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Der Schwebe- Balken

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030<br />

H.O.m.e.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Schwebe</strong>-<br />

<strong>Balken</strong><br />

Am Rand von Münster „steht“<br />

ein echter Hingucker: Die<br />

Neuinterpretation eines<br />

Flachdachbungalows von<br />

„htarchitektur“ scheint dank<br />

einer fast unsichtbaren<br />

Schattenfuge über dem<br />

Grundstück zu schweben.<br />

Fazit: ein Haus,<br />

das (sich) abhebt<br />

TexT AnDreAS tölke FoTos rolAnD BorgmAnn<br />

WOHnenmünster<br />

90-Grad-Lebensraum<br />

Die Gartenseite des Bungalows besticht durch<br />

Transparenz. Bodentiefe Fensterfronten<br />

säumen die gesamte Länge des Pooltrakts mit<br />

dem 12 x 4 m großen Edelstahl-Becken.<br />

Im Wohnbereich finden sich an der Rückfront<br />

Doppeltüren, die aus den Schlafzimmern freien<br />

Austritt ermöglichen. <strong>Der</strong> Sockel und das<br />

auskragende Dach verschatten und schützen<br />

H.O.m.e.<br />

031


032<br />

H.O.m.e.<br />

WOHnenmünster<br />

GLas ist trumpf<br />

<strong>Der</strong> Pool – das verrät schon<br />

der Einblick – wurde optisch<br />

mit dem Wohnbereich<br />

verbunden und nur<br />

durch abfaLLend die Glasfronten<br />

Eine besondere Herausforderung davon getrennt. bei Die<br />

der Planung war die innen Lage liegende an einem Poolwand<br />

steilen Hang. Durch die großen aus einzeln Fenster- verklebten<br />

fronten lässt sich der Ausblick Schieferriemchen genießen ist die<br />

Materialfortsetzung des<br />

Eingangsbereichs.<br />

Absoluter Blickfang:<br />

die Bodenstrahler zur<br />

Blauen Stunde<br />

H.O.m.e.<br />

033


Flachdachbungalow – nach den oft<br />

misslungenen Versuchen in den<br />

70ern ist es beinahe ein Schimpfwort.<br />

Dabei ist das architektonische<br />

Konzept, ein Haus im Winkel mit<br />

sehr privatem Garten, so dumm<br />

nicht. Wie die Mischung aus schützender<br />

Front und nicht einseh barer<br />

Rückseite zeitgemäß interpretiert<br />

werden kann, beweist die Architektin<br />

Henrike Thiemann. Dem<br />

eifrigen H.O.M.E.-Leser kommt der<br />

Name bestimmt bekannt vor, hat<br />

ihr Büro ht architektur doch schon<br />

mit einem Penthouse in Münster<br />

in diesem Magazin punkten können.<br />

Aktuell arbeitet das Büro an<br />

sechs Projekten. Aber nun zum<br />

Flachdach.<br />

Die Bauherren: ein Unternehmerpaar<br />

mit Sohn und Hund, das<br />

sich ein Traumhaus wünschte und<br />

das bereit war, sich auf die Visionen<br />

der Architektin einzulassen.<br />

Ihre Vorgaben hatten einen mehr<br />

emotionalen als einen stilprägenden<br />

Charakter und die Zusammenarbeit<br />

mit der Architektin wurde<br />

zum intensiven Dialog. Die<br />

Wunschliste begann mit der Sehnsucht<br />

nach einem privaten Refugium<br />

als Rückzug vom Arbeitsalltag,<br />

als Insel in der Stadt. <strong>Der</strong> zweite<br />

Baustein war das Bedürfnis nach<br />

einem Pool für das morgendliche<br />

Sportprogramm. Und last, but<br />

not least sollte das Haus einen<br />

geschlossenen Charakter zum öffentlichen<br />

und Offenheit zum privaten<br />

Raum haben. Ab da war das<br />

Architekturbüro gefragt und aus<br />

dem knappen Briefing entstand<br />

der Entwurf: ein lichter Raum zur<br />

Gartenseite, der sowohl außen und<br />

Leben am pOOL<br />

<strong>Der</strong> Wohnbereich grenzt direkt an den Pool. Glasflächen als Trennelement<br />

erlauben es, mit Aussicht auf den Garten zu relaxen. Das Sofa<br />

„Hilton“ mit passendem Beistell- und Sofatisch von Minotti bildet<br />

dabei das Zentrum. Ganz rechts: Le Corbusiers „LC2“ von Cassina<br />

das atrium im<br />

Zentrum<br />

Zum Garten hin offen<br />

und umrandet vom<br />

Wohn- und Poolbereich<br />

ist das Atrium<br />

mit versenkbarem<br />

Dach, das Herzstück<br />

des Hauses. Innen-<br />

und Außenräume<br />

verraten Geschmack:<br />

Im Atrium befindet<br />

sich die Sitzgruppe<br />

„Barcelona“<br />

von Dedon<br />

Geöffnetes<br />

terrain<br />

Rechts der Pool, links<br />

das Wohnzimmer, im<br />

Rücken das Atrium.<br />

Und am Ende des<br />

Korridors asiatische<br />

Preziosen, kunstvoll<br />

beleuchtet. Hingucker:<br />

der Boden aus<br />

Anröchter Dolomit –<br />

100 % Naturstein<br />

mit exzellenter<br />

Wärme leitfähigkeit<br />

WOHnenmünster<br />

034 H.O.m.e. H.O.m.e. 035


innen verbindet als auch das Thema<br />

Wasser mit Pool, innen, und<br />

Teich, außen, in das Konzept, pardon,<br />

„einfließen“ lässt. Und wenn<br />

es den Bewohnern zu durchsichtig<br />

wird: Die außen liegenden Rollos<br />

sind blickdicht.<br />

Jetzt, nach knapp zwei Jahren<br />

Planungs- und Bauzeit, ist vor den<br />

Toren Münsters die Flachdach-<br />

reloaded-Version mit 280 m 2<br />

Wohnfläche, drei Metern Raumhöhe<br />

und einem 90 m 2 großen,<br />

innen liegenden Poolareal entstanden.<br />

Auf den ersten Blick von<br />

der Straße wird klar: eine mehr als<br />

gelungene Adaption. Bodentiefe,<br />

schmale Fenster durchbrechen die<br />

Fassade und kennzeichnen eine<br />

Abkehr von der erwarteten Monotonie.<br />

Ein Riegel vor der Haustür<br />

ergänzt das Gesamtbild, auch er<br />

ist eine architektonische Bereicherung.<br />

In der Fachsprache heißt es<br />

„Schieferwandscheibe“. Was sich<br />

trocken anhört, mit Verweis auf<br />

das verwendete Material, ist de<br />

facto eine ausgesprochen leben-<br />

dige Angelegenheit. Zum einen,<br />

weil die Doppelgarage, die vorgebaut<br />

ist, dahinter verschwindet,<br />

zum anderen, weil ein Wasserfall<br />

im Eingangsbereich einen echten<br />

Wow-Effekt erzeugt. Indirektes<br />

Licht von oben und unten sorgt<br />

für eine Prise Drama. Am Ende<br />

des teils überdachten Eingangsbereichs<br />

finden sich erste Verweise<br />

auf eine Leidenschaft der Bewohner.<br />

Rechts und links der Pforte<br />

sind zwei indonesische Skulpturen<br />

positioniert. Was erstaunt, ist der<br />

freie Blick durch die Glashaustür,<br />

der das Innere erfasst. Noch befindet<br />

man sich ja ante portas …<br />

Noch vor der Tür, bei einer Runde<br />

um das Haus, fällt auf: Hier hat<br />

sich eine Architektin auf einen Sockel<br />

gestellt. Na ja – eigentlich ihr<br />

Werk. <strong>Der</strong> Sockel springt umlaufend<br />

zurück, was den <strong>Schwebe</strong>eindruck<br />

des Hauses noch verstärkt.<br />

Von der Straßenseite ist das nicht<br />

zu entdecken, der Kunstgriff ist<br />

für „Insider“ gedacht und mehr<br />

als eine ästhetische Spielerei. <strong>Der</strong><br />

kOcHen<br />

nacH mass<br />

Die gesamte Küche<br />

ist ein Unikat,<br />

geplant von<br />

htarchitektur und<br />

ausgeführt von<br />

Gövert & Dange<br />

Tischlerei. Weiß<br />

lackierte Fronten<br />

kontrastieren mit<br />

der schwarzen<br />

Arbeitsfläche aus<br />

Nero Assoluto<br />

das<br />

WOHLfüHLbad<br />

<strong>Der</strong> Doppelwaschtisch<br />

ist eine<br />

Auftragsarbeit,<br />

die Edelstahlbecken<br />

stammen<br />

von Alape, die<br />

Armaturen von<br />

Dornbracht. Die<br />

bodentief eingelassene<br />

Acryl-<br />

Badewanne mit<br />

Aussicht stammt<br />

von UCOSAN.<br />

Hingucker im<br />

Raum: „Bamboo<br />

white“ von Bisazza<br />

mit weiß-goldenen<br />

Mosaiksteinen<br />

WOHnenmünster<br />

Sockel mit der gleichen Tiefe wie<br />

das auskragende Dach wirkt sich<br />

positiv auf die Energiebilanz aus.<br />

Die Kollektoren auf dem Dach,<br />

die das Poolwasser erwärmen, und<br />

die Wärmepumpe als Heizung tun<br />

für die Ökobilanz ihr Übriges.<br />

Zusammen mit der Verschattung<br />

des Flachdachübersprungs ist der<br />

Effekt nicht unmaßgeblich. Optisch<br />

und praktisch bedeutet er für<br />

die Bewohner: <strong>Der</strong> Tritt ins Freie<br />

ist nicht abrupt, sondern findet in<br />

Dosierungen statt. <strong>Der</strong> Umgang ist<br />

regensicher und das Atrium, das in<br />

die Fassade integriert ist, verbindet<br />

einmal mehr außen und innen. An<br />

der Südseite gelegen, ist das zur<br />

Gartenseite offene Atrium dank einer<br />

Glasüberdachung eine zusätzliche<br />

Lichtquelle. Apropos Licht:<br />

Spots im Sockelboden geben dem<br />

Haus zur Blauen Stunde endgültig<br />

die von den Bauherren ersehnte<br />

Intimität. Auch im Inneren findet<br />

man eindeutig gute Aussichten.<br />

036 H.O.m.e.<br />

H.O.m.e. 037


WOHnenmünster<br />

LicHtdurcHfLutet<br />

Das Bett „Dux 8888“ von Duxiana wurde<br />

von der Architektin dem Raum entsprechend<br />

modifiziert. Links und rechts von<br />

der Ablage: die Designklassiker-Leuchten<br />

„WG 24“ von Wagenfeld<br />

Jedes Zimmer im Wohnbereich<br />

hat bodentiefe Fenster, nur wenige<br />

tragende Wände unterbrechen die<br />

Glasfront. <strong>Der</strong> Pool bietet dabei<br />

den besten Ausblick, hier wird das<br />

Dach an den langen Seiten nur<br />

von filigran anmutenden Säulen<br />

getragen – für die morgendliche<br />

Schwimmrunde mit Weitsicht.<br />

Im Wohnbereich des Hauses behält<br />

man Boden unter den Füßen.<br />

In Fall des Bungalows ist es im Eingangsbereich<br />

– innen wie außen –<br />

ein großformatiger Bodenbelag aus<br />

Anröchter Dolomit, der nur in den<br />

Schlafräumen in geöltes Stäbchenparkett<br />

aus Räuchereiche übergeht.<br />

Flachbündige Türen, geputzte Wän-<br />

Haus m<br />

de (im Wohnbereich) und Holzrahmenfenster<br />

geben dem Ganzen<br />

eine Dezenz, die dem Interieur eine<br />

wirkungsvolle Spielfläche verleiht.<br />

Reduzierte Formen und Materialität ergeben eine hintergründige Konzeption<br />

LebendiG<br />

Die Außenansicht ist dreigeteilt – in die<br />

Garage, den Schieferriegel, der sich zwischen<br />

Service und Wohntrakt schiebt, und den<br />

Wohntrakt mit den schmalen, bodentiefen<br />

Fenstern im Bauhaus-Stil<br />

038 H.O.m.e.<br />

Und hier greifen die Hausbesitzer<br />

zu einem beeindruckenden Stilmix.<br />

Warum sollten Designklassiker und<br />

indonesische Preziosen in Münster<br />

auch nicht eine Heimat finden? ■<br />

Wohnfläche: 280 m 2 plus 90 m 2 Innenpool<br />

architektin: Henrike Thiemann vom Büro htarchitektur,<br />

www.htarchitektur.de Ort: Münster

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