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Aktuelle Rechtsprechung zum Recht der Fahrerlaubnisse - SVR

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Geiger, <strong>Aktuelle</strong> <strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Recht</strong> <strong>der</strong> <strong>Fahrerlaubnisse</strong> | A U F S ÄT Z Eein solcher ist, <strong>der</strong> täglich o<strong>der</strong> fast täglich stattfindet. 24 ImSchrifttum und <strong>der</strong> früheren <strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong> 25 gibt es dagegenauch an<strong>der</strong>e Definitionen. So wird insbeson<strong>der</strong>e geltendgemacht, dass auch <strong>der</strong> gewohnheitsmäßige Gebrauch vonCannabis darunter fällt. 26 Das ist anzunehmen, wenn sich <strong>der</strong>Drang, Cannabis zu konsumieren, so verselbständigt hat, dasseine willentliche Entscheidung darüber, ob ein Joint gerauchtwird, praktisch nicht mehr stattfindet. Was gelegentlicher Konsumist, regelt das Gesetz nicht. Maßgeblich für die Auslegungeines vom Normgeber verwendeten Wortes ist grundsätzlichdie Bedeutung dieses Wortes im allgemeinen Sprachgebrauch.In <strong>der</strong> deutschen Sprache wird „gelegentlich“ – soll die Häufigkeitvon Geschehnissen umschrieben werden – im Sinnevon „manchmal“, „häufiger, aber nicht regelmäßig“, „öfters“,„hin und wie<strong>der</strong>“ o<strong>der</strong> „ab und zu“ verstanden und dient damitzur Beschreibung eines mehr als ein Mal eingetretenen Ereignisses.Anhaltspunkte, dass <strong>der</strong> Verordnungsgeber das Wort„gelegentlich“ in einem an<strong>der</strong>en Sinn verstanden wissen will,sind nicht ersichtlich. Auch die Begründung zu § 14 FeV 27 lässtnicht darauf schließen, dass <strong>der</strong> Verordnungsgeber im Wi<strong>der</strong>spruch<strong>zum</strong> allgemeinen Sprachgebrauch davon ausgegangenwäre, auch ein einmaliger Konsum von Cannabis erfülle dasMerkmal <strong>der</strong> gelegentlichen Einnahme. 28 Richtigerweise wirdman das verneinen müssen. Gelegentlicher Konsum ist demnachein solcher, <strong>der</strong> hinter dem regelmäßigen zurück bleibt,aber häufiger als einmal stattgefunden hat. 29Bei <strong>der</strong> Entscheidung über die Frage, ob regelmäßiger o<strong>der</strong> gelegentlicherKonsum vorliegt sowie darüber, ob bei gelegentlicherEinnahme das erfor<strong>der</strong>liche Trennverhalten vorliegt, hatman sich bisher relativ zuverlässig auf bestimmte Laborwerteverlassen können. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Run<strong>der</strong>lass des Ministeriumsfür Wirtschaft und Mittelstand des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 1999 30 gibt hierfür Hinweise. Dabeiwird nicht auf den Nachweis des Wirkstoffs THC 31 abgestellt,son<strong>der</strong>n auf den Metaboliten THC-COOH. 32 Ein Wert vonweniger als 5 ng/ml THC-COOH im Serum wurde als Belegfür einmaligen Konsum o<strong>der</strong> als Verdacht auf gelegentlichenKonsum (bei Verkehrsteilnahme) gewertet. Dieser Wert ist jedochnicht mehr unumstritten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshofhat zwischenzeitlich aufgrund von neueren naturwissenschaftlichenErkenntnissen diesen Wert jedenfallsdann verdoppelt, wenn die Blutabnahme in unmittelbaremzeitlichen Zusammenhang mit <strong>der</strong> Verkehrsteilnahme erfolgtist. 33 Dabei wird berücksichtigt, dass die mittlere Eliminationshalbwertszeitfür THC-COOH bei etwa 6 Tagen liegt. 34 Beieiner Blutabnahme, die in engem zeitlichen Zusammenhangmit <strong>der</strong> Fahrt unter Cannabiseinfluss erfolgt, muss die dannfestzustellende THC-COOH-Konzentration etwa doppeltso hoch sein, als wenn <strong>der</strong> Betreffende die Möglichkeit hatte,durch strikte Cannabisabstinenz während des ansonstenetwa einwöchigen Zeitraums zwischen <strong>der</strong> Anordnung und<strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Blutuntersuchung – <strong>der</strong> von den Verfasserndes Run<strong>der</strong>lasses offenbar angenommen wird – dieKonzentration dieses Metaboliten entsprechend zu senken.Der Run<strong>der</strong>lass geht weiterhin davon aus, dass bei einem Wertvon mehr als 5 ng/ml und weniger als 75 ng/ml THC-COOHim Blut gelegentlicher Konsum bewiesen sei und <strong>der</strong> Verdachtauf regelmäßige Einnahme bestehe. Im Bereich zwischen 75ng/ml und 150 ng/ml THC-COOH soll regelmäßiger Konsumanzunehmen sein. Während die <strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong> das früherakzeptiert hatte, 35 wird die Sache zwischenzeitlich etwas differenziertergesehen. Ausgehend von <strong>der</strong> vorstehend skizziertenErkenntnis, dass <strong>der</strong> Run<strong>der</strong>lass von einer deutlich nachKonsumende genommenen Blutprobe ausgeht, 36 wird manfür eine spontan – also zeitnah – gewonnene Probe den Wertverdoppeln müssen. Ab einem THC-COOH-Wert von mehralso 150 ng/ml ist danach <strong>der</strong> Nachweis für regelmäßige Einnahmevon Cannabis geführt. 37 Der Bereich zwischen 5 ng/mlund 75 ng/ml THC-COOH ist nach <strong>der</strong>zeitiger Erkenntnislagenicht – mehr – geeignet, gelegentlichen Konsum als gegebenanzusehen. Aufgrund einer Beweisaufnahme ist <strong>der</strong> BayerischeVerwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass eineKonzentration von 31 ng/ml auch bei nur einmaligen Konsumnicht ausgeschlossen werden könne 38 Zwischenzeitlich istauch <strong>der</strong> Bereich von 75 ng/ml bis 100 ng/ml nicht mehr „gerichtsfest“.Neuere Untersuchungen haben nämlich ergeben,dass auch bei einmaligem Konsum eine THC-COOH-Konzentrationvon bis zu 100 ng/ml im Serum auftreten kann. 39 Dasbedeutet, dass die Annahme eines gelegentlichen Konsumsohne weitere Aufklärungsmaßnahmen erst bei einem Wertvon mehr als 100 ng/ml gerechtfertigt ist. 40Ist gelegentlicher Konsum festgestellt, bedarf es noch desNachweises von Zusatztatsachen. Die bedeutsamste ist dasmangelnde Trennvermögen zwischen Cannabiskonsum undVerkehrsteilnahme. Auch hierzu kann man auf Laborwertezurückgreifen. Ursprünglich gab es auch insoweit einen als„sicher“ geltenden Bereich. Bei einer gleichzeitigen Feststellungvon THC und THC-COOH war regelmäßig von Fahrungeeignetheitauszugehen. Als Schwellenwerte wurden dabei2,0 ng/ml THC und 10 ng/ml THC-COOH angesehen. 41 In <strong>der</strong>Folgezeit wurden diese Werte teilweise in Frage gestellt; insbeson<strong>der</strong>egibt es Abweichungen nach unten. 42 Danach wird abeinem Wert von 1,0 ng/ml THC im Serum davon ausgegangen,24 So z.B. BayVGH v. 3. 9. 2002 BA 2004, 97; VGH Baden – Württemberg v. 30. 5.2003 NZV 2004, 213.25 Nachweise bei Geiger, <strong>Recht</strong>sschutz gegen Maßnahmen <strong>der</strong> Fahrerlaubnisbehörden,DAR 2001, 488/490.26 Geiger, Fahrerlaubnis und Drogenkonsum NZV 2003, 272/273; so auch VGSaarlouis, v. 7. 6. 2006, zfs 2006, 539.27 BR-Drucks. 443/89, S. 262 ff.28 VGH Baden-Württemberg v. 29. 9. 2003 NZV 2004, 215.29 BayVGH v. 25. 1. 2006 DAR 2006, 349 = zfs 2006, 294; OVG Brandenburg v.13. 12. 2004 BA 2006, 161; a.A. OVG Hamburg v. 23. 6. 2005 NJW 2006, 1367= BA 2006, 165 = zfs 2006, 626.30 Abgedruckt z.B. bei Zwerger, [Fn. 16], DAR 2005, 431/434 sowie Himmelreich,Cannabis-Konsum und seine Folgen für den Führerschein, BA 2002, 26.31 Abkürzung für Tetrahydrocannabiol.32 Tetrahydrocannabiol-Carbonsäure.33 BayVGH B. v. 14. 1. 2005 Az. 11 CS 04.3119 [juris-Nr. BYRE 050200842].34 Vgl. hierzu Daldrup e.a., Entscheidung zwischen einmaligem/gelegentlichemund regelmäßigem Cannabiskonsum BA 2000, 39/44.35 So z.B.noch VG Saarlouis [Fn. 26] zfs 2006, 539.36 Vgl. hierzu auch OVG Münster v. 7. 1. 2003 DAR 2003, 187/188: bis zu 8 Tagenach Auffor<strong>der</strong>ung zur Blutentnahme.37 OVG Lüneburg v. 11. 7. 2003 DAR 2003, 480.38 BayVGH [Fn. 29] DAR 2006, 349 = zfs 2006, 294; a.A. noch BayVGH v. 11.11.2004 <strong>SVR</strong> 2005, 152; B. v. 3. 2. 2004 – 11 CS04.157 [soweit ersichtlich nichtveröffentlicht].39 BayVGH, B. v. 27. 3. 2006 – 11 CS 05.1559 [soweit ersichtlich nicht veröffentlicht].40 VG Stuttgart, B. v. 27. 7. 2006 – 10 K 1946/06; v. 31. 7. 2006 – 10 K 2124/06[Vensa].41 BayVGH v. 14. 10. 2003 BA 2004, 561; VG Augsburg v. 23. 12. 2003 BA 2004,294; vgl. auch Zwerger [Fn. 18] DAR 2005, 431/434.42 VGH Baden-Württemberg v. 27. 3. 2006, <strong>SVR</strong> 06, 433 (in diesem Heft): 1,0ng/ml THC und 10,0 ng/ml THC-COOH; a.A. VG Stuttgart, B. 29. 11. 2005 – 3K 2989/05 [Vensa]; VG Freiburg B. v. 9. 1. 2006 – 1 K 1914/05 [Vensa].S VR 11/2006 | 405

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