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mh-info 2004-3 - medienhilfe

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Medien in Kosov@ nach den MärzausschreitungenTrotz Schelte keine SelbstkritikMassiv war die Kritik an den kosov@-albanischen Medien als Mitverantwortlicheder gewaltvollen AusschreitungenMitte März. Geändert hat sichjedoch kaum etwas.Von Carole Gürtler*Bereits ein halbes Jahr ist es her, dassfalsche Medienberichte in Kosov@ zugewaltvollen Ausschreitungen seitens derAlbaner vor allem gegen die serbischeMinderheit geführt haben. Rund 51'000Menschen waren in die Unruhen involviert,19 Menschen verloren dabei ihrLeben und zahlreiche Häuser der serbischenund Roma Minderheit sowie serbisch-orthodoxeSakralbauten wurdenzerstört. Die Eskalation dauerte zweiTage. Sie endete ebenso rasch, wie siebegonnen hatte, hinterliess aber anhaltendeErnüchterung und Perspektivlosigkeitauf allen Seiten.Boll Ma! Genug! Plakatkampagne gegen Gewalt in Kosov@.Patriotische Medienhysterie bei RTKBald nach den Ereignissen wurde von unbefangenenBeobachtern massive Kritikan den beteiligten Akteuren – den kosov@-albanischenPolitikern, der KFORund der UNMIK – geäussert. Auch diealbanisch-sprachigen Medien, denen eineHauptschuld an der Eskalation zugesprochenwird, wurden nicht verschont. Vorallem Radio und Fernsehen Kosovo RTK,von der internationalen Gemeinschaftzum öffentlich-rechtlichen Sender erklärtund finanziert, wird vorgeworfen, durchhetzerische und falsche Berichterstattungwesentlich zur Eskalation beigetragen zuhaben. Robert Gillette, im Namen derinternationalen Gemeinschaft als TemporaryMedia Commissioner (TMC) inKosov@ tätig, spricht von einer “explosivenAtmosphäre patriotischer Hysterie”,welche RTK evoziiert habe.Miklos Haraszti, Medienverantwortlicherder OSZE, schreibt in seinem Bericht:“Ohne die leichtsinnige und sensationslüsterneBerichterstattung der Medien …hätten die Ereignisse eine andere Richtungnehmen können. Sie hätten wenigerbrutal sein können, ja vielleicht gar nichtstattfinden müssen.” Den OSZE-Berichtüber die Rolle der Medien während derMärzereignisse schliessen 16 Empfehlungenab, wie die offensichtlichen Defiziteder Medien überwunden und solcheSituationen in Zukunft vermieden werdenkönnen. Die Empfehlungen beinhalteneine Stärkung des RTK-Managementsund der Redaktion, mehr Training undAusbildung für Journalisten und ein wirksamesMediengesetz.Gängelband und Eingriffe...Es gehört wohl zum Wesen der Kritik,dass sie nur zu oft zurückgewiesen wird.So auch in diesem Falle. KFOR weistjedes Versagen von sich, UNMIK gibtzumindest einige Fehler zu und diekosov@-albanischen Politiker haben nuraufgrund beträchtlichen internationalenDrucks Fehler eingestanden und Wiederaufbaupläneverkündet. Und die Medien?Keine der Empfehlungen wurde bis anhinumgesetzt, keine verlegerischen oder programmspezifischenVeränderungen vorgenommen.Statt sich dem Versagen der Medienselbstkritisch zu stellen, streiten Vertreterder lokalen Medien ihre Verantwortungab. Die Kritik wird als ungerecht empfunden.So akzeptiert Baton Haxhiu, Direktordes Journalistenverbandes (Associationof Professional Journalists of Kosova -AGPK) zwar die in den Berichten geäusserteKritik und gibt Fehler und fehlendeProfessionalität zu. Er argumentiert aber,dass die Kritik übertrieben sei, vor allem<strong>mh</strong><strong>info</strong>2was die Rolle der Medien innerhalb derGesellschaft beträfe.Die fehlende Selbstkritik und Selbstkontrolleder Medien verführt die internationaleGemeinschaft zu verstärkter Kontrolle.Die UNMIK hat im Rahmen ihrerUntersuchungen über die März-Ereignissebei verschiedenen Medien Zugriff aufMaterial und Quellen verlangt. Dies trägtnicht zu einer Verbesserung der Situationund Stärkung der Professionalität bei,sondern stellt vielmehr einen Angriff aufdie Medienfreiheit und das Recht aufQuellenschutz dar.... statt Selbstkritik und Selbstkontrolle“Eine selbstkritische öffentliche Überprüfungder Rolle, welche die Medien beiden Pogromen spielten, hat bisher kaumstattgefunden”, schreibt der Korrespondentder Basler Zeitung (31.07.<strong>2004</strong>) undzitiert Astrit Salihu, Vize-Direktor vonRTK mit den Worten: “Unsere professionellenMängel sind nicht zuletzt dasResultat der fehlenden Professionalitätvon OSZE, US-Aid und der ganzen NGO-Mafia, die uns in den letzten Jahren unterstütztund ausgebildet hat … Man hat inuns den Sündenbock für die Märzereignissegefunden und will uns ans Gängelbandnehmen, von dem man uns eben erstlosgelassen hat.”

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