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Vorläufige deutsche Standards zum begleiteten ... - IFP - Bayern

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IV. <strong>Standards</strong> für Maßnahmeträger der Jugendhilfe24➔ Die mit dem Fall befassten Kräfte des Maßnahmeträgerserfahren nur einen eingeschränkten Teil der Fallgeschichte,was für eine valide Evaluation der Familiensituation nichtausreicht.➔ Begleitpersonen können nur jene Informationen bewerten,die sich aus den <strong>begleiteten</strong> Umgangkontakten ergebenund für deren Einschätzung sie fachlich kompetent sind.➔ Der Hintergrund einer Begutachtung ist mit der Beratungsarbeitunvereinbar, weil mit strategischen Interaktionen derEltern und mit einer Instrumentalisierung der Hilfemaßnahmengerechnet werden muss.➔ Die fachlich gebotene Neutralität des Maßnahmeträgers imVerhältnis zu den Eltern wird dadurch unterwandert.6.2.2 Ladung zur ZeugenanhörungBeschließt das Familiengericht, nähere Auskünfte über die Maßnahmemittels einer Zeugenanhörung der mit dem Fall befasstenBeschäftigten des Maßnahmeträgers zu erhalten, so stellt sich dieRechtslage wie folgt dar:(a) (a) Die als Zeuge geladenen Beschäftigten von Maßnahmeträgernder öffentlichen Jugendhilfe benötigen eine Aussagegenehmigungihres Arbeitgebers, falls sie – auch nach Beendigungder Maßnahme – über Sachverhalte vernommen werden,die ihre berufliche Tätigkeit und damit das Amtsgeheimnisbetreffen (vgl. § 376 ZPO, § 39 BRRG). Die Genehmigungist durch das Gericht einzuholen. Sie ist zu versagen, wenndie Aussagen die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährdenoder erheblich erschweren würde. Gleiche Rechtslagegilt nach einschlägigem Kirchenrecht für Beschäftigte vonMaßnahmeträgern der freien Jugendhilfe, die der Katholischenoder Evangelischen Kirche angehören. Soweit derArbeitsvertrag eine Aussagegenehmigung <strong>zum</strong> Schutz desBetriebsgeheimnisses vorsieht, ist sie auch für die Anhörungvon Zeugen einzuholen, die bei sonstigen Maßnahmeträgernder freien Jugendhilfe beschäftigt sind.(b) Der besondere Vertrauensschutz, der für die Begleit- undBeratungspersonen eine persönliche Schweigepflicht begründet(§ 65 SGB VIII), korrespondiert in der Zivilprozessordnungmit dem Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichenGründen (§ 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO). Wird von diesem Rechtkein Gebrauch gemacht, beseitigt die Zeugnispflicht nur denbesonderen Vertrauensschutz nicht hingegen das Sozialgeheimnis.§ 69 Abs. 1 Nr. 2 SGB X enthält zwar eine Übermittlungsbefugnisfür Zeugenaussagen vor dem Familiengericht,die im Zusammenhang mit der zu erfüllenden Aufgabe stehen.Ist jedoch zu befürchten, dass durch eine Zeugenaussageder Erfolg der zu leistenden Umgangsbegleitung inFrage gestellt werden würde, so ist die Datenübermittlungnach § 64 Abs. 2 SGB VIII unzulässig (= institutionelles Zeugnisverweigerungsrecht).(c) Für die Umsetzung dieser Rechtslage in der Praxis gilt:➔ Im laufenden Hilfeprozess wird die Berufung auf eines derZeugnisverweigerungsrechte der Regelfall sein. Nach Beendigungoder Abbruch der Maßnahme kann die Verweigerungder Aussagegenehmigung nicht mehr auf § 64Abs. 2 SGB VIII gestützt werden, weil diese Vorschrift eineaktuell laufende Maßnahme voraussetzt.➔ Falls es Schutzinteressen des Kindes zu wahren gilt, weilim Rahmen der <strong>begleiteten</strong> Umgangskontakte kindeswohlgefährdendeVorfälle aufgetreten sind, so besteht einePflicht, auch dann als Zeuge auszusagen, wenn nochkeine entsprechende Meldung des Vorfalls erfolgt ist.6.3 Einsatz von Videoaufzeichnungen alsBeweismittel in GerichtsverfahrenWerden die <strong>begleiteten</strong> Umgangskontakte auf Video aufgezeichnet,können die Aufzeichnungen auch als Beweismittel in GerichtsverfahrenBedeutung erlangen. Hierbei sind folgende Fallkonstellationenzu unterscheiden:(a) Der umgangsberechtigte Elternteil kann durch Vorführen ausgewählterVideoaufnahmen, die den positiven Verlauf der<strong>begleiteten</strong> Umgangskontakte dokumentieren, vor demFamiliengericht den Beweis antreten, dass das Kindeswohleine weitere Begleitung der Umgangskontakte nicht mehrbzw. den noch im Raum stehenden Ausschluss des Umgangsrechtnicht erfordert. Ein solcher Beweis durch Augenschein(§ 371 ZPO) kommt vor allem in Betracht in Gerichtsverfahren,in denen die Umgangsbegleitung befristet unddamit vorläufig angeordnet worden ist. Der Antritt diesesBeweises setzt voraus, dass auch der betreuende Elternteilals Sorgeberechtigter mit diesem Vorgehen einverstanden ist.(b) Videoaufnahmen, die Vorfälle einer Kindeswohlgefährdungdurch den umgangsberechtigten Elternteil i.S.d. § 1666 BGBdokumentieren, sind wichtige Beweismittel in Familiengerichtsverfahren,um den Ausschluss des Umgangsrechts herbeizuführen,sowie in anhängigen Strafverfahren, um denNachweis der begangenen Straftat in Fällen zu führen, indenen der umgangsberechtigte Elternteil nicht gewillt und inder Lage ist, sein Verhalten zu ändern:➔ Bei eindeutigem Sachverhalt hat der Maßnahmeträger, vertretendurch die Leitung der Einrichtung, in der die Maßnahmeerbracht wird, von sich aus dem Jugendamtund/oder Familiengericht den Vorfall nicht nur zu melden,sondern zu dessen Nachweis auch die Videobänder auszuhändigen,um den Schutz des Kindes vor weiteren Gefährdungensicherzustellen (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII,§ 203 Abs. 1, § 34 StGB). Die unter 6.1.2 gemachtenAusführungen zur Vornahme der Interessenabwägung geltenentsprechend.➔ Ordnet die Strafverfolgungsbehörde oder das Strafgerichtim Rahmen eines anhängigen Strafverfahrens, das mit dererbrachten Maßnahme in einem unmittelbaren Zusammenhangsteht an, die Videobänder als Beweismittel herauszugeben,weil sie für die Untersuchungen von Bedeutungsein können (§ 94 StPO), so hat der Maßnahmeträgerdiese Datenübermittlung nach § 69 Abs. 1 Nr. 2 SGB X zuveranlassen, wenn dadurch eine Gefährdung des Erfolgsder Maßnahme nicht zu befürchten steht (§ 64 Abs.2SGB VIII). Eine Berufung auf diesen Verweigerungsgrundkommt nur in Betracht, wenn die Maßnahme noch läuftund es aus Sicht des Maßnahmeträgers keine Anhaltspunktefür ein kindeswohlgefährdendes Verhalten gibt.7. Zusammenarbeit mit sonstigen Stellen7.1 Öffnung der <strong>begleiteten</strong> Umgangskontaktefür gerichtlich bestellte VerfahrensbeteiligteGerichtsverfahren, in denen ein begleiteter Umgang vorläufigangeordnet wird, betreffen in der Regel schwierige Fälle, beidenen das Familiengericht im Hinblick auf eine kindgerechteEntscheidungsfindung häufig einen familienpsychologischenGutachter und in § 1666 BGB-Verfahren auch einen Verfahrens-

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