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Forschung mit Synchrotronstrahlung in Deutschland 2009 - SNI-Portal

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Blicke <strong>in</strong> die Motoren des LebensUntersuchungen <strong>mit</strong> <strong>Synchrotronstrahlung</strong> ermöglichene<strong>in</strong>zigartige E<strong>in</strong>sichten <strong>in</strong> das komplexe Wechselspiel derKomponenten des Lebens – wie das der Muskeln.Unter dem Mikroskop gleicht e<strong>in</strong> Muskel Millionen w<strong>in</strong>ziger,<strong>in</strong> langen Reihen nebene<strong>in</strong>ander angeordneter Fäden. Diesensogenannten Sarkomeren verdanken wir Menschen unsere Bewegungsfähigkeit.Es handelt sich um hochkomplexe Strukturen,die an ihren Enden über breite Bänder aus dichtgepacktenMolekülen (Z-Scheiben) <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander verbunden s<strong>in</strong>d. Seit vielenJahren wird der Aufbau und die Bildung dieser Strukturenuntersucht. Insbesondere der Vernetzung der Sarkomere <strong>in</strong> derZ-Scheibe kommt dabei e<strong>in</strong>e zentrale Bedeutung zu. Wie dieseVernetzungen genau aussehen, war bis jetzt weitgehend unbekannt.Die Forschergruppen um Matthias Wilmanns, Leiter derEMBL-Außenstelle bei DESY, und Mathias Gautel, e<strong>in</strong>em EMBL-Alumnus, der jetzt am Londoner K<strong>in</strong>g's College forscht, habennun gezeigt, dass Tit<strong>in</strong>, das größte menschliche Prote<strong>in</strong>, beteiligtund <strong>in</strong> der Z-Scheibe verankert ist. Von dort aus erstrecktsich Tit<strong>in</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er vollen Länge über das halbe Sarkomer. Die Arbeitenwurden <strong>in</strong> Nature veröffentlicht.Die jüngste Untersuchung gibt nach mehr als zehn Jahren<strong>Forschung</strong> e<strong>in</strong>e Antwort auf die Frage nach dem Ablauf des Zusammenbaus.Peijan Zou und Nikos P<strong>in</strong>otsis aus WilmannsLabor ist es gelungen, Teile des Tit<strong>in</strong>moleküls im Verbund <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>em weiteren Prote<strong>in</strong> namens Telethon<strong>in</strong> zu kristallisieren. Ander EMBL-Außenstelle <strong>in</strong> Hamburg analysierten sie die Kristalle<strong>mit</strong> hochenergetischer Röntgenstrahlung. Auf der hochdetailliertenAufnahme der Verb<strong>in</strong>dungen zwischen den Prote<strong>in</strong>enentdeckten die Forscher, dass Telethon<strong>in</strong> die Enden von zwei Tit<strong>in</strong>fädenauf e<strong>in</strong>e Weise <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander verb<strong>in</strong>det, die Anhaltspunkteüber den Aufbau von Sarkomeren geben kann.Mit Hilfe moderner Mikroskopiermethoden konnten dieForscher im Labor von Gautel beobachten, wie sich die Moleküle<strong>in</strong> der lebenden Zelle <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander verb<strong>in</strong>den. Es war bekannt,dass Telethon<strong>in</strong> am Ende des Tit<strong>in</strong>-Moleküls als e<strong>in</strong>e Art „Kappe“fungiert, nicht jedoch wie es zwei e<strong>in</strong>zelne Prote<strong>in</strong>e zusammenbr<strong>in</strong>gt.Die neuen Untersuchungen haben gezeigt, dass Telethon<strong>in</strong>e<strong>in</strong>e Symmetrie aufweist, durch die es zwei ause<strong>in</strong>anderstrebendeTit<strong>in</strong>-Moleküle festzuhalten vermag. Das istetwas Neues. Zuvor wurden bereits andere e<strong>in</strong>zelne Prote<strong>in</strong>egefunden, die sich als „Pal<strong>in</strong>drome“ an DNA-Moleküle heftenkönnen – hier aber wurde erstmals beobachtet, dass Prote<strong>in</strong>eselbst auf diese Weise <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander verbunden se<strong>in</strong> können.Aus den Sarkomeren zu beiden Seiten der Z-Scheibe dr<strong>in</strong>genandere Moleküle <strong>in</strong> das Verb<strong>in</strong>dungsband e<strong>in</strong> – nach Ansichtder Wissenschaftler könnte e<strong>in</strong> Teil dieser Verb<strong>in</strong>dungen durchausdem Muster von Tit<strong>in</strong> und Telethon<strong>in</strong> folgen. Beide Teamswerden nun nach neuen Beispielen dieser Art suchen.Mit dem Molekülkomplex <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er endgültigen Zusammensetzung,dem Thema ihrer <strong>Forschung</strong>sarbeiten, decken dieForscher allerd<strong>in</strong>gs lediglich e<strong>in</strong>en m<strong>in</strong>imalen Teil des Muskelprote<strong>in</strong>riesenTit<strong>in</strong> ab, das Zehntausende von Am<strong>in</strong>osäuren be<strong>in</strong>haltet.Vermutlich existieren Hunderte oder gar Tausendeweiterer Wechselwirkungen. Die Erforschung e<strong>in</strong>es der komplexestenSysteme im Körper des Menschen <strong>mit</strong> Hilfe der <strong>Synchrotronstrahlung</strong>hat so<strong>mit</strong> gerade erst begonnen. Diese Arbeitveranschaulicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>drucksvoller Weise, wie die moderne biomediz<strong>in</strong>ische<strong>Forschung</strong> Ansätze aus Zellbiologie, Biophysikund Strukturbiologie <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander komb<strong>in</strong>iert. Zudem eröffnetsie neue Wege auf der Suche nach den Zusammenhängen zwischenKrankheiten und bekannten Mutationen im Muskelprote<strong>in</strong>Tit<strong>in</strong>.Abbildung:Strukturaufklärung durch<strong>Synchrotronstrahlung</strong>zeigt, dass es die symmetrischeForm des Prote<strong>in</strong>sTelethon<strong>in</strong> vermag, zweiause<strong>in</strong>anderstrebendeTit<strong>in</strong>-Moleküle im Muskelfestzuhalten.WissenschaftlicheVeröffentlichung:P. Zou, N. P<strong>in</strong>otsis,S. Lange, Y.-H. Song,A. Popov, I. Mavridis,O. M. Mayans,M. Gautel & M. Wilmanns:Pal<strong>in</strong>dromic assembly ofthe giant muscle prote<strong>in</strong>tit<strong>in</strong> <strong>in</strong> the sarcomericZ-disk. Nature, 2006 Jan12, 439(7073): 229-33<strong>Synchrotronstrahlung</strong> <strong>2009</strong> 17

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