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Beschluss - Oeffentliche Auftraege

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Leitsatz1. Vergibt ein öffentlich-rechtlicher Aufgabenträger in Sachsen die Erbringungrettungsdienstlicher Leistungen (Notfallrettung und Krankentransport) an einenprivaten Unternehmer, so unterliegt dies dem Vergaberecht, weil der privateUnternehmer bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe nicht hoheitlich tätig wird unddeshalb eine aus Art. 45, 55 EG-Vertrag abzuleitende vergaberechtlicheBereichsausnahme nicht vorliegt2. Die Vorschriften des GWB regeln abschließend den Rechtsschutz fürVergabestreitigkeiten über öffentliche Aufträge oberhalb der Schwellenwerte. DerGesetzgeber hat die Zuständigkeit für die Nachprüfung der Vergabestreitigkeiten, diein den Geltungsbereich der umzusetzenden vergaberechtlichen Richtlinien desGemeinschaftsrechts fallen, im VgRÄG abschließend geregelt. Rechte aus § 97 Abs. 7GWB sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf dieVornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtetsind, können außer vor der Vergabeprüfstelle nur vor den Vergabekammern und demBeschwerdegericht geltend gemacht werden (§ 104 Abs. 2 GWB).3. Nach Auffassung der Vergabekammer ist der Entscheidung des BGH (BGH,<strong>Beschluss</strong> vom 26.09.2006 - X ZB 14/06) nicht zu entnehmen, dass fehlendeNachweise bei entsprechender Selbstbindung des Auftraggebers von allen Bieternnachgefordert werden dürfen. Andernfalls hätte es der Auftraggeber in der Hand, jenach Ergebnis der Submission zu entscheiden, ob eine Nachforderung oder eineAufhebung gewählt wird und könnte damit einen Bieter bevorzugen oderbenachteiligen.1. Vergabekammerdes Freistaates Sachsenbei der Landesdirektion Leipzig1/SVK/042-08<strong>Beschluss</strong>In dem Vergabenachprüfungsverfahren des XXXXXX als Rechtsnachfolger desXXXXXX, Verfahrensgegenstand: Auswahlverfahren nach § 31 Absatz 1 SächsBRKG,Erbringung von Dienstleistungen im Bereich von Notfallrettung und Krankentransportfür den ehemaligen Landkreis XXXXXXVerfahrensbeteiligte:1. XXXXX, vertreten durch die Geschäftsführung,Verfahrensbevollmächtigte: XXXXXXAntragstellerin–


7gefordert. Dieser Liquiditätsnachweis sei jedoch von der Antragstellerin nicht erbrachtworden. Darüber hinaus sei der Vergabenachprüfungsantrag auch deshalb unzulässig, da dieAntragstellerin ihrer Rügeobliegenheit nicht nachgekommen sei. Insoweit verwies derAuftraggeber auf die Entscheidung des OLG Naumburg, <strong>Beschluss</strong> vom 02.03.2006, 1 Verg1/06. Insoweit bestünde auch bei einer De-facto-Vergabe eine Rügeverpflichtung, wenn derAuftraggeber wie hier ein Verfahren eingeleitet habe, an dem er einschließlich derAntragstellerin mehrere Bieter beteilige. Diese Entscheidung stehe auch im Einklang mit derEntscheidung des OLG Dresden vom 04.07.2008, WVerg 3/08. Das OLG habe insoweitausdrücklich offen gelassen, ob bei den vorliegenden Fallkonstellationen § 107 Abs. 3 GWBanzuwenden sei, da in dem zu entscheidenden Fall jedenfalls eine rechtzeitige Rüge erfolgtsei. Die Antragstellerin habe in ihrem Schriftsatz vom 14.07.2008 ausdrücklich daraufhingewiesen. Sie habe erkannt, dass in der öffentlichen Bekanntmachung der Hinweisenthalten gewesen sei, dass es sich um ein öffentlich-rechtliches Auswahlverfahren und nichtum ein Vergabeverfahren gehandelt habe. Dies habe sie entsprechend rechtzeitig zu rügengehabt. Insbesondere hätte sie dies spätestens bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist rügenmüssen. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Der Antragstellerin fehle das Rechtsschutzbedürfnis, dasie als einfache und effektivere Rechtsschutzmöglichkeit mit Widerspruch undverwaltungsgerichtlicher Klage gegen die anstehende Auswahlentscheidung vorgehen könnte.Das Widerspruchsverfahren eröffne weitergehende Möglichkeiten der Überprüfung desAuswahlverfahrens des Auftraggebers. Insofern habe gerade die Widerspruchsbehördeumfassend die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu überprüfenund sei somit nicht nur auf die Prüfung der Einhaltung der Bestimmungen über dasVergabeverfahren beschränkt. Insoweit werde auch darauf hingewiesen, dass Widerspruchund Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hätten. Der Auftraggeber habe im Übrigen dasVerfahren europaweit ausgeschrieben. Soweit man davon ausginge, dass § 17 a VOL/Aanzuwenden wäre, werde darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine Dienstleistungnach Anhang I Teil B der VOL/A handele. Ebenso sei kein Verstoß gegenInformationspflichten erkennbar. Der beabsichtigte Verwaltungsakt werde den Vorgaben des§ 13 VgV gerecht. § 31 Abs. 1 SächsBRKG sehe keine Pflicht zur Aufteilung derAufgabenbereiche in Lose vor. Vorliegend hätten sachgerechte Erwägungen dazubeigetragen, die entsprechende Aufteilung in Lose vorzunehmen. Ebenso enthielten dieAuswahlunterlagen kein ungewöhnliches Wagnis hinsichtlich eines Betriebsüberganges. § 11des Vertragsentwurfes regele lediglich die Folgen, die zwischen dem Leistungserbringer unddem Auftraggeber greifen sollten, wenn mit dem Abschluss des öffentlich-rechtlichen


8Vertrages die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB erfüllt werdensollten. So gehe der Auftraggeber davon aus, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit einBetriebsübergang vorläge. Ebenso habe mit Bieterrundschreiben vom 09.04.2008 derAuftraggeber darauf hingewiesen, dass ein Betriebsübergang möglich sei, und habe imEinzelnen ausgeführt, dass er nicht selbst über Informationen verfüge, wie die Personalkostenbeim derzeitigen Leistungserbringer strukturiert seien. Das Kalkulationsrisiko kompensiere §11 des Vertragsentwurfes. Ebenso seien in Bezugnahme auf den Schriftverkehr dieanhängigen Verfassungsbeschwerden sowie ein von der Europäischen Kommissioneingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren kein gewöhnliches Wagnis. Es würdengebietsfremde Bewerber nicht bevorzugt werden. Es sei klarzustellen, dass dieNiederlassungspflichten, die die Auswahlunterlagen konstatierten, sich lediglich für denerfolgreichen Bewerber nach Abschluss des Vertrages stellen würden. Auch die Mitwirkungbei Großschadensereignissen im Katastrophenschutz sei kein vergabefremdesAuswahlkriterium. § 31 Abs. 1 Satz 4 SächsBRKG und § 12 Abs. 4 SächsLRettddienstplanVO sähen vor, dass die genannten Kriterien ausdrücklich zu berücksichtigenseien. Auch das Sächsische Vergabegesetz sei nicht anwendbar und eine Verletzung desWettbewerbs durch Anhörung von Konkurrenten vor Erlass der Auswahlentscheidung seinicht festzustellen.Mit Schriftsatz vom 22.08.2008 vertiefte der Auftraggeber seine Begründung. DerAuftraggeber sei zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen, vergaberechtliche Vorschriften zuverletzen. Soweit sich die Antragstellerin auf die Verfassungswidrigkeit des § 31 Abs. 1, 2und 5 SächsBRKG beziehe, sei festzustellen, dass die Verfassungsmäßigkeit durch dieVergabekammer nicht zu prüfen sei. Zweitens stütze sich die Antragstellerin im Rahmen ihresNachprüfungsantrages bisher nicht auf die Verletzung des § 31 SächsBRKG. Ginge mandavon aus, dass die Regelungen § 31 Abs. 1, 2 und 5 SächsBRKG nicht verfassungsgemäßwären, würde zugleich die Rechtsgrundlage für eine Übertragung der Aufgaben auf einenPrivaten entfallen. Einen entsprechenden Antrag habe die Antragstellerin bisher jedoch nichtgestellt. Einen solchen Anspruch auf Nichtübertragung könne die Antragstellerin aus § 97Abs. 7 GWB nicht herleiten. Die Nachforderung von Eignungsnachweisen sei nichtgleichheitswidrig. Es verstoße nicht gegen § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A sowie den Grundsatz derGleichbehandlung aller Bewerber, wenn der Auftraggeber es allen Bewerbern gestatte, ihredurchweg mangelhaften Angebote durch Nachreichen fehlerhafter Eignungsnachweise zuvervollständigen. Hierzu werde auf den <strong>Beschluss</strong> des BGH vom 26.09.2006 (X ZB 14/06)


9verwiesen. Insoweit bestehe keine Pflicht zur Aufhebung. Insoweit verwies dieAuftraggeberin im Weiteren auf den <strong>Beschluss</strong> der Vergabekammer Brandenburg vom15.11.2005, 2 VK 64/05). Der Auftraggeber führte vertieft zur Frage der Verletzung von § 12Abs. 3 SächsLRettungsDienstplVO und Artikel 3 GG aus und wies noch mal darauf hin, dasskeine Diskriminierung gebietsfremder Bewerber durch die Auswahlunterlagen erfolgenwürde.Mit Schriftsatz vom 22. 08.2008 eingegangen ergänzte die Antragstellerin ihre Anträge wiefolgt:9. Dem Europäischen Gerichtshof werden im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nachArt. 234 Abs. 3 EGV folgende Fragen vorgelegt:a) Entspricht das im SächsBRKG vorgesehene Auswahlverfahren den Anforderungen desGemeinschaftsrechts, insbesondere den Vorgaben der Richtlinie 2004/187EG vom31.03.2004?b) Gewährleistet das SächsBRKG überhaupt ein transparentes und wettbewerblichesVergabeverfahren entsprechend Erwägungsgrund Nr. 2 und Art. 2 der Richtlinie 2004/187EGvom 31.03.2004?c) gewährleistet die deutsche Umsetzung der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 durchdas SächsBRKG, wenn die Vergabekammer nicht zuständig sein sollte, ein angemessenesNachprüfungssystem, welches die Einhaltung der EG-vertraglichen Grundanforderungen derFairness und der Transparenz sicherstellt?d) Fallen Rettungsdienstleistungen und Krankentransportleistungen i.S.d. SächsBRKG unterdie Ausnahmebestimmung von Art. 55 i.V.m. Art. 45 EG-Vertrag, sodass die Richtlinie2004/18/EG vom 31.03.2004 nicht eingreift.e) Verstößt die Bundesrepublik Deutschland bei der Vergabe von entgeltlichenDienstleistungen über Rettungsdienst- und Krankentransportleistungen in Sachsen , bei denenVerkehrsdienstleistungen im Sinne von Kategorie 2 (bzw. Kategorie 3) von Annex I A derRichtlinie 2004/18/EG überwiegen, gegen Art 22, 23 bis 55 der Richtlinie 2004/18/EG vom31.03.2004?f) Verstößt die Bundesrepublik Deutschland bei der Vergabe von entgeltlichenDienstleistungen über Rettungsdienst- und Krankentransportleistungen in Sachsen, bei denenmedizinische Leistungen im Sinne von Kategorie 25 Annex I B der Richtlinie 92/50/EWGbzw. von Annex II B der Richtlinie 2004/18/EG überwiegen, gegen Art. 35 Abs. 4 derRichtlinie 2004/18/EG?


10Die Antragstellerin vertiefte ihre Begründung zur Zulässigkeit. Vorliegend sei davonauszugehen, dass überwiegend Verkehrsdienstleistungen ausgeschrieben seien. Insofern seidas Vergabeverfahren in 2 entsprechende Lose zu teilen gewesen. Der Auftraggeber habe dieinhaltlichen Anforderungen an die Vergabebekanntmachung nicht ordnungsgemäß erfüllt.Insbesondere sei kein eigener Nachweis benannt worden. Der Auftraggeber habe gegen § 30VOL/A verstoßen. Es liege kein ordnungsgemäßer Vergabevermerk vor. Des Weiteren seidavon auszugehen, dass beide Beigeladene durch staatliche Beihilfen ungewöhnlich niedrigeAngebote abgegeben hätten. Insbesondere handele es sich hierbei um EU-Beihilfen, die vomLand Sachsen weitergegeben würden. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass dieVergabekammer aus dem EGV eine Vorlageverpflichtung an den EUGH habe.Der Auftraggeber vertiefte nochmals seine Begründung mit Schriftsatz vom 25.08.2008. Eswurde darauf hingewiesen, dass die Vergabekammer keine Vorlageberechtigung vor denEuGH habe. Weiterhin wurde mitgeteilt, dass, selbst wenn man die Anwendbarkeit desVergaberechtes unterstellen würde, die Antragstellerin ihre Rügeobliegenheit nach § 107 Abs.3 GWB nicht erfüllt habe. Es sei zu unterstellen, dass die Antragstellerin Kenntnis vom<strong>Beschluss</strong> der Vergabekammer Leipzig vom 26.03.2008 (1/SVK/004/08 und1/SVKK/005/08) gehabt habe, da diese Beschlüsse dem Verfahrensbevollmächtigten derAntragstellerin zu diesem Zeitpunkt zugegangen sei. Insoweit habe derVerfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin in einem Telefonat gegenüber demAuftraggeber am 02.04.2008 geäußert, er werde hinsichtlich eines anderen Bewerbers, den ervertrete, nicht gegen das Auswahlverfahren des Auftraggebers vorgehen. Er habe aberhinsichtlich eines anderen Bewerbers, der Antragstellerin, Interesse, die Stellungnahme desAuftraggebers zu dem <strong>Beschluss</strong> der Vergabekammer vom 26.03.2008 zu erfahren.Demzufolge habe die Antragstellerin die Vergaberechtswidrigkeit des Auswahlverfahrens erstmit Schreiben vom 11.04.2008, also vier Wochen nach Erteilung des Mandats an denVerfahrensbevollmächtigten und Kenntnis vom behaupteten Vergabeverstoß, gerügt. Dies seinicht mehr unverzüglich. Der Auftraggeber vertiefte seine Begründung zur Anwendbarkeitder VOL/A, zur Verfassungswidrigkeit des § 31 SächsBRKG. Des Weiteren teilte derAuftraggeber mit, die Antragstellerin sei im Rahmen des Auswahlverfahrens nichtentsprechend wirtschaftlich leistungsfähig gewesen. Des Weiteren vertiefte der Auftraggeberseine Begründung zum entsprechenden Rechtsweg hinsichtlich der angegriffenenAuswahlentscheidung und zur Anwendbarkeit des 2. Abschnitts der VOL/A. Weiterhin sei


11festzuhalten, dass nicht erkennbar gewesen sei, dass beide Beigeladenen ungewöhnlicheniedrige Angebote auf Grund staatlicher Beihilfen im Sinne des § 25 a Nr. 2 VOL/Aabgegeben hätten.Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 26.08.2008 wurde mit den Beteiligten die SachundRechtslage erörtert. Auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung wird verwiesen.Wegen des übrigen schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien auch nach der mündlichenVerhandlung und wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die übrigengewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die von der Vergabestelle überlassenenVergabeakten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.Die Antragstellerin stellte ihre Anträge aus dem Schriftsatz vom 14. Juli 2008 zu 1. bis 3.sowie die Anträge aus dem Schriftsatz vom 22.08.2008 zu 9., a – f.Der Auftraggeber stellte seine Anträge aus dem Schriftsatz vom 19.08.2008.Die Beigeladene erklärte, keinen eigenen Antrag stellen zu wollen.Der Antrag auf Nachprüfung ist zulässig (1.) und begründet (2).II.1.) Die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen ist gemäß § 2 der Verordnung derSächsischen Staatsregierung über Einrichtung, Organisation Vergabekammern des FreistaatesSachsen (SächsVgKVO) vom 23.03.1999 (SächsGVBl. S. 214, zuletzt geändert durch VOvom 31.03.2004, SächsGVBl, S. 135) für den Antrag zuständig, da es sich, entgegen derAuffassung des Auftraggebers bei der ausgeschriebenen Leistung um einenDienstleistungsauftrag im Sinne von § 99 Abs. 2 GWB handelt.1.1.1.) Keine DienstleistungskonzessionDas Vorliegen einer Dienstleistungskonzession hätte zur Folge, dass der vergaberechtlichenRechtsschutz nach §§ 102 ff GWB keine Anwendung fände. Vorliegend handelt es sich nichtum eine Dienstleistungskonzession.Ob die hier streitigen Verträge als Dienstleistungskonzessionen einzustufen sind oder nicht,ist zunächst ausschließlich anhand des Gemeinschaftsrechts und nicht nach nationalen


12Vorschriften zu beurteilen. Eine etwaig landesgesetzliche Definition oder eine Definitionnach Auslegung des Auftraggebers ist mithin unbeachtlich (vgl. i. d. S. Urteile v. 20. Oktober2005, Kommission/Frankreich, C-264/03, Slg. 2005, I-8831, Rnr. 36, und v. 18. Januar 2007,Auroux u. a., C-220/05, Slg. 2007, I-0000, Rnr. 40).Nach wiederholter Definition des Gerichtshofes umfasst ein öffentlicherDienstleistungsauftrag eine Gegenleistung, die vom öffentlichen Auftraggeber unmittelbar anden Dienstleistungserbringer gezahlt wird (Urteil Parking Brixen, Rnr. 39). Daraus folgtbspw., dass eine Gebühr für einen entgeltlichen Vertrag und somit für einen öffentlichenAuftrag charakteristisch sein kann (vgl. Urteil v. 10. November 2005,Kommission/Österreich, C-29/04, Slg. 2005, I-9705, Rnr. 8 und 32).Zum anderen geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass dahingegen eineDienstleistungskonzession dann vorliegt, wenn (1) die vereinbarte Vergütung im Recht desDienstleistungserbringers zur Verwertung seiner eigenen Leistung besteht und impliziert, dasser das mit den fraglichen Dienstleistungen verbundene (2) Betriebsrisiko übernimmt (vgl.Urteil v. 7. Dezember 2000, Telaustria und Telefonadress, C-324/98, Slg. 2000, I-10745, Rnr.58, und <strong>Beschluss</strong> v. 30. Mai 2002, Buchhändler-Vereinigung, C-358/00, Slg. 2002, I-4685,sowie Urteil vom 13.10.2005 - Rs. C-458/03 Parking Brixen, Rnr. 40, Urteil vom 18.07.2007- Rs. C-382/05, EuGH, Urteil vom 06.04.2006 - Rs. C-410/04, NAV).(1) Vergütung in Form eines Rechtes des Dienstleistungserbringers zur Verwertungseiner eigenen Leistung ?Im zu entscheidenden Fall sind zur Überprüfung des Vorliegens des ersten Merkmalszunächst die gesetzlichen und vertraglichen Regularien heranzuziehen. So sieht dasSächsische Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz in § 31Absatz 4 SächsBRKG eine vertraglich festzulegende Vergütung für die Leistung zurNotfallrettung und des Krankentransportes vor. Zudem bestimmt der abzuschließende Vertragein festgelegtes Entgelt. Es wird also nach Auffassung der erkennenden Vergabekammerdeutlich, dass vorliegend die vereinbarte Vergütung nicht im Recht desDienstleistungserbringers zur Verwertung seiner eigenen Leistung besteht. Vielmehr erhältder zukünftige Leistungserbringer ein regelmäßiges „Entgelt“. Damit ist festzuhalten, dasshier die Vergütung nicht vereinbarte Vergütung nicht im Recht des Dienstleistungserbringers


13zur Verwertung seiner eigenen Leistung besteht sondern vielmehr in einem regelmäßigen„Entgelt“.Diesem Ergebnis steht nach weiterer Auffassung der Vergabekammer auch nicht dasArgument des Auftraggebers entgegen, dass, die Vergütung an und für sich nicht vomVertragspartner gezahlt werde, sondern von der Krankenkasse. Diese Rechtspositionen dererkennenden Vergabekammer hat im Wesentlichen das OLG Dresden (OLG Dresden,<strong>Beschluss</strong> vom 04.07.2008 - WVerg 0003/08 und WVerg 0004/08) bestätigt und führt hierzusinngemäß aus: „Die gegen diese Argumente gerichteten Angriffe der sofortigen Beschwerdesind unbegründet. Dem steht schon entgegen, dass der Leistungserbringer sowohl nach demGesetz (§ 31 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 SächsBRKG) als auch nach dem ausdrücklichen Wortlautdes angestrebten öffentlich-rechtlichen Vertrags (dort § 5) die ihm nach diesem Vertragzustehende Vergütung ausschließlich und unmittelbar vom Aufgabenträger erhält. DerLeistungserbringer hat gerade keine Möglichkeit, aus der Gestattung der Leistungserbringungweiteren Nutzen zu ziehen, insbesondere weitere Einnahmen gegenüber Dritten zu erzielen.Soweit von nicht gesetzlich krankenversicherten Personen, die Leistungen desRettungsdienstes in Anspruch nehmen, durch Satzung festgelegte Gebühren erhoben werdenkönnen (vgl. § 32 Abs. 5 SächsBRKG), wird diese Satzung weder vom Leistungserbringererlassen, dem dafür jegliche Kompetenz fehlte, noch ist ersichtlich, dass ihm erhobeneGebühren zugute kämen. Unerheblich ist demgegenüber, dass der Auftraggeber die o. g.vertragliche Vergütung seinerseits aus Mitteln der Kostenträger, insbesondere derKrankenkassen, aufbringt und zu diesem Zweck mit ihnen Benutzungsentgelte vereinbart, diediese Vergütung umfassen (§ 32 Abs. 1 SächsBRKG). Dass der Aufgabenträger sich auf dieseWeise refinanziert (oder von vornherein nur eine Vergütung vereinbart, für die er bei denKostenträgern Deckung findet), rechtfertigt zwar bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise dieAnnahme, dass das an den Leistungserbringer zu zahlende Entgelt für den Auftraggeber nurein durchlaufender Posten ist. Das ändert aber nichts daran, dass hinsichtlich der Bezahlungder Rettungsdienstleistungen Rechtsbeziehungen auf zwei Ebenen bestehen, in die derAufgabenträger einmal als Verpflichteter (der Vergütung nach § 31 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1SächsBRKG) und einmal als Berechtigter (der Benutzungsentgelte nach § 32 SächsBRKG)eingebunden ist.“Dem ist aus Sicht der Vergabekammer nichts hinzuzufügen.(2) Vorliegen eine Betriebsrisikos


14Auch das Vorliegen eines Betriebsrisikos ist im zu entscheidenden Fall mithin zu verneinen.Vorliegend waren feste Preise zu kalkulieren und anzubieten. Dadurch wird das Betriebsrisikonach Auffassung der Vergabekammer nicht mehr von äußere Marktgegebenheiten abhängiggemacht. Die beabsichtigte vertragliche Gestaltung sollte nach Sinn und Zweck gerade denBetreiber nicht mehr von dem tatsächlichen Anfall der Rettungseinsätze abhängig machen.Die Vergütungsregelung soll die Funktionsfähigkeit der Notfallversorgung garantieren undexistenzgefährdende Folgen für den Rettungsunternehmer gerade ausschließen. Insoweit kannder Rettungsunternehmer mit einer festen Vergütung, unabhängig von den tatsächlichengeleisteten Rettungseinsätzen rechnen (vgl. hierzu auch Graef, VergabeR 2004, S. 166 [174]).Mit der gewählten Vertragskonstruktion verbleibt also dem Rettungsunternehmer keinBetriebsrisiko. Im Ergebnis (2) war also das Vorliegen einer Dienstleistungskonzessionabzulehnen.1.1.2. Übertragung der Notfallrettung und des Krankentransportes im Wege einesöffentlich rechtlichen VertragesDer Umstand, dass die Beauftragung mit der Durchführung von Notfallrettung undKrankentransport, entsprechend der Vorgabe in § 31 Abs. 1 SächsBRKG, auf der Grundlageeines öffentlich-rechtlichen Vertrages erfolgen soll, hindert des Weiteren die Annahme einesVertrages i.S. von § 99 Abs. 1 GWB nicht. Jedenfalls seit dem Urteil des Gerichtshofes derEuropäischen Gemeinschaften vom 12.07.2001 in der Rechtssache C 399/98 (VergR 2001,380) ist die rechtsformunabhängige Anwendbarkeit des Vergaberechts allgemein anerkannt(vgl. auch OLG Düsseldorf, NZBau 2004, 398; ebenso VergR 2006, 787; OLG Dresden,<strong>Beschluss</strong> vom 04.07.2008 - WVerg 0003/08 und WVerg 0004/08).1.1.3. Keine Bereichsausnahme nach § 100 Abs. 2 GWBVon Amts wegen (vgl. VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.11.2006, VK-SH 25/06) war sodannzu prüfen, ob eine der in § 100 Abs. 2 GWB bzw. den Art. 12 ff. der Richtlinie 2004/18/EGnormierten Bereichsausnahmen im Hinblick auf die Vergabe von Aufträgen für die hier inRede stehenden Verträge einschlägig ist. Dies würde dazu führen, dass das Vergabeverfahreneinem Primärrechtsschutz der am Verfahren beteiligten Bewerber insoweit entzogen ist, als esum die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren geht (vgl. OLG Düsseldorf,


15B. vom 20.12.2004, Verg 101/04). Der Ausnahmenkatalog in § 100 Abs. 2 GWB istgrundsätzlich als abschließende Aufzählung zu verstehen (Bundestagsdrucksache 13/9340 z.VgRÄG, S.15), es bleibt kein Raum, über unterhalb des Europa- und Bundesrechtsangesiedelte Bestimmungen weitere Ausnahmen von der Anwendung des Vergaberechts zuschaffen (EuGH, Urteil vom 13.01.2005, C-84/03; EuGH, Urteil v. 17.11.1993 - Rs. C-71/92 ,OLG Düsseldorf, B. v. 19.12.2007, Verg 51/07). Vorliegend war offenkundig keine der in §100 Abs. 2 lit. a-n GWB aufgezählten Ausnahmen einschlägig.1.1.4. Keine Bereichsausnahme i. S. d. Art. 45 EGVAls Weiteres hatte die Vergabekammer zu prüfen, ob eine Bereichsausnahme des Art. 45EGV, d.h. eine Aufgabe der öffentlichen Gefahrenabwehr vorliegt, die der staatlichenHoheitsgewalt zuzurechnen ist, so dass die Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages unddamit Vergaberecht ggf. keine Anwendung findet.Art. 45 Abs. 1 EG lautet wie folgt: „Auf Tätigkeiten, die in einem Mitgliedstaat dauernd oderzeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, findet dieses Kapitel in dembetreffenden Mitgliedstaat keine Anwendung“. Art. 55 EG bestimmt für dieDienstleistungsfreiheit (Kapitel 3) zudem: „Die Bestimmungen der Artikel 45 bis 48 findenauf das in diesem Kapitel geregelte Sachgebiet Anwendung.“Schon in der Rechtssache 2/74 hat der EuGH mit Bezug auf die Betätigung als Rechtsanwaltklargestellt, dass Art. 55 a.F. (der wortgleich dem Art. 45 EGV entspricht)Zugangsbeschränkungen für EG-Ausländer nur insoweit rechtfertigt, als die spezifischeTätigkeit „in sich selbst betrachtet, eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an derAusübung hoheitlicher Gewalt darstellt (EuGH Rs. 2/74, Slg. 1974, Rn 44/45; Rs. C-42/92Slg. 1993, I-4047) und dass sich die Tragweite dieser Vorschrift „auf das beschränkt, was zurWahrnehmung der Interessen unbedingt erforderlich ist“ ( EuGH Rs. 147/86, Slg. 1988, 1637,Rnr.7).In Würdigung der Entscheidungen des EuGH (EuGH Rs. 2/74 Urt. v. 21.06.1974 C-2/74EuGH Rs. 147/86, Slg. 1988, 1637; Rs. C-3/88; Rs. C-42/92 Slg. 1993, I-4047)). Rs. C-114/97; Urt. v. 09.03.2000 C-355/98; Urt. v. 20. 10.2005, Rs. C-264/03) ist festzustellen,dass der Gerichtshof also in bewusst enger Auslegung für die Annahme der Ausübung


16öffentlicher Gewalt i. S. v. Art. 45 Abs. 1 EGV eine Tätigkeit verlangt, die unmittelbar einespezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt beinhaltet; dies in Form vonZwangsbefugnissen und Sonderrechten und in aller Regel der eigenen Befugnis zum Handelndurch Verwaltungsakt. Schlicht hoheitliches Handeln reicht mithin nach Auffassung derVergabekammer nicht aus (vgl. auch Müller-Graff, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 45 EG, Rdnr.5; Roth, in: Dauses (Hrsg), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Stand: 20. EL, 10/2007, E.I,Rdnr. 41). Der Rückgriff auf Art. 45 EGV ist damit nur und insoweit möglich, als damit die inRede stehende spezifische Tätigkeit die Ausübung von Zwangsbefugnissen notwendigerweisemitumfasst und der öffentliche Zweck auch nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen(z.B. Genehmigungspflichten, Kontrollaufsicht) erreicht werden kann (Bröhmer a.a.O Rnr. 6).Es muss sich also nach dem Verständnis der Vergabekammer um die Übertragung vonRechten handeln, die ausschließlich der öffentlichen Staatsgewalt zuzuordnen bzw.vorbehalten sind und die Zwangsbefugnisse und Sonderrechte mitumfasst. Zudem ist für dierechtliche Einordnung der Tätigkeit ausschlaggebend, ob diese mit genügend Autonomieausgestattet wird. Allein, dass ein Vertrag dem öffentlichen Recht unterliegt und dieAusübung hoheitlicher Gewalt beinhaltet, steht dem Vorliegen eines öffentlichen Auftrages (seinerzeit bezogen auf Artikel 1 lit. a RL 93/37/EWG) nicht entgegen, sondern spricht sogardafür (Urteil des Gerichtshofs vom 12.7.2001, Rs. C-399/98).Ebenso wenig kann also allein die Wahrnehmung bzw. Erfüllung einer an sich öffentlichenbzw. hoheitlichen Aufgabe - (auch) der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung,Sicherheit oder Gesundheit- für die Annahme, damit sei zugleich die Teilnahme an derAusübung öffentlicher Gewalt, die Angehörigen anderer EU-Mitgliedstaaten vollständigvorenthalten werden kann. Andernfalls wäre der gesamte Bereich der Daseinsvorsorge bzw.hoheitlicher Aufgaben in allen Mitgliedstaaten der Geltung der Grundfreiheiten des EG-Vertrages und dem Vergaberechtsregime entzogen.a) Untersuchung des Autonomiebereichs der zukünftigen LeistungsträgerDie Aufgaben des Rettungsdienstes sind, auch wenn dies nicht explizit in den einschlägigenNormen des SächsBRKG erwähnt wird, weisungsfreie Pflichtaufgaben. Während dieAufgaben des Brandschutzes explizit weisungsfreie Pflichtaufgaben sind, sind die Aufgabenauf dem Gebiet des Katastrophenschutzes Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung; dasWeisungsrecht ist hier unbeschränkt.


17Zum anderen zeigen die Quellen, dass den Trägern des Rettungsdienstes ihrerseits ein starkausdifferenziertes Weisungsrecht gegenüber dem Leistungsträger, d.h. demRettungsdienstunternehmer zusteht. Dieser hat kein Recht die Weisungen anzuzweifeln.Sofern der Leistungserbringer den vertraglichen Verpflichtungen zuwider handelt, stellt dieseinen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar. Soweit eine bedarfsgerechte Versorgungmit Leistungen des Rettungsdienstes nicht nach § 31 Abs. 1, 6 SächsBRKG sichergestellt ist,führt im Übrigen der Träger des Rettungsdienstes diese selbst durch. DerRettungsdienstunternehmer verfügt bei seinen Handlungen also nicht über einen eigenenAutonomiebereich, wie es von der jüngeren Rechtsprechung des EuGH verlangt wird.b) Sonderrechte gemäß § 38 Abs. 1 StVOWas diesen Argumenten nach Auffassung des OLG Düsseldorf (vgl. B. v. 05.04.2006 - Verg7/06) entgegen zu setzen wäre, ist zum einen die Befugnis gemäß § 38 Abs. 1 StVO blauesBlinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn zu verwenden, wodurch unmittelbar angeordnetwerde, dass alle übrigen Verkehrsteilnehmer sofort freie Bahn zu schaffen haben. Wörtlichheißt es in dem <strong>Beschluss</strong>: „Bei den durch Blaulicht und Einsatzhorn gekennzeichnetenEinsätzen üben Rettungsdienstleister gegenüber dem Bürger spezifisch staatlicheHoheitsprivilegien, m.a.W. hoheitliche Eingriffsbefugnisse, aus, die ansonsten den staatlichenEinrichtungen (wie Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und Zolldienst) vorbehalten sind (vgl.§ 35 Abs. 1 StVO).“Zu diesem „Blaulicht“-Argument ist allerdings nach Meinung der erkennenden Kammer zuentgegnen, dass der Einsatz von blauem Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn dasRettungsfahrzeug entsprechend § 35 Absatz 5a StVO lediglich von den Pflichten gemäßStVO befreit. Diese Befreiung ändert jedoch die Verkehrsregel und Gebote nicht (vgl. König,in Hentschel, Kommentar zum Straßenverkehrsrecht, Rnr. 4 zu § 35). DemRettungsunternehmer werden also keine eigenen Zwangsbefugnisse eingeräumt. Er kann sein„Vorrecht auf freie Durchfahrt im Straßenverkehr“ nicht zwangsweise durchsetzen undetwaig Verwarnungen oder Platzverweise erteilen, die Abschleppung von PKWs anordnen,Straßen absperren, oder im Falle der Missachtung seines Vorranges Bußgeldbescheide an denZuwiderhandelnden erlassen. Über fremden Vorrang kann sich der Rettungsunternehmer alsonur hinwegsetzen, wenn er nach ausreichender Ankündigung sieht, dass der Verkehr ihm auchden Vorrang einräumt. Anderenfalls kann in der konkreten Gefahrensituation der


18Rettungsunternehmer seine Privilegierung tatsächlich nur unter Zuhilfenahme derOrdnungsbehörden durchsetzen.Auch ist der Einsatz von Blaulicht und Einsatzhorn nicht lediglich den staatlichenEinrichtungen (wie Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und Zolldienst) vorbehalten, wiees das OLG Düsseldorf meint. Vielmehr können die höheren Verwaltungsbehörden gemäß §70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte einzelneAntragsteller u. a. von der Vorschrift des § 52 StVZO Ausnahmen genehmigen. Sorechtfertigt bspw. die Eilbedürftigkeit von Ärztetransporten im Zusammenhang mitOrgantransplantationen Ausnahmegenehmigungen zur Ausstattung der dabei von einemprivaten Unternehmen benutzten Fahrzeuge mit Blaulicht und Einsatzhorn sowie zurBefreiung von den Vorschriften der StVO (vgl. OVG Münster 12.05.2000, 8 A 2698/99).Im Ergebnis werden also durch den Einsatz von Blaulicht und Martinshorn lediglich dieRechte anderer zugunsten des Sonderfahrzeuges kurzfristig eingeschränkt, was sich allerdingsauch bei Verkehrssituationen ohne Beteiligung von Fahrzeugen Einsatz von Blaulicht undMartinshorn ohnedies schon aus § 11 Absatz 3 StVO ergibt.c) Notfallrettungsmaßnahmen unabhängig von einer vorher einzuholenden Einwilligungdes betroffenen PatientenAls weiteres Argument bezieht sich das OLG Düsseldorf darauf, dass Rettungsdienstleisterbei Verletzungen oder Krankheit befugt seien, Notfallrettungsmaßnahmen unabhängig voneiner vorher einzuholenden Einwilligung des betroffenen Patienten durchzuführen, umLebensgefahr oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden.Nach Auffassung der erkennenden Kammer folgt diese Befugnis Notfallrettungsmaßnahmenunabhängig von einer Einwilligung des betroffenen Patienten aus einer allgemeinenGarantenstellung aus Gewährsübernahme. Die Übernahme der Gewähr für die Sicherheiteines Rechtsgutes kann nach § 13 StGB ausschlaggebend sein für die strafrechtlicheBeurteilung eines etwaigen Unterlassungstatbestandes. Insoweit handelt es sich bei dieserBefugnis, wenn sie denn tatsächlich vom Rettungsunternehmer ausgeübt würde, auch nichtum ein Recht, welches ausschließlich der Staatsgewalt zugeordnet oder vorbehalten ist. Im


19Übrigen gilt das unter b) Gesagte auch für ein schlicht hoheitliches Handeln in diesemBereich.Insgesamt bleibt daher nach Auffassung der erkennenden Kammer festzustellen, dass eineBereichsausnahme i. S. d. Art. 45 Abs. 1 EGV nicht eingreift. Die vorgesehenen Leistungenzur Durchführungsübertragung von Notfallrettung und Krankentransport haben somitgemeinschaftsrechtskonform keine Ausübung öffentlicher Gewalt zum Gegenstand.Förmliches Vergaberecht hat damit Anwendung zu finden. Die bekanntgemachten Leistungensind anhand der Vorgaben des EU-Vergaberechts und des nationalen Umsetzungsrechts in,den Grundsätzen der Transparenz und des Wettbewerbs entsprechendenAusschreibungsverfahren zu vergeben.d) Rechtsprechung des OLG Dresden:Das OLG Dresden hat eine gegen Beschlüsse der VK Sachsen (1/SVK004-08 und 1/SVK005-08) gerichteten sofortigen Beschwerden in denen diese Rechtsauffassung erstmals geäußertwurden, dem Bundesgerichtshof vorgelegt. (OLG Dresden, <strong>Beschluss</strong> vom 04.07.2008 -WVerg 0003/08 und WVerg 0004/08) und führt in den entsprechenden Beschlüssen zurRechtsprechung des OLG Düsseldorf sinngemäß folgendes aus: „Die Ansicht,Verwaltungshelfer seien bei der Durchführung öffentlicher Aufgaben kraft dieser Funktionhoheitlich tätig, sei nicht in Einklang zu bringen mit der Rechtsprechung des EuropäischenGerichtshofs zu Art. 45, 55 EG-Vertrag. Eine Tätigkeit, deren Schwerpunkt beiTransportfahrten mit medizinischer Erstversorgung (ungeachtet der Frage, wie beide Aspekteanteilig zu gewichten wären) liege, ist, ohne dass der Senat deren sachliche Bedeutung auchnur im Ansatz herabwürdigen wollte, keine unmittelbare und spezifische Teilnahme an derAusübung öffentlicher Gewalt. Das Handeln des mit der Durchführung der Einsatzfahrten imRettungsdienst beauftragten Privatunternehmers sei auch, was die Rechtsform diesesHandelns angeht, nicht untrennbar mit der hoheitlichen Tätigkeit der Aufgabenträgerverbunden. Dass sich eine privatrechtlich strukturierte Aufgabenwahrnehmung durch dasRettungsdienstunternehmen mit öffentlich-rechtlicher Lenkungstätigkeit der Aufgabenträgerohne weiteres verbinden lasse, sei in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs belegt.Dann aber sei auch die Anwendung des Vergaberechts auf die Auswahl des privatenLeistungserbringers nicht von vornherein ausgeschlossen. Selbst dem Auswahlverfahren nach§ 31 SächsBRKG seien vergaberechtliche Elemente im Übrigen nicht fremd (vgl. die


20Verweisung in § 12 Abs. 6 SächsLRettDPVO auf die allgemeinen Grundsätze des § 97GWB). Die Regelung führe allerdings nicht zu einer konkreten vergaberechtlichen Bindungdes Auftraggebers im Detail und versagt dem Bewerber die Möglichkeit derVergabenachprüfung. Gerade dadurch sei er aus Sicht des Senats in seinen Rechten verletzt.1.1.5. Dienstleistung des Anhanges I BDie Zulässigkeit des Vergabenachprüfungsantrages hindert auch nicht, dass vorliegend eineDienstleistung nach Anhang II Teil A und Anhang II Teil B VOL/A vorliegt. DieZuständigkeit der Vergabekammer ist jedenfalls gegeben.§ 1 a VOL/A 2. Abschnitt bestimmt, dass bei Leistungen, die sowohl unter Anhang I Teil Aals auch unter Anhang II Teil B fallen die Anwendung des Vergaberechts danach zubestimmen ist, welcher Wert überwiegt. Entscheidend ist also der finanzielle Schwerpunkt derLeistung (vgl. EuGH, Urteil vom 24.09.1998 - Rs. C-76/97 (Tögel); EuGH Urteil v.14.11.2002, Rs. C-411/00 (Felix Swoboda)). Damit entspricht die Formulierung des § 1 aVOL/a nicht exakt den europarechtlichen Vorgaben (Bischoff in KompaktkommentarVergaberecht, 1. Aufl. 2008,Rnr.29 zu § 99 GWB ). Vorliegend unterfallen die streitbefangenenLeistungen der Rettungs- und Krankentransporte unter Begleitung eines Sanitäters zumGegenstand haben sowohl unter Anhang IA, Kategorie 2, als auch unter Anhang IB,Kategorie 25 – der Schwerpunkt ist mithin entscheidend.Insoweit spricht nach Auffassung der erkennenden Vergabekammer vieles für eineZuordnung der streitbefangenen Leistungen der Rettungs- und Krankentransporte zurKategorie I B, was bedeutet, dass neben den Basisparagraphen lediglich die §§ 8a, 28aVOL/A anwendbar sind. Das aber ändert nichts an ihrer Eigenschaft als zu beschaffendeDienstleistungen im Sinne von § 97 Abs. 1 GWB. Deren Vergabe unterliegt nach nationalemRecht, sofern die weiteren Voraussetzungen der § 98 ff. GWB erfüllt sind, der Nachprüfunggem. §§ 102 ff. GWB. Dies hat dem (deutschen) Gesetzgeber nicht die Befugnis genommen,nachrangige Dienstleistungen nach Anhang I B der Vergabenachprüfung zu unterwerfen, wiedies in § 99 GWB geschehen ist (OLG Dresden B.v. 25.01.2008, WVerg 10/07). In derRechtsprechung ist mittlerweile anerkannt, dass bei Vergaben nach Anhang I B zur VOL/A,2. Abschnitt, Rechtsschutz zu den Vergabekammern und Oberlandesgerichten gegeben ist.(OLG Dresden a.a.O.; Saarländisches OLG, B.v. 20.09.2006 – 1Verg 3/06, VK Sachsen, B. v.


2105.02.2007 - 1/SVK/125-06, VK Sachsen, <strong>Beschluss</strong> vom 24.08.2007 - 1/SVK/054-07).Lediglich die Prüfungskompetenz der Vergabekammer ist gemäß § 1a Nr. 2 Absatz 2 auf dieBestimmungen der Basisparagraphen des 2. Abschnittes der VOL/A und die § 8a VOL/A und§ 28a VOL/A beschränkt (VK Sachsen, <strong>Beschluss</strong> vom 18.08.2006 - 1/SVK/077-06).1.1.6. VerwaltungsrechtswegSoweit der Auftraggeber vortrug, hinsichtlich der Anwendbarkeit vergaberechtlicherVorschriften verweise § 31 SächsBRKG auf den Verwaltungsrechtsweg und seidementsprechend lex specialis gegenüber den Vorschriften des GWB, sei auf zunächst Art. 31GG verwiesen. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gründet sich vorliegend auf dieKompetenz zum „Recht der Wirtschaft“ des Art. 74 GG.Nach Auffassung der Vergabekammer regeln die Vorschriften des GWB abschließend denRechtsschutz für Vergabestreitigkeiten von öffentlichen Aufträgen oberhalb derSchwellenwerte. § 31 SächsBRKG enthält sich der Frage, ob für den Rechtsschutz gegen dasAuswahlverfahren der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist oder gar ein Verwaltungsakt zuerlassen ist.Entsprechend regelt § 31 Abs. 3 SächsBRKG:(3) Das Nähere zum Auswahlverfahren nach Absatz 1 und zur fachlichen Eignung nachAbsatz 2 Nr. 3 regelt die oberste Brandschutz-, Rettungsdienst- undKatastrophenschutzbehörde im Landesrettungsdienstplan.Auch der Landesrettungsdienstplan enthält sich der Frage, ob der Verwaltungsrechtsweggegeben ist oder die Auswahlentscheidung durch Verwaltungsakt zu treffen ist. So regelt § 12der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über dieRettungsdienstplanung im Freistaat Sachsen (Sächsische Landesrettungsdienstplanverordnung– SächsLRettDPVO) Vom 5. Dezember 2006 Rechtsbereinigt mit Stand vom 5. Februar 2008§ 12 SächsLRettDPVOAuswahlverfahren im Rettungsdienst1) Die Träger des Rettungsdienstes geben öffentlich bekannt, dass sie ein Auswahlverfahren


22nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SächsBRKG durchführen wollen. Dabei sind die betroffenenRettungsdienstbereiche und Rettungswachen sowie die wesentlichen Anforderungen an dieLeistungserbringung darzustellen.(2) Die Träger des Rettungsdienstes übersenden den Bewerbern die Antragsunterlagen. Dieseenthalten:1. die gesetzlichen Vorschriften, Regelungen und Standards,2. die Leistungsbeschreibung mit Kennziffern,3. die Bewerbungsbedingungen,4. die Auflistung der beizubringenden Unterlagen, insbesondere Angaben zu demLeistungserbringer, wirtschaftliche Angaben und rettungsdienstspezifische Angaben,5. die Bewertungsgrundsätze,6. die Formblätter zur Kalkulation der Kosten,7. den Entwurf des öffentlich-rechtlichen Vertrages.3) Die im Auswahlverfahren festgelegten Fristen sind Ausschlussfristen.(4) Bei der Auswahl der Bewerber soll neben den kalkulierten Kosten vorrangig dieMitwirkung im Katastrophenschutz berücksichtigt werden. Weitere Kriterien können dieMöglichkeiten der Einbindung in die rettungsdienstliche Versorgung bei Großschadenslagen,Erfahrungen in der Ausübung der Notfallrettung und des Krankentransports,öffentlichrechtlicheGenehmigungen zur Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport undsonstiges rettungsdienstbezogenes Engagement sein.(5) Bis zur Bestandskraft der Auswahlentscheidung kann der Vertrag mit dem bisherigenLeistungserbringer verlängert werden.(6) Im Übrigen gelten die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze des § 97 des Gesetzesgegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung der Bekanntmachung vom15. Juli 2005 (BGBl. I S. 2114), das zuletzt durch Artikel 1 und 1a des Gesetzes vom18. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2966) geändert worden ist.Entgegen der Ansicht und der Interpretation des Auftraggebers ist den genannten Regelungengerade nicht explizit zu entnehmen, dass für das Auswahlverfahren nach § 31 SächsBRKG derVerwaltungsrechtsweg gegeben sei.Zwar regelt § 12 Abs. 6 SächsLRettDPV, dass im Übrigen die allgemeinenvergaberechtlichen Grundsätze des § 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen


23(GWB) gelten. Ein Verweis auf den Verwaltungsrechtsweg oder ein genereller Ausschlussvergaberechtlicher Bestimmungen kann in europarechtskonformer Auslegung dieserVorschrift nicht gesehen werden.Einzig § 12 Abs. 5 SächsLRettDPVO spricht von der Bestandskraft derAuswahlentscheidung. So wird in § 12 Abs. 5 SächsLRettDPVO ausgeführt:(5) Bis zur Bestandskraft der Auswahlentscheidung kann der Vertrag mit dem bisherigenLeistungserbringer verlängert werden.Dieser Norm ist jedoch nur zu entnehmen, inwieweit eine entsprechende Interimsvergabe zuregeln ist. Eine Aussage darüber, dass der Verwaltungsrechtsweg (zwingend) gegeben sei, istdiesem jedoch nicht zu entnehmen. Es kann sich hierbei auch durchaus um die Bestandskrafteiner vergaberechtlichen Zuschlagsentscheidung handeln. Inwieweit diese Regelung zurInterrimsvergabe mit § 3 VOL/A konform geht, war im vorliegendenVergabenachprüfungsverfahren nicht streitgegenständlich.So ist der Auftraggeber der Ansicht, dass sich allein aus der Tatsache, dass vorliegend perGesetz bzw. Rechtsverordnung dem öffentlichen Auftraggeber die Ermächtigung zurDurchführung des Auswahlverfahrens erteilt worden sei, diese Auswahlentscheidung auf demGebiet des öffentlichen Rechts liege und damit nur als Verwaltungsakt im Sinne des § 35VwVfG qualifiziert werde könne und somit der Verwaltungsrechtsweg gegeben sei.Auch öffentlich-rechtliches Handeln ist nicht per se dem Vergaberecht entzogen, auch wenndie Ermächtigung zum Handeln sich aus einem Landesgesetz oder einer sich hierausergebenden Ermächtigung ergibt.Weitergehend vertritt das Bayerische Oberste Landesgericht (B. v. 28.5.2003 - Az.: Verg7/03) die Meinung, dass die verschiedentlich vertretene Auffassung, dass öffentlich-rechtlicheVerträge generell nicht dem Vergaberecht unterfallen, sich nach dem Urteil des EuropäischenGerichtshofs vom 12.7.2001, Rs. C-399/98, nicht mehr aufrechterhalten lässt. Nach dieserEntscheidung hindert die Tatsache, dass ein Vertrag zwischen dem öffentlichen Auftraggeberund dem Unternehmen nach nationalem Recht dem öffentlichen Recht unterliegt, für sichgenommen nicht die Qualifizierung als Vertrag im Sinne von Art. 1 Buchstabe a) der


24Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG. Das wird auch für Art. 1 Buchstabe a) derDienstleistungskoordinierungsrichtlinie 92/50/EWG zu gelten haben; denn es ist nichts dafürerkennbar, dass die zwischen beiden Richtlinien bestehenden Unterschiede Auswirkung aufdie Frage hätten, ob ein öffentlich-rechtlicher Vertrag einen "Vertrag" im Sinne von Art. 1Buchstabe a) der jeweiligen Richtlinie darstellt. In Konsequenz dieser europäischenRechtsprechung ist auch der Begriff des Vertrages in § 99 Abs. 1 GWB dahin auszulegen,dass er grundsätzlich auch öffentlich-rechtliche Verträge umfasst. Der Wortlaut des § 99GWB ("Verträge") lässt diese Auslegung ohne weiteres zu. Die Gesetzesbegründung, wonachöffentlich-rechtliche Verträge nicht als öffentliche Aufträge im Sinne des Vierten Teils desGWB gelten, hat sich als unzutreffend erwiesen; sie steht der gebotenengemeinschaftsrechtskonformen Auslegung nicht entgegen, zumal das Gesetz ausweislichseiner Begründung der vollständigen Umsetzung der EG-Richtlinien im Bereich desöffentlichen Auftragswesens dienen und die Rechte der Beteiligten im Einklang mit demeuropäischen Recht festlegen soll (OLG Frankfurt, B. v. 07.09.2004 - Az.: 11 Verg 11/04 und12/04; ebenso OLG Naumburg, B. v. 03.11.2005 - Az.: 1 Verg 9/05; B. v. 22.09.2005 - Az.:Verg 44/04; OLG Düsseldorf, B. v. 12.12.2007 -.Die Vergabekoordininierungsrichtlinie in Auslegung durch den EuGH unterscheidet insoweitsehr wohl zwischen dem reinen Beschaffungsvorgang, der konsequenterweise demeuropäischen Vergaberecht unterliegt und der Durchführung der Leistung, die durchausöffentlich-rechtlichen Charakter haben kann. Unstreitig dürfte auch sein, dassAbfallentsorgungsleistungen, die öffentlich-rechtlichen Charakter haben und auch demAbfallentsorger öffentlich-rechtliche Befugnisse und Pflichten auferlegt, dem Vergaberechtunterliegen.Die Vergabekammer bestreitet auch nicht, dass die Durchführung der ausgeschriebenenRettungsdienstleistung öffentlich-rechtlichen Charakter hat. Getrennt hiervon ist derBeschaffungsvorgang zu sehen, der jedenfalls dem Vergaberecht unterliegt. So ist auch in §31 SächsBRKG weniger eine Ermächtigung zur Durchführung des Beschaffungsvorganges zusehen, als eine landesrechtliche Regelung, die einheitliche Vorgaben zur Auswahl undPrüfung der Geeignetheit eines Bewerbers vorgibt. Denn einer Ermächtigung zurDurchführung eines Beschaffungsvorganges bedarf es nicht, wenn der Auftraggeber seinenBedarf deckt.


25Insoweit sind auch die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen im Lichte des § 97 Abs.4 GWB zu sehen.So regelt § 97 Abs. 4 GWB:(4) Aufträge werden an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmenvergeben; andere oder weitergehende Anforderungen dürfen an Auftragnehmer nurgestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist.§ 97 Abs. 4 2. Halbsatz gibt den öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit, im Wege vonBundes- oder Landesgesetzen andere als nur leistungsbezogene Bieter- bzw.Bewerberkriterien anzuwenden. Diese so genannten "vergabefremden" Kriterien müssen sichinhaltlich am Europäischen Recht und höherrangigem deutschen Recht (dem Grundgesetz),sowie im Falle von Landesregelungen auch an sonstigen Bundesgesetzen messen lassen.Beispiele für aktuelle andere oder weitergehende Eignungskriterien sind etwa dieVerpflichtung zur Frauenförderung oder die Scientology-Schutzklausel (VK Düsseldorf, B. v.26.08.2004 - Az.: VK-30/2004-L.). Diese Eignungskriterien finden sich entweder inspeziellen Vergabegesetzen der Länder oder anderen Ländergesetzen wie etwaTariftreuegesetzen oder Gleichstellungsgesetzen. Inhaltlich werden diese Regelungen oftmalsnicht auf alle öffentlichen Aufträge angewendet, sondern gelten nur für Teilbereiche, z. B.Bauaufträge oder die Beförderung von Personen mit Verkehrsmitteln im Linienverkehr(Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht, Stand 29.07.2008, § 97 GWB, 6.8.2.1).Aus diesem Grunde ist die Aussage in den Auswahlunterlagen, dass die VOL/Aausgeschlosssen werde nach Verständnis der Vergabekammer nicht notwendigerweise vonden Bestimmungen des § 31 SächsBRKG und des § 12 SächsLRettplVO zu veranlassengewesen.Demzufolge sind die Regelungen des GWB zum Rechtsschutz in Vergabeverfahren auch imLichte des § 31 SächsBRKG abschließend. Diese Einschätzung wird durch die Entscheidungdes BGH, <strong>Beschluss</strong> vom 15.07.2008 - X ZB 17/08 gestützt. So führt der BGH wie folgt aus:„Der Gesetzgeber hat die Zuständigkeit für die Nachprüfung der Vergabestreitigkeiten, die inden Geltungsbereich der umzusetzenden vergaberechtlichen Richtlinien desGemeinschaftsrechts fallen, im VgRÄG abschließend geregelt. Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB


26sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder dasUnterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, können außer vor derVergabeprüfstelle nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltendgemacht werden (§ 104 Abs. 2 GWB). Über die instanzbeendenden Verwaltungsakte derVergabekammern entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Vergabekammer zuständigeOberlandesgericht, bei dem ein Vergabesenat einzurichten ist (§ 116 Abs. 3 GWB). Es kanndahinstehen, ob § 130a Abs. 9 SGB V seinem Wortlaut nach überhaupt dahin verstandenwerden kann, dass er auch die Zuständigkeitszuweisung für die Nachprüfung von Vergabenbetreffen soll, wie sie im Vierten Teil des GWB geregelt ist. Mit Sinn und Zweck von § 116GWB ist ein solches Verständnis nicht zu vereinbaren. Bei systematischer, dieEntstehungsgeschichte des Vergaberechts und Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungenberücksichtigender Auslegung ist § 116 GWB auch insoweit als die speziellere Normanzuwenden ......In den deutschen parlamentarischen Beratungen zum bevorstehenden Erlassder sogenannten Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG vom 21.12.1989 (ABl. Nr. L 395 v.30.12.1989, S. 33) wurde die Perspektive langwieriger, womöglich durch mehrere Instanzengeführter Gerichtsverfahren für den Vergaberechtsschutz als investitionshemmend undnachteilhaft für die Allgemeinheit beurteilt (vgl. BR-Drs. 62/89, S. 2) (BGH, <strong>Beschluss</strong> vom15.07.2008 - X ZB 17/08).1.1.7 anderweitige Zuständigkeit durch § 133 SGB V in Verbindung mit § 69 SGB VEntgegen dem Vortrag des Auftraggebers und der Beigeladenen ist es nunmehr Gegenstandder jüngeren Rechtsprechung, dass Liefer- und Dienstleistungen des 4. Kapitels des SGB Vdem Vergaberecht unterliegen. So hat das OLG Brandenburg, <strong>Beschluss</strong> vom 12.02.2008 -Verg W 18/07 ausgeführt, dass gesetzliche Krankenversicherungen öffentliche Auftraggeberim Sinne von § 98 Nr. 2 GWB seien und § 69 SGB V der Anwendbarkeit desKartellvergaberechts auf Beschaffungsvorhaben der gesetzlichen Krankenkassen nichtentgegen stehe. Auch in den oben zitierten Entscheidung des BGH (BGH, <strong>Beschluss</strong> vom15.07.2008 - X ZB 17/08) geht dieser davon aus, dass bei Streitigkeiten von Vergaben nach §130 a SGB V, für die wie für den von den Beteiligten zitierten § 133 SGB V und die übrigenVorschriften des 4. Kapitels der § 69 SGB den Anwendungsbereich regelt, die Zuständigkeitder Vergabekammern und der Oberlandesgericht nach den Vorschriften des GWB gegebensei. Hierum geht es aber im vorliegenden Fall nicht. Auch insoweit, Bezug auf dieAusgestaltung der Gebühren nach § 133 SGB V Bezug auf landesrechtliche


27Gebührenregelungen genommen wird, geht dieser Hinweis and der Sache vorbei. Vorliegendist es nicht die Ausschreibung, die die Krankenkasse durchführt, sondern eine Kommune ineigener Verantwortung. Auch insoweit geht der Hinweis fehl, möglicherweise sei durchFinanzierung und Aufsicht des Bundes über die Krankenkassen die Zuständigkeit derVergabekammer des Bundes gegeben.1.1.8. ErgebnisAbschließend und zusammenfassend bleibt also festzuhalten, dass die Vergabekammer fürdas streitgegenständliche Verfahren zuständig ist.1.1.9. Aussetzung durch die Vergabekammer; Vorlagepflicht an denVerfassungsgerichte oder den EuGHDas OLG Dresden hat in seiner Entscheidung (OLG Dresden, <strong>Beschluss</strong> vom 04.07.2008 -WVerg 0003/08 und WVerg 0004/08) in der streitgegenständliche Frage, ob für dieAusschreibung nach § 31 SächsBRKG das Vergaberecht anzuwenden ist und damit dieVergabekammer zuständig ist, den BGH im Wege der Divergenzvorlage angerufen.Obwohl von der Entscheidung des BGH die streitgegenständliche Entscheidung abhängendürfte, konnte die Vergabekammer das Vergabenachprüfungsverfahren nicht aussetzen undhatte innerhalb der verlängerten Entscheidungsfristfrist eine Entscheidung im <strong>Beschluss</strong>wegezu treffen.Die Vorschriften der §§ 107 bis 115 GWB über das Verfahren vor der Vergabekammer seheneine Aussetzung des Verfahrens wegen einer entscheidungserheblichen Vorfrage über dasBestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, das den Gegenstand eines anderenanhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist (vgl. § 94VwGO und § 148 ZPO), nicht vor. Das kann nicht als eine planwidrige Lücke des Gesetzes,die im Wege der Analogie zu den Vorschriften anderer Verfahrensgesetze (also zu den § 94VwGO, § 148 ZPO) geschlossen werden könnte und müsste, angesehen werden. Vielmehrwürde eine solche Analogie dem Sinn der besonderen Verfahrensvorschriften der §§ 107 ff.GWB widersprechen (Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht, Stand 09.01.2008, §114 GWB, 23.2.3"). Auch aus allen der Beschleunigung dienenden Vorschriften ist zu


28schließen, dass die Vergabekammer über die für ihre Endentscheidung relevanten Fragen imRahmen der Entscheidungsfrist selbst entscheiden muss (OLG Düsseldorf, B. v. 11.3.2002 -Az.: Verg 43/01). Auch eine Vorlagepflicht an den EuGH oder ein Verfassungsgericht desBundes oder der Länder kann vorliegend nicht gesehen werden. Soweit die Antragstellerindiesbezüglich auf den <strong>Beschluss</strong> der Vergabekammer Berlin (VK Berlin, <strong>Beschluss</strong> vom10.04.2006, VK - B 1 – 3 / 06) verweist, überzeugt dies nicht. Ungeachtet der sich aus § 105GWB ergebenden gerichtsähnlichen Ausgestaltung der Vergabekammern und ihres dortigenVerfahrens handelt es sich bei der Vergabekammer um kein Gericht, sondern um eineVerwaltungsbehörde. Dies belegt nicht zuletzt § 114 Abs. 3 Satz 1 GWB, wonach dieEntscheidung der Vergabekammer durch Verwaltungsakt ergeht. Die Entscheidung durchVerwaltungsakt ist das typische Handlungsinstrument einer Verwaltungsbehörde (OLGMünchen, B. v. 11.06.2008 - Az.: Verg 6/08; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.02.2008,L 5 KR 507/08 ER-B; Urteil vom 27.02.2008, L 5 KR 6123/07 ER-B; Urteil v. 06.02.2008, L5 KR 316/08 B; SG Stuttgart, B. v. 20.12.2007, S 10 KR 8604/07 ER).Insoweit ist die Vergabekammer auch nach Auffassung der Vergabekammer kein Gericht imSinne des EGV.Es besteht weder eine Aussetzungs- noch Vorlagepflicht der Vergabekammer1.2.) Die geplante Gesamtauftragssumme überschreitet unstreitig den EU-Schwellenwertgemäß § 2 Nr. 3 VgV. Nach § 100 Abs. 1 GWB unterliegen der Nachprüfung durch dieVergabekammer nur Aufträge, welche die Auftragswerte (Schwellenwerte) erreichen oderüberschreiten. Die Auftragswerte werden durch Rechtsverordnung nach § 127 GWBfestgelegt.1.3.) Der Vergabenachprüfungsantrag ist hinsichtlich des Rügeerfordernisses des § 107 Abs. 3GWB zulässig. Vorliegend beabsichtigte die Auftraggeberin die Leistung zur Notfallrettungund des Krankentransportes ohne ein förmliches Vergabeverfahren durchzuführen.Aus Sicht der Vergabekammer ergibt sich in der Regel bei De-facto-Vergaben keineRügeobliegenheit zu Lasten des Bieters, denn dadurch würde eine nicht gerechtfertigteeinseitige Belastung der Bieterseite bei gleichzeitiger Privilegierung des öffentlichenAuftraggebers bewirkt. Nicht nur seinem Wortlaut nach ist § 107 Abs. 3 GWB auf Verstöße


29im (förmlichen) Vergabeverfahren bezogen und beschränkt. § 107 Abs. 3 GWB enthält nachdem gesetzgeberischen Grundgedanken eine auf Treu und Glauben basierendePräklusionsregel (vgl. BT-Drucksache 13/9340 S.17), die der Einleitung unnötigerNachprüfungsverfahren durch Spekulation mit Vergabefehlern entgegenwirken soll. DieseBasis muss aber beidseitig angelegt sein. Sie kann nur gegeben sein, wenn der öffentlicheAuftraggeber durch die Einleitung eines förmlichen Vergabeverfahrens einen Tatbestandgeschaffen hat, der ihn erst dazu berechtigt, auf eine Wahrung der Rügeobliegenheit durch dieBieter zu vertrauen. Fehlt es daran – wie im Streitfall -, würde es einen nicht hinnehmbarenWertungswiderspruch darstellen, den Bieter an der Rügeobliegenheit festzuhalten, währendder öffentliche Auftraggeber durch die Einleitung eines nicht förmlichen Vergabeverfahrenseinen besonders schwerwiegenden Vergaberechtsverstoß begangen hat (vgl. hierzu OLGDüsseldorf, B. v. 19.07.2006 VII - Verg 26 / 06).Lediglich in Ausnahmefällen nimmt die Rechtsprechung bei De-facto-Vergaben eineRügeverpflichtung an.Führt jedoch der Auftraggeber kein Vergabeverfahren durch und ist der Unternehmer überdiesen Umstand seit langem fortlaufend unterrichtet, ist es dem Antragsteller ohne weiteresmöglich und zumutbar, dies gegenüber der Vergabestelle geltend zu machen. In diesen Fällenbesteht auch ein Vertrauensverhältnis zwischen Vergabestelle und Unternehmen. In diesemAusnahmefall besteht auch bei einer "De-facto-Vergabe" eine Rügepflicht (OLG Naumburg,B. v. 02.03.2006 - Az.: 1 Verg 1/06; 1. VK Sachsen-Anhalt, B. v. 23.12.2005 - Az.: 1 VKLVwA 43/05; Vergabekammer Sachsen <strong>Beschluss</strong> vom 28.02.2007 - 1/SVK/110-06-II).Vorliegend greift dieser Ausnahmefall jedoch gerade nicht ein, da die Antragstellerin auchaus Sicht eines erfahrenen Bieters nicht davon ausgehen musste, dass ein den §§ 97 ff. GWBentsprechendes Vergabeverfahren durchgeführt wurde. Auch wenn die Antragstellerin schonfrühzeitig die Auffassung gehegt haben mag, es sei ein europarechtskonformes Verfahrendurchzuführen, so bestand doch bis zur Entscheidung des OLG Dresden (OLG Dresden,<strong>Beschluss</strong> vom 04.07.2008 - WVerg 0003/08 und WVerg 0004/08) eine durchaus unklareRechtslage und besteht bis zur Entscheidung des BGH auch weiterhin. Auch deshalb war ihrvorliegend nicht einseitig eine Rügeverpflichtung aufzuerlegen. Selbst wenn man eineRügeverpflichtung bejahen würde, so käme man nicht zur Unzulässigkeit desVergabenachprüfungsantrages. Denn die Antragstellerin hat am 11.04.2008 durch ihrenVerfahrensbevollmächtigten, also noch vor Angebotsabgabe eine Rüge dahingehend erhoben,


30es sei ein Vergabeverfahren durchzuführen. Ihr kann nicht unterstellt werde, vorher imRahmen einer rechtlichen Würdigung den vermeintlichen Vergabeverstoß positiv erkannt zuhaben. Soweit der Auftraggeber vorträgt, der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerinhabe bereits vorher Kenntnis einer möglichen Vergaberechtswidrigkeit gehabt, so istfestzustellen, dass unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Auftraggeberin sich dieKenntnis des Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen muss, die dieser bereits vorMandatsübernahme gehabt hat. Zu welchem Zeitpunkt das Mandat demVerfahrensbevollmächtigten erteilt wurde, war durch die Vergabekammer nicht weiteraufzuklären.1.4.) AntragsbefugnisGemäß § 107 Abs. 2 GWB ist nur ein Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse amAuftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durchNichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Voraussetzung hierfür ist, dass demUnternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schadenentstanden ist oder zu entstehen droht. Hieran fehlt es, wenn das antragstellende Unternehmenkein Angebot abgegeben hat (VK Nordbayern, B. v. 25.11.2005, 320.VK-3194 - 38/05; B. v.14.04.2005, 320.VK-3194 - 9/05).Die Antragstellerin hat ein Interesse an dem Auftrag, weil sie das zur Nachprüfung gestellteVergabeverfahren durchführt. Dies bedurfte keiner weiteren Darlegung, weil dieAntragstellerin als Bieterin in dem eingeleiteten Vergabeverfahren beteiligt ist und bereits derUmstand der Angebotsabgabe regelmäßig das erforderliche Interesse belegt (vgl. BVerfG,Beschl. v. 29.06.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564).An der Antragsbefugnis könnte jedoch gezweifelt werden, da die Antragstellerin ggf. mangelsvollständig vorgelegter Eignungsnachweise ein chancenloses Angebot abgegeben hat. Ggf.hätte dann die Antragstellerin auch bei ordnungsgemäßer Durchführung desVergabeverfahrens keine Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt.Gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist nur ein Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse amAuftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durchNichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Voraussetzung hierfür ist, dass dem


31Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schadenentstanden ist oder zu entstehen droht.Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NZBau 2004, 564 ff.) dürfen andiese Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden; entsprechend der inder Rechtsprechung seither üblichen Formel genügt es, wenn der behauptete Vergabeverstoßgeeignet ist, die Chancen des Antragstellers auf den Zuschlag zu beeinträchtigen (vgl. BGHZ162, 116 ff.; OLG Düsseldorf IBR 2006, 356; OLG Karlsruhe VergR 2007, 365 ff).Die Antragsbefugnis ergibt sich jedoch gerade daraus, dass vorliegend kein förmlichesVergabeverfahren durchgeführt wurde und im Auswahlverfahren nach § 31 SächsBRKGgerade die Anwendbarkeit der vergaberechtlichen Regelungen, die auch bieterschützendenCharakter haben, ausgeschlossen war.Das OLG Dresden hat unter Bezugnahme auf die Entscheidungen der VergabekammerSachsen (VK Sachsen 1/SVK004-08 und 1/SVK005-08) festgestellt, dass dieVergabekammer - nach ausdrücklicher Verneinung einzelner anderer Vergaberechtsverstöße,- eine Rechte der Antragstellerin verletzende Vergaberechtswidrigkeit "nur" in Bezug auf denvom Auftraggeber bestimmten Ausschluss der VOL/A und anderer vergaberechtlicherVorschriften wie des GWB, welches nach Maßgabe von § 12 Abs. 6 SächsLRettDPVOlediglich hinsichtlich der allgemeinen Grundsätze des § 97 GWB Anwendung finden solle,bejaht habe. Diese Feststellung sei richtig, denn der Auftraggeber habe. ungeachtet derRegelungen des § 31 SächsBRKG die bezeichneten Vergabevorschriften zu beachten. DieseVorschriften enthielten eine Vielzahl bieterschützender Regelungen. Sie auszuschließen,verletze Rechte der Antragstellerin nach § 97 Abs. 7 GWB. (OLG Dresden a.a.O.).So wäre die Antragstellerin auch in Bezugnahme auf die Entscheidungen der erkennendenVergabekammer (VK Sachsen 1/SVK004-08 und 1/SVK005-08) antragsbefugt gewesen,wenn sie die die Antragsunterlagen abgefordert hätte und dargelegt hätte, sie habe aufgrundder Auswahlbedingungen, insbesondere der Nichtanwendung der Vorschriften der VOL/Akein Angebot abgegeben.Damit war die Antragsbefugnis zu bejahen.1.5. Formvorschriften des § 108 GWBDie Antragstellerin hat die Formvorschriften des § 108 GWB beachtet.2. Der zulässige Antrag ist begründet.


32Die Antragstellerin ist in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Aus § 97 Abs. 1 GWBergibt sich die Pflicht des Auftraggebers, zur Beschaffung der Leistungen eingemeinschaftskonformes Vergabeverfahren unter Beachtung der jeweils einschlägigenVergaberechtsbestimmungen durchzuführen.a) Rechtsverletzung durch Nichtanwendung der vergaberechtlichen BestimmungenBei der zu vergebenden Leistung zur Notfallrettung und des Krankentransportes handelt essich wie dargelegt um einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag dessen Auftragswertunzweifelhaft oberhalb des maßgeblichen vergaberechtsrelevanten Schwellenwertes liegt.Der Auftraggeber hat allerdings in den Auswahlunterlagen mehrfach explizit dieAnwendbarkeit der vergaberechtlichen Bestimmungen, insbesondere der VOL/A und desGWB ausgeschlossen. Diese Regelwerke enthalten eine Reihe bieterschützender Vorschriften.So ist zum einen der Antragstellerin hierdurch der Rechtsschutz nach dem GWB, der vomBeschleunigungsgrundsatz geprägt ist, verwehrt und der Bieter muss sich auf denlangwierigeren Verwaltungsrechtsweg verweisen lassen. Zum anderen haben die Vorschriftender VOL/A im wesentlichen bieterschützenden Charakter. Auf diese muss sich der in seinenRechten verletzte Bieter berufen dürfen, insbesondere, wenn es um die Frage der Aufstellungund Gestaltung der Ausschreibung bzw. die gleichbehandelnde und transparente Wertunggeht. Gleiches gilt beispielsweise hinsichtlich der Pflicht zur Beachtung des § 25 VOL/A, derPflicht zur Fertigung eines Vergabevermerks oder der Nichtigkeitsfolge des § 13 VgV. DieListe ließe sich beliebig fortsetzen.b) weitere mögliche RechtsverletzungenEs kann dahinstehen, ob das durchgeführte Auswahlverfahren im Weiterenvergaberechtskonform ist. Insoweit ist auch hier darauf hinzuweisen, dass derVergabenachprüfungsantrag bereits begründet ist. Im Hinblick auf eine anzuordnendeFortführung des Verfahrens unter Beachtung der Vergabevorschriften, sind an dieser Stellelediglich exemplarische Hinweise zu treffen.ba) Aufteilung in LoseDie durchgeführte Losaufteilung ist nicht zu beanstanden.


33Die Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, nach § 4 Nr. 3 Satz 2 VOB/A (entspricht§ 5 Nr. 1 VOL/A –Pflicht zur Losaufteilung) zu verfahren, steht in seinem Ermessen ("dürfen…vergeben werden"), das lediglich auf fehlerfreie Ausübung hin überprüfbar ist. Hierzu darfder Auftraggeber den Zweck der Ermessensvorschrift nicht verfehlt haben und muss seineEntscheidung auf sachliche Gründe stützen können, darf mithin nicht willkürlich entschiedenhaben (OLG Düsseldorf, B. v. 08.09.2004 - Az.: Verg 38/04; 2. VK Bund, B. v. 8.10.2003 -Az.: VK 2-78/03). Hierbei hat der Auftraggeber eine Einschätzungsprärogative (OLGDüsseldorf, B. v. 11.07.2007, Verg 10/07; 1. VK Sachsen, B. v. 30.04.2008, 1/SVK/020-08).Die Entscheidung zur Vergabe in ein Los wurde ausreichend dokumentiert (Bl. 1 der VA).Als Grund wurde benannt, den bestehenden Sicherheitsstand zu halten sowieWirtschaftlichkeitserwägungen. Dies ist nicht zu beanstanden.Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Dienstleistung hätte in Verkehrsdienstleistungen undNotfallrettung getrennt werden müssen, um Chancen der Antragstellerin zu erhöhen, so ist ihrnicht zuzustimmen. Zum einem vermochte der Antragsteller in der mündlichen Verhandlungnicht überzeugend darzulegen, wie eine praxistaugliche und organisatorisch durchführbareTrennung der Verkehrsdienstleistungen und der Notfallrettung erfolgen solle.Zum anderen ist es Sache des Auftraggebers, zu entscheiden, welche Aufgabe verwirklichtwerden soll, er ist also grundsätzlich frei in der Definition dessen, was er beschaffen möchte(OLG Schleswig-Holstein, B. v. 19.01.2007, 1 Verg 14/06; Thüringer OLG, B. v. 06.06.2007,9 Verg 3/07; B. v. 26.06.2006, 9 Verg 2/06; OLG Düsseldorf, B. v. 26.07.2006, Verg 19/06Schon in Ermangelung entsprechender vergaberechtlicher Vorschriften, deren Einhaltungüberprüft werden könnte, ist es auch nicht Aufgabe vergaberechtlicherNachprüfungsinstanzen und liegt auch nicht in deren Kompetenz, zu überprüfen, ob dieserBedarf in sinnvoller Weise definiert wurde oder ob andere als die nachgefragten Variantenvorteilhafter bzw. wirtschaftlicher wären (OLG Düsseldorf, B. v. 06.07.2005, Verg 26/05; B.v. 14.04.2005 - Az.: Verg 93/04;. Anders als z. B. bei der Frage, in welcher Weise dieLeistung auszuschreiben ist oder welcher Bieter im Einklang mit dem Vergaberecht denZuschlag erhalten darf, ist der Auftraggeber bei der Formulierung des Bedarfs grundsätzlichautonom. Der öffentliche Auftraggeber muss als späterer Nutzer der nachgefragten Leistungschließlich am besten wissen, was er braucht (3. VK Bund, B. v. 05.03.2008, VK 3-32/08).


34Die Vergabestelle ist auch nicht verpflichtet, ihren Bedarf so auszurichten, dass möglichst alleauf dem Markt agierenden Teilnehmer leistungs- und angebotsfähig sind (VK Nordbayern, B.v. 16.04.2008, 21.VK-3194 - 14/08; VK Hessen, B. v. 10.09.2007, 69 d VK-37/2007).Nach Auffassung der Vergabekammer ist eine derartige Aufteilung auch lebensfremd.Schließlich wird sich in vielen Fällen erst im Rahmen des Einsatzes herausstellen, inwieweiteine Notfallrettung oder ein Krankentransport unter Hinzuziehung qualifiziertenmedizinischen Personals erforderlich sein wird. Zudem hat der Auftraggeber überzeugend imRahmen der mündlichen Verhandlung praktische und wirtschaftliche Erwägungenvorgetragen, die gegen eine entsprechende Aufteilung sprechen.bb) Anspruch auf ZuschlagsuntersagungSofern der Vergabenachprüfungsantrag nicht bereits begründet wäre, könnte dieAntragstellerin einen Anspruch auf Zuschlagsuntersagung geltend machen, da alle Angebotean einem gleichwertigen Mangel leiden.Die Vergabekammer stellt fest, dass alle abgegebenen Angebote, auch die Angebote derAntragstellerin und der Beigeladenen unvollständige Eignungsunterlagen enthielten unddamit der zwingenden Abforderung der Auswahlunterlagen nicht entsprachen. Für diesen Fallhatte sich der Auftraggeber bereits dahingehend gebunden, derartige Angebote nichtberücksichtigen zu wollen. Die Möglichkeit einer nachträglichen Vorlage von Unterlagen,quasi „auf Verlangen“, hatte sich der Auftraggeber gerade nicht vorbehalten.Vorliegend fehlten nach Lage der Vergabeakten allen Angeboten die gefordertenEignungsnachweise. Insoweit wären alle Angebote im Rahmen der Eignungsprüfung (§ 25Nr. 2 Abs. 1 VOB/A; 2. Wertungsstufe) auszuschließen gewesen. Die zum Nachweis derEignung geforderten Belege unterfallen nicht dem Begriff der „Erklärungen“ in § 21 Nr. 1Abs. 1 Satz 3 VOB/A (OLG Düsseldorf, <strong>Beschluss</strong> vom 14.10.2005 - Verg 40/05).Die Eignungsnachweise waren dem Angebot zwingend beizufügen. ImAufforderungsschreiben zur Angebotsabgabe wurde auch die Nichtvorlage derEignungsnachweise mit Angebotsabgabe mit dem Ausschluss des Angebots sanktioniert. Sowurde hier ausgeführt: „Die Pflichtangaben und Erklärungen in A, B, C (Erläuterung:Eignungsnachweise) sind zwingend und müssen zutreffend gemacht werden. Anhand dieserAngaben wird der Landkreis prüfen, ob der Bewerber im Sinne des § 31 Abs. 2 SächsBRKGgeeignet ist…. Ungeeignete Bewerber werden im weiteren Auswahlverfahren nicht mehrberücksichtigt.“ Das Transparenzgebot des § 97 GWB erfordert es, dass der Bieter erkennen


35kann, auf welcher Grundlage die Wertung der Angebote erfolgt (Urteil des EuGH (SechsteKammer) vom 12. Dezember 2002; Rechtssache C-470/99). Fordert der Auftraggeberbestimmte Nachweise und Erklärungen, unterwirft er sich hinsichtlich dieser Nachweise einerSelbstbindung (VK Sachsen, <strong>Beschluss</strong> vom 25.04.2006 - 1/SVK/031-06). Sehen dieAusschreibungsunterlagen durch die Formulierung "sind vorzulegen" vor, dass die Bieter ihreEignung zur Auftragsdurchführung innerhalb der Frist zur Angebotsabgabe nachzuweisenhaben, zieht die unterbliebene oder nicht rechtzeitige Vorlage der damit zwingend gefordertenEignungsnachweise zwangsläufig den Ausschluss des betroffenen Angebots nach sich.Ermessen steht dem Auftraggeber nicht zu (VK Schleswig-Holstein, <strong>Beschluss</strong> vom16.09.2005, OLG Düsseldorf, <strong>Beschluss</strong> vom 19.01.2005 - Verg 58/04).Ähnlich der Rechtsprechung zur Eignungsprüfung darf der Auftraggeber zum Beispiel nichtwenn er die Vorlage bestimmter Unterlagen als Mindestanforderung verlangt, zugunsten einesBieters auf die Erfüllung der Mindestanforderung verzichten. Ein solcher Verzicht wäregegenüber anderen Bietern, die die Mindestanforderung erfüllen, oder gegenüber solchenBietern, die von der Teilnahme an der Ausschreibung abgesehen haben, weil sie dieMindestanforderung nicht erfüllen können, ein Vergaberechtsverstoß (vgl. OLG Düsseldorf,<strong>Beschluss</strong> vom 24. Juni 2002 - Verg. 26/02 ; OLG Celle, <strong>Beschluss</strong> vom 12.05.2005 - 13Verg 5/05).Wenn aber wie vorliegend alle Angebote in bestimmter Hinsicht unvollständig und deshalbvon der Wertung auszuschließen sind, kann auch ein Bieter, dessen Angebot an einemweiteren Ausschlussgrund leidet, verlangen, dass eine Auftragsvergabe in dem eingeleitetenVergabeverfahren unterbleibt (BGH, <strong>Beschluss</strong> vom 26.09.2006 - X ZB 14/06).Der BGH führt weiter aus, es könne eine Rechtsverletzung nach § 97 Abs. 7 GWBfestzustellen sein, wenn geltend gemacht werden könne und werde bzw. sich bei derNachprüfung des Vergabeverfahrens ergebe, dass bei Beachtung der Bestimmungen daseingeleitete Vergabeverfahren auch nicht mit der Auftragsvergabe an einen anderen Bieterabgeschlossen werden dürfe, weil die Angebote der anderen Bieter, soweit sie der öffentlicheAuftraggeber nicht schon ausgeschlossen habe, [ebenfalls] von der Wertung ausgeschlossenwerden müssten (BGH vom 26.09.2006 - X ZB 14/06).Soweit der Auftraggeber darauf verweist, der genannten Entscheidung des BGH sei zuentnehmen, man könne in Fällen gleichwertiger Mängel, von allen Bewerbern dieentsprechenden Nachweise nachfordern, so ist diesem nicht zuzustimmen.So ist der BGH der Ansicht, dass wenn alle Angebote in bestimmter Hinsicht unvollständigund deshalb von der Wertung auszuschließen seien, auch ein Bieter, dessen Angebot an einem


36weiteren Ausschlussgrund leidet, verlangen könne, dass eine Auftragsvergabe in demeingeleiteten Vergabeverfahren unterbleibt. Zwar äußert der BGH, dass in Fällen, in denenkeinem Bieter der Auftrag erteilt werden darf, dem öffentlichen Auftraggeber auch eineandere Möglichkeit (vgl. oben B III 1 b (3)) zu Gebote stehen kann, wenn diese inÜbereinstimmung mit den grundlegenden Grundsätzen für die Vergabe öffentlicher Aufträgezu bringen ist, die der Gesetzgeber in § 97 Abs. 1 und 2 GWB niedergelegt hat (Sen.Urt. v.01.08.2006 - X ZR 115/04, zur Veröffentlichung vorgesehen). Ob eine solche Möglichkeitbesteht und ergriffen werden soll, habe der öffentliche Auftraggeber in eigenerVerantwortung zu klären und zu bestimmen (BGH, <strong>Beschluss</strong> vom 26.09.2006 - X ZB 14/06).Der insoweit erfolgte Verweis auf (vgl. oben B III 1 b (3)) stellt klar, dass hier unerfüllbareAnforderungen gemeint sind, auf die wohl bei Ausübung des entsprechenden Ermessens desAuftraggebers unter Umständen diskriminierungsfrei verzichtet werden kann und insoferneine Aufhebung des Vergabeverfahrens nach § 26 VOL/A vermieden werden kann.So führt der BGH unter B III 1 b (3) aus: „In einem unter anderem durch eine unmöglich zuerfüllende Vorgabe gekennzeichneten Vergabeverfahren darf deshalb auch in einem solchenFall kein Auftrag vergeben werden. Kann der grundlegende Mangel des eingeleitetenVergabeverfahrens nicht durch transparente und diskriminierungsfreie Änderung derbetreffenden Vorgabe behoben werden und/oder macht der öffentliche Auftraggeber vondieser Möglichkeit keinen Gebrauch, ist er deshalb gehalten, die Ausschreibung wegen desihr anhaftenden Mangels aufzuheben. Die Handhabe hierzu bietet § 26 Nr. 1 VOL/A, wobeimangels hiervon abhängender unterschiedlicher Rechtsfolgen dahinstehen kann, ob eineunerfüllbare Anforderung die Alternative a oder die Alternative d ausfüllt. Ein Ausschlussbloß einzelner Bieter nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A und die Erteilung des Auftrags an einenanderen Bieter, der ebenfalls den gewünschten Nachweis nicht rechtzeitig vorgelegt hat,kommt jedenfalls nicht in Betracht (BGH, <strong>Beschluss</strong> vom 26.09.2006 - X ZB 14/06).“Nach Auffassung der Vergabekammer ist damit der Entscheidung des BGH gerade nicht zuentnehmen, dass fehlende Nachweise bei entsprechender Selbstbindung des Auftraggebersvon allen Bietern nachgefordert werden dürfen. Andernfalls hätte es der Auftraggeber in derHand, je nach Ergebnis der Submission zu entscheiden, ob eine Nachforderung oder eineAufhebung gewählt wird und könnte damit einen Bieter bevorzugen oder benachteiligen.bc) Unklare Vorgaben hinsichtlich des Vorliegens eines BetriebsübergangsSoweit die Antragstellerin sich darauf beruft, der Auftraggeber sei verpflichtet gewesen klareKennzahlen hinsichtlich eines möglichen Betriebsübergangs zu benennen, ist dem nichtzuzustimmen und eine Rechtsverletzung der Antragstellerin festzustellen.


37In der mündlichen Verhandlung führte der Auftraggeber hierzu aus, man sei davonausgegangen, es liege ein Betriebsübergang vor. Man habe jedoch keine konkreten Zahlenhierzu gehabt. Dies habe man den Bietern mit Bieterrundschreiben vom 09.04.2008mitgeteilt. Insoweit habe man in § 11 des ausgeschriebenen Vertrages eine Regelung zurAnpassung der Vergütung bei Vorliegen des Betriebsüberganges aufgenommen. Hier sei einMehrkostenerstattungsanspruch gegen den Auftraggeber, unter Abzug der nicht zuberücksichtigenden „Sowieso- Kosten“, enthaltenEs ist dem Auftraggeber nicht möglich und nicht zumutbar, jedwede rechtliche Konstellationeines Eintritts einen neuen Auftragnehmers zu antizipieren um mit Blick darauf festzulegen,ob ein Betriebsübergang voraussichtlich eintreten wird oder in welcher Ausgestaltung diesereintreten wird. Dies abschließend zu klären ist letztendlich Sache der Arbeitgerichte. Vor demHintergrund dieses Meinungsstreits über die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei einemBetreiberwechsel ein „Betriebsübergang" stattfindet, liegt es im Ermessen der Vergabestelle,sich für eine vertretbare Auslegung zu entscheiden. Der Auftraggeber hat vorliegend seinErmessen ohne Rechtsfehler ausgeübt. Er hat den Bietern vor Augen geführt, dass mit hoherWahrscheinlichkeit mit einem Betriebsübergang zu rechnen sei und hat das Risiko das sieeingehen, mit einer vertragliche Ausgleichsregelung in § 11 des Vertrages zu minimierenversucht. Dies ist aus Sicht der Vergabekammer nicht zu beanstanden (vgl. hierzu: OLGHamburg B. v. 21.11.2003, 1 Verg 3 / 03).Mehr kann von einem sorgfältigen Auftraggeber nach Auffassung der Vergabekammer nichtgefordert werden. Zudem ist festzuhalten, dass etwaige Ungewissheiten hinsichtlich etwaigererhöhter Personalkosten für die Dauer des einjährigen Betriebsüberganges überWagniszuschläge hätten berücksichtigt werden können (vgl. bspw. VK Bund, <strong>Beschluss</strong> vom09.05.2007 - VK 1-26/07). Letztlich ist darauf zu verweisen, dass die wesentlichen Parameterder Personalkosten sich ohnedies aus dem Anforderungsprofil in den Auswahlunterlagenergeben. Nach alledem ist insoweit keine Rechtsverletzung festzustellen.bd) Mitwirkung im Katastrophenschutz als vergabefremdes Kriterium§ 31 Abs. 1 Satz 5 SächsBRKG regelt, dass im Auswahlverfahren und bei derAuswahlentscheidung die Mitwirkung der Leistungserbringer im Katastrophenschutzvorrangig berücksichtigt werden kann. Auch die streitgegenständlichen Auswahlkriteriumsehen die Mitwirkung im Katastrophenschutz als Wertungskriterium vor. Nach Auffassungder Vergabekammer ist dies nicht als vergabefremd zu beurteilen.


38Von den Bewerbern wird verlangt, dass sie im Auftragsfalle Mittel zur Mitwirkung imKatastrophenschutz vorhalten und ggf. einsetzen.Grundsätzlich kann es gegen § 97 Abs. 1, Abs. 5 GWB und § 16 Nr. 2 VOL/A verstoßen,wenn die Zuschlagserteilung letztlich von einem Zugeständnis abhängig gemacht wird, dasmit dem eigentlich ausgeschriebenen Vertragsgegenstand nichts zu tun hat. Allerdings ist zuberücksichtigen, dass der EuGH auch die Berücksichtigung vergabefremder Aspekte zulässt,wenn sich diese - wie z. B. Umweltschutz, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit - mit anderenZielen des EG-Vertrages vereinbaren lassen und unter Wahrung des Transparenzgebotesausdrücklich zum Inhalt der Leistungsbeschreibung gemacht worden sind (vgl. EuGH, Urteilv. 20.09.1988, Rs. 31/87 ("Beentjes-Urteil")). Bei einer Ausschreibung können bspw. auchUmwelt- und Qualitätskonzepte zulässige Vergabekriterien sein (EuGH, Urteil vom17.09.2002 - Rs. C-513/99 ).Die vom Auftraggeber als Zuschlagskriterien für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigstenAngebots festgelegten Kriterien müssen insbesondere mit dem Gegenstand des Auftragszusammenhängen. Führt ein nicht auftragsbezogenes Kriterium zu einer ungerechtfertigtenDiskriminierung von Bietern, deren Angebot die mit dem Gegenstand des Auftragszusammenhängenden Voraussetzungen möglicherweise uneingeschränkt erfüllt, so würdeeine Beschränkung des Kreises der Wirtschaftsteilnehmer, die in der Lage sind, ein Angebotabzugeben, das mit den Richtlinien über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabeöffentlicher Aufträge verfolgte Ziel einer Öffnung für den Wettbewerb vereiteln (EuGH,Urteil vom 4.12.2003, C-448/01).Nach Auffassung der Vergabekammer bedingen Katastrophenfälle die Einbeziehungrettungsdienstlicher Leistungen und sind mit diesen verzahnt. Auch wurde in der mündlichenVerhandlung im Verfahren 1/SVK/042-08 ausgeführt, dass ein Großschadenereignis sich zueiner Katastrophe entwickeln kann und damit auch die Abgrenzung schwierig ist, wannnunmehr von einer Katastrophe auszugehen ist. Auch die Abgrenzung der Teilbereiche imKatastrophenfall dürfte sich schwierig gestalten. Die mündliche Verhandlung hat aber auchergeben, dass die Mitwirkung im Katastrophenschutz von einer Vielzahl von Organisationenmit unterschiedlichem Aufwand parallel durchgeführt wird. Insofern ist dem Auftraggeberentgegenzuhalten, dass dieser im Sinne des § 8 VOL/A die Mitwirkung imKatastrophenschutz und damit die Vorhaltung von Personal und Sachmitteln eindeutigerbeschreibt, um allen Bietern eine ähnliche Kalkulationsgrundlage zu ermöglichen. Ebenso istder Auftraggeber gehalten, die sich hieraus ergebenden Pflichten im Sinne einerGleichbehandlung zu konkretisieren.3. Maßnahme der Vergabekammer


39Die Maßnahme, die nach § 114 Abs. 2 ZPO zu treffen ist, um der Verletzung derAntragstellerin in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB entgegenzuwirken, kann allerdingsnicht in der kompletten Aufhebung der Ausschreibung durch die Vergabekammer oder in derAnweisung an die Antragsgegnerin bestehen, das eingeleitete Vergabeverfahren auf dieseWeise zu beenden (BGH, <strong>Beschluss</strong> vom 26.09.2006 - X ZB 14/06). Die Vergabekammer hatgemäß § 114 Abs. 1 GWB die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung zubeseitigen. Hierbei hat sie das für den Eingriff in das Vergabeverfahren das mildeste Mittel zuwählen, das notwendig ist, um die Rechtsverletzung zu beseitigen.Insoweit war die Vergabekammer nicht gehalten, die Rechtmäßigkeit des SächsBRKG weiterzu überprüfen, da sich zumindest hieraus nach Auffassung der Vergabekammer derAusschluss vergaberechtlicher Bestimmungen nicht zwingend ergibt.Vorliegend war eine erneute Veröffentlichung des streitgegenständlichenVergabegegenstandes zu verfügen, da insoweit der europaweiten Veröffentlichung zuentnehmen war, dass ein öffentlich-rechtliches Auswahlverfahren nach § 31 SächsBRKG undkein Vergabeverfahren durchgeführt werde. Gerade dieser Zusatz, dass keinVergabeverfahren durchgeführt werde, ist hinsichtlich der Anwendbarkeit oderNichtanwendbarkeit der VOL/A mindestens missverständlich, lässt er doch für einen Bieteroffen, in wie weit ein beabsichtigtes Verfahren noch europarechtskonform sein wird.Eine Aufhebung des Auswahlverfahrens wurde durch die Vergabekammer nicht verfügt, dadieses eine unzulässige De-facto-Vergabe darstellt und damit bereits keiner Aufhebung nach§ 26 VOL/A zugänglich ist.Bei Neuabfassung einer Vergabebekanntmachung wird sich der Auftraggeber fragen müssen,ob es im Sinne des § 17 Nr. 1 Abs. 2 lit m) VOL/A vergaberechtskonform war, gar keineEignungsnachweise in der Vergabebekanntmachung anzugeben. So führt das OLG Düsseldorf(<strong>Beschluss</strong> vom 02.05.2007 - Verg 1/07) aus: „Zwar sollen nach § 17 Nr. 1 Abs. 2 m VOL/Aöffentliche Bekanntmachungen mindestens die mit dem Angebot vorzulegenden Unterlagen(§ 7 Nr. 4 VOL/A), die gegebenenfalls vom Auftraggeber für die Beurteilung der materiellenEignung verlangt werden, enthalten. …… § 7 a Nr. 2 Abs. 3 VOL/A verlangt vomAuftraggeber aber lediglich anzugeben, welche der - ihrer Art nach - in § 7a Nr. 2 Abs. 1 undAbs. 2 VOL/A aufgeführten Nachweise vom Bieter gefordert werden. Einzelheiten können inder Aufforderung zur Angebotsabgabe oder in den Verdingungsunterlagen näher konkretisiertwerden (vgl. Senat, Beschl. v. 26.7.2003, Verg 26/03, Umdruck S.13).


40§ 7 a Nr. 2 Abs. 3 VOL/A findet jedoch vorliegend keine Anwendung, soweit dieausgeschriebene Dienstleistung dem Anhang I B der VOL/A zuzuordnen ist. Derentsprechende Basisparagraph, § 7 Nr. 4 VOL/A sagt lediglich aus, dass vom BewerberEignungsnachweise verlangt werden können, er enthält keine weitere keine Regelungen zurBekanntmachungspflicht.III.KostenHinzuziehungRechtsmittelbelehrung

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