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Atmosphäre und Gebirge – - DMG

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promet, Jahrg. 32, Nr. 1/2, 2006 C. Kottmeier, F. Fiedler: Vertikaler Austausch über Mittelgebirgen<br />

27<br />

Hinzu kommen aber Phänomene, die durch Kanalisierung<br />

in Längstälern <strong>und</strong> der Beschleunigung der Strömung<br />

bei Querschnittsverengung wie beispielsweise<br />

über Sattellagen zwischen zwei Bergen geprägt sind.<br />

Die Querüberströmung von Tälern unterschiedlicher<br />

Geometrie kann sowohl talparallele Winde (WIPPER-<br />

MANN 1984) wie auch Querzirkulationen hervorrufen.<br />

Ist die Grenzschichtströmung durch eine Inversionsschicht<br />

in der Höhe h i nach oben begrenzt, wirken<br />

sich die Hindernisse vor allem in der Grenzschicht<br />

selbst aus <strong>und</strong> der vertikale Austausch ist höhenmäßig<br />

durch h i begrenzt. Anstelle der Berghöhe H kann jetzt<br />

die Schichtdicke der Strömung bis zur Inversionshöhe<br />

als charakteristisches Längenmass in die Froudezahl<br />

eingesetzt werden. Ähnlich wie bei einer Wasserströmung<br />

mit geringer Dicke kommt es zu den Strömungszuständen<br />

fließender Strömung (Anströmfroudezahl<br />

Fr an = U / (N (h i - H)) > 1). Große Froudezahlen Fr an bewirken<br />

eine gleichmäßige Überströmung mit annähernd symmetrischem<br />

Stromlinienbild ohne Bildung von Schwerewellen.<br />

Bei luvseitigen Froudezahlen Fr an < 1 wird<br />

die Strömung stromab des Gipfels beim Übergang<br />

vom unterkritischen zum überkritischen Zustand stark<br />

beschleunigt <strong>und</strong> schießt mit hoher Geschwindigkeit<br />

(Fr > 1) in geringer Schichtdicke bis zu einem stromab<br />

gelegenen hydraulischen Sprung. Hier erfolgt abrupt<br />

eine Zunahme der Schichtdicke <strong>und</strong> Abnahme der Geschwindigkeit<br />

<strong>und</strong> damit ein Übergang in den unterkritischen<br />

Zustand. Sehr flache Grenzschichten<br />

(h i < H) sind mit Hindernisumströmung <strong>und</strong> Ausbildung<br />

von ablösenden Wirbeln auf der Leeseite verb<strong>und</strong>en.<br />

Die Bedeutung der Froudezahl für den Strömungszustand<br />

hat, wie KUNZ <strong>und</strong> KOTTMEIER (2006) zeigen<br />

konnten, auch für die orografisch beeinflusste<br />

Niederschlagsbildung bei der Bergüberströmung einen<br />

wichtigen Einfluss. Für niedrige Froudezahlen Fr ≈ 1<br />

ist demnach aufgr<strong>und</strong> der dominierenden Bergumströmung<br />

die orografisch bedingte Niederschlagszunahme<br />

erheblich geringer als im Fall hoher Froudezahlen. Da<br />

Niederschlag ebenfalls mit einer vertikalen Umverteilung<br />

von Wasser in verschiedenen Phasen verb<strong>und</strong>en<br />

ist, folgt hieraus ein weiterer Mechanismus des vertikalen<br />

Austauschs mit deutlichen Unterschieden zu<br />

ebenem Gelände.<br />

3 Konvektiver Austausch<br />

Konvektiver Austausch ist im allgemeinen deutlich effizienter<br />

als dynamischer Austausch <strong>und</strong> erstreckt sich<br />

bei Wolkenbildung <strong>und</strong> insbesondere hochreichender<br />

Konvektion auch bis in die mittlere <strong>und</strong> obere Troposphäre.<br />

Für die Entwicklung von Konvektion <strong>und</strong> konvektiven<br />

Niederschlägen sind drei wesentliche Voraussetzungen<br />

notwendig: ein Auslöseprozess durch Erhitzung der<br />

Erdoberfläche oder Hebung der entsprechenden Luftmasse,<br />

eine ausreichende Feuchte in der <strong>Atmosphäre</strong><br />

<strong>und</strong> eine Dichteschichtung in der freien <strong>Atmosphäre</strong>,<br />

welche die Hebung bis in ausreichende Höhen zulässt.<br />

Die Bereitstellung der Feuchte <strong>und</strong> die Hebung von<br />

Luftmassen erfolgt sowohl durch synoptische Systeme<br />

mit einer Ausdehnung von d ≈ 1000 km, durch regionale<br />

Systeme (d ≈ 50 km) als auch durch kleinräumige<br />

Austauschvorgänge auf der Skala von nur einigen Kilometern.<br />

Den regionalen <strong>und</strong> lokalen Systemen<br />

kommt bei konvektiven Wetterlagen häufig eine<br />

Schlüsselrolle zu, da durch sie die Konvektion nur an<br />

bestimmten Stellen ausgelöst wird, auch wenn die<br />

großräumigen Bedingungen für eine Konvektionsentwicklung<br />

weitgehend ähnlich sind.<br />

Wichtig für die Auslösung, die zeitliche Entwicklung<br />

<strong>und</strong> die Intensität der regionalen Systeme ist es, wie<br />

sich die verfügbare Strahlungsenergie am Erdboden<br />

auf den fühlbaren bzw. latenten Wärmestrom verteilt.<br />

Ersterer führt zu einer Erhöhung der Lufttemperatur,<br />

der zweite zu einer Erhöhung der Feuchte in der <strong>Atmosphäre</strong>.<br />

Die Aufteilung der Strahlungsenergie<br />

wiederum hängt von den Erdboden- <strong>und</strong> Oberflächeneigenschaften<br />

ab. Regionale, thermisch induzierte<br />

Windsysteme entstehen besonders in Verbindung mit<br />

der Orografie. Dabei kommt es häufig über den Bergrücken<br />

zu Konvergenz mit starken Aufwinden <strong>und</strong> zur<br />

Auslösung von Konvektion.<br />

Zwei umfangreiche Messprogramme, die sich u. a. mit<br />

dem konvektiven Vertikaltransport über Mittelgebirgen<br />

befassten, waren die Vorhaben ESCOMPTE (Expérience<br />

sur site pour contraindre les modèles de pollution<br />

atmosphérique et de transport d' émissions;<br />

CROS et al. 2004) <strong>und</strong> VERTIKATOR (Vertikaler<br />

Austausch <strong>und</strong> Orografie im <strong>Atmosphäre</strong>nforschungsprogramm<br />

des BMBF AFO 2000; FIEDLER et al.<br />

2005). Beide Projekte gaben die Möglichkeit, den konvektiven<br />

Vertikaltransport durch boden- <strong>und</strong> flugzeuggestützte<br />

Messungen detailliert zu untersuchen.<br />

3.1 Konvektiver Austausch von Spurenstoffen über<br />

Mittelgebirgen bei ESCOMPTE 2001<br />

Das unter französischer Koordination durchgeführte<br />

Forschungsvorhaben ESCOMPTE diente der Gewinnung<br />

eines geeigneten Datensatzes zur Überprüfung<br />

<strong>und</strong> Verbesserung von Modellen, mit denen der Transport<br />

<strong>und</strong> die chemischen Umwandlungen von Luftschadstoffen<br />

über komplexer Orografie in Küstenregionen<br />

realistisch dargestellt werden können. Es war<br />

Ziel des Programms, die dreidimensionalen Verteilungen<br />

atmosphärischer <strong>und</strong> chemischer Größen sowie<br />

deren zeitliche Variationen zu erfassen. Das Messprogramm<br />

fand unter Beteiligung des Instituts für Meteorologie<br />

<strong>und</strong> Klimaforschung (IMK) Karlsruhe im Juni<br />

<strong>und</strong> Juli 2001 im Großraum Marseille statt. In diesem<br />

Gebiet treten in den Sommermonaten regelmäßig Si-

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