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Aktuelle Rechtsprechung zum Recht der Fahrerlaubnisse - SVR

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Müller/Köhler, Gefahrentatbestände als Fehlerquellen in Bußgeldanzeigen | A U F S ÄT Z Egelegentlicher o<strong>der</strong> einmaliger Konsum vorliegt. Bei nachgewiesenemregelmäßigen Konsum wird in <strong>der</strong> Regel unmittelbardie Fahrerlaubnis entzogen werden. Bei THC-COOH-Wertenüber 150 ng/ml bei einer angekündigten Blutprobe dürfte<strong>der</strong> Nachweis erbracht sein; das gilt umso mehr, wenn zugleichTHC im Serum nachgewiesen werden kann. GelegentlicherKonsum ist nur bei Vorliegen weiterer Tatsachen von Bedeutung.Ein THC-COOH-Wert von mehr als 100 ng/ml wird hier-zu grundsätzlich ausreichen. Fehlendes Trennvermögen wirdin jedem Fall dann anzunehmen sein, wenn eine in unmittelbaremAnschluss an die Fahrt abgenommene Blutprobe einenWert von mindestens 2 ng/ml THC enthält. Im Hinblick aufunterschiedliche <strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong> für den Bereich zwischen 1und 2 ng/ml ist die Fahrerlaubnisbehörde auf <strong>der</strong> sicheren Seite,wenn sie ein medizinisch-psychologisches Gutachten auf<strong>der</strong> Grundlage von § 14 Abs. 1 S. 4 FeV verlangt.Gefahrentatbestände als Fehlerquellen inBußgeldanzeigenProf. Dr. jur. Dieter Müller und Burkhard Köhler, Bautzen1. EinleitungBei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Tatbestände des BundeseinheitlichenTatbestandskataloges (BTKat-OWi) kann es durch Auslegungsfehlerdes Gefahrenbegriffes durch die <strong>Recht</strong>sanwen<strong>der</strong> in Polizeiund Bußgeldbehörden zu fehlerhaften Bußgeldbescheidenkommen. Der Erfolg eines durch einen <strong>Recht</strong>sanwalt eingelegtenEinspruchs kann davon abhängen, ob den Sachbearbeiterndie Fehlerquelle deutlich genug dargestellt werden kann. Eineeinheitliche Auslegung an Hand <strong>der</strong> vorgegebenen Kriterien<strong>der</strong> <strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong> kann an<strong>der</strong>erseits zukünftigen Fehlern inPolizei und Bußgeldbehörde vorbeugen.2. Problematische Gefahrentatbestände im BT-Kat-OWiIm BTKat-OWi finden sich in zahlreichen Tatbeständen mitden folgenden Formulierungen:■ „… und gefährdeten dadurch an<strong>der</strong>e...“ 1■ „… Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigt ...“ 2■ „... sie verhielten sich nicht so, ... dass eine Gefährdung ausgeschlossenwar.“ 3Bußgeldbescheide, die ohne eine ausführliche tatsächliche Begründung<strong>der</strong> tatbestandlichen Voraussetzungen erlassen werden,sind <strong>zum</strong>eist rechtsfehlerhaft und können bei einer an dieTatsachenlage angepassten Argumentation im Einspruchsverfahrenzur Einstellung führen.Die Beantwortung <strong>der</strong> Frage, ob nun eine wesentliche Beeinträchtigung<strong>der</strong> Verkehrssicherheit o<strong>der</strong> eine Gefährdungan<strong>der</strong>er vorliegt, soll im Folgenden anhand <strong>der</strong> geltenden,von <strong>der</strong> <strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong> entwickelten Gefahrenbegriffe imVerkehrsrecht erläutert werden.3. BTKat-OWi Wortlaut „… und gefährdeten dadurchan<strong>der</strong>e“Die Norm des § 1 Abs. 2 StVO ordnet verbindlich an, dass sichje<strong>der</strong> Verkehrsteilnehmer so zu verhalten hat, dass kein An<strong>der</strong>ergeschädigt, gefährdet o<strong>der</strong> mehr als nach den Umständenunvermeidbar behin<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> belästigt wird. Der Gefahrenbegriffi. S. d. § 1 Abs. 2 StVO for<strong>der</strong>t zur Erfüllung des Tatbestandsimmer eine konkrete Gefahr.Gefährdung ist regelmäßig die Herbeiführung eines Zustands,<strong>der</strong> die Besorgnis begründet, eine Schädigung (Verkehrsunfall)stehe unmittelbar bevor. Wenn dem Betroffenen gegenüber imBußgeldverfahren <strong>der</strong> Vorwurf <strong>der</strong> Gefährdung eröffnet wird,dann handelt es sich stets um eine konkrete Gefährdung. 4Keineswegs genügt es in diesen Fällen, wenn <strong>der</strong> Eintritt einesSchadens nur denkbar ist, weil er tatsächlich noch vom ungewissenHinzutreten weiterer Umstände abhängt. In diesen Fällenhandelt es sich regelmäßig um eine abstrakte Gefährdung,die nicht tatbestandsmäßig im Sinne des § 1 Abs. 2 StVO ist.Üblicherweise folgt die <strong>Recht</strong>sauslegung durch Polizeibeamteund Mitarbeiter in Bußgeldbehörden <strong>der</strong> einschlägigen Definition<strong>der</strong> <strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong>, wie sie etwa im Kommentar vonHentschel wie<strong>der</strong>gegeben wird. Die Definition lautet danach:„Eine Gefährdung liegt vor, wenn Schaden für Leib o<strong>der</strong> Leben einesan<strong>der</strong>en wahrscheinlich ist und sein Ausbleiben nur vom Zufall abhängt.“5Im Rahmen einer Bußgeldanzeige ist regelmäßig zu ergänzen,dass das Definitionselement „Zufall“ im Zusammenhang miteiner konkreten Gefährdung unbedingt weiterer tatsächlicherErläuterungen bedarf, um eine Anzeige ordnungsgemäß abzufassen.Denn auch bei <strong>der</strong> abstrakten Gefahr hängt ein Schadenseintrittgrundsätzlich vom „Zufall“ ab, nur dass dieserZufall an eine weitere Verkettung von an<strong>der</strong>en tatsächlichenUmständen geknüpft ist und damit quasi einen Zufall zweitenGrades darstellt. Bereits aus diesem Gesichtspunkt ergeben sich1 Beispiel: Tatbestandsnummer (TBNR) 105125, Verstoß gegen § 5 Abs. 4 StVOdurch Gefährden an<strong>der</strong>er beim Wie<strong>der</strong>einordnen nach dem Überholen mit<strong>der</strong> Sanktion eines Verwarnungsgeldes von 30 €.2 Beispiele: TBNR 341600, Verstoß gegen § 41 StVZO durch Führen eines LKWbzw. Omnibusses unter Verstoß gegen eine Vorschrift über Bremsen mitSanktionen Bußgeld 100 €, 3 Punkte im VZR; TBNR 331618, Verstoß gegen§ 31 Abs. 2 StVZO durch Anordnung <strong>der</strong> Inbetriebnahme eines nicht verkehrssicherenLKW bzw. Omnibusses mit den Sanktionen Bußgeld iHv 150 €,3 Punkte im VZR.3 Beispiel: TBNR 102690, Verstoß gegen § 2 Abs. 3a StVO durch Führen eineskennzeichnungspflichtigen Kfz mit gefährlichen Gütern bei Schneeglätteo<strong>der</strong> Glatteis mit den Sanktionen Bußgeld iHV 75 €, 3 Punkte im VZR.4 OLG Köln, DAR 1996, S. 507.5 Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. § 1 StVO Rn. 35; BayObLG, VRS48, S. 296; OLG Karlsruhe, NZV 1992, S. 248.S VR 11/2006 | 407

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