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Forschung mit Synchrotronstrahlung in Deutschland 2009 - SNI-Portal

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Ultraschnelle EntmagnetisierungDie <strong>Forschung</strong> <strong>mit</strong> <strong>Synchrotronstrahlung</strong> dr<strong>in</strong>gt bei derUntersuchung von Magnetisierungen <strong>in</strong> immer kürzereZeitbereiche vor.Auf dem Gebiet des Magnetismus liegen Grundlagenforschungund technologische Anwendung oft sehr nahe beie<strong>in</strong>ander.Das zeigt beispielsweise die Entdeckung des Riesenmagnetwiderstandesund dessen heutige Nutzung bei der magnetischenDatenspeicherung.Wichtig für e<strong>in</strong>e weitere M<strong>in</strong>iaturisierung magnetischerSpeicherelemente ist die Frage nach der kürzesten Zeitskala füre<strong>in</strong>e Umkehr von Nord- und Südpol bei magnetischen Bits.Experimente <strong>mit</strong> Magnetfeldpulsen von weniger als 2 Pikosekunden(2 billionstel Sekunden) Dauer deuten auf e<strong>in</strong>e Geschw<strong>in</strong>digkeitsbegrenzungdurch e<strong>in</strong> nichtdeterm<strong>in</strong>istischesVerhalten der magnetischen Momente auf dieser Zeitskala h<strong>in</strong>,die durch e<strong>in</strong> Phänomen <strong>mit</strong> Namen Drehimpulsdissipation gegebenist. E<strong>in</strong> noch schnelleres Zeitregime kann durch Heizenmagnetischer Bits <strong>mit</strong>tels Femtosekunden-Laserpulsen im Bereichvon billionstel Sekunden erreicht werden. Hierbei ist e<strong>in</strong>ezentrale Fragestellung, auf welcher Zeitskala der Sp<strong>in</strong>drehimpulsder Elektronen auf die Atome des Gitters übertragen werdenkann. E<strong>in</strong>e solche ultraschnelle Entmagnetisierung vonferromagnetischen Materialien ist unter dem Namen E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>de-Haas-Prozessbekannt.Der E<strong>in</strong>satz von hundert Femtosekunden kurzen Röntgenpulsen<strong>mit</strong> variabler Polarisation erlaubte es erstmalig, die zeitlicheEvolution von Sp<strong>in</strong>- und Orbitalmomenten auf derFemtosekunden-Zeitskala zu verfolgen. Dabei gehören die Nutzungdes sogenannten Röntgenzirkulardichroismus (XMCD) unddie Anwendung von Summenregeln seit nunmehr fast zweiJahrzehnten zu den Standardwerkzeugen, die es Experimentatorenan <strong>Synchrotronstrahlung</strong>squellen ermöglichen, Sp<strong>in</strong>- undOrbitalmomente elementspezifisch zu bestimmen.Seit Inbetriebnahme der Femtosekunden-Slic<strong>in</strong>g-Quelle beiBESSY II am Helmholtz-Zentrum Berl<strong>in</strong> für Materie und Energieist es nun erstmals möglich, die Anwendung dieser Methodeauf ultrakurze Zeitskalen auszudehnen. E<strong>in</strong> Forscherteam umHermann Dürr untersuchte auf diese Weise die Entmagnetisierungvon Nickel und fand heraus, dass dies bei e<strong>in</strong>er charakteristischenZeitkonstante von nur 120 Femtosekunden erfolgt.Die Arbeiten wurden <strong>in</strong> Nature Materials veröffentlicht. DasErgebnis belegt, dass sowohl Sp<strong>in</strong>- als auch Bahndrehimpulsaus dem elektronischen System abgegeben werden. Die erstaunlichkurze Zeitkonstante von nur 120 Femtosekundenliegt im Bereich der kürzesten Gitterschw<strong>in</strong>gungsdauern unddeutet auf e<strong>in</strong>e starke, noch unverstandene Sp<strong>in</strong>-Gitter-Kopplung h<strong>in</strong>.Durch die kont<strong>in</strong>uierliche Verbesserung der Femtosekunden-Slic<strong>in</strong>g-Quellesowie der zukünftigen Inbetriebnahme neuartigerFreie-Elektronen-Laser wird es erstmals möglich se<strong>in</strong>,ähnliche Prozesse auch <strong>in</strong> komplizierteren Materialen zu untersuchen,deren Funktionalität wie Hochtemperatursupraleitung,kollosalem Magnetwiderstand oder Ferroelektrizität durchstarke Kopplung von elektronischen, Sp<strong>in</strong>- und Gitterfreiheitsgradenbestimmt ist.Abbildung unten:XMCD-Signal (L3-Kante) e<strong>in</strong>er 15 Nanometer dicken Nickelschicht <strong>in</strong> Abhängigkeitder Zeit nach dem Heizen <strong>mit</strong> Hilfe e<strong>in</strong>es Femtosekunden-Lasers.Die durchgezogene L<strong>in</strong>ie ergibt sich aus e<strong>in</strong>em Modell, <strong>mit</strong> dessen Hilfe dieEntmagnetisierungszeit zu 120 ± 70 Femtosekunden bestimmt werden kann.Die Messungen wurden <strong>mit</strong> 100 Femtosekunden kurzen Röntgenpulsen an derFemtosekungen-Slic<strong>in</strong>g-Quelle von BESSY II durchgeführt.Abbildung:Schematische Darstellungder Femtosekunden-Slic<strong>in</strong>g-Quellebei BESSY II.E<strong>in</strong> Femtosekunden-Laserwirkt derart auf die Elektronenpaketee<strong>in</strong>, dassFemtosekunden-Röntgenpulseerzeugt werden können.Im Experiment desTeams um Herrmann Dürrwurde die Probe von e<strong>in</strong>emTeil des Laserpulsesmagnetisch angeregt.Mit Hilfe der Röntgenpulsewurden diese angeregtenZustände dann über e<strong>in</strong>eschnelle Photodiode nachgewiesen.Durch e<strong>in</strong>erotierende Scheibe, denChopper, konnte bestimmtwerden, ob die Probe imangeregten oder im nichtangeregtenZustand vermessenwerden soll.WissenschaftlicheVeröffentlichung:C. Stamm, T. Kachel,N. Pontius, R. Mitzner,T. Quast, K. Holldack,S. Khan, C. Lupulescu,H. A. Dürr, W. Eberhardt:Femtosecond modificationof electron localization andtransfer of angular omentum<strong>in</strong> nickel. Nature Materials2007/6:740-743<strong>Synchrotronstrahlung</strong> <strong>2009</strong> 25

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