.- 117 -ihre bildungstheoretisc?en und praktisch-erzieherischen Aktivitätendie im Kern gänzlich unpädagogischen schulischen Vertretungs ansprücheder Hochschuldisziplinen. Diese Lehrer durch eine möglichstfachwissenschaftliche Ausbildung fest in den Sozialisationsgriff zubekommen und deren Nachwuchs schon auf der Schule durch einen möglichstwissenschaftsorientiertenUnterric,ht fachgerecht vor zu,:",sozialisieren, das 'muß also das Hauptinteresse der' Hochschuldisziplinenin Bezug auf die Schule sein. Und genau dieses fundamentaleInteresse läßt inder Tat jeden pädagogischen Reformversuch derakademischen Lehrerausbildung beständig in der Sackgasse enden.Die Parteilichkeit der Lehrer zugunsten ihrer Fächer (und damitim Zweifelsfall gegen die SChüler), ihr kolonialer Agentenstatusim Dienste ihrer Fachdisziplinen, ist also genaugenommen gleichdreifach verankert, nämlich zum einen unmittelbar durch die fachwissenschaftlicheLehrerausbildung, zum anderen mittelbar durch diehier nur endgültig gefestigte, aber schon auf der Schule, erworbeneFachsozialisation und schließlich durch die wechselseitige Legitimationssymbiosevon Hochschuldisziplinen unrt Schulfächern. Auf derStrecke bleibt dabei das Schülersubjekt, denn ihm bleib:t im Chaosder Schulfächer nur die Wahl, sich diesem oder jenem Sozialisationsanspruchzu unterwerfen. Dazu wird er sich nicht nur dem vorgegebenenFachcharakter anpassen, sondern zugleich auch die fachspezifischenLegitimationsmuster übernehmen. Beides, die Ubernahmeder Fachsozialisation und der Fachlegitimation, zählt zu den wenigenIntentionen von Schule, die sie - zumindest bei einer je kleinenMinderheit - nachweisbar positiv realisiert.Dem Rest der Fächeransprüche wird der nun solchermaßen ' ''beheimatete''SChüler lediglich formal gerecht werden, um das jeweilige schulischeEtappenziel zU erreichen. Nach jedem derartigen Etappenerfolgtritt dann - mit Ausnahme des oder der identitätsbildenden Fächerder, berühmte Vergessenseffekt auf , der jeden erschreckt, der sichschon einmal ernsthaft mit den qualifikatorisch'en Wirkungen vonSchule befaßt hat. Aber immerhin, wenigstens in einem Fach hat daserworbene Wissen nicht nur ausschließlich Tauschwertcharakter,sondern wird unter selektiver Verstär kung der fachadäquaten Charaktermerkmaleverinnerlicht und führt schließlich zu einer dementsprechendenBerufswahl .
- 118 -Läßt sich der Schüler jedoch auf keine der angebotenen akademischenSozialisationsalternativen ein, so ist eine allgemeine Schulunlust,Leistungsversagen, Disziplinlosigkeit und Angst die Folge. Es istgewiß kein Zufall, daß ein solches Verhalten in der von .ihrersozialen Herkunft her jedwedem akademischen Weltverständnis eherfernstehenden Hauptschule weit häufiger als im Gymnasium anzutreffenist. So lange sich nicht wenigstens die Hauptschule von dem herkömmlichen,einleitend charakterisierten Bildungsrnaßstab zu lösenvermag, wird sich hieran wenig ändern.Dabei gab es - etwa unter dem Stichwort der Reformpädagogik - schongenügend Ansätze zu einer Emanzipation vom akademischen Bildungsideal,zu einer Loslösung vom wissenschaftlichen Über-Ich. Die damitverbundene Hinwendung zum Schülersubjekt, zu seiner Aufgeschlossenheit,Wissbegierde und Erlebnisfähigkeit, dürfte geradeheute den in ihrer Agentenfunktion so arg gestressten Lehrerneigentlich gar nicht so schwer fallen. Ob allerdings die akademischenDisziplinen und in ihrer Verlängerung die gerade erst mühsametablierten Fachdidaktiken einen solchen Parteienwechsel der Lehrereinfach zulassen, muß bezweifelt werden.