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Interview André Gardeja<br />

André<br />

Gardeja<br />

Musik und sein Credo<br />

André startete seine Karriere 1992 im umland<br />

von Berlin. Er veranstaltete eigene Events bis<br />

er seinen ersten Plattenladen „Studio B“ 1997 in<br />

der Nähe von Berlin eröffnete. 2001 schaffte er<br />

dann den großen Wurf nach Berlin und gründete<br />

den Plattenladen „Freizeitglauben“ im Berliner<br />

Bezirk Friedrichshain. Daraus entwickelten<br />

sich gleichermaßen eine Booking-Agentur<br />

und das bis heute ansehnliche Plattenlabel<br />

Freizeitglauben Berlin.<br />

Eigentlich war das Interview bereits vor einem<br />

Jahr geplant, nachdem uns André persönlich<br />

über seinen jährlichen Aufenthalt in Indien<br />

berichtete. Nun wird es an der Zeit mehr über<br />

sein Credo zur Musik und seine Verbundenheit<br />

zu weit entfernten Kulturen zu erfahren. Im Jahre<br />

2008 haben wir André´s Sound folgendermaßen<br />

beschrieben:<br />

„Sein Sound steht für beharrliches Knistern in<br />

den Wogen der digitalen Welt, für organische<br />

Momente in Techno und House und für<br />

entschlossenes understatement auf dem<br />

Dancefloor“.<br />

Daran hat sich auch heute nichts geändert und<br />

wir Glauben dass sich André auf eine festen<br />

Pfad bewegt, der ihn mehr denn je Anerkennung<br />

bringt.<br />

20<br />

Andre, erzähl uns kurz von Deinen Ausflügen<br />

nach Indien und was genau Dich bewegt hat den<br />

indischen Subkontinent zu bereisen?<br />

Indien kam eher überraschend für mich. Als ich das<br />

Geschäft 2007 schliessen musste hatte ich viel mehr<br />

Zeit mich auf eigene Produktionen und Studio Arbeit<br />

zu konzentrieren, natürlich auch mehr Zeit mich mit dem<br />

Plattenlabel zu beschäftigen als zuvor. Dann kam ein<br />

Freund auf mich zu der kurz zuvor gemeinsame deutsche<br />

Freunde in New Delhi besucht hatten und dort auf eine<br />

sehr kleine aber begeisterte elektronische Musikszene<br />

getroffen sind. Diese wollten wir sodann etwas genauer<br />

unter die Lupe nehmen und ich entschloss mich<br />

kurzerhand für meinen ersten längeren Aufenthalt in<br />

Indien, ohne einen Plan gehabt zu haben von Markt und<br />

etwaigen anderen Umständen, die mich dort erwarten<br />

könnten.<br />

Deine Produktionen entstehen auch in Zusammenarbeiten<br />

mit Indischen Künstlern. Gibt es<br />

dabei einen markanten unterschied, wie etwa<br />

in der Herangehensweise der Tonalitäten im<br />

Prozess?<br />

Nein, ganz und gar nicht, man muss sagen das sich<br />

natürlich auch die Inder, die sich mit Musik, vor allem mit<br />

elektronischer Musik beschäftigen, natürlich auch über<br />

Ihren Horizont hinaus an internationalen Acts orientieren<br />

und sehr gut informiert sind, was in Europa oder Amerika<br />

passiert oder sich z.B. an Produktionstechnik weiter<br />

entwickelt. Diesbezüglich hat sich sehr viel getan in den<br />

vergangenen Jahren. Diese Entwicklung bewegt sich<br />

wesentlich schneller in Indien als in Europa. Für mich<br />

fühlte sich der Vorschritt bezüglich der Elektronischen<br />

Musik-Szene in Indien wie beim Anschauen eines Slow<br />

Motion Movies an. Was wir von 1990-2010 gemacht<br />

haben wir dort gerade in 5 Jahren gemacht, natürlich<br />

in einem anderem Rahmen mit anderen Ausweitungen.<br />

Dennoch, Neuerungen im Bereich Softwareentwicklung<br />

landen dort genauso up to date wie hier bei uns im<br />

Email Postfach der Interessenten. Sicher gibt es in<br />

der Traditionellen Indischen Musik Instrumente die uns<br />

fremd erscheinen und sicherlich findet man das eine<br />

oder andere auch in einigen Produktionen wieder, aber<br />

zu behaupten das dies eine andere Herangehensweise<br />

bezüglich der Tonarten zur Folge habe oder gar den<br />

Entstehungsprozess beeinflussen würde, dem kann ich<br />

nicht zustimmen.<br />

Kommen dabei auch indische Musikinstrumente<br />

zum Einsatz?<br />

Ja, natürlich werden Instrumente wie Tablas oder<br />

Flutes eingesetzt aber in den Dancefloor orientierten<br />

Produktionen nicht weniger oder mehr als hierzulande<br />

Strings, sprich Streicher oder sonstige klassische<br />

Instrumente. Die vertrackten und fast verschachtelten<br />

Beats machen da wohl eher den Unterschied aus.<br />

Wir erinnern uns an die Anfangszeiten von Techno<br />

& Co in Deutschland. Seiner zeit gab es mehr<br />

einheitlichen Spirit auf den Tanzflächen. Wie erlebst<br />

Du es derzeit auf indischen Partys als DJ?<br />

Indische Partys sind sehr bunt, die Inder mögen es<br />

generell etwas schneller vom Tempo als wir Europäer,<br />

was sicher an der Traditionellen Tanzmusik liegt, die<br />

in Ihrer Rhythmik und Instrumentierung viel mehr dem<br />

Lateinamerikanischen ähnelt als der Europäischen<br />

Klassischen Tanzmusik. Es macht dennoch sehr viel<br />

Freude dort aufzutreten, denn die Inder sind sehr offen<br />

und Tanzen sehr gerne. Man spürt dort das etwas<br />

passiert, ich meine eine Entwicklung stattfindet, es fühlte<br />

sich für mich in den vergangenen vier Jahren ein wenig<br />

wie 1992 bis 1997 in Berlin an. Man ist sehr freundlich<br />

zueinander und sehr offen für Neues.<br />

Du veröffentlichst passend dazu EPs und Mix-<br />

Compilation von und mit Indischen Künstlern aus<br />

der elektronischen Musik-Szene. Welche genau<br />

sind das und welchen Ausdruck möchtest Du<br />

damit verkörpern?<br />

Ich habe 2009 mit dem indischen Goethe Institut in<br />

New Delhi, der Clubcomission Berlin, sowie der Berlin<br />

Music Week und meinen Freunden eine Compilation<br />

auf Freizeitglauben veröffentlicht. Der Hintergrund<br />

war und ist simpel. Ziel war es, deutsche und Indische<br />

Produzenten und DJs zusammenzubringen, für einen<br />

Austausch an Erfahrungen und das gemeinsame<br />

Arbeiten an verschiedensten Projekten, wie Audio<br />

als auch Visual-oder Grafikdesign. Dadurch sind<br />

Freundschaften entstanden die heute noch existieren.<br />

Acts wie z.B. B.L.O.T., ein Video-Audio Produzententeam<br />

aus Delhi, DJ Hamza ein großartiger Mensch und<br />

Produzent der eher im klassischen House anzusiedeln<br />

ist und gerade durch Europa tourt oder Vipul der dem<br />

progressiven Tech House Englands folgt, junge DJs<br />

wie Sanil Sudan oder Ignatius Camillo, der in der Nähe<br />

von Chapora (Goa) ein kleines alternatives Clubsystem<br />

verfolgt mit Food und Kinderspielhort und das auch<br />

umsetzt, sind nur einige Beispiele von vielen Indern<br />

die sehr kreativ und engagiert arbeiten. Ich wollte<br />

und möchte immer noch damit aufzeigen, dass all die<br />

Vorurteile die gegenüber Indien und der Musikszene<br />

dort mit genauso vielen Gegenbeispielen zu begegnen<br />

sind. Psytrance und Goa war einmal. Acts wie Scsi9,<br />

Pawas und andere haben mittlerweile Ihren Sound dort<br />

so einflussreich verbreitet, dass man sich darauf freuen<br />

darf, was noch so geschehen wird in den kommenden<br />

Jahren.<br />

Wie schwer fiel damals die Entscheidung Berlins<br />

bekanntesten Plattenladen im Bezirk Friedrichshain<br />

zu schließen? War dies wichtig um neue<br />

Wege zu gehen?<br />

Nun, ja das war wichtig, aber auch sehr schwer nach 16<br />

Jahren, für mich persönlich wie für die Entwicklung des<br />

Interview André Gardeja<br />

Labels. Der Markt hat sich massiv verändert zu dieser<br />

Zeit und wir waren etwas zu langsam oder nicht gewillt<br />

uns derart anzupassen. Es hat dennoch, mir und ich<br />

glaube auch dem einen oder anderen Mitarbeiter, mehr<br />

Raum gegeben sich selbst zu verwirklichen. Schauen wir<br />

auf die Karriere eines Dirty Doering zum Beispiel.<br />

Ihr habt weit über 30 Veröffentlichungen zu verzeichnen.<br />

Was erwartet uns im kommenden 13.<br />

Jahr auf dem Label?<br />

Nach dem letzten Release von Jens Bond wird es<br />

als nächstes eine Veröffentlichung von mir geben,<br />

desweiteren steht ein Release meines Freundes Vipul<br />

aus New Delhi an. Außerdem arbeite ich derzeit an<br />

einem Release für ENOUGH!Music, welches Anfang<br />

kommenden Jahres veröffentlicht wird, wie auch<br />

an einem für Ministate. Mit Enough!Music verbindet<br />

mich und das Label eine schon lange Freundschaft,<br />

musikalisch wie auch persönlich. Ich veranstalte jeden<br />

2ten Monat mit Danilo Schneider und Eveline Fink in der<br />

„Fiesere Miese“ einen Label-Abend. Der nächste findet<br />

übrigens am 17.November statt.<br />

Gibt es einen bestimmten Glauben oder ein<br />

Statement, welches Du los werden möchtest?<br />

„Tadele nicht den Fluss, wenn Du ins Wasser fällst.“<br />

Zu viele Menschen versuchen Schuldigkeit bei anderen<br />

zu suchen, dies habe ich in Indien gelernt, wir sind für<br />

alles was wir tun selbst verantwortlich.<br />

Vielen Dank André für Deine offenen Worte und<br />

weiterhin viel Erfolg.<br />

Interview by: SM<br />

Credits:<br />

Webseite: www.freizeitglauben.com<br />

Booking-Agentur: www.confidance-booking.com<br />

Aktuelle EP: Andre Gardeja - At Last –<br />

Freizeitglaube030<br />

Kommende EP: Andre Gardeja - December -<br />

Freizeitglauben032<br />

Soundcloud: http://soundcloud.com/andre-gardeja<br />

Facebook: https://www.facebook.com/pages/Andre-<br />

Gardeja/239671989408775<br />

Podcast: http://www.mixcloud.com/andre-gardeja/<br />

Resident Advisor: www.residentadvisor.net/profile/<br />

andregardeja<br />

Nächste Dates:<br />

17.11.2012 Fiesere Miese – Berlin<br />

15.12.2012 Club Der Visionäre - Berlin<br />

21

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