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Aktuelle Rechtsprechung zum Recht der Fahrerlaubnisse - SVR

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A U F S ÄT Z E | Geiger, <strong>Aktuelle</strong> <strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Recht</strong> <strong>der</strong> <strong>Fahrerlaubnisse</strong>III. <strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong> <strong>zum</strong> Drogenkonsum1. Harte DrogenDie Regelungen <strong>der</strong> Fahrerlaubnis-Verordnung sind vor allemin Bezug auf Drogenauffällige unübersichtlich und erschwereneinen rechtmäßigen Vollzug. 16 Im Hinblick auf die sogenanntenharten Drogen – das sind nach Nr. 9.1 <strong>der</strong> Anlage 4 zur FeVim Wesentlichen 17 alle Betäubungsmittel, die unter das Betäubungsmittelgesetzfallen mit Ausnahme von Cannabis – ist die<strong>Recht</strong>slage hinreichend klar. Nach Nr. 9.1 <strong>der</strong> Anlage 4 zur FeVliegt Fahrungeeignetheit bei <strong>der</strong> – nachgewiesenen – Einnahmedieser Stoffe vor; ausreichend ist ein einmaliger Konsum. 18Etwas an<strong>der</strong>es mag gelten, wenn feststeht, dass lediglich eineexperimentelle Einnahme vorgelegen hat und weiterer Konsumausgeschlossen werden kann. Ob <strong>der</strong> Betreffende dasRauschmittel tatsächlich zu sich genommen hat, kann im Einzelfallaber durchaus Probleme aufwerfen. Regelmäßig wird<strong>der</strong> Nachweis <strong>der</strong> Wirkstoffe durch Untersuchung von Urin,Blut und Haaren geführt werden können. Nicht notwendigist, dass <strong>der</strong> Betreffende unter dem Einfluss dieser Drogen amStraßenverkehr teilgenommen hat; insoweit ist <strong>der</strong> Wortlautdes Gesetzes eindeutig. In diesen Fällen bedarf es auch keinerweitergehenden Aufklärungsmaßnahme etwa durch Anordnungzur Beibringung eines ärztlichen o<strong>der</strong> medizinisch-psychologischenGutachtens. Hier kann nach § 11 Abs. 7 FeV unmittelbardie Fahrerlaubnis entzogen werden. Es gibt jedochFallgestaltungen, bei denen im Blut Wirkstoffe o<strong>der</strong> Abbauproduktefestgestellt wurden, <strong>der</strong> Betreffende aber vorträgt, dieseseien auf „legale Weise“ entstanden. So wird im verkehrsmedizinischenSchrifttum berichtet, dass nach dem Konsum vonMohnprodukten im Blut Morphin und Codein nachgewiesenwurden. 19 Im Hinblick darauf, dass <strong>der</strong> Nachweis im Regelfallnur etwa 4 Stunden nach dem Genuss mohnhaltiger Lebensmittelmöglich ist und außerdem stark morphinhaltige Mohnsamenin Deutschland kaum erhältlich sind, wird das in <strong>der</strong>Praxis kaum relevant sein.Für den Fall, dass früherer Konsum von Drogen festgestelltwurde, ohne dass Abhängigkeit vorlag, in <strong>der</strong> Zwischenzeitaber Abstinenz behauptet wird, enthält § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeVeine Son<strong>der</strong>regelung. Sie gilt im Wesentlichen nur für harteDrogen, für Cannabis nur bei regelmäßigem, nicht aber bei gelegentlichemKonsum. 20 Das Gesetz gibt nur für Abhängigkeitvon Rauschmitteln einen Hinweis auf die Mindestzeitraum,<strong>der</strong> verstrichen sein muss, um überhaupt die Fahreignung wie<strong>der</strong>erlangenzu können; Nr. 9.5 <strong>der</strong> Anlage 4 zur FeV schreibthierfür ein Jahr nach Entgiftung und Entwöhnung vor. Die<strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong> wendet diese Frist auch für Fälle des missbräuchlichenKonsums von Drogen einschließlich Cannabisan. 21 Ob bei weiter zurückliegendem Konsum noch Aufklärungsmaßnahmenveranlasst sind, lässt sich nicht nach festenFristen entscheiden. Es sind vielmehr die Umstände desEinzelfalls maßgeblich. Der nachgewiesene Rauschmittelmissbrauchmuss nach seinem Gewicht und unter zeitlichenGesichtspunkten noch geeignet sein, die Kraftfahreignung inFrage zu stellen. 22 Kriterien hierfür sind insbeson<strong>der</strong>e Art undDauer des Konsums sowie das Suchtpotential <strong>der</strong> Droge. Danachkann auch eine länger zurückliegende DrogeneinnahmeAnlass sein, ein medizinisch-psychologisches Gutachten ein-zuholen. Dass dieses nur dann positiv sein kann, wenn die Abstinenzstabil ist, ist unabdingbare Voraussetzung.2. CannabisBei Cannabis ist die <strong>Recht</strong>slage ungleich verworrener. Zumeinen liegt das an einer nicht vollständigen Kongruenz vonFahrerlaubnisverordnung und <strong>der</strong>en Anlage 4. § 14 Abs. 1 S. 1Nr. 2 FeV spricht ganz allgemein von einer Einnahme von Betäubungsmittelnim Sinne des Betäubungsgesetzes und unterscheidetnicht zwischen harten Drogen und Cannabis. Nimmtman die Bestimmung ernst, müsste bei Vorliegen tatsächlicherHinweise auf jede Art von Drogenkonsum, also auch vonCannabis, ein medizinisches Gutachten angefor<strong>der</strong>t werden.Ähnliches gilt für § 14 Abs. 1 S. 2 FeV, <strong>der</strong> – undifferenziert– bei Drogenbesitz die Anfor<strong>der</strong>ung eines Facharztgutachtenserlaubt. Dagegen steht aber § 14 Abs. 1 S. 4 FeV, <strong>der</strong> bei gelegentlicherEinnahme von Cannabis und Vorliegen weitererTatsachen <strong>der</strong> Behörde die Möglichkeit einräumt, sich einmedizinisch-psychologisches Gutachten vorlegen zu lassen.Nr. 9.2.1 <strong>der</strong> Anlage 4 zur FeV sieht bei regelmäßigem Konsumvon Cannabis Fahrungeeignetheit als gegeben an, während beinur gelegentlicher Einnahme diese <strong>Recht</strong>sfolge nur eintritt,wenn weitere Tatsachen hinzukommen. Der nur gelegentlicheKonsum ist danach fahrerlaubnisrechtlich ohne Belang.Auflösen kann man dieses Regelungsgeflecht nur anhand einerteleologischen – o<strong>der</strong> besser berichtigenden – Auslegung.Gelegentlicher Cannabiskonsum ist – wie erwähnt – ohne Relevanz.Das führt dazu, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV nur beiHinweisen auf regelmäßigen Cannabiskonsum anwendbar ist.Besitz von Cannabis erlaubt die Anfor<strong>der</strong>ung eines ärztlichenGutachtens nur dann, wenn die Umstände des Falles den Verdachtaufdrängen, die Droge werde regelmäßig konsumiert.Das Gutachten darf dann nur mit <strong>der</strong> Fragestellung in Auftraggegeben werden, ob <strong>der</strong> Betreffende in diesem Umfang Cannabiszu sich nimmt. Gleiches gilt für den Besitz von Cannabis.Bei Hinweisen auf nur gelegentlichen Cannabiskonsum ist § 14Abs. 1 S. 4 FeV lex specialis zu den vorgenannten Bestimmungen.23 Hier sind Aufklärungsmaßnahmen nur zulässig, wennweitere Tatsachen vorliegen. Weiter erschwert wird <strong>der</strong> Vollzugdadurch, dass <strong>der</strong> Verordnungsgeber unbestimmte <strong>Recht</strong>sbegriffeverwendet, <strong>der</strong>en Bandbreite recht groß ist. In <strong>der</strong> <strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong>ist weitgehend geklärt, dass regelmäßiger Konsum16 Hierzu ausführlich Zwerger, Erschwerter <strong>Recht</strong>sschutz durch Regelungsdefizitein <strong>der</strong> Fahrerlaubnis-Verordnung, insbeson<strong>der</strong>e bei Drogenauffälligkeitzfs 2006, 362.17 Zu einer Ausnahme vgl. Geiger, <strong>Aktuelle</strong> <strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong> <strong>zum</strong> FahrerlaubnisrechtDAR 2004, 690/695 sowie VG Stuttgart, B. v. 20. 6. 2003 – 10 K 3079/03[Vensa]: Kath.18 OVG Rheinland-Pfalz v. 21. 11, 2000 DAR 2001, 183 = BA 2003, 71; OVG Lüneburgv. 14. 8. 2002 DAR 2002, 471; vgl. auch Zwerger, <strong>Recht</strong>sfragen beimEntzug <strong>der</strong> Fahrerlaubnis bei Drogenauffälligkeit, DAR 2005, 431/433.19 Westphal e.a., Morphin und Codein im Blut nach Genuss von Mohnsamen,BA 2006, 14.20 Driehaus, Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtensbei <strong>der</strong> Entziehung <strong>der</strong> Fahrerlaubnis wegen Drogenauffälligkeit, DAR 2006,7/8.21 BayVGH B. v. 3. 2. 2004 – 11 CS 04.157; B. v. 14. 5. 2003 – 11 CS 03.924 [soweitersichtlich nicht veröffentlicht].22 BVerwG v. 9. 6. 2005 DAR 2005, 431 = DVBl 2005, 1337.23 VG Braunschweig B. v. 8. 6. 2004 – 6 B 229/04 [<strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong>sdatenbankNie<strong>der</strong>sachsen]; VG Augsburg v. 26. 9. 2001 NZV 2002, 291/292; Geiger; <strong>Aktuelle</strong><strong><strong>Recht</strong>sprechung</strong> <strong>zum</strong> Fahrerlaubnisrecht DAR 2004, 690/693 m.w.N.;a.A. VGH Baden-Württemberg, v. 4. 7. 2004 DAR 2004, 113; VG Augsburg, B.v. 25. 5. 2005 – Au 3 S 05.413 [soweit ersichtlich nicht veröffentlicht].40 4 | S VR 11/2006

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