bis zur Online-Wahl - ver.di b+b
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Info-Dienst <strong>zur</strong> Betriebsratswahl von <strong>ver</strong>.<strong>di</strong> <strong>b+b</strong><br />
kompakt<br />
Thema<br />
DIE WÄHLERINNEN UND WÄHLER ENTSCHEIDEN<br />
Es kommt auf jede Stimme an<br />
Ulrike Burchardt, <strong>ver</strong>.<strong>di</strong>-Mitglied, langjähriges<br />
Personal- und später Betriebsratsmitglied,<br />
seit 2003 freigestelltes<br />
BR-Mitglied bei Vivantes in Berlin<br />
Wie werden <strong>di</strong>e <strong>Wahl</strong>en bei Vivantes<br />
für fast 13.000 Beschäftigte im Gesundheitsbereich<br />
in Berlin ablaufen?<br />
� Die Vorbereitungen sind gestartet; wir<br />
beraten <strong>zur</strong>zeit <strong>di</strong>e Listen, <strong>di</strong>e sich <strong>zur</strong> <strong>Wahl</strong><br />
stellen. Seit November 2003 haben wir ei nen<br />
unternehmenseinheitlichen Betriebsrat mit<br />
71 Mitgliedern. Aufgrund der unterschiedlichen<br />
Stand orte (dazu zählen neun Krankenhäuser<br />
und 16 Seniorenheime) werden <strong>di</strong>e<br />
<strong>Wahl</strong>en über eine ganze Woche laufen.<br />
Es kommt auf jede Stimme im Betrieb<br />
an. Wie lässt sich <strong>di</strong>e Aufmerksamkeit<br />
kurz vor der <strong>Wahl</strong> steigern?<br />
� Das ist Sache der Kan<strong>di</strong>datinnen und<br />
Kan<strong>di</strong>daten, denn der <strong>Wahl</strong>vorstand beschränkt<br />
sich auf seine organisatori schen<br />
Aufgaben. Die Kan<strong>di</strong>daten stellen sich<br />
mit Pla ka ten, Flugblättern und <strong>ver</strong>stärkter<br />
Präsenz in den Berei chen mit ihren unterschiedlichen<br />
Positionen vor. Ein pfi ffi ges,<br />
einprägsames Logo als Listensymbol, das<br />
Kan<strong>di</strong>daten als Sticker getragen haben und<br />
das auf allen Flugblättern war, hat bei der<br />
letzten <strong>Wahl</strong> geholfen, sich positiv von anderen<br />
Listen abzusetzen. An den Tagen vor<br />
Betriebsratswahlen<br />
der <strong>Wahl</strong> wurden Flugblätter am Eingang<br />
des wählenden Klinikums <strong>ver</strong>teilt und es<br />
wurde per E-Mail noch mal an alle appelliert,<br />
<strong>zur</strong> <strong>Wahl</strong> zu gehen.<br />
Gewählt ist gewählt. Aber was bedeutet<br />
<strong>di</strong>e <strong>Wahl</strong> beteiligung für den neuen BR?<br />
� Wir hatten bei der letzten <strong>Wahl</strong> eine<br />
Beteiligung von 40 %. Das war schon mehr<br />
als in den Vorjahren, aber aus meiner Sicht<br />
ist das immer noch zu wenig. Im <strong>Wahl</strong> er ge bnis<br />
drückt sich der Rückhalt in der Belegschaft<br />
aus. Ist <strong>di</strong>e Beteiligung niedrig, signalisiert<br />
sie für jeden Arbeitgeber:<br />
„Eine Interessen<strong>ver</strong>tretung wird nicht gebraucht“.<br />
Dabei ist gerade bei den betrieblichen<br />
Veränderungen, <strong>di</strong>e <strong>zur</strong>zeit überall<br />
anstehen, eine Gegensteuerung durch den<br />
Betriebsrat wichtig, um Arbeitgeberwillkür<br />
zu <strong>ver</strong>hindern.<br />
Was kommt bei einem so großen<br />
Gremium auf <strong>di</strong>e gewählten Betriebsratsmitglieder<br />
zu? Welche Fehler sollten<br />
<strong>ver</strong>mieden werden?<br />
� Nach der <strong>Wahl</strong> ist immer auch vor der<br />
<strong>Wahl</strong>. Die Quali tät der Zusammenarbeit<br />
mit den Beschäftigten und das, was wir als<br />
Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber<br />
durch setzen konnten, werden bei der nächsten<br />
<strong>Wahl</strong> wieder bewertet. Nach der <strong>Wahl</strong><br />
müssen alle Betriebsratsmitglieder – selbst<br />
wenn wir vorher auf unterschiedlichen<br />
Listen gegeneinander kan<strong>di</strong><strong>di</strong>ert, uns vielleicht<br />
sogar hart ange griffen haben – einheitlich<br />
auftreten und miteinander arbei ten.<br />
Die Beschäftigten müssen zum BR Vertrauen<br />
haben und sich an ihn wenden können.<br />
Die Basisarbeit, der Kontakt zu den<br />
Kollegen und Kolleginnen am Arbeitsplatz<br />
ist für mich ein ganz wichtiger Grundsatz.<br />
Mein Eindruck ist aber auch, dass er während<br />
der Amtszeit etwas <strong>ver</strong>loren geht,<br />
weil <strong>di</strong>e Arbeit einen auffrisst. Was nicht<br />
passieren darf ist, dass der Betriebsrat aus<br />
Sicht der Beschäftigten abgehoben agiert<br />
und es nicht mehr gelingt, den Beschäf tigten<br />
<strong>di</strong>e Fülle der Aufgaben zu <strong>ver</strong>mitteln.<br />
Expertenmeinung<br />
<strong>Wahl</strong>behinderungen sind<br />
undemokratisch und strafbar<br />
3<br />
Demokratie ist etwas Feines – nur weiß man<br />
vor der <strong>Wahl</strong> nicht, was später heraus kommt.<br />
Das <strong>ver</strong>leitet so manchen Arbeit geber, sich in<br />
<strong>di</strong>e Betriebs rats wahlen einzumischen. Dabei<br />
<strong>ver</strong> bietet das BetrVG ausdrücklich jede Behinderung<br />
oder Beeinfl ussung der <strong>Wahl</strong>en. Das<br />
gilt für jeden, aber der Arbeitgeber wird besonders<br />
<strong>zur</strong> Neutralität <strong>ver</strong>pfl ichtet. Er hat sich<br />
bei der BR-<strong>Wahl</strong> jeg licher Einfl ussnahme zu<br />
enthalten. Die <strong>Wahl</strong>behinderungen nehmen<br />
jedoch immer weiter zu. Das beginnt schon<br />
damit, dass Wähl er listen oder andere notwen<strong>di</strong>ge<br />
Unter lagen nicht <strong>zur</strong> Verfügung gestellt<br />
werden.<br />
Während der gesamten Vorbe rei tungszeit der<br />
BR-<strong>Wahl</strong> und vor allem vor der Stimm ab gabe<br />
ist jede unzu lässige <strong>Wahl</strong>beeinfl ussung untersagt.<br />
Eine Empfehlung oder gar Anwei sung,<br />
nicht zu wählen oder bestimmte Kan<strong>di</strong> daten<br />
zu wählen ist rechtswidrig. Auch Aus hänge<br />
oder Rundschreiben des Arbeitgebers, mit<br />
denen er der Belegschaft Nachteile androht,<br />
wenn ein bestimmter Betriebsrat gewählt<br />
würde, sind unzulässig. Besondere Beachtung<br />
gilt dem <strong>Wahl</strong>tag selbst. Jede Aktivität, mit<br />
der <strong>di</strong>e Stimmabgabe <strong>ver</strong>hin dert wird, wie das<br />
Verbot, den Arbeitsplatz zu <strong>ver</strong>lassen oder Behinderungen<br />
beim Zutritt zum <strong>Wahl</strong>lokal, sind<br />
unzulässige <strong>Wahl</strong>behinderungen. Der <strong>Wahl</strong>vorstand<br />
muss dagegen vor gehen und für den<br />
korrekten Ablauf sorgen. Zeigen sich der<br />
Arbeit geber oder andere Perso nen unbelehrbar,<br />
sollte sich der <strong>Wahl</strong> vor stand arbeitsgericht<br />
lich wehren. Als eigenstän<strong>di</strong>ges Gremium<br />
kann er eine einstweilige Verfügung<br />
beim Arbeits gericht beantragen, um <strong>di</strong>e <strong>Wahl</strong><br />
ordnungsgemäß durchführen zu können und<br />
um <strong>Wahl</strong>behinderungen zu <strong>ver</strong>hindern. Pa rallel<br />
kann Strafantrag gestellt werden. Das kann zu<br />
Freiheits strafe <strong>bis</strong> zu einem Jahr führen. Gegen<br />
<strong>Wahl</strong>behinderungen vorzugehen, ist eine<br />
wichtige und auch eine politi sche Aufgabe<br />
des <strong>Wahl</strong>vorstands.<br />
Jürgen Markowski ist Fachanwalt<br />
für Arbeitsrecht in Nürnberg.<br />
Damit alles stimmt.
Von der Brief- <strong>bis</strong> <strong>zur</strong> <strong>Online</strong>-<strong>Wahl</strong> – <strong>di</strong>e wichtigsten Fragen<br />
Muss der Arbeitgeber <strong>di</strong>e<br />
<strong>Wahl</strong> bzw. das <strong>Wahl</strong>ergebnis<br />
akzeptieren?<br />
� Das BetrVG gilt für alle Betriebe mit<br />
mindestens fünf stän<strong>di</strong>g wahlberechtigten<br />
Arbeitnehmern. Dazu gehört auch, dass<br />
das vom <strong>Wahl</strong>vor stand festgestellte <strong>Wahl</strong>ergebnis<br />
akzeptiert werden muss. Wenn<br />
es aber ernsthafte Hinweise gibt, dass vom<br />
<strong>Wahl</strong>vorstand schwere Fehler gemacht<br />
wurden oder es Manipulationen während<br />
der <strong>Wahl</strong> oder bei der Feststellung des<br />
Ergebnisses gegeben hat, kann jede/-r<br />
Arbeitnehmer/-in und auch der Arbeitgeber<br />
das <strong>Wahl</strong>ergebnis beim Arbeitsgericht anfechten.<br />
Kann in der Arbeitszeit<br />
gewählt werden?<br />
� Die wahlberechtigten Arbeitnehmer/<br />
-innen können in der vom <strong>Wahl</strong>vorstand angegebenen<br />
Zeit ihre Stimme abgeben. Die<br />
<strong>Wahl</strong> und <strong>di</strong>e Stimmabgabe haben während<br />
der bezahlten Arbeitszeit stattzufi nden.<br />
Dies regelt § 20 Abs. 3 BetrVG. Wenn <strong>di</strong>e<br />
Wähler/-innen aufgrund der Eigenart ihrer<br />
Arbeitszeit eine zusätzliche oder besondere<br />
Anfahrt zum <strong>Wahl</strong>lokal haben, werden <strong>di</strong>e<br />
Kosten hierfür vom Arbeitgeber erstattet.<br />
Darf <strong>di</strong>e Stimmabgabe über<br />
<strong>di</strong>e gesamte Öffnungs- bzw.<br />
Betriebszeit erfolgen?<br />
� Generell ja. Der <strong>Wahl</strong>vorstand kann <strong>di</strong>e<br />
<strong>Wahl</strong>termine und <strong>Wahl</strong>zeiträume aber so<br />
festlegen, dass der Geschäftsbetrieb nur<br />
teilweise gestört wird. So müssen nicht<br />
alle Beschäftigten gleichzeitig wählen, sondern<br />
können während des ganzen Tages<br />
abwechselnd <strong>zur</strong> <strong>Wahl</strong>urne gehen. Grundsätzlich<br />
gilt aber, dass <strong>di</strong>e Betriebs ratswahl<br />
Vorrang vor den betrieblichen Bedürfnissen<br />
des Arbeitgebers hat (§ 20 Abs. 3 BetrVG).<br />
Was ist bei der Stimmabgabe<br />
durch Briefwahl zu beachten?<br />
� Jede/-r Arbeitnehmer/-in kann beim <strong>Wahl</strong> -<br />
vorstand Briefwahl beantragen, wenn er/<br />
sie am <strong>Wahl</strong>tag nicht im Betrieb ist oder<br />
das <strong>Wahl</strong>lokal nicht erreichen kann. Darüber<br />
hinaus kann der <strong>Wahl</strong>vorstand für bestimmte<br />
Arbeitnehmer/-innen, ausgewählte Berei che<br />
oder Betriebsteile Briefwahl an ordnen.<br />
Wichtig ist in jedem Fall, dass der <strong>Wahl</strong>vorstand<br />
<strong>di</strong>e Briefwahl gut vorberei tet. § 24<br />
Abs. 1 der <strong>Wahl</strong>ordnung (WO) schreibt <strong>di</strong>e<br />
Unterlagen vor, <strong>di</strong>e ein Briefwahl-Umschlag<br />
zwingend enthalten muss. Die Adressen<br />
und <strong>di</strong>e Materialien sind vom Arbeitgeber<br />
<strong>zur</strong> Verfügung zu stellen. Der <strong>Wahl</strong>vorstand<br />
muss <strong>di</strong>e Briefwahl zeitlich so organisieren,<br />
dass alle Briefwähler/-innen trotz der Postlaufzeiten<br />
ihre Stimme <strong>bis</strong> zum letzten Tag<br />
der <strong>Wahl</strong> <strong>zur</strong>ücksenden können.<br />
Was bedeutet „nachträgliche<br />
schriftliche Stimmabgabe“?<br />
� Dies ist ein Begriff, der im „Vereinfachten<br />
<strong>Wahl</strong><strong>ver</strong>fahren“ vorkommt. Dabei geht<br />
es um eine Briefwahl, <strong>di</strong>e jedoch wegen<br />
der Be<strong>di</strong>ngungen der „<strong>ver</strong>einfachten <strong>Wahl</strong>“<br />
mit kürzeren Fristen abläuft. Wichtig ist,<br />
dass der <strong>Wahl</strong>vorstand <strong>di</strong>e jeweiligen Postlaufzeiten<br />
beachtet (z. B. bei Auslands zustellung).<br />
Damit trotz der Postlaufzeiten<br />
mehr zu den Betriebsratswahlen unter www.<strong>ver</strong><strong>di</strong>-bub.de<br />
eine fristgerechte Stimmabgabe möglich<br />
wird, muss der <strong>Wahl</strong>vorstand daher den<br />
letztmöglichen Zeitpunkt für den Eingang<br />
der Briefwahl-Stimmzettel nach dem <strong>Wahl</strong>tag<br />
(<strong>Wahl</strong><strong>ver</strong>sammlung) ansetzen. Geregelt<br />
ist <strong>di</strong>es in § 35 WO.<br />
Darf der Arbeitgeber Einsicht in<br />
<strong>di</strong>e <strong>Wahl</strong>unterlagen nehmen?<br />
� Nein, auf keinen Fall! Alle Unterlagen,<br />
<strong>di</strong>e im Zusammenhang mit der <strong>Wahl</strong> entstehen,<br />
hat der <strong>Wahl</strong>vorstand so aufzubewahren,<br />
dass niemand Einsicht nehmen<br />
kann. Zur Kontrolle des <strong>Wahl</strong>vorstands wird<br />
<strong>di</strong>e Stimmenauszählung im Betrieb öffentlich<br />
vorgenommen. Hier können auch der<br />
Arbeit geber und natürlich <strong>di</strong>e Beschäftigten<br />
zu sehen. Sollte <strong>di</strong>e <strong>Wahl</strong> ange fochten<br />
werden, muss der <strong>Wahl</strong>vorstand den <strong>Wahl</strong>ablauf<br />
darstellen und seine Beschlüsse mit<br />
den entsprechenden Dokumenten gegenüber<br />
dem Arbeitsgericht darlegen.<br />
Kann eine <strong>Wahl</strong> teilweise oder<br />
auch komplett online ablaufen?<br />
� Die Betriebsratswahl kann nicht komplett<br />
online durchgeführt werden. Dafür<br />
fehlen <strong>di</strong>e gesetzlichen Voraussetzungen.<br />
Vor allem <strong>di</strong>e Stimmabgabe muss persönlich<br />
durch Stimmzettel erfolgen. Jedoch<br />
können <strong>ver</strong>schiedene Bekannt machungen<br />
online, per E-Mail herausgegeben werden,<br />
z. B. <strong>di</strong>e Wählerliste und das <strong>Wahl</strong>ausschreiben.<br />
Wenn <strong>di</strong>e Wählerliste ausschließlich in<br />
elektronischer Form bekannt gemacht wird,<br />
müssen alle Arbeitnehmer/-innen des Betriebs<br />
auch eine elektronische Zugangs -<br />
mög lichkeit haben, und es muss technisch<br />
absolut sicherge stellt sein, dass <strong>di</strong>e Liste<br />
nicht durch andere <strong>ver</strong>ändert werden kann<br />
(§ 2 Abs. 4 WO). Das <strong>Wahl</strong>ausschrei ben<br />
kann le<strong>di</strong>glich zusätzlich elektronisch <strong>ver</strong>breitet<br />
werden (§ 3 Abs. 4 WO). Die<br />
Bekanntmachung des <strong>Wahl</strong>ergebnisses<br />
kann in jedem Fall als zusätzliche Ergänzung<br />
online erfolgen.
Aktuelles Urteil<br />
Die Zustimmung eines <strong>Wahl</strong>bewerbers <strong>zur</strong> Aufnahme in <strong>di</strong>e<br />
Vorschlagsliste durch Paraphe ist unzulässig<br />
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat<br />
am 20.5.2005 entschieden, dass <strong>di</strong>e in Form<br />
einer bloßen Paraphe (= Namens schnörkel<br />
statt ausgeschriebener Name) erfolgte<br />
schriftliche Zustimmung des <strong>Wahl</strong>bewerbers<br />
<strong>zur</strong> Aufnahme in eine Vorschlagsliste<br />
un<strong>zur</strong>eichend ist und <strong>zur</strong> Anfechtung der<br />
Betriebsratswahl führen kann.<br />
Der Fall: In einem Betrieb hatte ein <strong>Wahl</strong>bewerber<br />
seine Zustimmung <strong>zur</strong> Aufnahme<br />
auf eine <strong>Wahl</strong>vorschlagsliste le<strong>di</strong>glich durch<br />
Paraphe erklärt. Der <strong>Wahl</strong>vorstand ließ <strong>di</strong>e<br />
Vorschlagsliste dennoch <strong>zur</strong> <strong>Wahl</strong> zu. Nach<br />
der Betriebsrats wahl erfolgte eine <strong>Wahl</strong>anfechtung<br />
nach § 19 Abs. 1 BetrVG. Sie war<br />
erfolgreich: Das LAG Düsseldorf stellte fest,<br />
dass eine bloße Paraphe den Anforderungen<br />
an eine ordnungsgemäße Unterschrift<br />
nicht Rechnung trage.<br />
Die Entscheidung zeigt, wie sorgfältig bei<br />
der Erstellung einer Vor schlags liste vorgegangen<br />
werden muss: Die einzelnen Bewerber/-innen<br />
sind in erkennbarer Reihenfolge<br />
un ter fortlaufender Nummer und<br />
unter Angabe von Familienname, Vorname,<br />
Geburtsdatum und Art der Beschäftigung<br />
im Betrieb aufzuführen. Die schriftliche<br />
Zustimmung der Bewerber/-innen <strong>zur</strong> Aufnahme<br />
in <strong>di</strong>e Liste ist beizufügen. Notwen<strong>di</strong>g<br />
ist hier <strong>di</strong>e eigenhän<strong>di</strong>ge Unterschrift.<br />
Eine Vorschlags liste ist ungültig, wenn <strong>di</strong>e<br />
schriftliche Zustimmung einer Bewerberin<br />
oder eines Bewerbers <strong>zur</strong> Aufnahme in <strong>di</strong>e<br />
Vorschlagsliste nicht vorliegt. Der Mangel<br />
ist aller <strong>di</strong>ngs heilbar: Nachdem der <strong>Wahl</strong>vorstand<br />
festgestellt hat, dass der <strong>Wahl</strong>bewerber<br />
<strong>di</strong>e Zustimmung <strong>zur</strong> Bewerbung<br />
nicht bzw. nicht ordnungsgemäß abgegeben<br />
hat, ist der Listen <strong>ver</strong>treter un<strong>ver</strong>züglich<br />
zu <strong>ver</strong>stän<strong>di</strong>gen. Mit der Ver stän<strong>di</strong>gung<br />
des Listen<strong>ver</strong>treters wird eine Frist von<br />
drei Arbeits tagen in Gang gesetzt. Der<br />
Tag der Mitteilung an den Listen<strong>ver</strong>treter<br />
wird dabei nicht mitgerechnet. Innerhalb<br />
der Frist hat der Listen<strong>ver</strong>treter <strong>di</strong>e Möglichkeit,<br />
<strong>di</strong>e ordnungsgemäße Zustimmung<br />
Betriebsratswahlen<br />
des <strong>Wahl</strong>bewerbers herbeizuführen. Der<br />
<strong>Wahl</strong>bewerber muss dabei <strong>di</strong>e Unterschrift<br />
nicht unbe<strong>di</strong>ngt auf der Vorschlags liste<br />
leisten. Er kann <strong>di</strong>e Zustimmung <strong>zur</strong> Be werbung<br />
auch in einem sepa raten Schreiben<br />
erklären (das natürlich eigenhän<strong>di</strong>g unterzeichnet<br />
sein muss).<br />
Wird der Mangel nicht rechtzeitig behoben,<br />
ist <strong>di</strong>e Liste ungültig. Nun kann der Listen<strong>ver</strong>treter<br />
<strong>ver</strong>suchen, eine neue Vorschlagsliste<br />
ein<strong>zur</strong>eichen. Das geht aber nur, wenn<br />
<strong>di</strong>e Frist <strong>zur</strong> Einreichung von <strong>Wahl</strong>vorschlägen<br />
noch nicht abge laufen ist.<br />
Eine ungültige Vorschlagsliste darf im weiteren<br />
<strong>Wahl</strong><strong>ver</strong>fahren nicht berücksichtigt<br />
werden. Der <strong>Wahl</strong>vorstand darf bei einer<br />
fehlenden bzw. mangelnden Zustimmung<br />
des <strong>Wahl</strong>bewerbers <strong>di</strong>esen Bewerber auch<br />
nicht einfach streichen und <strong>di</strong>e Liste ansons<br />
ten zulassen. Eine Vorschlagsliste mit<br />
den darauf stehenden <strong>Wahl</strong>bewerberinnen<br />
und <strong>Wahl</strong>bewerbern ist ein Vorschlag aller,<br />
<strong>di</strong>e ihn unterzeichnet und damit gestützt<br />
haben. Daher ist <strong>di</strong>e ohne Ein<strong>ver</strong>ständnis<br />
der Unter zeichner vorgenommene Streichung<br />
einzelner oder mehrerer Kan<strong>di</strong>daten<br />
eine inhalt liche Änderung. Ein solcher <strong>Wahl</strong>vor<br />
schlag wird durch <strong>di</strong>e Streich ung unrichtig<br />
und ist <strong>zur</strong> <strong>Wahl</strong> nicht zuzulassen.<br />
Selbst eine Rück nahme der Bewerbung ist<br />
recht lich nicht möglich. Denn auch dann<br />
würde eine Strei chung des <strong>Wahl</strong>bewerbers<br />
auf der Liste unumgänglich. Damit würde<br />
der <strong>Wahl</strong>vor schlag inhaltlich <strong>ver</strong>ändert und<br />
<strong>di</strong>e ursprüng lich mit den Stützunterschriften<br />
<strong>ver</strong> knüpfte Aussage, <strong>di</strong>e sich auch auf<br />
den ge strich en en <strong>Wahl</strong>bewerber bezog,<br />
unrichtig.<br />
Fazit: Bei der Aufstellung von <strong>Wahl</strong>vor schlä -<br />
gen muss extrem sorgfältig vorgegangen<br />
werden!<br />
(Ausführliche Kommentierung <strong>di</strong>eses<br />
Urteils unter<br />
www.<strong>ver</strong><strong>di</strong>-bub.de/brwahl/rechtsprechung)<br />
Die <strong>Wahl</strong>anfechtung<br />
Die <strong>Wahl</strong>vorschriften des BetrVG sind kompliziert.<br />
Passieren dem <strong>Wahl</strong>vorstand bei der<br />
Betriebsratswahl grobe Fehler, kann <strong>di</strong>es zu<br />
einer <strong>Wahl</strong>anfechtung (§19 BetrVG) führen.<br />
<strong>Wahl</strong>anfechtungen sollten durch den <strong>Wahl</strong>vorstand<br />
von Anfang an <strong>ver</strong>mieden werden.<br />
Eine <strong>Wahl</strong>anfechtung beim Arbeitsgericht ist<br />
möglich<br />
� bei einem Verstoß gegen wesentliche<br />
Vorschriften des <strong>Wahl</strong>rechts, der Wählbar keit<br />
oder des <strong>Wahl</strong><strong>ver</strong>fahrens,<br />
� wenn der Verstoß nicht rechtzeitig korrigiert<br />
wurde und damit eine Änderung oder<br />
Beeinfl ussung des <strong>Wahl</strong>ergebnisses möglich<br />
gewesen wäre.<br />
Beispiele für wesentliche Verstöße sind: <strong>di</strong>e<br />
Zulassung nicht wählbarer Arbeit neh mer/-innen<br />
als Kan<strong>di</strong>daten, <strong>di</strong>e unberechtigte Ablehnung<br />
einer Vorschlagsliste oder <strong>di</strong>e Nichteinhaltung<br />
vorgesehener Fristen. Der artige Verstöße<br />
sind aller<strong>di</strong>ngs nur dann relevant, wenn<br />
sie nicht rechtzeitig korrigiert worden sind<br />
und wenn sie das <strong>Wahl</strong>ergebnis ändern oder<br />
beeinfl ussen konnten. Ist z. B. ein wahlberechtigter<br />
Arbeitnehmer nicht in <strong>di</strong>e Wählerliste<br />
eingetragen worden und konnte deshalb<br />
nicht wählen, liegt zwar ein Verstoß gegen<br />
das <strong>Wahl</strong>recht vor. Aber er führt nur dann zu<br />
einer erfolgreichen Anfechtung, wenn <strong>di</strong>e<br />
Stimme <strong>di</strong>eses Arbeitneh mers für <strong>di</strong>e <strong>Wahl</strong><br />
eines BR-Mitglieds den Ausschlag gegeben<br />
hätte.<br />
Ein Anfechtungsantrag kann von mindes tens<br />
drei <strong>Wahl</strong>berechtigten, einer im Betrieb <strong>ver</strong>tretenen<br />
Gewerkschaft oder vom Arbeit geber<br />
gestellt werden. Der Antrag muss innerhalb<br />
einer Frist von zwei Wochen nach<br />
Bekanntgabe des <strong>Wahl</strong> ergebnisses gestellt<br />
werden. Wird eine <strong>Wahl</strong> rechtskräftig für<br />
unwirksam erklärt, ist dem Betriebsrat mit<br />
Wirkung ab <strong>di</strong>esem Zeitpunkt <strong>di</strong>e Rechtsgrundlage<br />
für sein weiteres Bestehen entzogen.<br />
Es kommt zu einem betriebsratslosen<br />
Zustand, der eine Neuwahl des Betriebsrats<br />
erforderlich macht. Alles beginnt wieder von<br />
vorne. Das kostet Zeit und Geld. Es sollte daher<br />
im Vorfeld alles getan werden, damit <strong>di</strong>e<br />
BR-<strong>Wahl</strong>en korrekt ablaufen.<br />
Peter Berg ist Rechtsanwalt und Justiziar bei<br />
der <strong>ver</strong>.<strong>di</strong>-Landesbezirksleitung NRW.<br />
Damit alles stimmt.
Kurz gefasst: Der Ablauf der <strong>Wahl</strong><br />
� Die <strong>Wahl</strong>en sind geheim<br />
Ein unbeobachtetes Ankreuzen des Stimmzettels<br />
muss gewährleistet sein. Dafür muss<br />
der <strong>Wahl</strong>vorstand bereits vor dem <strong>Wahl</strong> termin<br />
sorgen. Ist ein geeigneter <strong>Wahl</strong> raum<br />
vorhanden? Ist dafür eine Reser vierung<br />
erforderlich? Sind <strong>Wahl</strong>kabinen oder Trennwände<br />
für <strong>di</strong>e geheime Stimm abgabe ausreichend<br />
vorhanden? Gibt es <strong>Wahl</strong>urnen?<br />
Sie müssen aus festem Mate rial wie Holz<br />
oder Kunststoff sein. Der Einwurfschlitz<br />
muss so schmal sein, dass niemand hineingreifen<br />
kann. Wie lassen sich <strong>di</strong>e <strong>Wahl</strong> urnen<br />
<strong>ver</strong>schließen, z. B. mit Siegellack, Plombe<br />
oder Schloss? Findet <strong>di</strong>e Stimmabgabe an<br />
mehreren Tagen statt, müssen <strong>di</strong>e <strong>Wahl</strong>urnen<br />
sicher aufbewahrt werden können.<br />
� Briefwahlunterlagen müssen<br />
vollstän<strong>di</strong>g sein<br />
Sie müssen vom <strong>Wahl</strong>vorstand rechtzeitig<br />
vor der <strong>Wahl</strong> ausgehän<strong>di</strong>gt oder übersandt<br />
werden. Neben Stimmzettel und <strong>Wahl</strong>umschlag<br />
gehören dazu das <strong>Wahl</strong>ausschreiben,<br />
<strong>di</strong>e <strong>Wahl</strong>vorschläge, ein Vordruck für <strong>di</strong>e<br />
persönliche Erklärung sowie ein frankierter<br />
mit der Anschrift des <strong>Wahl</strong>vorstands <strong>ver</strong>sehener<br />
Umschlag, der den Vermerk „Schriftliche<br />
Stimmabgabe“ und den Namen und<br />
<strong>di</strong>e Anschrift des Absenders trägt.<br />
� Präsenz des <strong>Wahl</strong>vorstands<br />
Während der gesamten <strong>Wahl</strong> müssen<br />
mindestens zwei stimmberechtigte Mitglieder<br />
des <strong>Wahl</strong>vorstands immer im <strong>Wahl</strong>raum<br />
anwesend sein. Der <strong>Wahl</strong>vorstand<br />
kann <strong>Wahl</strong>helfer/-innen bestellen. In <strong>di</strong>esem<br />
Fall genügt <strong>di</strong>e Präsenz eines <strong>Wahl</strong>vorstandsmitglieds<br />
und eines <strong>Wahl</strong>helfers.<br />
Der <strong>Wahl</strong>zeitraum ist im <strong>Wahl</strong>ausschreiben<br />
festgelegt und zu beachten.<br />
� Bei <strong>Wahl</strong>behinderungen<br />
einschreiten<br />
Niemand darf <strong>di</strong>e Arbeitnehmer/-innen<br />
daran hindern, an der <strong>Wahl</strong> teilzunehmen.<br />
Dazu gehört auch, dass der Arbeitgeber <strong>di</strong>e<br />
erforderliche Zeit für <strong>di</strong>e Stimmabgabe gewähren<br />
muss und den Zugang zum <strong>Wahl</strong>raum<br />
nicht behindern darf. Der <strong>Wahl</strong>vorstand<br />
muss gegen <strong>Wahl</strong>behinderungen vorgehen.<br />
Betriebsratswahlen<br />
� Wählen darf nur, wer in der<br />
Wählerliste steht<br />
Die Stimme muss persönlich abgegeben<br />
werden. Eine Stimmabgabe per Fax ist<br />
nicht zulässig. Der <strong>Wahl</strong>vorstand prüft<br />
zuerst, ob der Name in der Wählerliste ist.<br />
Der <strong>Wahl</strong>vorstand hän<strong>di</strong>gt dann den <strong>Wahl</strong>umschlag<br />
und den Stimmzettel aus. Die<br />
Wähler/-innen machen ihr Kreuz auf dem<br />
Stimmzettel unbeobachtet hinter einer<br />
Trennwand oder in einer <strong>Wahl</strong>kabine und<br />
legen ihn in den <strong>Wahl</strong>umschlag. Die Stimmabgabe<br />
wird durch den <strong>Wahl</strong>vorstand in<br />
der Wählerliste <strong>ver</strong>merkt und der <strong>Wahl</strong>umschlag<br />
kommt in Gegenwart des Wählers<br />
in <strong>di</strong>e <strong>ver</strong>schlossene <strong>Wahl</strong>urne.<br />
� Die Stimmen richtig auszählen<br />
Die Stimmabgabe ist erst zu Ende, wenn<br />
<strong>di</strong>e im <strong>Wahl</strong>ausschreiben festgelegte Zeit<br />
abgelaufen ist oder alle <strong>Wahl</strong>berechtigten<br />
gewählt haben. Unmittelbar vor Ende <strong>di</strong>eser<br />
Zeit legt der <strong>Wahl</strong>vorstand <strong>di</strong>e eingegangenen<br />
Briefwahlumschläge in <strong>di</strong>e <strong>Wahl</strong>urne.<br />
Nach dem Ende der <strong>Wahl</strong> werden <strong>di</strong>e<br />
Stimmen sofort öffentlich ausgezählt. Daran<br />
muss der gesamte <strong>Wahl</strong>vorstand teilnehmen;<br />
<strong>Wahl</strong>helfer können dabei helfen.<br />
Öffentlich heißt: Alle Arbeitnehmer/-innen<br />
des Betriebes und der Arbeitgeber dürfen<br />
dabei sein. Auch <strong>di</strong>e Anfertigung der <strong>Wahl</strong>niederschrift<br />
muss öffentlich erfolgen.<br />
� Das <strong>Wahl</strong>ergebnis feststellen<br />
und protokollieren<br />
Bei der Mehrheitswahl müssen <strong>di</strong>e Sitze<br />
für das Minderheitsgeschlecht zuerst<br />
berück sichtigt werden. Zuerst werden –<br />
<strong>bis</strong> <strong>zur</strong> Zahl der Mindest-Sitze – <strong>di</strong>e Bewerber/-innen<br />
des Minderheitsgeschlechts mit<br />
dem höchsten Stimmergebnis ermittelt.<br />
Danach werden <strong>di</strong>e weiteren Gewählten<br />
anhand der Stimmergebnisse unabhängig<br />
vom Geschlecht ermittelt.<br />
Bei der Verhältniswahl (Listenwahl) erfolgt<br />
<strong>di</strong>e Sitz<strong>ver</strong>teilung nach dem d’Hondtschen<br />
Verfahren. Die Regelungen zum Minderheitsgeschlecht<br />
und <strong>zur</strong> Mindestquote sind<br />
recht kompliziert.<br />
Wertvolle Hinweise gibt folgende<br />
<strong>b+b</strong>-Arbeitshilfe: Wolfgang Schneider,<br />
Das Minderheitsgeschlecht und <strong>di</strong>e Min destquote.<br />
Fakten und Tipps zu § 15 Abs. 2<br />
BetrVG, 56 Seiten, 4,50 Euro.<br />
Der <strong>Wahl</strong>vorstand fertigt eine Nieder schrift<br />
über das <strong>Wahl</strong>ergebnis an. Danach müssen<br />
sofort <strong>di</strong>e Gewählten be nachrichtigt werden.<br />
Die <strong>Wahl</strong> kann nur innerhalb von drei<br />
Arbeitstagen nach Zugang der Benachrichtigung<br />
abgelehnt werden.<br />
Die gesamten <strong>Wahl</strong>unterlagen sind dem<br />
neuen Betriebsrat zu übergeben und <strong>bis</strong><br />
zum Ende der Amtszeit des Betriebsrats<br />
aufzubewahren.<br />
� Das <strong>Wahl</strong>ergebnis bekannt geben<br />
Nach Ablauf der Erklärungsfrist der Ge wählten<br />
gibt der <strong>Wahl</strong>vorstand <strong>di</strong>e Namen der<br />
endgültig festgestellten Betriebsratsmitglieder<br />
bekannt. Mit <strong>di</strong>esem zweiwöchigen<br />
Aushang beginnt <strong>di</strong>e Frist für eine etwaige<br />
Anfechtung der Betriebs ratswahl.<br />
Rü<strong>di</strong>ger Jör<strong>di</strong>ng ist freiberufl ich tätig als<br />
Bildungs- und Betriebsräte-Berater.<br />
Impressum<br />
<strong>ver</strong>.<strong>di</strong> Bildung + Beratung<br />
Gemeinnützige GmbH<br />
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