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Phlegmatisch

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<strong>Phlegmatisch</strong><br />

So erkenne ich mich nicht.<br />

Der Morgen zeigt Grießkramgesicht.<br />

Der Spiegel zeigt was ich nicht mag.<br />

Ich trotte planlos durch den Tag.<br />

Dieser Tag kann mich nicht leiden.<br />

Würd alle Menschen lieber meiden.<br />

Lieber in mich selbst verkriechen.<br />

Durch die matte Zeit mich siechen.<br />

Keine Lust was sonst gefällt,<br />

mir das Leben gern erhellt.<br />

Muß mich winden, mich aufraffen,<br />

um es durch den Tag zu schaffen.<br />

Heute bin ich intensiv,<br />

bin phlegmatisch depressiv.<br />

Raffe mich heut nicht mehr auf.<br />

Ich bin einfach ganz mies drauf.


Traumsalat<br />

Groteske Bilder,<br />

drehen wilder,<br />

Seelenfilter.<br />

Und sie flitzen,<br />

und sie sitzen,<br />

in den Ritzen.<br />

Kleine, große,<br />

dubiose,<br />

augenlose,<br />

Fratzen lauern,<br />

hinter Mauern,<br />

zum erschauern.<br />

Traumgeschwirr,<br />

Traumgewirr,<br />

klar und irr.<br />

Schmaler Grat,<br />

keinen Rat,<br />

Traumsalat.<br />

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28<br />

Albtraum<br />

Die Nacht ist ohne Sternenschein,<br />

nur mühsam schlafe ich heut ein.<br />

Entgleite langsam, seelenmatt.<br />

Geh durch die Straßen einer Stadt.<br />

Es ist Nacht, ich habe Zeit.<br />

Da kommt aus der Dunkelheit,<br />

mir entgegen ein fremder Mann,<br />

grüßt und spricht mich sofort an:<br />

„Hoffentlich seid ihr nicht sauer,<br />

wegen gestern, ich bedauer.<br />

Das Angebot war verlockend schön,<br />

doch aus der Kneipe mußt ich gehn.“<br />

Und er nannte seinen Grund,<br />

ein Lächeln umspielte seinen Mund:<br />

„Um einen Gefallen bitt ich dich,<br />

meine Frau wartet oben schon auf mich.<br />

Ich geb dir den Schlüssel. Hilfst du mir ?<br />

So komm ich leichter heim zu ihr.<br />

Du nimmst den Fahrstuhl in diesem Block,<br />

und bist du dann gleich im dritten Stock,<br />

öffnet sich die Tür, wirf den Schlüssel raus.<br />

Ich nehm den Weg durchs Treppenhaus.“


Im Fahrstuhl dann beschleicht es mich.<br />

Das ist ne Falle, sicherlich.<br />

Die Tür, sie öffnet, doch mir ist’s geglückt,<br />

hab schnell den Knopf abwärts gedrückt.<br />

Doch der Schlüssel verkeilt sich in der Tür,<br />

und reißt ihn aus den Händen mir.<br />

Die Fahrt nach unten – Erdgeschoss.<br />

Nur schnell hier weg, die Angst ist groß.<br />

Er stürmt das Treppenhaus hinab.<br />

Ich such den Ausgang, sonst wird es knapp.<br />

Da ist die Tür worauf „Ausgang“ steht,<br />

wohin der Weg zur Freiheit geht.<br />

Ich laufe durch – noch eine Tür.<br />

Der Mann, er läuft dicht hinter mir.<br />

Noch eine Tür – und wieder eine.<br />

Ich renne, zittere und weine.<br />

Noch eine Tür – noch eine Tür,<br />

keinen Ausweg find ich hier.<br />

Ausgang, Ausgang, Ausgang, Aus…<br />

Ich finde keinen Weg hier raus…<br />

Ich werde aus dem Schlaf gerissen.<br />

Schweißnaß sind Laken und das Kissen.<br />

Ich stehe auf, gehe aufs Klo.<br />

War nur ein Traum – Was bin ich froh.<br />

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Träumemeer<br />

Der Regen ist vorüber,<br />

die Erde, sie ist still,<br />

streif mir den Umhang über,<br />

und tue was ich will.<br />

Ein kleiner Moment der Ruhe,<br />

vom Weltenchaos, hin und her,<br />

tu ich was ich gern tue,<br />

ich träume mich ans Träumemeer.<br />

...<br />

Ich geh verstohlen seinen Strand entlang,<br />

vor manchen Träumen ist mir bang,<br />

strecke vorsichtig einen Zeh hinein,<br />

dann Schritt für Schritt, und tauche ein.<br />

Ich laß mich treiben von den Gezeiten,<br />

in des Traummeers tiefen Weiten,<br />

und die Traumflut bricht herein,<br />

als würde sie die Wahrheit sein.<br />

Die vom Realismus erstarrten Glieder,<br />

lockern sich und fühlen wieder.<br />

Mancher Traum der längst verschollen,<br />

ist aus dem Meer hervorgequollen.<br />

Die reale Welt, nur Schattenglanz,<br />

wird surreal, verschwindet ganz.<br />

Ich gleite allein auf Traummeerswogen,<br />

und werde in die Traumwelt hinabgezogen.


...tiefer und tiefer...<br />

... mehr und mehr...<br />

tief hier unten,<br />

im Träumemeer.<br />

Schritt für Schritt, Stück für Stück,<br />

muß ich wieder in die Welt zurück,<br />

aus der ich doch so gern entglitt,<br />

doch ein paar Träume nehm ich mit.<br />

Sie helfen nicht um zu verstehn,<br />

sie helfen nur zu überstehn.<br />

Die Träume behalt ich tief in mir,<br />

hoffe dass ich sie niemals verlier.<br />

Und habe ich einen Moment der Ruhe,<br />

dann tu ich das was ich gern tue.<br />

Ich komme immer wieder her,<br />

und bade mich im Träumemeer.<br />

Fluß der Zeit<br />

Der Fluß der Zeit, er plätschert leise,<br />

unscheinbar von der Quelle her.<br />

Wird lauter, schneller auf seiner Reise,<br />

und endet schließlich fern im Meer.<br />

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32<br />

Er fließt durch Täler, fließt durch Felder,<br />

durch manches Dorf, durch manche Stadt.<br />

Durch ödes Land, durch grüne Wälder,<br />

nimmt mit sich jedes Kalenderblatt.<br />

Er kennt kein Halt, kennt keine Rast,<br />

durch Tag und Nacht, durch Dämmerung.<br />

Fließt durch die Jahre voller Hast,<br />

beständig ist die Veränderung.<br />

Wir mitten drin, er reißt uns mit,<br />

mal ruhiges Wasser, mal Stromschnellen.<br />

Mal Ausflugsfahrt, mal Höllenritt,<br />

oftmals die Angst vor dem Zerschellen.<br />

Ich hab es schon so oft versucht,<br />

und heute ist es mir gelungen,<br />

ich hab den Lauf der Zeit verflucht,<br />

bin durch den Strom ans Land gesprungen.<br />

Ich fand mich am flachen Ufer wieder,<br />

leicht fröstelnd, irritiert und splitternackt.<br />

Der Fluß der Zeit floß an mir vorüber,<br />

hörte sein Rauschen verzerrt und abgehackt.<br />

Seltsam die Luft, seltsam hier außen,<br />

still am Fluß der Zeit zu stehn.<br />

Er fließt mit Donnern und mit Brausen,<br />

konnte die Zeit zerrinnen sehn.


Ich fand einen netten Platz zum setzen,<br />

zum schlendern, zum träumen, unendlich.<br />

Doch ich bemerkte mit Entsetzen,<br />

die Zeit fließt weiter ohne mich.<br />

So floß die Zukunft zur Vergangenheit,<br />

ohne mich am Flussufer vorüber.<br />

Erkenntnis machte sich in mir breit,<br />

versäumte Zeit, sie kommt nicht wieder.<br />

Erst ganz langsam, dann ganz arg,<br />

kroch die Angst in mir empor.<br />

Sie wurde heftig, wurde stark,<br />

was bin ich Mensch doch für ein Tor.<br />

Auch ohne mich zerfließt die Zeit,<br />

und ich erfahre nicht wohin.<br />

Hab mich vom Lauf der Zeit befreit,<br />

und es macht keinen Sinn.<br />

Ich hab mich belogen, hab mich betrogen.<br />

Wohin fließt die Zukunft ? In das Glück ?<br />

Und ich sprang in hohem Bogen,<br />

wieder in den Fluß zurück.<br />

Die Zeit fließt von der Quelle her,<br />

mal Ausflugsfahrt, mal Höllenritt,<br />

und endet schließlich fern im Meer,<br />

ich mittendrin, sie reißt mich mit.<br />

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