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Spielend lernen mit Diabetes zu leben - Hausarzt und ...

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20REPORTAGEdem B<strong>und</strong>esverdienstkreuz amBande geehrt worden – für seinEngagement, spezielle Ferienaufenthaltefür diabeteskranke Kinder<strong>und</strong> Jugendliche <strong>zu</strong> organisieren.Für den Arzt selbst war dieAuszeichnung nur insofern wichtig,weil dadurch Kinder, die an<strong>Diabetes</strong> Typ 1 erkrankt sind, kurzin das Blickfeld öffentlichen Inter-„Kinder-<strong>Diabetes</strong>-Schulungs-Kursfür Typ-1-Diabetiker“.Ein Unwort,für das Dr. KarstenMilek demhier<strong>zu</strong>lande sobeliebten Abkür<strong>zu</strong>ngsfimmeleinen Sinn gab.Aus der umständlichenBezeichungwurde KiDS-Kurs.Und der fand inden Sommerferienbereits <strong>zu</strong>m15. Mal statt.<strong>Spielend</strong> <strong>lernen</strong> <strong>mit</strong><strong>Diabetes</strong> <strong>zu</strong> <strong>leben</strong>Gerade ist das Frühstück vorbei.Auf dem Pfauenhof, so heißt dasGelände des Europäischen Bildungswerkesin Kolberg, LandBrandenburg, herrscht ein buntesDurcheinander. Es bleiben nur einpaar Minuten, um sich so wichtigeDinge, wie die von dem süßen Typenoder vom Ausgang desabendlichen Spiels <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rufen,dann beginnen für die Kids dieDie Schulungen <strong>mit</strong> Dr. Karsten Milek sind nicht nur interessant, sondern auchlustig. Übrigens: Für jeden Kurs lässt sich der Doc ein Mottoeinfallen. 2005 war es Unterwelt (Foto), 2006: Kleine WM.Schulungen. Doch der Spaß hörtauch dann nicht auf: Die Frauen<strong>und</strong> Männer um Dr. Karsten Milek,wissen selbst medizinischeDetails, Themen <strong>zu</strong> Ernährung,Bewegung, Verhalten usw. interessant<strong>und</strong> lustig <strong>zu</strong> ver<strong>mit</strong>teln.Im Pavillon warten die größerenMädchen auf den Doc. Der warübrigens vor zwei Jahren <strong>mit</strong>Elisabeth Kiederley, Cordula Schöne <strong>und</strong> Kathrin Müller sind aus Hohenmölsen <strong>mit</strong> nachKolberg gekommen. Sie arbeiten in der diabetologischen Schwerpunktpraxis von Karsten Milek.


21REPORTAGEFür jedes Kind wirdeine Dokumentationangelegt. Der Blut<strong>zu</strong>ckerwird täglich sechsmalkontrolliert, an einigenTagen sogar nachts.Dr. Stefan Vogler wertet gemeinsam <strong>mit</strong> einemKursteilnehmer dessen Ergebnisse aus <strong>und</strong> bestimmtdanach die Insulinmenge. Ein Ritual, das sichfür alle Kinder täglich wiederholt.esses gelangt sind. Seit15 Jahren schon organisiertder nicht nur inDeutschland bekannte Diabetologe,der in Hohenmölsen eineSchwerpunktpraxis betreibt, Ferienaufenthaltefür betroffene Kinder.Kurs-Teilnehmer voneinst sind heute HelferAuch in diesem Sommer warenfast 50 Mädchen <strong>und</strong> Jungen nachKolberg gekommen, um Spiel <strong>und</strong>Spaß <strong>zu</strong> haben <strong>und</strong> fast nebenbeiden besseren Umgang <strong>mit</strong> ihrerKrankheit <strong>zu</strong> er<strong>lernen</strong>. Zur „Crew“von Dr. Milek gehörten acht Helfersowie Mileks Tochter Anne als Koordinatorin,seine Frau, die Medizin-PädagoginSusanne Nitschke,die die Schulungen organisierte,Dr. Stefan Vogler, der zweite Arzt,eine Krankenschwester, zweiSchwesternschülerinnen, eine Laborantin<strong>mit</strong> zwei A<strong>zu</strong>bis. Die Helfer,die jeder Gruppe <strong>zu</strong>geteilt waren,sind übrigens selbstDiabetiker. Den Doc kennen sieschon viele Jahre, denn auch siewaren einst Teilnehmer der KiDS-Kurse.Diabetikerin ist auch Reinhild Lautenbach,die Laborantin. „Seit 50Jahren lebe ich schon <strong>mit</strong> dieserKrankheit. Meine Kindheit warschrecklich. Ich durfte nie insFerienlager, musste dafür fünfmalim Jahr ins Krankenhaus. Warenmeine Werte gut, bin ich entlassenworden, doch danach ging es mirbald wieder schlechter.“ Niemandhatte Reinhild Lautenbach erklärt<strong>und</strong> beigebracht, wie sie <strong>mit</strong> ihrerKrankheit im ganz normalen Alltagum<strong>zu</strong>gehen hatte. „Was ist beieiner Radtour <strong>zu</strong> beachten oderBlut<strong>zu</strong>ckermessungen sind ganz wichtig. Aber mankann es auch übertreiben. Während des Kurses<strong>lernen</strong> die Kinder, wann Messen notwendig ist.Spritzen will gelernt sein. Deshalb wird die Insulingabe bei den kleineren Kursteilnehmernüberwacht. Gemeinsam <strong>mit</strong> der Schwester wird bis zehn gezählt, dann kann die Spritze raus.


22REPORTAGEAnne Milek, Psychologiestudentin <strong>und</strong> Tochter desDoc war immer da, wenn Kids mal Probleme hatten.Nach den Schulungen ist Zeit fürs Spielen. Tischtennis steht dabei fast so hochim Kurs wie baden im nahen See oder Rad fahren.info1605 Euro zahltdie AOK Sachsen-Anhalt für jedenTeilnehmer am14-tägigen KiDS-Kurs. Der Eigenanteilder Elternfür Übernachtung<strong>und</strong> Verpflegungliegt bei 175 proKind. „DiesesSchulungsmodellverbindet medizinischErforderliches<strong>mit</strong> Spaß<strong>und</strong> Erholung“,schätzt Ralf Dralleein, der bei derAOK Sachsen-AnhaltGeschäftsbereichsleiterist.Infos:www.aok.de/saoder Tel.: 01 80-2001304.beim Ball spielen? Muss ich beimehr Bewegung mehr oder wenigerspritzen? Muss ich mehr oderweniger essen? Ich wusste nichts.“Als die Laborantin von MileksKiDS-Kurs hörte, wollte sie unbedingtdabei sein <strong>und</strong> helfen. Unterstütztwurde sie hier von NadineRöhner, die <strong>mit</strong>ten in der Ausbildung<strong>zu</strong>r medizinisch-technischenAssistentin steckt. Auch Nadine istDiabetikerin <strong>und</strong> hatte seit 1994regelmäßig an den Ferienkursenvon Dr. Milek teilgenommen. Anihrer Berufswahl <strong>und</strong> demWunsch, heute in Kolberg <strong>zu</strong> helfen,ist der Arzt ganz <strong>und</strong> gar nichtschuldlos.1991 – als Karsten Milek noch imBrandenburgischen <strong>zu</strong> Hause war– hatte er in den Sommerferiendas erste Schulungslager für Diabetiker-Kinderin Kolberg organisiert.„Dass wir das geschafft haben,ist Regine Hildebrandt <strong>zu</strong>verdanken. Sie war ja damals Ges<strong>und</strong>heitsministerinin Brandenburg<strong>und</strong> sehr, sehr engagiert.“ Dahatten sich zwei getroffen, denenes ernst war <strong>mit</strong> der Hilfe für andere.Aus dem Schulungscamp fürBrandenburger Kids ist längst eindeutschlandweites Projekt geworden– nicht im Selbstlauf allerdings.Milek ging <strong>und</strong> geht hausieren– bei Behörden, Sponsoren,bei Krankenkassen. Und währenddie AOK Sachsen-Anhalt <strong>und</strong>Brandenburg sowie etliche BKKden Sinn der Schulungen erkannthaben <strong>und</strong> den Großteil der Kostenfür ihre Versicherten tragen,lehnen die meisten Ersatzkassendas ab. Wenn sich auch nicht jederso ausdrückt, wie eine Kasse inHannover, von der Karsten Milek<strong>zu</strong> hören bekam: „Ihre sozialistischenExperimente machen wirnicht <strong>mit</strong>“ – die Argumente, umKosten <strong>zu</strong> Lasten kranker Kinder<strong>zu</strong> sparen, sind sehr vielfältig. Dasärgert Milek. „Alle Kinder“, sagt er,„sind mir gleich lieb.“ Er kann dieseHerzlosigkeit nicht begreifen.Gr<strong>und</strong>stein für einnormales Leben legenDer Mann, der selbst vier Kinderhat, ist im Camp sehr viel mehr alsder Doc, er ist Fre<strong>und</strong>, er ist vor allemeiner, der versteht. Er erzähltden Kindern von einer Weiterbildung:„Alle Teilnehmer musstensich sechsmal am Tag spritzen, allerdings<strong>mit</strong> Kochsalz. Ich habedas keine Woche durchgehalten.Aber ich habe verstehen gelernt,was ihr jedes Mal leisten müsst.“Milek will den Kindern unbedingthelfen. „Die müssen ihr ganzes Leben<strong>mit</strong> ihrer Krankheit auskommen<strong>und</strong> nur, wenn sie den richtigenUmgang <strong>lernen</strong>, könnenFolgekrankheiten vermieden werden.Wir legen hier den Gr<strong>und</strong>stockfür ein normales Leben.“Essen, was schmeckt <strong>und</strong> dennochgut für Diabetiker ist. Die Kinder<strong>lernen</strong> im KiDS-Kurs, sich gut <strong>und</strong>vernünftig <strong>zu</strong> ernähren.Für fast 50 Kinder ist jede Menge <strong>zu</strong>organisieren. In freien Minuten istDr. Karsten Milek deshalb meist ansTelefon geb<strong>und</strong>en.

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