12.07.2015 Aufrufe

Forschung mit Synchrotronstrahlung in Deutschland 2009 - SNI-Portal

Forschung mit Synchrotronstrahlung in Deutschland 2009 - SNI-Portal

Forschung mit Synchrotronstrahlung in Deutschland 2009 - SNI-Portal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Himmelsscheibe von NebraE<strong>in</strong>e zerstörungsfreie Analyse e<strong>in</strong>es nahezu viertausendJahre alten Kultobjektes bietet wichtige E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> denHerstellungsprozess.Die Himmelsscheibe von Nebra stellt e<strong>in</strong>en der bedeutendstenarchäologischen Funde der letzten hundert Jahre dar. Eshandelt sich dabei um die älteste bekannte Abbildung desnächtlichen Sternenhimmels. Die esstellergroße Bronzescheibeist gut zwei Kilogramm schwer und hat e<strong>in</strong>en Durchmesser vonetwa 32 Zentimetern. Auf ihr wurden 37 Goldbleche <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>erDicke von etwa 0,4 Zentimetern e<strong>in</strong>gelassen.Im Jahr 1999 stießen Raubgräber bei illegalen Ausgrabungen<strong>in</strong> der Nähe der Stadt Nebra <strong>in</strong> Sachsen-Anhalt auf dieHimmelsscheibe. Seit 2002 gehört sie zum Bestand des Landesmuseumsfür Vorgeschichte Sachsen-Anhalt <strong>in</strong> Halle (Saale).Dargestellt s<strong>in</strong>d Sterne, von denen sieben den Plejaden entsprechen– e<strong>in</strong>er Sterngruppe, die <strong>in</strong> vielen Kulturen zu kalendarischenZwecken gebraucht wurde. Zudem bef<strong>in</strong>den sich zweigroße Himmelskörper auf der Scheibe, die entweder die Sonneund den Mond oder den Vollmond und den zunehmendenMond darstellen. Ferner waren auf der Bronzeplatte drei goldeneBleche aufgebracht. Zwei davon stellten vermutlich denHorizont dar (von denen nur noch e<strong>in</strong>es erhalten ist), das drittewird als Boot <strong>in</strong>terpretiert.Die Scheibe wurde zusammen <strong>mit</strong> anderen Objekten gefunden(zwei Bronzeschwertern, zwei Beilen, e<strong>in</strong>em Meißelsowie Armspiralen). Diese Fundstücke können Archäologen <strong>mit</strong>großer Sicherheit auf 1600 vor Christus datieren. Da<strong>mit</strong> ist dieHimmelsscheibe von Nebra die erste bekannte Darstellung exaktbeobachteter Gestirne <strong>in</strong> Europa.Mittels e<strong>in</strong>er synchrotronstrahlungsbasierten Röntgenfluoreszenzanalysebei BESSY II am heutigen Helmholtz-ZentrumBerl<strong>in</strong> für Materialien und Energie haben Ernst Pernickaund Christian-He<strong>in</strong>rich Wunderlich zusammen <strong>mit</strong> Mart<strong>in</strong>Radtke und He<strong>in</strong>rich Riesemeier die chemische Zusammensetzungder Goldbleche untersucht. Der entscheidende Vorteil gegenüberder klassischen Röntgenfluoreszenzanalyse bestanddabei dar<strong>in</strong>, dass man nicht nur nachweisempf<strong>in</strong>dlicher, sondernauch ortsauflösend und zerstörungsfrei arbeiten kann. Soließen sich am Objekt millimeterkle<strong>in</strong>e Bereiche ohne Probennahmeanalysieren. Andere Verfahren wie etwa die Elektronenrastermikroskopieschieden aufgrund der Größe des Objektesaus.Bei der Analyse wurden drei verschiedene Goldblechsortenauf der Scheibe ausgemacht: So unterscheidet sich der Silbergehaltdes Bootes von den anderen Goldblechen erheblich.Zudem entsprechen sich der verbliebene Horizont und e<strong>in</strong>er derSterne im Z<strong>in</strong>ngehalt.Es ist also anzunehmen, dass die Himmelsscheibe <strong>in</strong> verschiedenenPhasen erschaffen wurde. Die Horizonte wurdenbeispielsweise erst nachträglich angebracht, wobei Sterne verdecktbeziehungsweise versetzt wurden. Erst danach kam dasBoot h<strong>in</strong>zu. Daraus lassen sich Vermutungen über die Funktionsänderungder Scheibe im Laufe von mehreren Generationenableiten.Aus der chemischen Zusammensetzung lässt sich e<strong>in</strong>e Herkunftdes Goldes aus dem heute rumänischen Siebenbürgenvermuten. Das Kupfer stammt wohl aus Österreich, die Herstellungskundeaus Griechenland. Die Himmelsscheibe von Nebraist da<strong>mit</strong> e<strong>in</strong> frühes europäisches Projekt, dem <strong>Synchrotronstrahlung</strong>zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>ige se<strong>in</strong>er Geheimnisse entlockenkonnte.Abbildungen:Mit Hilfe von <strong>Synchrotronstrahlung</strong>ließen sichdie unterschiedlichenKonzentrationen vonSilber und Kupfer <strong>in</strong> dene<strong>in</strong>zelnen Goldblechenauf der Himmelsscheibevon Nebra (unten)zerstörungsfrei er<strong>mit</strong>teln.WissenschaftlicheVeröffentlichung:E. Pernicka,C.-H. Wunderlich:NaturwissenschaftlicheUntersuchungen an denFunden von Nebra.Archäologie <strong>in</strong> Sachsen-Anhalt (2002) Nr.1:17-22<strong>Synchrotronstrahlung</strong> <strong>2009</strong> 19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!