Vorläufige deutsche Standards zum begleiteten ... - IFP - Bayern

Vorläufige deutsche Standards zum begleiteten ... - IFP - Bayern Vorläufige deutsche Standards zum begleiteten ... - IFP - Bayern

12.07.2015 Aufrufe

II. Grundlagen des begleiteten Umgangs3.2 Begleiteter Umgang i.e.S.Primäres Ziel des begleiten Umgangs i.e.S. ist das Ermöglichenvon Eltern-Kind-Kontakten in Situationen, in denen bedingt durchKonflikte auf der Eltern-Ebene eine indirekte Gefährdung desKindes seitens des umgangsberechtigten Elternteils nicht ausgeschlossenwerden kann. Erforderlich ist in der Regel eine flankierendeBeratung aller Familienmitglieder mit dem Ziel, die familiäreBeziehungssituation für das Kind zu verbessern.3.3 Beaufsichtigter UmgangPrimäres Ziel des beaufsichtigten Umgangs ist das Ermöglichenvon Eltern-Kind-Kontakten in Situationen, in denen eine direkteGefährdung des Kindes seitens des umgangsberechtigtenElternteils nicht ausgeschlossen werden kann. Die Begleitpersonist während der Eltern-Kind-Kontakte ständig anwesend undbeobachtet direkt oder indirekt ggf. über Video oder Einwegscheibederen Interaktionen. Der Schutz des Kindes hat absolutePriorität. Interventionen zum Schutz des Kindes erfolgen in ersterLinie auf der Eltern-Kind-Ebene während der Umgangskontakte.Eine flankierende Beratung der Familienmitglieder ist hier stetserforderlich, um Strategien zu entwickeln, die ein kindeswohlgefährdendesVerhalten nicht mehr aufkommen lassen.4. Zusammenwirken der EntscheidungsundMaßnahmeträger unter Beachtung desDatenschutzesSowohl in der Entscheidungsphase als auch in der Vollzugsphaseder Maßnahme des begleiteten Umgangs wirken(a) jene Stellen, die entscheiden, ob ein begleiteter Umgangdurchgeführt und zugleich von der Jugendhilfe finanziert wird,und(b) jene Stellen, die die Maßnahme des begleiteten Umgangs aufder Grundlage dieser Entscheidungen erbringen,im Rahmen der Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben zusammen.Bei dieser Zusammenarbeit steht der fachliche Austausch überdie jeweils betroffene Familie im Vordergrund, wobei die einschlägigenDatenschutzbestimmungen zu beachten sind.Die beteiligten Stellen der Jugendhilfe (Jugendämter, Maßnahmeträger)unterliegen insoweit dem Sozialgeheimnis. Soweit Einrichtungenvon Trägern der freien Jugendhilfe für das Erbringen vonMaßnahmen des begleiteten Umgangs in Anspruch genommenwerden, hat der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sicherzustellen,dass der Schutz der Sozialdaten bei ihrer Erhebung,Verarbeitung und Nutzung in entsprechender Weise gewährleistetist (§ 61 Abs. 4 SGB VIII). Dies sollte im Rahmen einer LeistungsundQualitätsentwicklungsvereinbarung nach § 78b SGB VIII odereiner sonstigen Kooperationsvereinbarung erfolgen.Ein Datenaustausch über die betroffene Familie findet im Einzelnenin folgenden Fällen statt, die in den genannten Abschnitten imEinzelnen dargelegt werden:(a) Mitwirkung des Jugendamts in familiengerichtlichen Verfahren(§ 50 SGB VIII), das in der Regel einen fachlichen Berichtüber die Ergebnisse seiner fallkoordinierenden Arbeiten andas Familiengericht übermittelt (siehe hierzu III, 2.2.1),(b) Abfrage der Mitwirkungsbereitschaft des ausgewähltenDritten im Rahmen der Bestimmung des "mitwirkungsbereitenDritten" (siehe hierzu III, 4),(c) Übermittlung der für die Durchführung der Maßnahme erforderlichenUnterlagen an den Maßnahmeträger (siehe hierzu III, 5),(d) Austausch zwischen der Begleit- und Beratungsperson überdie Familie und fallbezogene Teambesprechungen in der Einrichtungdes Maßnahmeträgers, an denen auch Kollegen teilnehmen,die nicht mit dem Fall befasst sind (siehe hierzu IV,4.3),(e) Information des betreuenden Elternteils über den Verlauf derUmgangskontakte durch mündlichen Bericht oder durchVorführen ausgewählter Videoaufzeichnungen im Rahmen derflankierenden Beratungsarbeit (siehe hierzu IV, 4.2.2),(f) Mitteilungen des Maßnahmeträgers an das Jugendamtund/oder Familiengericht über den Verlauf der Maßnahme(siehe hierzu IV, 6.1),(g) Auskünfte des Maßnahmeträgers an das Familiengericht aufgrundeiner Berichtsanforderung oder Zeugenladung (siehehierzu IV, 6.2),(h) Einsatz von Videoaufzeichnungen als Beweismittel in Gerichtsverfahren(siehe hierzu IV, 6.3),(i) Öffnung der begleiteten Umgangskontakte für gerichtlichbestellte Verfahrensbeteiligte, damit diese ihre Aufgabenwahrnehmen können, durch persönliche Teilnahme oderSichtung von Videoaufzeichnungen (siehe hierzu IV, 7.1),(j) Zusammenarbeit mit anderen Fachdiensten für Kinder undFamilien, insbesondere mit Therapeuten, die z.B. in Fällen desvermuteten oder nachgewiesenen sexuellen Kindesmissbrauchsdas Kind und den Täter zugleich behandeln (siehehierzu IV, 7.2),(k) Fremdevaluation der Maßnahmen (siehe hierzu IV, 9).Maßnahmeträger haben ferner bei folgenden Arbeitsschritten, diebei der Durchführung von Maßnahmen des begleiteten Umgangszu leisten sind, den Sozialdatenschutz zu beachten:(a) Aufzeichnung begleiteter Umgangskontakte auf Video (siehehierzu IV, 4.1.7),(b) Dokumentation des Einzelfalls (siehe hierzu IV, 8).10

III. Standards für Entscheidungsträger1. IndikationenBei der Lösung von Umgangskonflikten hat die elterliche AutonomieVorrang. Soweit die familialen Selbsthilfepotentiale nichtausreichen, ist unter den Hilfeangeboten für Familien in der Regelder Elternberatung nach § 18 Abs. 3 SGB VIII der Vorzug einzuräumen.Erst wenn die Elternberatung keine Erfolge zeitigt oderim Einzelfall nicht ausreichend ist, ist (zugleich) die Begleitung derUmgangskontakte in Erwägung zu ziehen. Stets zu beachten istbei diesem dreistufigen Vorgehen allerdings der Faktor Zeit. Zuvermeiden sind zu lange und damit die Familie belastende Hilfephasen.Daher sollten z.B. in Fällen, in denen bislang noch keinEltern-Kind-Kontakt bestand oder die Eltern-Kind-Kontakte seitlängerer Zeit abgebrochen sind, parallel zur Beratung sobald wiemöglich begleitete Umgangskontakte erfolgen.Die nachfolgenden Ausführungen zu den Indikationen sindvorläufig, weil sie die Ergebnisse der Befragungen der Familienrichterhierzu und der Datenerhebungen im Rahmen der Praxisphasedes BMFSFJ-Forschungsprojekts im IFP noch nicht berücksichtigen.1.1 Indikationen, bei denen i.d.R. eineElternberatung ausreichtBei den nachfolgend genannten Problemstellungen, die in ersterLinie Konflikte zwischen den Eltern betreffen, ist in der Regel beratendeHilfe auf der Eltern-Ebene ausreichend. Zu berücksichtigenist allerdings der Zeitfaktor:(1) fehlende Kooperationsbereitschaft der Eltern(2) vollständiger Abbruch jeglicher Kommunikation zwischen denEltern(3) Einbeziehung des Kindes in den elterlichen Konflikt(4) Differenzen der Eltern über Erziehungsfragen(5) Auseinandersetzungen zwischen den Eltern in den Übergabesituationen(6) Gefahr physischer Gewaltanwendung in Auseinandersetzungenzwischen den Eltern(7) Konflikte wegen Zugehörigkeit eines Elternteils zu einerproblematischen, weltanschaulichen oder religiösen Gemeinschaft(8) Instrumentalisierung des Kindes durch den betreuendenElternteil(9) Gefahr der negativen Beeinflussung des Kindes durch denumgangsberechtigten Elternteil(10) Gefahr der negativen Beeinflussung des Kindes durch Angehörigedes umgangsberechtigten Elternteils (dessen neuenLebenspartner, dessen Eltern oder andere Verwandte)(11) Verweigerung der Herausgabe des Kindes durch den betreuendenElternteil.1.2 Indikationen, die i.d.R. begleiteten Umgang(in einer bestimmten Form) erfordernMaßnahmen des begleiteten Umgangs können insbesondere beiden nachfolgend genannten Problemstellungen in Betracht kommen,soweit diese Intervention im Interesse des Kindes oder dessenausdrücklicher Wunsch ist und/oder im Vorfeld beratendeHilfe für die Eltern zu keinem positiven Ergebnis geführt hat. DieseIndikationen lassen sich wie folgt kategorisieren:(1) Belastungen im Verhältnis zwischen Kind undumgangsberechtigtem Elternteil(a) fehlender Kontakt oder längere Phasen der Kontaktunterbrechung(b) starke Konflikte zwischen Kind und umgangsberechtigtemElternteil(c) Entfremdung des Kindes vom umgangsberechtigten Elternteil(d) Gefahr psychischer Misshandlung des Kindes durch denumgangsberechtigten Elternteil(e) Gefahr körperlicher Misshandlung des Kindes durch denumgangsberechtigten Elternteil(f) Gefahr der Vernachlässigung des Kindes durch den umgangsberechtigtenElternteil(g) Verdacht auf sexuellen Missbrauch des Kindes durch denumgangsberechtigten Elternteil.(2) Problemlagen und besondere Lebensumständebeim umgangsberechtigten Elternteil, sofern darausBelastungen für die Eltern-Kind-Beziehung oder Gefährdungendes Kindeswohls resultieren(a) unzureichende Erziehungskompetenz(b) Unzuverlässigkeit und persönliche Labilität(c) psychische Beeinträchtigung(d) Konflikte wegen der sexuellen Orientierung (z.B. Homosexualität)(e) häufig wechselnde Partner(f) Prostitution(g) Mitgliedschaft in einer Sekte(h) Medikamentenabhängigkeit(i) Alkoholabhängigkeit(j) Abhängigkeit von harten Drogen(k) Obdachlosigkeit(l) Verurteilung wegen schwerer Vermögensdelikte(m) Verurteilung wegen Straftaten gegen Personen(n) Inhaftierung.(3) Probleme bei der Durchführungder Umgangskontakte(a) offenkundige psychische Belastung des Kindes durch denUmgang(b) starke Verhaltensauffälligkeiten beim Kind, die mit demWechsel bzw. der Übergabe von einem Elternteil zum andereneinhergingen(c) Konfrontation des Kindes mit sexuellen Handlungen zwischendem umgangsberechtigten Elternteil und einem Drittenwährend der Umgangskontakte(d) fehlende Gewährleistung der Versorgung des Kindes währendder Umgangskontakte durch den umgangsberechtigtenElternteil(e) fehlende Gewährleistung der Sicherheit des Kindes durch denumgangsberechtigten Elternteil z.B. wegen unzureichenderErziehungskompetenz.11

II. Grundlagen des <strong>begleiteten</strong> Umgangs3.2 Begleiteter Umgang i.e.S.Primäres Ziel des begleiten Umgangs i.e.S. ist das Ermöglichenvon Eltern-Kind-Kontakten in Situationen, in denen bedingt durchKonflikte auf der Eltern-Ebene eine indirekte Gefährdung desKindes seitens des umgangsberechtigten Elternteils nicht ausgeschlossenwerden kann. Erforderlich ist in der Regel eine flankierendeBeratung aller Familienmitglieder mit dem Ziel, die familiäreBeziehungssituation für das Kind zu verbessern.3.3 Beaufsichtigter UmgangPrimäres Ziel des beaufsichtigten Umgangs ist das Ermöglichenvon Eltern-Kind-Kontakten in Situationen, in denen eine direkteGefährdung des Kindes seitens des umgangsberechtigtenElternteils nicht ausgeschlossen werden kann. Die Begleitpersonist während der Eltern-Kind-Kontakte ständig anwesend undbeobachtet direkt oder indirekt ggf. über Video oder Einwegscheibederen Interaktionen. Der Schutz des Kindes hat absolutePriorität. Interventionen <strong>zum</strong> Schutz des Kindes erfolgen in ersterLinie auf der Eltern-Kind-Ebene während der Umgangskontakte.Eine flankierende Beratung der Familienmitglieder ist hier stetserforderlich, um Strategien zu entwickeln, die ein kindeswohlgefährdendesVerhalten nicht mehr aufkommen lassen.4. Zusammenwirken der EntscheidungsundMaßnahmeträger unter Beachtung desDatenschutzesSowohl in der Entscheidungsphase als auch in der Vollzugsphaseder Maßnahme des <strong>begleiteten</strong> Umgangs wirken(a) jene Stellen, die entscheiden, ob ein begleiteter Umgangdurchgeführt und zugleich von der Jugendhilfe finanziert wird,und(b) jene Stellen, die die Maßnahme des <strong>begleiteten</strong> Umgangs aufder Grundlage dieser Entscheidungen erbringen,im Rahmen der Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben zusammen.Bei dieser Zusammenarbeit steht der fachliche Austausch überdie jeweils betroffene Familie im Vordergrund, wobei die einschlägigenDatenschutzbestimmungen zu beachten sind.Die beteiligten Stellen der Jugendhilfe (Jugendämter, Maßnahmeträger)unterliegen insoweit dem Sozialgeheimnis. Soweit Einrichtungenvon Trägern der freien Jugendhilfe für das Erbringen vonMaßnahmen des <strong>begleiteten</strong> Umgangs in Anspruch genommenwerden, hat der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sicherzustellen,dass der Schutz der Sozialdaten bei ihrer Erhebung,Verarbeitung und Nutzung in entsprechender Weise gewährleistetist (§ 61 Abs. 4 SGB VIII). Dies sollte im Rahmen einer LeistungsundQualitätsentwicklungsvereinbarung nach § 78b SGB VIII odereiner sonstigen Kooperationsvereinbarung erfolgen.Ein Datenaustausch über die betroffene Familie findet im Einzelnenin folgenden Fällen statt, die in den genannten Abschnitten imEinzelnen dargelegt werden:(a) Mitwirkung des Jugendamts in familiengerichtlichen Verfahren(§ 50 SGB VIII), das in der Regel einen fachlichen Berichtüber die Ergebnisse seiner fallkoordinierenden Arbeiten andas Familiengericht übermittelt (siehe hierzu III, 2.2.1),(b) Abfrage der Mitwirkungsbereitschaft des ausgewähltenDritten im Rahmen der Bestimmung des "mitwirkungsbereitenDritten" (siehe hierzu III, 4),(c) Übermittlung der für die Durchführung der Maßnahme erforderlichenUnterlagen an den Maßnahmeträger (siehe hierzu III, 5),(d) Austausch zwischen der Begleit- und Beratungsperson überdie Familie und fallbezogene Teambesprechungen in der Einrichtungdes Maßnahmeträgers, an denen auch Kollegen teilnehmen,die nicht mit dem Fall befasst sind (siehe hierzu IV,4.3),(e) Information des betreuenden Elternteils über den Verlauf derUmgangskontakte durch mündlichen Bericht oder durchVorführen ausgewählter Videoaufzeichnungen im Rahmen derflankierenden Beratungsarbeit (siehe hierzu IV, 4.2.2),(f) Mitteilungen des Maßnahmeträgers an das Jugendamtund/oder Familiengericht über den Verlauf der Maßnahme(siehe hierzu IV, 6.1),(g) Auskünfte des Maßnahmeträgers an das Familiengericht aufgrundeiner Berichtsanforderung oder Zeugenladung (siehehierzu IV, 6.2),(h) Einsatz von Videoaufzeichnungen als Beweismittel in Gerichtsverfahren(siehe hierzu IV, 6.3),(i) Öffnung der <strong>begleiteten</strong> Umgangskontakte für gerichtlichbestellte Verfahrensbeteiligte, damit diese ihre Aufgabenwahrnehmen können, durch persönliche Teilnahme oderSichtung von Videoaufzeichnungen (siehe hierzu IV, 7.1),(j) Zusammenarbeit mit anderen Fachdiensten für Kinder undFamilien, insbesondere mit Therapeuten, die z.B. in Fällen desvermuteten oder nachgewiesenen sexuellen Kindesmissbrauchsdas Kind und den Täter zugleich behandeln (siehehierzu IV, 7.2),(k) Fremdevaluation der Maßnahmen (siehe hierzu IV, 9).Maßnahmeträger haben ferner bei folgenden Arbeitsschritten, diebei der Durchführung von Maßnahmen des <strong>begleiteten</strong> Umgangszu leisten sind, den Sozialdatenschutz zu beachten:(a) Aufzeichnung begleiteter Umgangskontakte auf Video (siehehierzu IV, 4.1.7),(b) Dokumentation des Einzelfalls (siehe hierzu IV, 8).10

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