalb des Studiums drastischverschärfen zu müssen'O), schl ießl ich sei die Fähigkeit und Neigungzur Abstraktion ja e ine der Grundvoraussetzungen mathematisch-naturwissenschaftlicher Tätigkeit. Diese Schlußfo l ge rung ist allerdingsebenso kurzschlüssig wie ideol og i sch , denn die Mögl fChkeit, daß derGrund für die Abstraktionsaversionen von Schül ern und Studenten nichtnur bei diesen, sondern auch in der spez ifischen Art und Weise dermathematisch-naturwissenschaftl ichen Lehre zu suchen sein könnte,gerät so gar nicht ers t ins Bl ickfe ld.9) Die Unterschiede in der Beurteilung der genannten Grundstudiumsveranstaltungenzwischen Physik- und Mathematikstudenten sind übrigens erstaunlich gering . Zwarsind die Aversionen gegen theoretischere Lehrveranstaltungen bei Mathematikstudentenerwartungsgemäß etwas geringer ausgeprägt als bei Physikstudenten,was s ich insbesondere an der im Vergleich zum Durchschnitt deutlich weniger ne-gativen Beurteilung der Linear en Algebra durch erstere (bei einer gleichzeitigerheblich positiveren Einschätzung der Experimentalphysik durch letztere)zeigt. Doch gehen diese Unterschiede nicht so weit, daß davon die Bewertungsfolgeder Vorles ungen tangiert wird.10) Vgl . hierzu etwa Rainer Brämer, Machen Sie Ihr Staatsexamen nicht im Sommer .Soznat H 2/1978, S. 24ff.
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