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Atmosphäre und Gebirge – - DMG

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3.1 Zeitliche Entwicklung der Einschnittströmung<br />

Wie kommt es eigentlich zu einer schnellen Strömung<br />

durch einen Einschnitt? Einmal, wenn zwei verschiedene<br />

Luftmassen auf beiden Seiten des <strong>Gebirge</strong>s liegen,<br />

so dass hydrostatisch bedingt ein Druckunterschied<br />

entsteht bzw. die Isentropen auf der einen Seite<br />

einen Kaltluftdom bilden <strong>und</strong> auf der anderen eine<br />

Warmluft„schüssel“. Ein Druckgradient ist auch dann<br />

vorhanden, wenn die synoptische (geostrophische)<br />

Strömung parallel zum <strong>Gebirge</strong> weht (im Fall der<br />

Brennersenke also aus Westen kommt). Da das <strong>Gebirge</strong><br />

aber diese geostrophische Strömung modifiziert,<br />

kann je nach Gebirgsform <strong>und</strong> Lage des Einschnitts,<br />

der mesokalige Druckgradient ganz anders ausschauen<br />

(ZÄNGL 2002). Und natürlich kommt es zu einer<br />

Einschnittströmung bei einer Anströmung auf das <strong>Gebirge</strong><br />

in Richtung des Einschnitts.<br />

Die typische synoptische Abfolge für die Strömung<br />

durch die Brennersenke ist, dass zuerst eine Kaltfront<br />

vom Norden der Alpen über <strong>und</strong> um diese herum auf<br />

die Südseite gelangt, so dass auf der Nord- <strong>und</strong> Südseite<br />

Kaltluft liegt. Um den nachfolgenden Keil herum<br />

<strong>und</strong> auf der Vorderseite des nächsten Troges wird (relativ)<br />

warme Luft an der Westseite der Alpen vorbei<br />

nach Nordosten geführt, während auf der Südseite (in<br />

der Poebene) immer noch die Kaltluft liegt. Der<br />

hydrostatisch bedingte Druckunterschied reicht aus,<br />

um eine Strömung durch die Brennersenke in Gang zu<br />

setzen, während oberhalb des Alpenhauptkamms die<br />

Strömung noch nicht auf Süd, sondern ungefähr parallel<br />

zu den Alpen weht. Dieses Stadium wird als „seichter<br />

Föhn“ bezeichnet, wie Abb. 2-1 für das Beispiel des<br />

20. Oktobers 1999 zeigt. Erst wenn sich der Trog weiter<br />

annähert, reicht die Queranströmung über den Kamm<br />

bis in größere Höhen <strong>und</strong> die Luft fließt nicht mehr<br />

nur durch die Alpenpässe, sondern auch über den<br />

Hauptkamm nach Norden: „hochreichender“ Föhn<br />

(vgl. 21. Oktober in Abb. 2-1).<br />

3.2 Objektive Vorhersage<br />

G. Mayr, A. Gohm: Schnelle Strömungen durch Gebirgseinschnitte<br />

Örtliche, mit dem Phänomen vertraute Meteorologen<br />

liefern gute subjektive Vorhersagen. Eine objektive<br />

Vorhersage ist schwieriger, weil für globale Vorhersagemodelle<br />

ein Einschnitt wie die Brennersenke subskalig<br />

ist. Dabei ist zu bedenken, dass selbst in Regionalmodellen<br />

(typische Maschenweite 10 km) die Topographie<br />

nur unzureichend aufgelöst ist. In der Modelltopographie<br />

gibt es oft nicht einmal eine Andeutung<br />

eines solchen Einschnitts. Die direkte Verwendung des<br />

Modellwindes vom nächstgelegenen Gitterpunkt muss<br />

also nicht aussagekräftig sein (<strong>und</strong> ist öfters so gar entgegen<br />

gerichtet). Die objektive Vorhersage könnte<br />

klassisch über Model Output Statistics (MOS) gemacht<br />

werden. Ein reizvoller alternativer Weg ist, sich<br />

die zugr<strong>und</strong>e liegenden Mechanismen zunutze zu machen:<br />

Die Asymmetrie der Strömung (dick <strong>und</strong> lang-<br />

promet, Jahrg. 32, Nr. 1/2, 2006<br />

Abb. 2-6: Bedingte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von<br />

Föhn am Wipptalboden aus einer 48stündigen Vorhersage<br />

des ECMWF T511 Modells in Abhängigkeit<br />

von der Differenz des reduzierten Drucks zwischen<br />

dem jeweils ersten Gitterpunkt südlich <strong>und</strong> nördlich<br />

des Modellhauptkamms <strong>und</strong> der potentiellen Temperaturänderung<br />

entlang einer etwa 300 m über dem<br />

Modellgebirge gelegenen Modellfläche vom Hauptkamm<br />

bis zum ersten nördlichen Gitterpunkt. Die horizontale<br />

Maschenweite ist etwa 40 km.<br />

sam im Luv, schnell <strong>und</strong> dünner im Lee) bedeutet, dass<br />

die Isentropen in der (Föhn)schicht absteigen <strong>und</strong> dass<br />

hoher Druck im Luv <strong>und</strong> niedrigerer im Lee herrscht.<br />

Durch die Berechnung bedingter Häufigkeitsverteilung<br />

des Druckunterschiedes zwischen den beiden Seiten<br />

des Modellgebirges <strong>und</strong> des Absinkens der Isentropen<br />

vom Modellhauptkamm zum ersten leeseitigen<br />

Gitterpunkt bei Föhn für einen mehrjährigen Datensatz<br />

können nun probabilistische Föhnvorhersagen<br />

(Abb. 2-6) für das Wipptal gemacht werden (DRECH-<br />

SEL <strong>und</strong> MAYR 2005). Bei einem Druckunterschied<br />

von über 3 hPa zum Beispiel ist eine Einschnittströmung<br />

sehr wahrscheinlich. Aber auch bei geringeren<br />

Druckdifferenzen kann eine Einschnittströmung vorhergesagt<br />

werden, wenn die Isentropen im Modell entsprechend<br />

stark absinken. Durch die bedingten Häufigkeiten<br />

ist der Meteorologe imstande nicht nur eine<br />

Ja/Nein-Aussage zu machen, sondern eine Eintrittswahrscheinlichkeit<br />

anzugeben.<br />

Für eine direkte Vorhersage der Einschnittströmungen<br />

muss sich noch die horizontale <strong>und</strong> vertikale Auflösung<br />

der operationellen Vorhersagemodelle verfeinern<br />

<strong>und</strong> Parameterisierungen <strong>und</strong> die Initialisierung muss<br />

verbessert werden. Forschungsmodelle wie z. B. MM5<br />

mit Gittermaschenweiten unter 1 km waren in Kombination<br />

mit den Feldmessdaten essentiell zum Verständnis<br />

von Einschnittströmungen (z. B. ZÄNGL<br />

2003, GOHM et al. 2004). Die Beobachtungen während<br />

MAP waren detailliert genug, um zu zeigen, dass<br />

solch feinskalige Simulationen viele Details korrekt<br />

wiedergeben, aber nicht perfekt sind. Nicht gut erfasst<br />

wurde die Inversion, welche die Föhnströmung nach

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