Atmosphäre und Gebirge – - DMG
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promet, Jahrg. 32, Nr. 1/2, 2006 J. Rapp: Starkschneefälle in Frankfurt/Main<br />
verdriftet, wobei es sich gleichzeitig abschwächte. Insgesamt<br />
hatte dieses mesoskalige Phänomen eine Lebensdauer<br />
von r<strong>und</strong> fünf St<strong>und</strong>en.<br />
Mit Einsetzen der Starkschneefälle drehte der Wind<br />
im Osten Frankfurts von Nord (360°) auf Südsüdwest<br />
(200°), im Westen der Stadt dagegen von Nord auf<br />
West (260°; Messwerte der Hessischen Landesanstalt<br />
für Umwelt <strong>und</strong> Geologie, HLUG 2005). Zusammen<br />
mit den nachmittags am Flughafen (im Südwesten),<br />
auf dem Kleinen Feldberg/Taunus (im Nordwesten)<br />
<strong>und</strong> in Hanau (im Osten des Rhein-Main-Gebiets gelegenen<br />
Stationen) registrierten Windrichtungen wurde<br />
eine zwar nur schwache, aber offensichtlich konvergente,<br />
zur Stadt bzw. zum Schneefallgebiet hin gerichtete<br />
Luftströmung erkennbar.<br />
4 Interpretationsversuch<br />
Ganz allgemein sind niederschlagsverändernde Faktoren<br />
durch Stadtgebiete nach SCHÜTZ (1996) im Wesentlichen:<br />
• die Beeinflussung der Wolkendynamik durch den<br />
Wärmeinseleffekt <strong>und</strong> die städtische Oberflächenrauigkeit,<br />
• Eingriffe in wolkenphysikalische Prozesse durch<br />
Partikelemission aus verschiedenen Quellen <strong>und</strong><br />
• die Modifizierung der Grenzschichtprozesse durch<br />
rauhigkeitsbedingte Tropfenablenkung im bodennahen<br />
Windfeld.<br />
Der angesprochene Wärmeinseleffekt, der vermutlich<br />
ein wichtiger Gr<strong>und</strong> für die Auslösung der Niederschläge<br />
war, ist in den vorliegenden Messdaten gut auszumachen.<br />
Mit Beginn der Starkschneefälle lag die bodennahe<br />
Temperatur im Stadtbereich von Frankfurt<br />
noch r<strong>und</strong> 1 K über der Umlandtemperatur, während<br />
sie sich im weiteren Verlauf den Temperaturverhältnissen<br />
im übrigen Rhein-Main-Gebiet annäherte (Tab. 1).<br />
Diese Temperaturerhöhung führte zu einer zusätzlichen<br />
Labilisierung der unteren <strong>Atmosphäre</strong>. Sie war<br />
vermutlich groß genug, konvektive Niederschlagsbildung<br />
in Gang zu bringen, solange die Temperatur in<br />
der mittleren Troposphäre (500 hPa, siehe oben) niedrig<br />
genug <strong>und</strong> genügend Feuchte vorhanden war. Für<br />
die Niederschlagsentstehung können daneben natürlich<br />
auch wolkenphysikalische Prozesse bzw. modifizierte<br />
Grenzschichtprozesse nicht ausgeschlossen werden.<br />
Eine signifikante, tief liegende Inversion lag je-<br />
UTC 12 13 14 15 16<br />
Frankfurt-Höchst<br />
- Wiesbaden Süd 0,6 0,7 1,1 0,3 0,2<br />
Frankfurt-Ost<br />
- Riedstadt 1,1 0,9 1,2 0,3 -0,8<br />
Tab. 1: Differenz der Lufttemperatur in °C am 23.02.2005 zwischen<br />
Frankfurter Stadt- <strong>und</strong> Umland-Messstationen<br />
(Daten: HLUG, 2005).<br />
89<br />
doch nicht vor (siehe Radiosondenaufstieg in Abb. 5a<br />
<strong>und</strong> b); Industrieschneefall (siehe HARLFINGER et<br />
al. 2000) war es daher nicht. Auch ein möglicher Effekt<br />
durch ein mesoskaliges Tief im Lee des Taunus ist<br />
wegen der generell schwachen Strömungsdynamik,<br />
aber auch aufgr<strong>und</strong> der gemessenen Luftdruckwerte<br />
(HLUG-Messnetz) eher unwahrscheinlich.<br />
Neben dem Wärmeinseleffekt lieferte die dargestellte<br />
großräumig-synoptische Konstellation die notwendigen<br />
Voraussetzungen für die Bildung von konvektiv initiierten<br />
Starkschneefällen:<br />
• Höhenkalte Luft im Bereich eines über Deutschland<br />
befindlichen Höhentiefs, die zu einer Labilisierung<br />
der entsprechenden Luftschicht führte, die jedoch<br />
allein noch nicht ausreichte, um Niederschlagsprozesse<br />
zu initiieren.<br />
• Zufuhr ausreichender Feuchte in der entscheidenden,<br />
niederschlagsbildenden Luftschicht (etwa 1 bis 3<br />
Kilometer Höhe). Die Radiosondenaufstiege von 12<br />
<strong>und</strong> 18 UTC der Station Idar-Oberstein zeigen eine<br />
Feuchtezunahme in 1 bis 2 km Höhe (Abb. 5a <strong>und</strong> b).<br />
• Schwacher Boden- <strong>und</strong> Höhenwind, um Quasistationarität<br />
<strong>und</strong> damit räumliche Konzentration des<br />
Niederschlagsprozesses zu gewährleisten.<br />
(a)<br />
(b)<br />
Abb. 5: Radiosondenaufstiege von Idar-Oberstein vom<br />
23.02.2005, (a) 12 UTC <strong>und</strong> (b) 18 UTC.