Autogenes Training
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Kapitel 1 – Seele und Sehorgan<br />
Die übrigen Gewebe des Auges entstehen aus<br />
anderen Teilen der Keimanlage und hüllen den<br />
„Gehirnteil“ des inneren Auges sozusagen ein.<br />
Festzuhalten ist also, daß die Netzhaut und der<br />
Sehnerv, der eigentlich kein richtiger Nerv ist,<br />
sondern eine Gehirnbahn („tractus“), in das<br />
Auge vorgelagerte und eingebaute Gehirnteile<br />
sind (Abbildung 2). Sinneseindrücke des<br />
Organs „Auge“ können über die Schaltstellen<br />
im Gehirn u. U. starke emotionale Reaktionen<br />
auslösen. Umgekehrt können Gefühle zu Veränderungen<br />
am Auge führen und die Aufnahmefähigkeit<br />
für visuelle Reize verändern [5].<br />
Das normale Sehen ist kein einfacher photomechanischer<br />
Ablichtungsvorgang. Nicht alle<br />
optischen Reize, die auf die Netzhaut treffen,<br />
werden auch wahrgenommen. Die visuelle<br />
Wahrnehmung erfordert eine Selektion und<br />
Interpretation der einströmenden Impulse,<br />
wodurch diese erst zu sinnvollen Gestalten<br />
geordnet werden [21, 22, 43]. Bei der Erfüllung<br />
der Wahrnehmungsfunktion sind Auge und<br />
Gehirn und damit kognitiv-emotionale Prozesse<br />
untrennbar verbunden. Wie fein diese Abstimmung<br />
ist, läßt sich an den Pupillen feststellen.<br />
Abbildung 2: Beziehung zwischen Auge und<br />
Gehirn. Die Augen sind mit ihren Sehnerven<br />
(deren Leitungsbahnen sich teilweise überkreuzen)<br />
und den Schaltstellen im Gehirn als „Sehbahn“<br />
verbunden. Die Tanne, die das Auge als Lichteindruck<br />
wahrnimmt, wird erst in der Sehrinde des<br />
Gehirns als Bildeindruck verarbeitet.<br />
4<br />
Schreck und Erregung lassen die Pupille weit<br />
werden und schon eine gesagte oder vielleicht<br />
nur gedachte Unwahrheit verändert das Pupillenspiel,<br />
so daß man mit Meßapparaten, die<br />
diese feinen Schwankungen registrieren können,<br />
in der Lage ist zu erkennen, ob jemand<br />
unwillkürlich doch durch die Unwahrheit in<br />
Streß geraten ist, was er nach außen hin recht<br />
gut verbergen kann [7].<br />
Die „Augen“<br />
– emotionales Ausdrucksorgan<br />
Die Augen dienen nicht allein der Wahrnehmung<br />
[20, 43], sondern sie sind auch emotionale<br />
Ausdrucksorgane. Augen können lachen,<br />
weinen, sprühen, funkeln. Die Augen tragen<br />
somit ganz wesentlich zur emotionalen Ausdrucksfähigkeit<br />
der Menschen bei, die als ein<br />
wichtiger Aspekt der seelischen wie der körperlichen<br />
Gesundheit gilt [47, 62, 70].<br />
Eng mit der Ausdrucksfunktion verbunden,<br />
jedoch nicht mit ihr identisch, ist schließlich<br />
eine dritte, die kommunikative Funktion der<br />
Augen. Mittels der Augen können zwischenmenschliche<br />
Beziehungen hergestellt und reguliert<br />
werden, wie bereits die oben erwähnten<br />
Redewendungen illustriert haben.<br />
Wahrnehmungs-, Ausdrucks- und Kommunikationsfunktion<br />
verdeutlichen die enge Verflechtung<br />
des Organs Auge mit psychischen<br />
Prozessen. So erscheint es plausibel, daß<br />
Störungen auf der psychischen Ebene –wie in<br />
vielen anderen Organsystemen – sich auch am<br />
und im Auge manifestieren können. Und umgekehrt<br />
gilt, daß organische Störungen des Auges<br />
sich auf die psychischen Funktionen und das<br />
psychische Befinden rückwirkend auswirken<br />
(somatopsychische Reaktion) [58, 66]. Man<br />
denke nur daran, welche enorme seelische Belastung<br />
der Sehverlust der Augen bedeutet [8].