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2.1 Energetik und Kinetik

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Reaktionstypen<br />

68<br />

System<br />

+ –<br />

Jede zugeführte<br />

Energie wird<br />

positiv gezählt,<br />

jede abgegebene<br />

negativ<br />

H<br />

Ausgangsstoff<br />

H<br />

–ΔH<br />

Endstoff<br />

Endstoff<br />

+ΔH<br />

Ausgangsstoff<br />

<strong>2.1</strong> <strong>Energetik</strong> <strong>und</strong> <strong>Kinetik</strong><br />

<strong>2.1</strong>.1 Energieumsatz bei chemischen Vorgängen<br />

Jeder chemische Vorgang ist mit einem Energieumsatz verknüpft.<br />

Die frei werdende oder aufgenommene Energie wird als<br />

Reaktionswärme oder Wärmetönung bezeichnet, weil die<br />

Energie häufig in Form von Wärme frei wird. Zur Abkürzung der<br />

Reaktionswärme dient das Symbol ∆H (H von engl. „heat“). Zur<br />

Messung von ∆H muss die Reaktion bei konstantem Druck<br />

ablaufen.<br />

Die Reaktionswärme erhält ein negatives Vorzeichen (–∆H),<br />

wenn die Stoffe bei ihrer Reaktion Energie an die Umgebung<br />

abgeben, wenn also die energiereicheren Ausgangsstoffe zu<br />

energieärmeren Endstoffen werden. Solche Vorgänge heißen<br />

exotherm.<br />

Weist die Reaktionswärme ein positives Vorzeichen auf (+∆H),<br />

so nehmen die Stoffe bei ihrer Reaktion Energie aus der Umgebung<br />

auf, die Endstoffe sind energiereicher als die Ausgangsstoffe.<br />

Solche Vorgänge heißen endotherm.<br />

Exotherme Vorgänge: Das System gibt Wärmeenergie ab.<br />

∆H ist negativ.<br />

Endotherme Vorgänge: Das System nimmt Wärmeenergie auf.<br />

∆H ist positiv.<br />

Prinzip vom Energieminimum<br />

Häufig kann beobachtet werden, dass viele exotherme Reaktionen<br />

von selbst, d. h. freiwillig, ablaufen. Es besteht also bei chemischen<br />

Vorgängen offensichtlich eine Neigung zur Erreichung<br />

eines energieärmeren Zustandes. Diese Erkenntnis stimmt mit<br />

physikalischen Erfahrungen überein: Wasser fließt nicht von<br />

selbst bergauf, sondern nach unten, weil dabei die potenzielle<br />

Energie abnimmt.<br />

Stoffe, die einen hohen Energieinhalt besitzen, sind instabil.<br />

Durch Energieabgabe während einer Reaktion sind sie nach<br />

Ablauf der Reaktion aus dem instabilen Zustand in einen stabileren<br />

Zustand übergegangen.<br />

Von allen möglichen Zuständen eines Systems strebt die Natur<br />

den energieärmsten an.<br />

Prinzip vom Entropiemaximum<br />

Das Prinzip vom Energieminimum ist allerdings kein unter allen<br />

Umständen streng gültiges Gesetz; es gibt auch Vorgänge, die


endotherm <strong>und</strong> trotzdem freiwillig verlaufen, ganz besonders<br />

bei höherer Temperatur. Der Gr<strong>und</strong> dafür ist, dass neben dem<br />

Streben nach minimaler Gesamtenergie eine weitere Tendenz,<br />

die Zunahme der „Unordnung“, für den Ablauf einer Reaktion<br />

bestimmend ist.<br />

Die Entropie S (Einheit: J/K) ist ein Maß für die Unordnung eines<br />

Systems.<br />

Die Vergrößerung der Entropie (∆S ist positiv) bei chemischen<br />

Vorgängen, z. B. durch Vermehrung der Teilchenanzahl oder<br />

durch Übergang vom festen (hohe Ordnung – Kristall) in den<br />

flüssigen oder gasförmigen Zustand, begünstigt den freiwilligen<br />

Ablauf dieses Vorganges.<br />

Von allen möglichen Zuständen eines Systems strebt die Natur<br />

den Zustand mit der höchsten Entropie an.<br />

Ob eine Reaktion freiwillig abläuft, wird deshalb sowohl durch<br />

die Reaktionswärme (∆H) als auch durch die entstehende<br />

Unordnung (∆S) bestimmt. Die Reaktionspartner versuchen ein<br />

Energieminimum zu erreichen, gleichzeitig streben sie aber<br />

auch ein Entropiemaximum an.<br />

<strong>2.1</strong>.2 Aktivierungsenergie <strong>und</strong> Katalyse<br />

Nun gibt es aber zahlreiche Fälle, in denen Stoffe, die energiereich<br />

sind <strong>und</strong> miteinander exotherm reagieren könnten, dies<br />

nicht tun. Solche Reaktionen werden als „gehemmt“ bezeichnet,<br />

man spricht von metastabilen Systemen. Ein Beispiel dafür bildet<br />

eine Mischung aus Wasserstoff <strong>und</strong> Sauerstoff (Knallgasgemisch),<br />

die ohne äußeren Anlass nicht explodiert, sondern eine<br />

Zündung (durch elektrischen Funken, Flamme oder einfach<br />

Wärme) benötigt. Solche Systeme brauchen zur Reaktion eine<br />

Zufuhr von Aktivierungsenergie. Dieses Verhalten lässt sich<br />

durch die Stoßtheorie anschaulich beschreiben.<br />

Stoßtheorie<br />

Es wird eine in der Gasphase verlaufende Reaktion zwischen<br />

den Molekülen H 2 <strong>und</strong> I 2 betrachtet:<br />

H 2 +I 2 ˝ 2HI<br />

Damit die beiden Moleküle reagieren können, müssen sie<br />

zusammenstoßen.<br />

Im Augenblick des Zusammenstoßes sind die vier Atome für<br />

kurze Zeit miteinander verb<strong>und</strong>en. Diesen Zustand bezeichnet<br />

man als den Übergangszustand. Hier kommt es zu einer<br />

<strong>Energetik</strong> <strong>und</strong> <strong>Kinetik</strong><br />

Ein freiwilliger<br />

Vorgang<br />

Vor der<br />

Vermischung von<br />

zwei Gasen<br />

Nach der<br />

Vermischung<br />

ΔS ist positiv<br />

H 2<br />

I 2<br />

Zusammenstoß<br />

der<br />

Ausgangsstoffe<br />

Übergangszustand<br />

2HI<br />

Endprodukte<br />

69


Reaktionstypen<br />

70<br />

Umordnung der Elektronen, zu einer Neuorientierung von chemischen<br />

Bindungen.<br />

Obwohl bei Gasreaktionen sehr häufig Zusammenstöße erfolgen,<br />

führt nicht jeder Zusammenstoß zur Ausbildung dieses<br />

Übergangszustandes.<br />

Der Verlauf einer chemischen Reaktion lässt sich grafisch darstellen.<br />

Energie<br />

A 1<br />

Übergangszustand<br />

ΔH<br />

negativ<br />

A 2<br />

Ausgangsstoffe Produkte<br />

A 1, A 2 ...... Aktivierungsenergie<br />

Energiediagramm einer<br />

exothermen Reaktion<br />

Energie<br />

Übergangszustand<br />

A 1<br />

ΔH<br />

positiv<br />

A 2<br />

Ausgangsstoffe Produkte<br />

Energiediagramm einer<br />

endothermen Reaktion<br />

Zwischen Anfangs- <strong>und</strong> Endzustand steht jeweils als „Energieberg“<br />

die Aktivierungsenergie (A 1,A 2). Auch im Falle einer<br />

exothermen Reaktion (A 2 > A 1) muss diese „Barriere“ überschritten<br />

werden, bevor die Reaktionswärme frei werden kann. Die<br />

frei werdende Wärme kann nachher zur Aktivierung weiterer<br />

Teilchen genügen, d. h., sie hält dann die Temperatur konstant<br />

oder erhöht sie sogar noch, so dass der Vorgang selbstständig<br />

weiterläuft, nachdem die Ausgangsstoffe einmal aktiviert worden<br />

sind. Bei endothermen Reaktionen (A 2 < A 1) wird nachher<br />

nicht genügend Energie frei, um die Stoffe auf der notwendigen<br />

Temperatur zu halten. Es muss deshalb fortwährend Wärme<br />

zugeführt werden.<br />

Katalysator<br />

Statt durch Zufuhr von Aktivierungsenergie (Erwärmen) kann<br />

nun z. B. ein Gemisch von Wasserstoff <strong>und</strong> Sauerstoff auch<br />

dadurch zur Reaktion gebracht werden, dass man ein angewärmtes<br />

Platinblech in die Mischung hineinhält. Das Blech wirkt<br />

dabei als Katalysator. Seine Wirkung beruht wahrscheinlich<br />

darauf, dass das Platin an seiner Oberfläche Wasserstoffmoleküle<br />

adsorbiert, wobei die H-H-Bindungen offenbar so stark<br />

gelockert werden, dass beim Zusammenstoß mit einem Sauerstoffmolekül<br />

die Reaktion vor sich gehen kann.


Ganz allgemein bilden Katalysatoren mit einem der Ausgangsstoffe<br />

eine reaktionsfähigere Zwischenverbindung, die dann<br />

mit einem anderen Stoff weiterreagiert, so dass der Katalysator<br />

im Verlaufe der Gesamtreaktion wieder frei wird:<br />

A 2 +Kat˝ A 2Kat A 2Kat + B 2 ˝ 2AB+Kat<br />

Durch die Bildung reaktionsfähiger Zwischenverbindungen<br />

erniedrigen Katalysatoren die benötigte Aktivierungsenergie<br />

unter Umständen so stark, dass der betreffende Vorgang ohne<br />

jede weitere Aktivierung, d. h. schon bei Zimmertemperatur,<br />

verläuft.<br />

Katalysatoren beschleunigen chemische Vorgänge, indem sie<br />

die Aktivierungsenergie herabsetzen.<br />

Der Ablauf einer katalysierten exothermen Reaktion kann durch<br />

folgendes Diagramm veranschaulicht werden:<br />

Energie<br />

Übergangszustand<br />

Ausgangsstoffe<br />

Aktivierungsenergie<br />

ohne Katalysator<br />

mit Katalysator<br />

Endstoffe<br />

Einfluss eines Katalysators auf das Energiediagramm<br />

einer exothermen Reaktion<br />

Manche (besonders oberflächenwirksame) Katalysatoren sind<br />

gegen sehr geringe Mengen bestimmter Substanzen („Katalysatorgifte“)<br />

empfindlich <strong>und</strong> verlieren ihre Wirksamkeit. Beispiele<br />

von Katalysatorgiften sind Arsen- <strong>und</strong> Bleiverbindungen,<br />

Schwefelwasserstoff H 2S, Cyanwasserstoff HCN. Aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong>e darf bei der Verwendung eines Platinkatalysators zur<br />

Entgiftung der Autoabgase nur bleifreies Benzin getankt werden.<br />

Die Giftwirkung, welche diese Stoffe auf den menschlichen<br />

<strong>und</strong> tierischen Organismus ausüben, ist darauf zurückzuführen,<br />

dass sie auch im Körper bestimmte Katalysatoren (Enzyme)<br />

unwirksam machen. Inhibitoren (negative Katalysatoren) verlangsamen<br />

chemische Vorgänge.<br />

<strong>Energetik</strong> <strong>und</strong> <strong>Kinetik</strong><br />

Versuch<br />

Katalysierter<br />

Zerfall von<br />

Wasserstoffperoxid<br />

H 2O 2<br />

Kat H2O + 0,5 O 2<br />

Glimmspanprobe<br />

H 2O 2 5%ig<br />

zerfällt nicht<br />

In vier<br />

Reagenzgläsern<br />

erfolgt getrennte<br />

Zugabe von:<br />

1. Braunstein<br />

MnO2 2. Stücken roher<br />

Kartoffel<br />

3. Stücken<br />

gekochter<br />

Kartoffel<br />

4. einigen<br />

Tropfen Blut<br />

Glimmspanprobe<br />

zeigt: Bei 1., 2.<br />

<strong>und</strong> 4. entwickelt<br />

sich Sauerstoff;<br />

bei 3. nicht<br />

Biologische<br />

Katalysatoren<br />

(Enzyme) werden<br />

durch Kochen<br />

zerstört<br />

71


Reaktionstypen<br />

Abnahme der<br />

Konzentration<br />

eines Ausgangsstoffes<br />

C<br />

C1 C2 72<br />

ΔC<br />

Δt<br />

t 1 t 2 Zeit<br />

Versuch<br />

Einfluss des<br />

Zerteilungsgrades<br />

Heizöl in einer<br />

Porzellanschale<br />

ist schwer<br />

entflammbar.<br />

Sprühen Sie<br />

Heizöl in die<br />

Bunsenbrennerflamme.<br />

<strong>2.1</strong>.3 Reaktionsgeschwindigkeit<br />

Besonders in der Technik ist es wichtig zu wissen, wie schnell<br />

ein chemischer Vorgang abläuft, damit dieser beherrschbar ist<br />

<strong>und</strong> beeinflusst werden kann.<br />

Bei einer chemischen Reaktion nimmt innerhalb einer Zeitspanne<br />

∆t die Konzentration c der beteiligten Stoffe entweder<br />

zu (Endstoffe) oder ab (Ausgangsstoffe). Um den zeitlichen Verlauf<br />

dieser Reaktion zu beschreiben, wird als Reaktionsgeschwindigkeit<br />

die in dem Zeitintervall ∆t gemessene Konzentrationsänderung<br />

∆c eines Reaktionspartners definiert:<br />

v=– ∆c<br />

∆t<br />

v: Reaktionsgeschwindigkeit<br />

Die Abnahme (negatives Vorzeichen) der Konzentration des<br />

Ausgangsstoffes ist identisch mit der Zunahme (positives Vorzeichen)<br />

der Konzentration des Endproduktes. Die Abnahme<br />

oder Zunahme der Konzentration eines Reaktionspartners steht<br />

stellvertretend für die Geschwindigkeit der gesamten Reaktion.<br />

Einfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit haben eine<br />

Reihe von Bedingungen:<br />

Art der Stoffe<br />

Stoffe mit Ionenbindung reagieren in gelöster Form spontan, da<br />

die Ionen frei beweglich sind. Liegen Stoffe mit Atombindung<br />

vor, so reagieren sie meist langsamer, da die Bindungen erst<br />

geöffnet werden müssen. Dazu ist häufig Aktivierungsenergie<br />

erforderlich.<br />

Verteilungszustand <strong>und</strong> Aggregatzustand<br />

In Flüssigkeiten oder Gasen können die Reaktionspartner molekular<br />

durchmischt werden. Daher werden chemische Reaktionen<br />

häufig in Lösung oder in der Gasphase durchgeführt.<br />

Konzentration bei Lösungen <strong>und</strong> Druck bei Gasen<br />

Je mehr Teilchen vorhanden sind, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass Teilchen zusammenstoßen. Es kann sich<br />

dadurch der Übergangszustand in einem bestimmten Zeitintervall<br />

∆t öfters ausbilden.<br />

Konzentrierte Säuren oder Laugen wirken daher stärker ätzend<br />

als verdünnte.<br />

Temperatur des Reaktionsgemisches<br />

Je höher die Temperatur eines Stoffes ist, desto schneller bewegen<br />

sich die Teilchen. Dadurch werden die Zusammenstöße der<br />

Teilchen energiereicher (höhere Bewegungsenergie) <strong>und</strong> der<br />

Übergangszustand kann sich leichter ausbilden. Auch die


Anzahl der Zusammenstöße pro Zeitintervall wird bei höherer<br />

Temperatur größer.<br />

Reaktionsgeschwindigkeit – Temperaturregel:<br />

Bei einer Erhöhung der Temperatur um 10 °C verdoppelt sich bei<br />

vielen Reaktionen die Reaktionsgeschwindigkeit.<br />

Katalysator<br />

Geschwindigkeitsgleichung<br />

Die Geschwindigkeitsgleichung ist die mathematische Formulierung<br />

der Reaktionsgeschwindigkeit.<br />

Häufig sind chemische Reaktionen, an denen zwei verschiedene<br />

Moleküle beteiligt sind (bimolekulare Reaktionen):<br />

A 2 +B 2 ˝ 2AB<br />

In diesem Fall ist die Reaktionsgeschwindigkeit dem Produkt<br />

der Konzentrationen beider Reaktionspartner proportional:<br />

v ~ c(A 2)·c(B 2)<br />

v=k·c(A 2)·c(B 2)<br />

Den Proportionalitätsfaktor k bezeichnet man als Geschwindigkeitskonstante<br />

der betreffenden Reaktion. Der Wert von k<br />

wächst im Allgemeinen mit steigender Temperatur, k hat für<br />

jeden chemischen Vorgang bei gegebener Temperatur einen<br />

ganz bestimmten Wert. Er wird durch die Verwendung eines<br />

Katalysators vergrößert.<br />

<strong>2.1</strong>.4 Chemisches Gleichgewicht <strong>und</strong><br />

Massenwirkungsgesetz MWG<br />

Sehr viele chemische Vorgänge verlaufen umkehrbar (= reversibel),<br />

d. h., die gebildeten Endstoffe können miteinander reagieren<br />

<strong>und</strong> die Ausgangsstoffe zurückbilden.<br />

Eine besonders gut untersuchte umkehrbare Reaktion ist die<br />

Bildung von Iodwasserstoff aus Iod <strong>und</strong> Wasserstoff:<br />

H 2 +I 2 ˝ 2HI<br />

Bringt man in einen verschließbaren Kolben je ein Mol Wasserstoff<br />

<strong>und</strong> Iod <strong>und</strong> erwärmt etwas, so beginnt sich Iodwasserstoff<br />

zu bilden. Laut Reaktionsgleichung müssten zwei Mole<br />

<strong>Energetik</strong> <strong>und</strong> <strong>Kinetik</strong><br />

Häufigkeit der<br />

Zusammenstöße<br />

in<br />

Abhängigkeit<br />

von der Zahl<br />

der Moleküle<br />

A 2 <strong>und</strong> B 2<br />

A 2<br />

B 2<br />

ein möglicher<br />

Zusammenstoß<br />

(1x1)<br />

A 2<br />

A 2<br />

B 2<br />

zwei mögliche<br />

Zusammenstöße<br />

(2x1)<br />

A 2<br />

A 2<br />

B 2<br />

B 2<br />

B 2<br />

sechs mögliche<br />

Zusammenstöße<br />

(2x3)<br />

73


Reaktionstypen<br />

74<br />

Iodwasserstoff entstehen. Die Reaktion ist jedoch nicht vollständig.<br />

Es bleibt stets eine gewisse Menge Wasserstoff <strong>und</strong> Iod<br />

übrig, die von der jeweiligen Reaktionstemperatur abhängt. Es<br />

stellt sich also bei jeder Temperatur ein Endzustand ein, in dem<br />

alle drei Stoffe in bestimmten Mengen vorhanden sind. Diesen<br />

Endzustand bezeichnet man als „chemisches Gleichgewicht“.<br />

Erwärmt man umgekehrt in einem Kolben Iodwasserstoff, so<br />

zerfällt auch dieser unvollständig. Es bildet sich wieder ein<br />

Gleichgewicht, in dem alle drei Stoffe in bestimmten Konzentrationen<br />

vorhanden sind. In der Reaktionsgleichung stellt man<br />

diesen Sachverhalt durch einen Doppelpfeil dar:<br />

H 2 +I 2 ∏ 2HI<br />

Die Entstehung eines chemischen Gleichgewichtszustandes (bei<br />

Gasreaktionen) lässt sich für den Reaktionstyp<br />

A+B∏ C+D<br />

leicht erklären.<br />

Mischt man die Stoffe A <strong>und</strong> B, so reagieren sie unter Bildung<br />

der Stoffe C <strong>und</strong> D. Die Geschwindigkeit dieser Reaktion (Hinreaktion)<br />

v 1 nimmt mit fortschreitender Reaktion ab, da A <strong>und</strong> B<br />

verbraucht werden <strong>und</strong> somit ihre Konzentration abnimmt. Die<br />

Rückreaktion beginnt langsam, da die Konzentrationen von C<br />

<strong>und</strong> D klein sind. Die Reaktionsgeschwindigkeit nimmt aber im<br />

gleichen Maße, wie die Konzentration von C <strong>und</strong> D steigt, zu.<br />

v 1 =k 1 ·[A]·[B] v 2 =k 2 ·[C]·[D]<br />

Schließlich ist ein Zustand erreicht, bei dem beide Geschwindigkeiten<br />

gleich sind.<br />

v 1 =v 2<br />

Die Konzentrationen aller Reaktionsteilnehmer verändern sich<br />

nicht mehr. In den meisten Fällen sind aber die Konzentrationen<br />

der Ausgangsstoffe <strong>und</strong> der Endstoffe verschieden, da die<br />

Geschwindigkeitskonstanten k 1 <strong>und</strong> k 2 für die Hin- <strong>und</strong> Rückreaktion<br />

unterschiedlich groß sind.<br />

Setzt man für v 1 <strong>und</strong> v 2 die Geschwindigkeitsgleichungen ein,<br />

so erhält man:<br />

k 1 [A] [B] = k 2 [C] [D]<br />

k1 [C] [D] k1 [C] · [D]<br />

= =K K=[A]<br />

k2 [A] [B] k2 · [B]Ausgangsstoffe<br />

Endstoffe<br />

Der Quotient aus den Geschwindigkeitskonstanten der Hinreaktion<br />

k 1 <strong>und</strong> der Rückreaktion k 2 ist wieder konstant <strong>und</strong> heißt<br />

Gleichgewichtskonstante K.


Die Gleichgewichtskonstante K ist von der Temperatur abhängig.<br />

Sie wird durch Versuche ermittelt <strong>und</strong> kann für viele Reaktionen<br />

aus Tabellen entnommen werden.<br />

K> 1 bedeutet, dass die Endstoffe überwiegen. K~ 1 bedeutet,<br />

dass Ausgangs- <strong>und</strong> Endstoffe in vergleichbaren Mengen vorliegen.<br />

K< 1 bedeutet, dass die Ausgangsstoffe überwiegen.<br />

Diese gef<strong>und</strong>ene Gesetzmäßigkeit wird als das Massenwirkungsgesetz<br />

MWG bezeichnet. Durch Übereinkunft schreibt<br />

man die Konzentration der Endstoffe in den Zähler <strong>und</strong> die Konzentration<br />

der Ausgangsstoffe in den Nenner des Ausdrucks für<br />

die Gleichgewichtskonstante.<br />

Es muss hervorgehoben werden, dass es sich beim chemischen<br />

Gleichgewicht um einen dynamischen Zustand<br />

handelt: Die Gleichgewichtskonzentrationen sind konstant,<br />

weil die Geschwindigkeiten entgegengesetzt verlaufender Reaktionen<br />

gleich sind, <strong>und</strong> nicht, weil keine Vorgänge mehr ablaufen.<br />

Verschiebung der Gleichgewichtslage<br />

Die Lage des chemischen Gleichgewichtes kann durch Änderung<br />

der Reaktionsbedingungen (z. B. Konzentration eines<br />

Reaktionspartners, Druck bei Gasreaktionen, Reaktionstemperatur)<br />

verschoben werden. Die An- oder Abwesenheit eines<br />

Katalysators hat auf die Gleichgewichtslage keinen Einfluss,<br />

da ein Katalysator die Hinreaktion <strong>und</strong> die Rückreaktion<br />

in gleicher Weise beeinflusst. Die Zugabe eines Katalysators veranlasst<br />

jedoch ein nicht im Gleichgewicht befindliches System,<br />

dass es die Gleichgewichtseinstellung schneller vornimmt.<br />

Konzentrationsänderung: Durch Erhöhung der Konzentration<br />

eines der Ausgangsstoffe oder Erniedrigung der Konzentration<br />

eines der Endstoffe wird das Gleichgewicht auf die Seite der<br />

Endstoffe verschoben (v 1 > v 2). Die Gleichgewichtskonstante K<br />

bleibt unverändert.<br />

Druckänderung: Durch Erhöhung des Gesamtdrucks wird bei<br />

Gasreaktionen das Gleichgewicht auf die Seite mit dem geringeren<br />

Raumbedarf verschoben. Das kann die Seite der Ausgangsstoffe<br />

oder Endstoffe sein, je nachdem, auf welcher Seite der<br />

Reaktionsgleichung die Summe der Stoffmengen der Reaktionspartner<br />

geringer ist. Die Gleichgewichtskonstante K bleibt<br />

unverändert. Beispiel: Ammoniaksynthese (Haber – Bosch).<br />

Temperaturänderung: Durch Temperaturerhöhung wird bei<br />

exothermen Reaktionen das Gleichgewicht auf die Seite der Ausgangsstoffe,<br />

bei endothermen Reaktionen auf die Seite der Endstoffe<br />

verschoben. Die Gleichgewichtskonstante K wird verändert.<br />

<strong>Energetik</strong> <strong>und</strong> <strong>Kinetik</strong><br />

75


Reaktionstypen<br />

76<br />

<strong>2.1</strong>.5 Übungen<br />

1. Welche beiden Prinzipien beherrschen den Ablauf von chemischen Reaktionen?<br />

2. Warum laufen manche chemische Vorgänge von selbst ab?<br />

3. Was versteht man unter Aktivierungsenergie?<br />

4. Was versteht man unter Reaktionsgeschwindigkeit?<br />

5. Wovon hängt die Reaktionsgeschwindigkeit ab?<br />

6. Was sind Katalysatoren? Was bewirken sie?<br />

7. Zeichnen Sie das Energiediagramm für folgende angenommene Reaktion:<br />

A+B∏ 2C,A 1 = 155 kJ, A 2 = 113 kJ. Geben Sie die Größe von ∆H im Diagramm<br />

an. Ist die Reaktion exo- oder endotherm? Zeichnen Sie in das Diagramm die<br />

Kurve einer katalysierten Reaktion ein.<br />

8. Was versteht man unter einem „dynamischen“ Gleichgewicht?<br />

9. Wie kann ein chemisches Gleichgewicht verschoben werden?<br />

10. a) Schreiben Sie das Massenwirkungsgesetz für die Gasreaktion CO + Cl 2 =<br />

COCl 2.<br />

b) Was bedeutet der experimentelle Wert K = 133 für die Lage des Gleichgewichtes?<br />

c) Erklären Sie, welchen Einfluss die Erhöhung des Druckes auf die Lage dieses<br />

Gleichgewichtes hat.<br />

Versuch<br />

Saure <strong>und</strong><br />

basische Lösungen<br />

werden mit<br />

verschiedenen<br />

Indikatoren versetzt<br />

<strong>und</strong> ihre<br />

Farben notiert<br />

z.B. Indikator<br />

Phenolphthalein<br />

sauer<br />

farblos<br />

basisch<br />

rot<br />

2.2 Säuren <strong>und</strong> Basen<br />

Die ersten Bemühungen, Säuren <strong>und</strong> Basen zu charakterisieren,<br />

gründeten sich auf experimentell beobachtbare Eigenschaften:<br />

Säuren <strong>und</strong> Basen hat man früher nach ihrem Geschmack<br />

benannt. Da heute das Kosten von Chemikalienlösungen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

abzulehnen ist, kann dieses Kennzeichen nicht verwendet<br />

werden (Ausnahmen: saure Früchte, Essig . . .).<br />

Säuren greifen auch in verdünnter Form die Haut an, machen<br />

sie rauh <strong>und</strong> rissig (Vorsicht!). Basen quellen die Haut <strong>und</strong><br />

machen sie glitschig (Seifenlauge).<br />

Säuren <strong>und</strong> Basen verändern bestimmte Farbstoffe. So färbt<br />

sich z. B. „Rotkraut“ beim Kochen rot, wenn man Essig (Säure)<br />

zusetzt. Wäscht man anschließend das Kochgeschirr ab (Base),<br />

so färbt sich das Abwaschwasser blau. Solche Farbstoffe nennt<br />

man Säure-Base-Indikatoren.<br />

In der Geschichte hat man verschiedene Vorstellungen über das<br />

Wesen von Säuren <strong>und</strong> Basen entwickelt. Jede dieser Theorien<br />

erscheint unter bestimmten Umständen vorteilhaft. Für ein<br />

gegebenes Problem benutzt der Chemiker die Theorie, die für<br />

seine Bearbeitung am geeignetsten erscheint.

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