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Atmosphäre und Gebirge – - DMG

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promet, Jahrg. 32, Nr. 1/2, 61-67 (März 2006)<br />

© Deutscher Wetterdienst 2006<br />

9<br />

1 Einleitung<br />

C. FREI, J. SCHMIDLI<br />

Das Niederschlagsklima der Alpen: Wo sich Extreme<br />

nahe kommen<br />

The precipitation climate of the Alps: Where extremes come close<br />

Zusammenfassung<br />

Die komplexen Einflüsse der Topographie hinterlassen in den Alpen einen vielfältigen Charakter im Niederschlagsklima.<br />

Hier treffen sich extreme Bedingungen über kurze Distanzen. Wir illustrieren diese Vielfalt mit<br />

Analysen von Daten der operationellen Niederschlagsmessnetze der Alpenländer. Der mittlere Niederschlag<br />

<strong>und</strong> die Häufigkeit von Starkniederschlägen <strong>und</strong> Trockenperioden weisen markante mesoskalige Strukturen auf,<br />

die mit dem hier angewendeten gesamtalpinen Blickwinkel gut sichtbar werden. Rekonstruktionen <strong>und</strong> Trendanalysen<br />

zeigen zudem, dass sich gewisse Größen des alpinen Niederschlagsklimas im Verlauf des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

markant verändert haben.<br />

Abstract<br />

The complex influence of topography results in a highly diverse character of the Alpine precipitation climate.<br />

Different extremes are met over short distances. Here we illustrate the manifold patterns by means of analyses<br />

of data from operational precipitation (rain gauge) networks of Alpine countries. Mean precipitation and the frequency<br />

of heavy precipitation and dry spells exhibit pronounced mesoscale structures, which become particularly<br />

evident with the Alpine-wide viewpoint. Moreover, reconstructions and trend analyses show that certain characteristics<br />

of the Alpine precipitation climate have <strong>und</strong>ergone remarkable changes during the 20 th century.<br />

In kontinentalskaligen Klimakarten des Niederschlags<br />

erscheinen die Alpen als „Halbmond“ mit Jahresniederschlagsmengen,<br />

die mehr als doppelt so groß sind<br />

wie im umgebenden Flachland. Die Alpen werden deshalb<br />

oft als „Wasserschloss Mitteleuropas“ bezeichnet.<br />

Tatsächlich sind sie die Quellregion von vier großen<br />

Flusssystemen, die alle einen überproportionalen Abflussbeitrag<br />

aus den Alpen bekommen. An der Mündung<br />

des Rheins zum Beispiel stammen etwa 44 % des<br />

langjährigen mittleren Abflusses aus den Alpen, einem<br />

Gebiet, das nur 15 % der Einzugsgebietsfläche ausmacht<br />

(VIVIROLI <strong>und</strong> WEINGARTNER 2004). Das<br />

Wasserschloss Alpen trägt damit überregional zur Sicherung<br />

von Wasserressourcen bei. Zudem wirken seine<br />

hochgelegenen Schneefelder <strong>und</strong> Gletscher als temporäre<br />

Wasserspeicher, die die jahreszeitlichen Variationen<br />

im Abfluss der Flusssysteme ausgleichen.<br />

Aber die Sicht der Alpen als verlässlichen Wasserspender<br />

greift zu kurz für eine Beschreibung ihrer hydrologischen<br />

<strong>und</strong> klimatologischen Vielfalt. Man trifft nicht<br />

nur große mittlere Niederschlagsmengen an, vielmehr<br />

treffen sich hier die Extreme. Im Jungfraumassiv in der<br />

Schweiz, zum Beispiel, werden im Mittel mehr als<br />

4000 mm Jahresniederschlag gemessen, während Brig<br />

im Wallis nur 750 mm aufweist. Eine Distanz von weniger<br />

als 30 km umspannt hier das Spektrum zwischen<br />

der Westküste von Schottland <strong>und</strong> dem Peloponnes.<br />

Dazu kommt eine besonders große Häufigkeit von<br />

Starkniederschlägen, die sich in den letzten Jahren in<br />

einer Reihe schadenreicher Überschwemmungsereignisse<br />

manifestiert hat (Vaison-la-Romaine 1992; Brig<br />

1993; Piemont 1994; Aare, Rhein, Donau 1999; Wallis,<br />

Tessin, Aostatal 2000, Zentralschweiz, Arlberg <strong>und</strong><br />

Bayern 2005, usw.). Viele dieser Ereignisse haben sich<br />

in bekanntermaßen sonnenreichen Gegenden entlang<br />

dem Alpensüdrand zugetragen. Dies ist nur scheinbar<br />

ein Widerspruch.<br />

Die Vielfalt des alpinen Klimas ist ein Abbild der komplexen<br />

Wettersysteme <strong>und</strong> Niederschlagsprozesse in<br />

dieser Gegend (siehe z. B. SCHÄR et al. 1998). Sie ist<br />

mitverantwortlich für die landschaftliche <strong>und</strong> die ökologische<br />

Vielfalt der Alpen, aber sie stellt auch eine<br />

Randbedingung dar für die Nutzung dieses Gebiets als<br />

Lebens- <strong>und</strong> Wirtschaftsraum.<br />

Dieser Artikel illustriert die Vielfalt des alpinen<br />

Niederschlagsklimas anhand von verschiedenen Analysen<br />

aus den Daten der operationellen Pluviometer-<br />

Messnetze im Alpenraum. Unser Blick auf den gesamten<br />

Alpenraum macht interessante mesoskalige Strukturen<br />

sichtbar, die aus den verschiedenen nationalen<br />

Klimatologien allein nur schwer erkennbar sind. Die<br />

Analysen umfassen verschiedene Klimagrößen vom<br />

mittleren Niederschlag bis zur Häufigkeit von Starkniederschlägen<br />

<strong>und</strong> Trockenperioden. Am Ende des<br />

Artikels werden wir schließlich die im Alpenraum beobachteten<br />

Veränderungen des Niederschlags im<br />

20. Jahrh<strong>und</strong>ert diskutieren.<br />

61

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