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Forschung mit Synchrotronstrahlung in Deutschland 2009 - SNI-Portal

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Elektronenpaare <strong>in</strong> QuantenfernbeziehungenExperimente <strong>mit</strong> <strong>Synchrotronstrahlung</strong> liefern E<strong>in</strong>sichten<strong>in</strong> die Mysterien der Quantenphysik.Die Quantenmechanik stellt unsere Vorstellungskraft aufe<strong>in</strong>e harte Probe. E<strong>in</strong>iges g<strong>in</strong>g da sogar Albert E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong> zu weit.1935 veröffentlichte er zusammen <strong>mit</strong> Boris Podolsky und NathanRosen e<strong>in</strong>en Artikel, <strong>in</strong> dem die Autoren zu dem Schlusskommen, dass – wenn die Quantenmechanik stimme und dieWirklichkeit unabhängig von unseren Beobachtungen sei, esQuantenobjekte <strong>in</strong> spukhaften Quantenfernbeziehungen gebenmüsse. Und das könne e<strong>in</strong>fach nicht se<strong>in</strong>.Generell s<strong>in</strong>d Eigenschaften von Quantenobjekten oft erstnach e<strong>in</strong>er Messung bestimmt. Die Eigenschaften von zwei Objekten<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Quantenfernbeziehung s<strong>in</strong>d dabei auf e<strong>in</strong>e mysteriöseWeise <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander verknüpft. Denn wenn man e<strong>in</strong> Paarvon zwei Objekten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sogenannten verschränkten Zustanduntersucht, <strong>in</strong>dem man e<strong>in</strong>e Messung e<strong>in</strong>er bestimmtenEigenschaft an e<strong>in</strong>em der beiden vornimmt, so ist die entsprechendeEigenschaft un<strong>mit</strong>telbar auch für den Partner festgelegt– auch wenn sich dieser am anderen Ende des Universumsbef<strong>in</strong>den sollte.In den ersten Jahren nach der Veröffentlichung von E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>,Rosen und Podolsky fand die Arbeit nicht allzu viel Beachtung,erschien sie vielen doch eher philosophischer Natur.Ideen für e<strong>in</strong>e experimentelle Überprüfung dieser grundlegendenAnnahmen zur Struktur der Wirklichkeit gab es damalsnicht. Erst John Bell hat das auch EPR-Paradoxon genannte Problem1961 auf e<strong>in</strong>e experimentell nachprüfbare Basis gestellt.Bells bahnbrechende Arbeit erlaubt, zwischen der Existenz e<strong>in</strong>erlokal realistischen und e<strong>in</strong>er quantenmechanischen Welt messtechnischzu unterscheiden. Realistisch bedeutet <strong>in</strong> diesem Zusammenhang,dass die Messungen nicht von e<strong>in</strong>em Beobachterabhängen; von Lokalität sprechen Physiker, wenn sich entfernteEreignisse nicht un<strong>mit</strong>telbar bee<strong>in</strong>flussen können. In se<strong>in</strong>er Arbeitaus dem Jahr 2003 g<strong>in</strong>g Anthony J. Leggett noch e<strong>in</strong>enSchritt weiter, <strong>in</strong>dem er die Nichtlokalität der Wirklichkeit bereitsberücksichtigte. Als entscheidender Faktor für den messbarenUnterschied zwischen klassischer Welt und Quantenweltbleibt dann nur noch der Realitätsbegriff. Es geht dann um diegrundlegende Frage, ob Elemente der Realität – wie die charakteristischenEigenschaften e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen Paar-Zustandes– <strong>in</strong> der Wirklichkeit unabhängig von e<strong>in</strong>em Beobachterexistieren oder nicht.E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong> war fest davon überzeugt, dass dies unabhängigvom Beobachter se<strong>in</strong> müsse. Untersuchungen zur Verschränkungder Eigenschaften der Elemente unserer Wirklichkeithaben jedoch das Gegenteil bewiesen. Den Komponenten e<strong>in</strong>esmaximal verschränkten Paares kann man nicht e<strong>in</strong>mal teilweisedef<strong>in</strong>ierte <strong>in</strong>dividuelle Eigenschaften zuordnen.In den vergangenen Jahrzehnten konnten Experimente dieGültigkeit der quantenmechanischen Interpretation der Wirklichkeit<strong>mit</strong> steigender Präzision belegen. Dabei wurden aber –e<strong>in</strong>em Vorschlag David Bohms folgend – anstelle von Orts- undImpulseigenschaften Drehimpulseigenschaften ausgenutzt.H<strong>in</strong>gegen wurden E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>s, Podolskys und Rosens eigentlicheVorschläge zur Überprüfung des Wirklichkeitsbegriffs h<strong>in</strong>sichtlichkont<strong>in</strong>uierlicher Variablen wie Ort und Impuls bisher experimentellnicht überprüft. Dieses Dunkel bezüglich derVerschränkung kont<strong>in</strong>uierlicher Variablen dauerte fast e<strong>in</strong> Dreivierteljahrhundertan.Erst <strong>in</strong> fortgeschrittenen Experimenten an zweiatomigenMolekülen wie N2 <strong>mit</strong>tels <strong>Synchrotronstrahlung</strong> wurde diese VisionWirklichkeit. Hier verwendeten Forscher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Team umArbeitsgruppen aus dem Fritz-Haber-Institut <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, derUniversität Frankfurt und dem California Institute of Technology<strong>in</strong> Pasadena (Kalifornien) <strong>Synchrotronstrahlung</strong> dazu, denAtomen zwei Elektronen aus den <strong>in</strong>nersten Schalen zu entreißen.Diese Elektronen verlassen das Atom <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Quantenfernbeziehung,deren Verschränkungseigenschaften experimentellüberprüft werden konnten.Das Ergebnis war e<strong>in</strong>e klare Bestätigung der Quantenmechanik,diesmal jedoch für die lange Zeit ignorierten kont<strong>in</strong>uierlichenVariablen Ort und Impuls. Das Verständnis dieserZusammenhänge ist <strong>in</strong> vieler H<strong>in</strong>sicht e<strong>in</strong>e der Grundlagen zurRealisation zukünftiger Quantencomputer, bei denen die Gesetzmäßigkeitender Quantenmechanik ausgenutzt werden sollen,um parallele Rechnungen zugleich durchzuführen zukönnen.Abbildung:Das Diagramm zeigt verschiedeneIntensitätender geraden (g) und ungeraden(u) Symmetriezustände<strong>in</strong> Abhängigkeitvom Impuls der Photoelektronen.Die experimentellenDaten passenvortrefflich zur Modellrechnung,auf die Cohenund Fano (CF) als ersteh<strong>in</strong>gewiesen haben.WissenschaftlicheVeröffentlichungen:B. Zimmermann, D. Rolles,B. Langer, R. Hentges,M. Braune, S. Cvejanovic,O. Geßner, F. Heiser,S. Korica, T. Lischke,A. Re<strong>in</strong>köster, J. Viefhaus,R. Dörner, V. McKoy,U. Becker, Nature Physics4, (2008) 649M. S. Schöffler, J. Titze,N. Petridis, T. Jahnke,K. Cole, L. Ph. H. Schmidt,A. Czasch, D. Akoury,O. Jagutzki, J. B. Williams,N. A. Cherepkov,S. K. Semenov,C. W. McCurdy,T. N. Rescigno, C. L. Cocke,T. Osipov, S. Lee,M. H. Prior, A. Belkacem,A. L. Landers, H. Schmidt-Böck<strong>in</strong>g, Th. Weber,R. Dörner, Science 320,(2008) 920<strong>Synchrotronstrahlung</strong> <strong>2009</strong> 27

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