Qualitätszirkel erfolgreich gestalten
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Kohlhammer<br />
Qualitätsmanagement<br />
PflegeManagement kompakt<br />
Christian Loffing (Hrsg.)<br />
Christian Loffing<br />
<strong>Qualitätszirkel</strong><br />
<strong>erfolgreich</strong> <strong>gestalten</strong><br />
So nutzen Sie die Kreativität<br />
Ihrer Mitarbeiter
Christian Loffing<br />
<strong>Qualitätszirkel</strong><br />
<strong>erfolgreich</strong> <strong>gestalten</strong><br />
So nutzen Sie die Kreativität Ihrer<br />
Mitarbeiter<br />
Verlag W. Kohlhammer
Geleitwort<br />
Ende der 80er-Jahre schwappte die Lean-Management-Welle<br />
durch die westliche Industriewelt. Forscher des MIT hatten die<br />
japanischen Automobilkonzerne mit denen Europas und der<br />
USA verglichen. Das Ergebnis war schockierend: Die japanischen<br />
Unternehmen waren denen der westlichen Welt in allen<br />
entscheidenden Belangen haushoch überlegen (…und die Ergebnisse<br />
sind heute mit einer enormen Dramatik in den Qualitätsstatistiken<br />
der Automobilindustrie nachzulesen). Von ganz<br />
besonderem Interesse waren folgende Ergebnisse: Die japanischen<br />
Unternehmen setzten nicht mehr Produktionsroboter als<br />
die westlichen Autobauer ein, aber sie hatten flexible Techniksysteme,<br />
d. h. diese Techniksysteme waren multifunktional einsetzbar.<br />
Dies bedingte wiederum flexible Organisationsformen<br />
und letztendlich hoch qualifizierte Mitarbeiter, die ebenfalls<br />
»multifunktional« einsetzbar waren. Entscheidende Erfolgsfaktoren<br />
waren hierbei Dezentralisierung (»teilautonome Arbeitsgruppen«),<br />
Selbststeuerung und Integration der Qualitätssicherung<br />
in die Produktionsprozesse. Dabei war das entscheidende<br />
Management-Tool der <strong>Qualitätszirkel</strong>.<br />
Nehmen Sie sich Zeit und erweitern Sie Ihr Wissensspektrum<br />
durch die Tipps von Christian Loffing. Ihre <strong>Qualitätszirkel</strong>arbeit<br />
wird dadurch gewinnen, und der daraus resultierende Erfolg<br />
wird Ihre Bemühungen der Wissenserweiterung rechtfertigen.<br />
Ich wünsche Ihnen nun viel Spaß beim Lesen dieses Buches.<br />
http://www.images.de<br />
Prof. Dr. Peter Dohm<br />
Direktor des IMaGS<br />
5
Vorwort des Herausgebers/Autors<br />
Lieber Leser,<br />
mit der Reihe PflegeManagement kompakt haben wir ein Medium<br />
geschaffen, das Studenten, Weiterbildungsteilnehmern,<br />
Beratern und erfahrenen Praktikern gleichermaßen kurze und<br />
prägnante sowie wissenschaftlich fundierte und praxisnahe Informationen<br />
rund um die Themen Organisation und Unternehmensführung,<br />
Personal, Marketing und Strategie, Qualitätsmanagement<br />
sowie Finanzen liefert.<br />
Der Ihnen vorliegende Titel »<strong>Qualitätszirkel</strong> richtig <strong>gestalten</strong>«<br />
behandelt ein heute und in Zukunft für das Gesundheitswesen<br />
relevantes Thema. Qualitätsbemühungen sind aus dem Gesundheitswesen<br />
nicht mehr wegzudenken. Gesetzliche Anforderungen<br />
und die Bedürfnisse des Kunden machen Qualität zu einem<br />
entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Wer in diesem Zusammenhang<br />
<strong>Qualitätszirkel</strong> implementiert, wird die kreativen Potenziale<br />
seiner Mitarbeiter nutzen und Promotoren für die Umsetzung<br />
von qualitätsrelevanten Bemühungen ausbilden. Der <strong>Qualitätszirkel</strong>arbeit<br />
kommt damit ein hoher Stellenwert im Qualitätsmanagement<br />
der Einrichtung zu. Der Qualitätsbeauftragte sollte als<br />
kompetente Fachkraft die Moderation eines Zirkels übernehmen.<br />
Über Zielvorgaben und ein Feedback-Instrument können Sie die<br />
Ergebnisse eines <strong>Qualitätszirkel</strong>s sogar steuern. Auf diese Weise<br />
wird der <strong>Qualitätszirkel</strong> zu keiner »müden Kaffeerunde«, sondern<br />
zu einer »effizienten Qualitätsschmiede«.<br />
Beim Lesen des Buchs wünsche ich Ihnen viel Spaß und<br />
hoffe, dass Sie einige Impulse in Sachen Gestaltung von <strong>Qualitätszirkel</strong>n<br />
gewinnen können.<br />
Christian Loffing<br />
7
Charaktere und Unternehmen in diesem Buch<br />
In diesem Buch werden Sie mit fiktiven Personen und Unternehmen<br />
konfrontiert, die einen Transfer in die Praxis erleichtern<br />
sollen. Verbindungen zu realen Personen und Unternehmen<br />
sind nicht gewollt, sondern rein zufällig.<br />
Manfred Gaworski<br />
Geschäftsführer des St. Johannes Krankenhauses<br />
und Mentor von Herrn Blankmann<br />
Elisabeth Reichelt<br />
Pflegedienstleitung im St. Johannes Krankenhaus<br />
Peter Blankmann<br />
Nachwuchsführungskraft<br />
im St. Johannes Krankenhaus<br />
Andrea Höltken-Schnabel<br />
Stationsleitung im St. Johannes Krankenhaus<br />
Bärbel Kaltenbach<br />
Qualitätsmanagementbeauftragte<br />
im St. Johannes Krankenhaus<br />
9
Der Transfer der Inhalte in die Praxis erfolgt primär unter<br />
Berücksichtigung der folgenden beiden Unternehmen:<br />
a) Ambulante Hauskrankenpflege ProCura GbR<br />
– ein ambulanter Pflegedienst<br />
a) Seniorenresidenz Sonnenstift gGmbH<br />
– ein Seniorenheim<br />
10
Inhaltsverzeichnis<br />
Kapitel 1: Auf dem Weg zu mehr Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
1.1 Licht im Dschungel – Qualitätsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
1.1.1 Geschichte des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . 00<br />
1.1.2 Gesetzliche Forderungen und Kundenerwartungen . 00<br />
1.2 Ausgewählte Methoden der Qualitätssicherung . . . . . . . . . 00<br />
1.2.1 Der Qualitätsbeauftragte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
1.2.2 Das Konzept des <strong>Qualitätszirkel</strong>s . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
1.2.3 Die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems 00<br />
Kapitel 2: Der Qualitätsbeauftragte als <strong>Qualitätszirkel</strong>leiter . . . . 00<br />
2.1 Qualitätsmanagement als Stelle im Unternehmen . . . . . . 00<br />
2.1.1 Stabsstelle Qualitätsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
2.1.2 Umfang und formale Anforderungen . . . . . . . . . . . . 00<br />
2.2 Der Qualitätsbeauftragte – »Einer von uns« . . . . . . . . . . . . 00<br />
2.2.1 Eigenschaften des Qualitätsbeauftragten . . . . . . . . . 00<br />
2.2.2 Aufgaben des Qualitätsbeauftragten . . . . . . . . . . . . . 00<br />
Kapitel 3: <strong>Qualitätszirkel</strong>arbeit leicht gemacht . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
3.1 Phase 1: Vorbereitung – Wer überzeugt, der gewinnt! . . . . 00<br />
3.1.1 Durchführung durchsetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
3.1.2 Teilnehmer akquirieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
3.1.3 Geeignete Arbeitsatmosphäre schaffen . . . . . . . . . . . 00<br />
3.2 Phase 2: Durchführung –<br />
Profiwerkzeuge braucht der Handwerker . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
3.2.1 Die Moderationsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
3.2.2 Die Präsentationsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
3.2.3 Techniken der Entscheidungsfindung . . . . . . . . . . . . 00<br />
3.2.4 Sonstige Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
3.3 Phase 3: Nachbereitung – Ausdauer verspricht Erfolg! . . . 00<br />
3.3.1 Protokoll verfassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
3.3.2 Transfer der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
3.3.3 Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
11
Kapitel 4: Erfolgreiche <strong>Qualitätszirkel</strong> in der Praxis . . . . . . . . . . 00<br />
4.1 Teilnehmer und allgemeiner Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
4.2 Inhaltliches Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
4.3 Erfolgskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
Kapitel 5: Goldene Regeln der <strong>Qualitätszirkel</strong>arbeit . . . . . . . . . . 00<br />
Kapitel 6: Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
12<br />
Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00<br />
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00
Kapitel 1:<br />
Auf dem Weg zu mehr Qualität<br />
Qualitätsmanagement – Eine Neverending Story<br />
Diskussionen rund um den Begriff Qualität sind seit vielen Jahren<br />
aus dem Gesundheitswesen nicht mehr wegzudenken. Bereits<br />
in der Antike und im Mittelalter wurde über Qualitätskontrollen<br />
Qualität gesichert. Heute versucht man dagegen Qualität<br />
gezielt zu managen. Eine definierte Qualität soll kontinuierlich<br />
erreicht werden und auf der einen Seite den Forderungen des<br />
Gesetzgebers und der Kostenträger entsprechen. Auf der anderen<br />
Seite stehen die Wünsche und Bedürfnisse des Patienten,<br />
die ebenfalls erfüllt werden sollen, denn der Patient hat sich unlängst<br />
zu einem Kunden entwickelt, der die Leistungen und Ergebnisse<br />
eines Dienstleisters im Gesundheitswesen beurteilt.<br />
Neue gesetzliche Forderungen, steigende Ansprüche der<br />
Kunden und ein zunehmender Wettbewerb lassen es nicht zu,<br />
den Bereich Qualitätsmanagement selbst nach Einführung eines<br />
Qualitätsmanagementsystems als erledigt abzuhaken. Total<br />
Quality Management (TQM) heißt das neue Ziel. Qualität soll<br />
alle Bereiche und alle Mitarbeiter umfassen. Der Kunde soll aktiv<br />
in die einrichtungsinternen Bemühungen des Qualitätsmanagements<br />
einbezogen werden.<br />
Heute und in Zukunft werden die Einrichtungen überleben,<br />
die nicht nur wirtschaftlich arbeiten, sondern es gleichzeitig<br />
schaffen, Mitarbeiter von einem kontinuierlichen Streben nach<br />
Qualität zu überzeugen. Erfolgreich werden die Einrichtungen<br />
sein, in denen Qualität ein wichtiges Gut ist und Qualitätsmanagement<br />
gelebt wird.<br />
13
Lernziele Kapitel 1<br />
In diesem Kapitel bekommen Sie eine Orientierungshilfe zum<br />
Thema Qualität. Es wird auf aktuelle Forderungen eingegangen<br />
und über Lösungen in der Praxis berichtet. Sie bekommen erste<br />
Ideen, wie Sie die oberste Leitung in Ihrem Unternehmen von<br />
intensiven Bemühungen in Sachen Qualitätsmanagement<br />
überzeugen können. Ein <strong>Qualitätszirkel</strong> ist dabei eine vom Gesetzgeber<br />
explizit genannte Maßnahme, der in diesem Kapitel<br />
in das Geflecht von QM-Bemühungen eingebettet wird.<br />
Input-Check – Wesentliche Inhalte<br />
Qualität ist die neutrale Beschreibung aller Eigenschaften, die einem<br />
Produkt oder eine Dienstleistung innewohnen. Sie kann durch<br />
Adjektive wie »gut« oder »schlecht« bewertet werden. Um gute<br />
Qualität bemüht man sich seit der Antike. Entwickelt haben sich<br />
diese Bemühungen von der Antike bis heute von einer Selbstkontrolle<br />
zur Fremdkontrolle und von der Endkontrolle bis zur Systemkontrolle.<br />
Mit der Einführung eines Qualitätsmanagementsystems<br />
sehen sich derzeit sämtliche Einrichtungen im Gesundheitswesen<br />
konfrontiert. Zum einen, um den gesetzlichen Forderungen gerecht<br />
zu werden, und zum anderen, um im Wettbewerb um den Kunden<br />
bestehen zu können. Ca. 10% der Einrichtungen haben sich bereits<br />
zertifizieren lassen. Weitere werden in Zukunft sicherlich folgen.<br />
1.1 Licht im Dschungel – Qualitätsbegriffe<br />
Qualität<br />
Der Begriff Qualität beschäftigt nicht nur den Qualitätsbeauftragten<br />
eines Unternehmens, er ist vielmehr zu einem Alltagsbegriff<br />
für all diejenigen geworden, die im Gesundheitswesen<br />
14
tätig sind. Arbeitsanweisungen, Verfahrensanweisungen, Standards,<br />
Richtlinien, Protokolle, Dokumentationen etc. begegnen<br />
uns in der täglichen Arbeit in einer ambulanten oder stationären<br />
Pflegeeinrichtung und auch im Krankenhaus. Diese Dokumente<br />
sind Ausdruck intensiver Qualitätsbemühungen.<br />
Trotz des täglichen Kontakts fällt es jedoch vielen Menschen<br />
schwer, den Begriff Qualität zu definieren (vgl. Abb. 1).<br />
Abb. 1: Licht im Dschungel der Qualitätsbegriffe?<br />
15
Ein Blick in die DIN EN ISO 9001:2000 verdeutlicht kurz und<br />
prägnant, was Qualität eigentlich heißt.<br />
16<br />
Definition<br />
Qualität ist der Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale<br />
Anforderungen erfüllt.<br />
Im Rahmen einer Satzanalyse wird folgendes deutlich:<br />
1. Der Begriff Qualität kann mit Adjektiven wie »gut« oder<br />
»schlecht« beschrieben werden.<br />
2. Qualität wird nicht zugeschrieben, sondern ist mit einem<br />
Produkt oder einer Dienstleistung verbunden – es ist inhärent<br />
(innewohnend).<br />
Der Begriff Qualität sagt damit nicht automatisch etwas über<br />
eine gute Qualität aus. Von einer guten Qualität sprechen wir<br />
erst dann, wenn der IST-Zustand eines Produktes oder einer<br />
Dienstleistung mit dem vordefinierten SOLL-Zustand übereinstimmt<br />
oder ihn übertrifft (vgl. Abb. 2).<br />
Geforderte<br />
Qualität<br />
Abb. 2: SOLL-IST-Vergleich der Qualität<br />
Differenz<br />
Erreichte<br />
Qualität
Dieser SOLL-IST-Vergleich kann auf der Grundlage einer objektiven<br />
Messung der Leistung erfolgen – in diesem Zusammenhang<br />
spricht man von objektiver Qualität – oder durch eine Beurteilung<br />
des Patienten oder Kunden – in diesem Zusammenhang<br />
spricht man von subjektiver Qualität (vgl. BÄK, 1997).<br />
Praxis-Check – objektive vs. subjektive Qualität<br />
Im Rahmen einer Stichprobenüberprüfung (MDK-Prüfung)<br />
bei der Ambulante Hauskrankenpflege ProCura GbR konnte<br />
der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK)<br />
Mängel in der Struktur- und Prozessqualität feststellen. Bemängelt<br />
wurden Fehler in der Pflegedokumentation, ein fehlendes<br />
Formular zur Durchführung von Pflegevisiten und<br />
ein fehlendes Einarbeitungskonzept (objektive Qualität).<br />
Gelobt wurden die Ergebnisse der letzten Kundenbefragung,<br />
die sehr positiv ausfiel (subjektive Qualität).<br />
Reminder!<br />
Der subjektiven Qualität kommt ein ebenso hoher Stellenwert<br />
zu wie der objektiven Qualität.<br />
Qualitätsmanagement<br />
Qualität zu erbringen ist Aufgabe des Managements. Die oberste<br />
Leitung verpflichtet sich zu entsprechenden Bemühungen und<br />
liefert die dazu notwendige Infrastruktur, sie motiviert alle Mitarbeiter<br />
zur Erbringung einer guten Qualität. An den Bemühungen<br />
rund um das Thema Qualität in einem Unternehmen sind damit<br />
alle Mitarbeiter beschäftigt. Qualität wird dabei nicht nur passiv geprüft,<br />
sondern aktiv gemanagt. Die Deutsche Gesellschaft für Qualität<br />
e.V bringt diese Aspekte in einer Definition auf den Punkt.<br />
17
18<br />
Definition<br />
Qualitätsmanagement ist die Gesamtheit der qualitätsbezogenen<br />
Tätigkeiten und Zielsetzungen.<br />
Qualitätsmanagementsystem<br />
Definition<br />
Ein Qualitätsmanagementsystem ist das schriftlich fixierte<br />
Ordnungssystem eines Unternehmens.<br />
Ein Qualitätsmanagementsystem regelt Verantwortlichkeiten<br />
und Befugnisse. Es legt fest, wie einzelne Tätigkeiten auszuführen<br />
sind und wie diese ineinander greifen. Es definiert, welche<br />
finanziellen Mittel, welches Personal, welche Anlagen, Einrichtungen,<br />
Techniken und Methoden eingesetzt werden.<br />
Ein Qualitätsmanagementsystem schafft Transparenz im<br />
Unternehmen und sorgt für klare Organisationsabläufe.<br />
Reminder!<br />
Ein Qualitätsmanagementsystem trägt dazu bei, die Qualität<br />
der Dienstleistung zu beherrschen, Kosten zu sparen<br />
und durch größere Kundenzufriedenheit bessere Betriebsergebnisse<br />
zu erzielen.<br />
1.1.1 Die Geschichte des Qualitätsmanagements<br />
Seitdem Menschen handeln, sei es mit Waren oder Dienstleistungen,<br />
spielt Qualität eine wichtige Rolle (vgl. Zollondz, 2002).
Qualitätskontrollen von der Antike bis zur Industrialisierung<br />
Schon beim Bau der Pyramiden fanden intensive Qualitätskontrollen<br />
statt. So konnte zum Beispiel gewährleistet werden, dass<br />
alle vier Seiten der Pyramide bis auf eine Abweichung von nur<br />
wenigen Zentimetern gleich lang sind. Negative Sanktionen<br />
(Bestrafungen) motivierten bis ins Mittelalter zum qualitätsorientierten<br />
Handeln. Die mittelalterlichen Zünfte besaßen ein<br />
umfangreiches System zur Kontrolle von Qualität. Schlechte<br />
Produktqualität wurde von den Zünften streng geahndet: durch<br />
Geldstrafen, öffentliche Bekanntmachungen oder – in besonders<br />
schweren Fällen – durch Ausschluss aus der Zunft, was<br />
dem Verlust der wirtschaftlichen Existenz gleichkam. Qualitätssicherung<br />
erfolgte hier über eine Endkontrolle der Produkte, die<br />
lange Zeit durch die Person selbst erfolgte (Selbstkontrolle). Mit<br />
dem Aufkommen der Arbeitsteilung in den Fabriken war eine<br />
Selbstkontrolle aufgrund zunehmender Komplexität nicht mehr<br />
möglich. Als Konsequenz wurde diese Tätigkeit an andere Personen<br />
oder sogar ganze Abteilungen übertragen. Die Selbstkontrolle<br />
wurde durch eine Fremdkontrolle der fertigen Produkte<br />
oder Teilprodukte ersetzt.<br />
Von der Endkontrolle zur Systemkontrolle<br />
Eine weitere Entwicklung im Qualitätsmanagement brachte der<br />
2.Weltkrieg. Der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten erforderte<br />
dort die Massenproduktion von äußerst komplexen Rüstungsgütern<br />
in möglichst kurzer Zeit. Eine hohe Produktqualität<br />
wurde zum obersten Gebot. Das Kriegsmaterial durfte im<br />
Kampfeinsatz nicht versagen. Statistikern ist es zu verdanken,<br />
dass man von der Endkontrolle zu einer begleitenden Stichprobenprüfung<br />
kam. Der Prüfaufwand konnte dadurch erheblich verringert<br />
werden. Mit der Festlegung von Anforderungen, Qualitätsplanungen<br />
bei den Arbeitsschritten, Zwischenprüfungen<br />
19
und regelmäßigen Überprüfung der Fertigungseinrichtungen<br />
wurde das System der Nachkontrolle verlassen. Durch vorbeugende<br />
Maßnahmen wurde versucht, das Entstehen von Fehlern<br />
zu reduzieren. Der entscheidende Schritt von der Qualitätskontrolle<br />
zur Qualitätssicherung war vollzogen.<br />
Von der Qualitätssicherung zum Qualitätsmanagement<br />
Nach dem 2.Weltkrieg entwickelte sich mit amerikanischer<br />
Unterstützung durch die Qualitätspioniere Deming und Juran<br />
in Japan die Qualitätssicherung weiter zum so genannten Qualitätsmanagement.<br />
Qualitätsbemühungen wurden zu einer entscheidenden<br />
Aufgabe des Managements, das erkannte, dass nur<br />
eine ständige Verbesserung der Prozessqualität bei der Produktion<br />
zu einer ständig verbesserten Qualität der Produkte führt.<br />
Ishikawa prägte schließlich die Philosophie, dass alle Mitarbeiter,<br />
alle Geschäftsprozesse und der gesamte Produktzyklus in<br />
die Qualitätsbemühungen einbezogen werden müssen. Durch<br />
Total Quality Management (TQM) soll die konsequente Zufriedenstellung<br />
von Kundenbedürfnissen erreicht werden. Diese<br />
Weiterentwicklung verschaffte der japanischen Industrie bereits<br />
vor 30 Jahren bedeutende Wettbewerbsvorteile. Auch heute streben<br />
viele Unternehmen nach einem Total Quality Management,<br />
von dem Sie teilweise jedoch noch weit entfernt sind.<br />
1.1.2 Gesetzliche Forderungen und Kundenerwartungen<br />
Qualitätsmanagement – eine leidige Pflicht?<br />
Bemühungen um Qualität sind nicht mehr nur eine freiwillige<br />
Leistung, sondern eine unabdingbare Voraussetzung für den<br />
Fortbestand eines Unternehmens im Gesundheitswesen. Mühlbauer<br />
(2001) spricht in diesem Zusammenhang von einer juris-<br />
20
tischen Dimension, die hierbei die Diskussion bestimmt. Krankenhäuser<br />
sind nach dem Sozialgesetzbuch V und speziell<br />
durch die Gesundheitsreform 2000 zu einer Einführung eines<br />
Qualitätsmanagements verpflichtet (vgl. Kastenholz, 2000). Die<br />
so genannten »Gemeinsame Grundsätze und Maßstäbe zur<br />
Qualität und Qualitätssicherung nach § 80 SGB XI« sehen auch<br />
für ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen intensive Bemühungen<br />
in Sachen Qualitätsmanagement vor. Qualitätsforderungen<br />
sind jedoch in zahlreichen weiteren für Pflegeeinrichtung<br />
relevanten Gesetzen niedergelegt. Exemplarisch sei an dieser<br />
Stelle auf die Paragraphen § 72 SGB XI, § 28 SGB XI, § 70<br />
SGB V, § 93 BSHG verwiesen. Der Gesetzgeber formuliert damit<br />
klare Vorstellungen hinsichtlich der Sicherung der Qualität bei<br />
der pflegerischen Dienstleistungserbringung, wie z. B. an der<br />
MDK-Anleitung zur Prüfung der Qualität nach § 80 SGB XI für<br />
ambulante und stationäre pflegerische Einrichtungen ersichtlich<br />
wird. Die Forderungen beziehen sich hier auf drei Prüfebenen:<br />
die Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität.<br />
Exemplarisch sei an dieser Stelle auf ausgewählte Prüfbereiche<br />
verwiesen, an die sich Forderungen richten (s. König, 2003):<br />
Strukturqualität<br />
● Personalausstattung<br />
● räumliche Ausstattung<br />
● Aus-, Fort- und Weiterbildungsstand der Beschäftigten<br />
● Maßnahmen der internen und externen Qualitätssicherung<br />
● Pflegeleitbild und Pflegekonzept<br />
● Pflegedokumentation<br />
Prozessqualität<br />
● Einhaltung innerbetrieblicher Vorgaben<br />
● Führung der Pflegedokumentation<br />
21
● Einarbeitung neuer Mitarbeiter<br />
● innerbetriebliche Kommunikation<br />
● Zusammenarbeit mit anderen Leistungserbringern<br />
Ergebnisqualität<br />
● pflegerischer und gesundheitlicher Zustand des Pflegebedürftigen<br />
● Ernährung und Flüssigkeitsversorgung<br />
● Aktivierung und Mobilisierung<br />
● Betreuung und Versorgung<br />
● Einhaltung vertraglicher Vereinbarungen mit dem Pflegebedürftigen<br />
22<br />
Reminder!<br />
Wer den gesetzlichen Forderungen nicht nachkommt, setzt<br />
die Existenz der Einrichtung leichtfertig aufs Spiel!<br />
Qualitätsmanagement – eine Chance?<br />
Qualitätsmanagement sollte jedoch nicht ausschließlich als gesetzliche<br />
Verpflichtung betrachtet werden. Viele positive Effekte<br />
sind mit der Einführung eines Qualitätsmanagementsystems<br />
zu erwarten.<br />
Das Qualitätsmanagement verfolgt die Strategie, die Erfüllung<br />
von Kundenbedürfnissen und Wirtschaftlichkeit zu vereinigen.<br />
Durch die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems<br />
können Anforderungen systematisch ermittelt und Prozesse<br />
kontinuierlich weiterentwickelt werden. Kostenintensive<br />
Fehlleistungen können vermieden und die Konkurrenzfähigkeit<br />
erhöht werden. Eine Erhöhung der Kundenzufriedenheit und<br />
eine Optimierung von Abläufen sind zu erwarten.
Praxis-Check –<br />
Einführung eines Qualitätsmanagementsystems<br />
Reiner Schmidt ist Geschäftsführer der Ambulante Hauskrankenpflege<br />
ProCura GbR. Zusammen mit seiner Pflegedienstleitung<br />
hat er beschlossen, ein Qualitätsmanagementsystem<br />
einzuführen und das Unternehmen zertifizieren zu<br />
lassen. Beiden ist klar, dass damit einhergehend die Belastungen<br />
für die Mitarbeiter zunächst weiter steigen. Es müssen<br />
<strong>Qualitätszirkel</strong> einberufen werden, an denen Mitarbeiter<br />
freiwillig teilnehmen sollen. Zudem wird es zu gravierenden<br />
Veränderungen der Ablauforganisation kommen, die ebenfalls<br />
von den Mitarbeitern getragen werden müssen. Nicht<br />
zuletzt müssen an anderen Stellen Einsparungen vorgenommen<br />
werden, um die Einführung des Qualitätsmanagementsystems<br />
zu finanzieren. Die Pflegedienstleitung Annette<br />
Schmidt hat die Aufgabe, die Mitarbeiter für diesen Prozess<br />
zu motivieren. In mehreren Dienstbesprechungen erklärt sie<br />
die Gründe für den Wandel, erläutert die Konsequenzen, diskutiert<br />
Befürchtungen und stellt eine Vision dar. Sie versucht<br />
für die Zeit nach der Einführung des Qualitätsmanagementsystems<br />
zu begeistern. Viele Veränderungen werden eine Vereinfachung<br />
darstellen, typische Fehler können vermieden<br />
werden, und die Aktivitäten des Pflegedienstes können langfristig<br />
gesichert werden. Geplant ist des Weiteren eine große<br />
Zertifizierungsfeier. Frau Schmidt hat sich vorgenommen, regelmäßig<br />
auf Bedenken der Mitarbeiter einzugehen und<br />
diese zu entkräften. Sie glaubt an den Erfolg der Zertifizierung<br />
und wird Mitarbeiter dafür begeistern.<br />
Reminder!<br />
Wer in Qualitätsmanagement investiert, wird viele positive<br />
Effekte erleben und auch in Zukunft wettbewerbsfähig sein!<br />
23
1.2 Ausgewählte Methoden der Qualitätssicherung<br />
Bemühungen der Qualitätssicherung haben in den vergangenen<br />
Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Der Forderung<br />
des Nachweises von Qualität durch den Gesetzgeber und<br />
die Kunden ist mittlerweile unbedingt Folge zu leisten, wenn<br />
man sich langfristig <strong>erfolgreich</strong> am Markt behaupten will.<br />
Dühring (1998) fasst die notwendigen Maßnahmen der<br />
Qualitätssicherung wie folgt zusammen:<br />
1. Interne Maßnahmen der Träger bzw. Einrichtungen<br />
● Einsetzen eines Qualitätsbeauftragten<br />
● Einrichten von <strong>Qualitätszirkel</strong>n (z. B. zur Entwicklung<br />
von Standards)<br />
2. Externe Maßnahmen, an denen sich der Träger bzw. die Einrichtungen<br />
beteiligen soll<br />
● Mitwirken an Qualitätskonferenzen (dienen der Festlegung<br />
von Mindeststandards)<br />
● Mitwirken an Assessment-Runden (dienen der Qualitätsbewertung)<br />
Viele Einrichtungen setzen sowohl die internen als auch die aufgeführten<br />
externen Maßnahmen der Qualitätssicherung um.<br />
Der Schwerpunkt der weiteren Betrachtung liegt entsprechend<br />
der inhaltlichen Ausrichtung dieses Buches auf den internen<br />
Maßnahmen der Qualitätssicherung. Die von Dühring genannten<br />
Maßnahmen (vgl. Kap. 1.4.1 und 1.4.2) werden dabei um die<br />
Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems sowie die daraus<br />
resultierende Zertifizierung eines Betriebes ergänzt (vgl.<br />
Kap. 1.4.3).<br />
24
1.2.1 Der Qualitätsbeauftragte<br />
In den Qualitätsvereinbarungen nach § 80 SGB XI ist die Benennung<br />
eines Qualitätsbeauftragten ausdrücklich gefordert.<br />
Dieser ist im Unternehmen der Experte in Sachen Qualität und<br />
als Berater der obersten Leitung beschäftigt. Er sollte einen<br />
Lehrgang absolviert haben, der ihn für vielfältige Aufgaben von<br />
der Leitung eines <strong>Qualitätszirkel</strong>s bis zur Vorbereitung auf die<br />
Zertifizierung qualifiziert (vgl. Kap. 2.2).<br />
Reminder!<br />
Die oberste Leitung eines Unternehmens ist auch für das<br />
Qualitätsmanagement verantwortlich. Vielfach liegt hier jedoch<br />
nicht die Kernkompetenz eines Geschäftsführers, Direktors<br />
oder Vorstandsvorsitzenden. Sie benötigen einen Experten,<br />
der sie kompetent informiert und berät. Diese Aufgabe<br />
erbringt der so genannte Qualitätsbeauftragte. Er entwickelt<br />
gemeinsam mit den Führungskräften und Mitarbeitern das<br />
Qualitätsmanagementsystem der Einrichtung weiter.<br />
1.2.2 Das Konzept des <strong>Qualitätszirkel</strong>s<br />
Allgemein versteht man unter einem <strong>Qualitätszirkel</strong> eine »...<br />
Kleingruppe, die innerhalb des eigenen Arbeitsbereiches freiwillig Aktivitäten<br />
in Richtung Qualitätskontrolle aufnimmt. Die Gruppe arbeitet<br />
kontinuierlich im Rahmen eines unternehmensweiten Programms<br />
zur Qualitätskontrolle, zur Selbstentfaltung, zur gegenseitigen<br />
Entwicklung, zur Steuerung der Abläufe und zur Verbesserung<br />
am Arbeitsplatz« (vgl. Imai, 1991).<br />
25
»Für eine Kaffeerunde ohne Ergebnisse habe ich keine Zeit!«<br />
In den <strong>Qualitätszirkel</strong>n sollen Informationen über Problemstellungen<br />
gesammelt, Ursachenforschung betrieben, Vorschläge<br />
zur Beseitigung erarbeitet und fachliche Standards entwickelt<br />
werden. Die Erfahrungen, die man in <strong>Qualitätszirkel</strong>n sammelt,<br />
können jedoch sehr unterschiedlich sein. Sie reichen von<br />
der »Kaffeerunde ohne Ergebnisse« über »kreative Sitzungen,<br />
deren Ergebnisse nicht umgesetzt werden dürfen« bis hin zu<br />
»effizienten Qualitätsschmieden«, in denen Motivation und<br />
Teamarbeit gefördert werden. Ausschlaggebend für das Ergebnis<br />
und die Umsetzung sind unterschiedliche Faktoren, die mit<br />
der Organisation und den Befugnissen des <strong>Qualitätszirkel</strong>s zusammenhängen.<br />
Checkliste<br />
Folgendes sollte bei der <strong>Qualitätszirkel</strong>arbeit grundsätzlich bedacht<br />
werden:<br />
● freiwillige Teilnahme<br />
● Unterstützung und Vertrauen durch die Unternehmensleitung<br />
● Leitung durch einen Moderator<br />
● Protokollierung der Ergebnisse mit regelmäßigen Ergebnispräsentationen<br />
vor der obersten Leitung und ausgewählten Führungskräften<br />
● gezielte Einbindung der Ergebnisse in die Unternehmensstrategie<br />
Wirksames Instrument<br />
Die <strong>Qualitätszirkel</strong>arbeit hat sich unter Berücksichtigung der<br />
o.g. Aspekte sowie weiterer Erfolgsfaktoren als wirksames Instrument<br />
zur Qualitätsverbesserung und Qualitätssicherung<br />
bewährt (vgl. Kap. 5). In den Qualitätsvereinbarungen nach § 80<br />
SGB XI sind <strong>Qualitätszirkel</strong> ausdrücklich benannt.<br />
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Interne vs. externe <strong>Qualitätszirkel</strong><br />
Differenziert werden können interne und externe <strong>Qualitätszirkel</strong>.<br />
Interne <strong>Qualitätszirkel</strong> tragen zur Entwicklung und Umsetzung<br />
von qualitätsverbessernden Maßnahmen in einer Einrichtung<br />
bei, externe <strong>Qualitätszirkel</strong> dienen als Informationsquelle und<br />
ermöglichen einen Austausch auf hohem Niveau bis hin zu Kooperationen<br />
und einem Benchmarking (vgl. Kap. 4).<br />
Reminder!<br />
In jeder Einrichtung im Gesundheitswesen sollten <strong>Qualitätszirkel</strong><br />
existieren. Hier können freiwillige Mitarbeiter ihr<br />
kreatives Potenzial entfalten und einen wesentlichen Beitrag<br />
zur Qualitätssicherung eines Unternehmens beitragen.<br />
1.2.3 Die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems<br />
Qualitätssiegel sichert noch lange keine Qualität<br />
Eine Weiterentwicklung der Qualitätssicherung stellt die Einführung<br />
eines Qualitätsmanagementsystems dar. Zunehmend mehr<br />
Einrichtungen in der ambulanten und stationären Pflege führen<br />
ein Qualitätsmanagementsystem ein und erwerben ein Qualitätssiegel.<br />
Der Weg dorthin und der Transfer in die Praxis sollen<br />
intern die Qualität sichern und extern Kunden Vertrauen geben.<br />
Ob diese Ziele mit einem Qualitätssiegel erreicht werden können,<br />
ist jedoch fraglich (vgl. Gerste, Schwinger & Rehbein, 2005).<br />
Exkurs<br />
Schlagzeile: Zertifizierte Einrichtung vom MDK geschlossen<br />
Nicht selten kommt es vor, dass eine Einrichtung im Gesundheitswesen<br />
mit dem Erwerb eines Qualitätssiegels in<br />
27
28<br />
der Öffentlichkeit für Vertrauen in die Dienstleistung wirbt.<br />
Dies bedeutet jedoch noch lange nicht, dass alle Anforderungen,<br />
die der Kostenträger für relevant erachtet, hinter den Kulissen<br />
auch wirklich erfüllt werden. So ist es zu erklären, dass<br />
auch eine zertifizierte Einrichtung aufgrund von erheblichen<br />
Mängeln geschlossen werden musste. Bei solchen Fällen<br />
handelt es sich jedoch eher um wenige »schwarze Schafe«,<br />
die nicht verstanden haben, dass ein Gütesiegel sie nicht<br />
automatisch von ihren Bemühungen um Qualität befreit.<br />
Ein Qualitätsmanagementsystem/Qualitätssiegel alleine sichert<br />
natürlich nicht die Qualität. Auch ein nach DIN EN ISO<br />
9001:2000 zertifizierter Betrieb kann hohe Defizite in der Ergebnisqualität<br />
haben und durch die MDK-Prüfung fallen. Entsprechend<br />
zeigt eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts<br />
der AOK (Gerste, Schwinger & Rehbein, 2005), dass das »Gütesiegel<br />
allein keine Garantie für gleich bleibend hohe Qualität einer<br />
Pflegeeinrichtung« gibt. Entscheidend ist nicht das Siegel, sondern<br />
der Wille, Qualität zu leben. Nur wenn alle Mitarbeiter sich<br />
der Qualitätssicherung und dem Qualitätsmanagement verschreiben,<br />
ist ein entsprechender Erfolg zu erwarten.nder!<br />
Reminder!<br />
»Wo Qualität drauf steht muss noch lange keine drin sein!« Die<br />
Einführung eines Qualitätsmanagementsystems z. B. entsprechend<br />
der DIN EN ISO9001:2000 sichert alleine noch keine Qualität.<br />
Ein QMS muss gelebt werden. Angefangen bei der obersten<br />
Leitung müssen sich alle Mitarbeiter eines Unternehmens<br />
den Qualitätsbemühungen verpflichten. In diesem Fall bietet<br />
ein QMS eine wichtige Hilfestellung bei der kontinuierlichen<br />
Verbesserung sowie der einheitlichen und qualitätsorientierten<br />
Vorgehensweise im Rahmen der Dienstleistungserbringung.
Der Nutzen eines Pflegequalitätssiegels<br />
Nichtsdestotrotz kann der Erwerb eines Pflegequalitätssiegels<br />
zahlreiche Vorteile mit sich bringen. Auf dem Weg zur Zertifizierung<br />
werden Prozesse analysiert und wirtschaftlicher gestaltet.<br />
Des Weiteren werden Mitarbeiter dazu angeleitet, Pflegequalität<br />
überzeugt zu liefern. Sogar in Bezug auf die MDK-Prüfung<br />
kann ein Siegel Vorteile mit sich bringen. In den meisten<br />
anerkannten Pflegequalitätssiegeln sind die Inhalte der MDK-<br />
Anleitung enthalten und werden mitgeprüft. Bei dem Erwerb<br />
eines besonderen Qualitätssiegels hat die AOK in Thüringen<br />
aus diesem Grund sogar eine Verlängerung der Abstände von<br />
MDK-Prüfungen sowie eine Punktwerterhöhung für ambulante<br />
Pflegedienste in Aussicht gestellt.<br />
Auswahl eines Pflegequalitätssiegels<br />
Ist in der Pflegeeinrichtung die Entscheidung gefallen, ein Gütesiegel<br />
zu erwerben, stellt sich nur noch die Frage, welches der<br />
zahlreichen Siegel erworben werden soll. Das Wissenschaftliche<br />
Institut der AOK (WIdO) bietet hier eine wichtige Hilfestellung.<br />
Das Institut hat erstmals die wichtigsten Pflegequalitätssiegel<br />
unter die Lupe genommen, indem Anbieter befragt und Materialien<br />
wie Prüfkataloge und Handbücher analysiert wurden.<br />
Exkurs – Pressemitteilung des WIdO<br />
»Um dem Verbraucher Sicherheit zu geben, ist es dringend erforderlich,<br />
sowohl die Inhalte der Qualitätssiegel transparent<br />
und nachvollziehbar zu machen als auch einheitliche Bewertungsmaßstäbe<br />
für die Vergabeverfahren zu entwickeln«, fordert<br />
Dr. Hans Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsitzender des<br />
AOK-Bundesverbandes anlässlich der Veröffentlichung der<br />
Studie. Wie die einzelnen Zertifikate und Siegel in der Praxis<br />
wirken und welchen Einfluss sie in den Pflegeeinrichtungen<br />
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30<br />
auf die tatsächliche Qualitätsentwicklung haben, kann, so<br />
die Studie, erst durch Evaluation der Verfahren vor Ort aufgezeigt<br />
werden. In der Studie werden 14 Produkte detailliert<br />
vorgestellt und daraufhin untersucht, nach welchen Kriterien<br />
die Anbieter ihre Gütesiegel und Zertifikate vergeben:<br />
Wie werden Pflegequalität und Qualitätsmanagement erfasst<br />
und bewertet? Welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung<br />
und -verbesserung werden angestoßen? Wie ergebnisorientiert<br />
ist das Verfahren? Wie mitarbeiterorientiert ist das<br />
Konzept? Eine wichtige Aufgabe des Verbraucherschutzes<br />
sei es, so Ahrens, den Versicherten durch Qualitätssiegel<br />
tatsächlich eine verlässliche Information an die Hand zu geben,<br />
die eine Orientierung bei der Auswahl von Pflegeeinrichtungen<br />
bieten kann.<br />
Folgende Produkte wurden analysiert:<br />
● AWO-Qualitätsmanagement-Zertifikat<br />
● Diakonie-Siegel Pflege<br />
● Geprüfte Pflegequalität<br />
● Geprüfte Pflegequalität für Ambulante Pflege<br />
● Paritätisches Qualitäts-Siegel<br />
● Pflege-TÜV<br />
● PQS – Pflege-Qualitäts-Siegel<br />
● QgP Qualitätssiegel<br />
● Qualitätsprüfung plus: Pflege<br />
● Qualitätssicherungsverbund Landkreis Heilbronn<br />
● Qualitätssiegel für ambulante Dienste und Pflegeheime<br />
● RAL-Gütezeichen<br />
● selbst: bewusst<br />
● DIN EN ISO 9001<br />
Die einzelnen Siegel werden auch daraufhin geprüft, inwiefern<br />
die Kriterien der MDK-Prüfung berücksichtigt wurden.<br />
Auch über die Kosten der Siegel werden wichtige Angaben<br />
gemacht.
Zertifizierung<br />
Es mehren sich Forderungen der Kostenträger nach der Einführung<br />
eines Qualitätsmanagementsystems und einem entsprechenden<br />
Nachweis. Wer im Falle einer konkreten Forderung bei<br />
nicht Erfüllen nicht mit Einbußen rechnen möchte, der sollte<br />
sich bereits heute auf eine Zertifizierung vorbereiten und die<br />
Forderungen z. B. der DIN EN ISO 9001:2000 erfüllen. Quic<br />
Quick-Tipp!<br />
Führen Sie ein Qualitätsmanagementsystem ein. Orientieren<br />
Sie sich dabei an einem der anerkannten Gütesiegel wie z. B.<br />
der DIN EN ISO 9001:2000. Nicht unberücksichtigt bleiben<br />
dürfen dabei die Anforderungen der MDK-Anleitung. Der<br />
Aufbau eines Qualitätsmanagement-Handbuchs auf der<br />
Grundlage der Forderungen der Norm sowie des MDK ist<br />
durchaus möglich. Dies sollte unbedingt unter Einbezug der<br />
Mitarbeiter geschehen. Der letzte Schritt der Zertifizierung<br />
muss dabei heute noch nicht unbedingt erfolgen. Qualitätsmanagement<br />
kann auch ohne ein Siegel gelebt werden.<br />
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32<br />
Things to do:<br />
Heute und in Zukunft <strong>erfolgreich</strong>e Unternehmen zeichnen<br />
sich durch ein effizientes Qualitätsmanagement aus.<br />
● Der Qualitätsmanager empfiehlt: »Überzeugen Sie die<br />
oberste Leitung von dem Sinn eines QMS.«<br />
● Der Qualitätsmanager empfiehlt: »Überzeugen Sie die<br />
Mitarbeiter von den Vorteilen eines Qualitätsmanagementsystems.«<br />
● Der Qualitätsmanager empfiehlt: »Starten Sie mit Ihren<br />
Qualitätsbemühungen. Nur wer handelt, kann Erfolge<br />
erzielen.«<br />
Quick-Check<br />
● Was versteht man unter subjektiver Qualität?<br />
● Was versteht man unter objektiver Qualität?<br />
● Was versteht man unter Qualitätssicherung?<br />
● Was versteht man unter Qualitätsmanagement?<br />
● Wie führen Sie ein Qualitätsmanagementsystem in Ihrer<br />
Einrichtung ein?<br />
● Wie sichern Sie langfristig die Bemühungen aller<br />
Mitarbeiter in Richtung guter Qualität?<br />
● Halten Sie eine Zertifizierung für sinnvoll? Diskutieren<br />
Sie Argumente für und gegen eine Zertifizierung.