30.11.2012 Aufrufe

Atmosphäre und Gebirge – - DMG

Atmosphäre und Gebirge – - DMG

Atmosphäre und Gebirge – - DMG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

promet, Jahrg. 32, Nr. 1/2, 2006 G. Mayr, A. Gohm: Schnelle Strömungen durch Gebirgseinschnitte<br />

13<br />

Kontrollpunkt Brennereinschnitt mit einer Höhe von<br />

2100 m NN liegt die Inversion dann in 2100 m + 2/3<br />

(2700<strong>–</strong>2100) m = 2500 m NN. Da die Geschwindigkeit<br />

dort gleich der Phasengeschwindigkeit sein muss, können<br />

wir Gl. (1) mit h=600 m <strong>und</strong> ∆�=3 K, � 0= 300 K benutzen<br />

<strong>und</strong> erhalten für die Geschwindigkeit am Brennerkamm<br />

knapp 8 m/s.<br />

Schießt die Strömung überkritisch leeseitig des Einschnitts<br />

hinunter, beschleunigt sie weiter <strong>und</strong> wird dünner.<br />

Der reduzierte Bodendruck entlang der Strömung<br />

wird geringer. Ein Übergang zurück in einen unterkritischen<br />

Zustand erfolgt abrupt <strong>und</strong> turbulent in einem<br />

„hydraulischen Sprung“, wodurch die Strömung wieder<br />

dicker <strong>und</strong> langsamer wird. Wo der Sprung liegt, hängt<br />

ab von der Luftmasse im Lee, den topographischen Eigenheiten<br />

<strong>und</strong> Details der Strömung selbst. Das Konzept<br />

des hydraulischen Sprungs kommt aus der Fluiddynamik.<br />

Das Analogon dazu in einer stabil geschichteten<br />

<strong>Atmosphäre</strong> möchten wir im weiteren als „<strong>Atmosphäre</strong>nsprung“<br />

bezeichnen, mit den Identifikationsmerkmalen<br />

einer abrupten Verdickung <strong>und</strong> Verlangsamung<br />

der Schicht, eines Anstiegs des reduzierten Bodendrucks,<br />

von Turbulenz <strong>und</strong> (bei ausreichender<br />

Feuchte) Wolkenbänken, die sich vor allem an der<br />

Unterseite <strong>und</strong> der stromaufwärtigen Seite rasch ändern.<br />

Abb. 2-2: (a) Vertikalschnitt entlang des tiefsten Teils der Brennersenke mit Isentropen<br />

(ausgezogen in 2 K Abstand), Nordkomponente des Horizontalwindes (schattiert;<br />

siehe Balken <strong>und</strong> 2,5 m/s Isotache strichliert, Höhe der Autobahn (fett<br />

strichliert), Föhnmauer (weiße Wellenlinie) <strong>und</strong> der mittleren Topographie<br />

über die Wipptalbreite (fett ausgezogen). (b) Potentieller Temperaturverlauf<br />

aus der Automessung entlang der Autobahn <strong>und</strong> (c) der reduzierte Druck.<br />

Beispiel<br />

Die hydraulische Theorie kann selbst beim Verständnis<br />

einer komplexen Strömungssituation helfen. Messungen<br />

eines Forschungsflugzeugs, von Radiosonden an<br />

drei Standorten, eines instrumentierten Autos, eines<br />

Doppler-Sodars <strong>und</strong> mehrerer automatische Wetterstationen<br />

sind in Abb. 2-2 zu einem Querschnitt entlang<br />

der Wipptalachse vereint. Die stromaufwärtige<br />

Luft unterhalb der Höhe des breiten Einschnitts<br />

strömt nicht auf die andere Seite. Die Luft darüber<br />

steigt ins Lee hinab: etwa 5 km stromabwärts des Passes<br />

erreicht Luft vom oberen Einschnitt erstmals den<br />

Talboden. Die Automessungen zeigen, dass die potentielle<br />

Temperatur innerhalb eines Kilometers um nahezu<br />

3 K steigt. Durch das Absinken löst sich die Stratocumulusbewölkung<br />

auf. Vom Lee zum Luv hin schauend<br />

ist eine „Föhnmauer“ sichtbar.<br />

Die stabile Grenzfläche zwischen der Einschnittströmung<br />

<strong>und</strong> der darüber liegenden <strong>Atmosphäre</strong> sinkt<br />

nach Norden hin ab. Dieses generelle Absinken wird<br />

moduliert von mehreren abrupten Anstiegen der Isentropen,<br />

die immer mit Variationen der lokalen Topographie<br />

zusammenhängen (vgl. die fett ausgezogene<br />

mittlere Topographie): die Strömung schießt einen Rücken<br />

hinunter <strong>und</strong> springt dann wieder in einen langsameren,<br />

vertikal ausgedehnteren Zustand zurück.<br />

Der reduzierte Bodendruck<br />

(Abb. 2-2c) ist konstant bis etwa<br />

5 km stromaufwärts vom Einschnitt.<br />

Wie die Grenzfläche <strong>und</strong><br />

im Einklang mit der generellen<br />

Beschleunigung <strong>und</strong> dem Seichterwerden<br />

der Strömung fällt auch<br />

der reduzierte Bodendruck bis<br />

zum Inntal hin. Darüber moduliert<br />

gibt es leichte Druckanstiege im<br />

Bereich der <strong>Atmosphäre</strong>nsprünge,<br />

z. B. bei km 7-8 <strong>und</strong> 16.<br />

Bei der Interpretation von<br />

Abb. 2-2 muss man berücksichtigen,<br />

dass die Strömung auch quer<br />

zum Tal variiert <strong>und</strong> dass die Flugzeug-<br />

<strong>und</strong> Radiosondenmessungen,<br />

aus denen der Vertikalschnitt<br />

hauptsächlich konstruiert wurde,<br />

nicht immer direkt über der Automessung<br />

(Abb. 2-2b <strong>und</strong> 2-2c)<br />

liegt. Nicht jeder Sprung im Vertikalschnitt<br />

ist daher an genau der<br />

gleichen Stelle in der Bodenmessung<br />

auffindbar <strong>–</strong> <strong>und</strong> umgekehrt.<br />

Änderungen in der seitlich begrenzenden<br />

Topographie modifizieren<br />

die Strömung ebenso wie<br />

Änderungen des Unterrandes <strong>und</strong><br />

können gleichfalls Sprünge (auch<br />

in der Talmitte) verursachen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!