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Forschung mit Synchrotronstrahlung in Deutschland 2009 - SNI-Portal

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Unerwartete Sp<strong>in</strong>s im Erd<strong>in</strong>nerenStudien <strong>mit</strong> <strong>Synchrotronstrahlung</strong> bei hohem Druck undhohen Temperaturen haben e<strong>in</strong>e unerwartete Änderungder Elektronenstruktur bei zweiwertigem Eisen im Innerender Erde ans Tageslicht gebracht.Das Innere der Erde ist größtenteils unzugänglich für direkteUntersuchungen. Will man hier Modelle erstellen, so istman <strong>in</strong> der Regel auf <strong>in</strong>direkte geophysikalische Daten wie dievon Erdbeben sowie Messungen im Labor angewiesen. SolcheModelle können nicht nur erklären, wie sich etwa die Temperaturund der Druck <strong>mit</strong> der Tiefe ändert, sondern auch, wie sichMateriebewegungen im Tiefen der Erde auf Prozesse an derOberfläche wie die Plattentektonik oder die Atmosphärenchemieauswirken.Das <strong>in</strong> der Erde am häufigsten auftretende M<strong>in</strong>eral, e<strong>in</strong> magnesium-und eisenhaltiges Silikat <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er Perowskit-Struktur,ist Gegenstand vieler Laboruntersuchungen. Da Studien <strong>in</strong> Gegenwartdes Eisens schwieriger durchzuführen s<strong>in</strong>d, werden oftnur die re<strong>in</strong>en Magnesiumsilikate untersucht.Eisen gehört jedoch zu den sogenannten Übergangselementen,die ihre Elektronenstruktur ändern können und dieserUmstand kann Auswirkungen auf die Eigenschaften des Erd<strong>in</strong>nerenhaben. Zweiwertiges Eisen kommt beispielsweise <strong>in</strong> dreiverschiedenen Sp<strong>in</strong>zuständen vor. E<strong>in</strong> hoher Sp<strong>in</strong> liegt vor,wenn es vier ungepaarte Elektronen gibt, e<strong>in</strong> <strong>mit</strong>tlerer Sp<strong>in</strong> beizwei ungepaarten Elektronen und e<strong>in</strong> niedriger Sp<strong>in</strong>, wenn ke<strong>in</strong>esder äußeren Elektronen gepaart ist.Übergänge zwischen diesen Zuständen im Erd<strong>in</strong>neren wurdenvor nahezu 50 Jahren vorhergesagt, aber erst <strong>in</strong> den letztenJahren wurden sie bei Bed<strong>in</strong>gungen, wie sie im unterenErdmantel herrschen, experimentell direkt beobachtet.Untersuchungen <strong>mit</strong> <strong>Synchrotronstrahlung</strong> im Jahr 2003zeigten, dass die zweithäufigste Phase im unteren Erdmantel(Mg,Fe)O, e<strong>in</strong> Magnesium- und Eisenoxid, e<strong>in</strong>en Übergang vomhohen zum niedrigen Sp<strong>in</strong>zustand unterläuft. Aber die Sp<strong>in</strong>zuständevon zweiwertigem Eisen im Perowskit im unteren Erdmantelwaren immer noch ungeklärt.Im Jahre 2008 nahmen sich Forscher der Universität Bayreuth<strong>in</strong> Zusammenarbeit <strong>mit</strong> Kollegen der ERSF dieses Problemsan und entdeckten klare H<strong>in</strong>weise auf e<strong>in</strong>en Übergangdes Sp<strong>in</strong>zustandes. Die Forscher untersuchten das M<strong>in</strong>eral beihohem Druck und hoher Temperatur <strong>mit</strong> Hilfe e<strong>in</strong>er Diamant-Stempel-Zelle und e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>iatur-Heizapparatur unter E<strong>in</strong>satzvon <strong>Synchrotronstrahlung</strong>. Sie machten die überraschende Entdeckung,dass der <strong>mit</strong>tlere Sp<strong>in</strong>zustand <strong>in</strong> großen Bereichen desunteren Erdmantels stabil ist.Diese überraschende Stabilität steht wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>mit</strong> derungewöhnlichen Umgebung des Eisenatoms im unteren Erdmantel<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung. Mit Hilfe von Computersimulationen unddes E<strong>in</strong>satzes konventioneller Methoden lässt sich dieses Verhaltenbisher nicht reproduzieren. Um die Natur zufriedenstellendzu beschreiben, müssen also komplexere Modelleherangezogen werden.Die neuen Erkenntnisse wirken sich dabei auch auf die Annahmenaus, auf denen Modelle der Erde beruhen. Denn dieSp<strong>in</strong>zustände können auch die elektrische und die Wärme-Leitfähigkeitbestimmen. Sie haben da<strong>mit</strong> E<strong>in</strong>fluss auf den Wärmetransport<strong>in</strong> der Erde und da<strong>mit</strong> darauf, wie sich etwaSuperplume formen, wie Konvektion im Erdmantel erfolgt undwie das Magnetfeld und Wärme aus dem Erd<strong>in</strong>neren an dieOberfläche des Planeten gelangen.Abbildung:Querschnitt des unterenErdmantels. Der Übergangvon gelb nach grün zeigtden Wechsel der Häufigkeitvon zweiwertigemEisen vom hohen zum<strong>mit</strong>tleren Sp<strong>in</strong>zustand.Temperaturänderungenim oberen Bereich desunteren Erdmantels,aufgrund von Materiebewegungen,s<strong>in</strong>d für dieVerteilung der beidenSp<strong>in</strong>zustände verantwortlich.WissenschaftlicheVeröffentlichung:C. McCammon, I. Kantor,O. Naryg<strong>in</strong>a, J. Rouquette,U. Ponkratz, I. Sergueev,M. Mezouar, V. Prakapenka,L. Dubrov<strong>in</strong>sky:Stable <strong>in</strong>termediate-sp<strong>in</strong>ferrous iron <strong>in</strong> lowermantle perovskite. NatureGeoscience 1 (2008) 684<strong>Synchrotronstrahlung</strong> <strong>2009</strong> 23

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