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Jähriges Bestehen des Kurdistan Kultur- und Hilfsverein ... - KKH e.V.

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Interview<br />

Studenten <strong>und</strong> Arbeiter, die sich Gedanken gemacht haben.<br />

Wir haben uns gefragt: Hier in diesem Lande, in Berlin, dürfen<br />

wir kurdisch sprechen. Wir treffen uns, wir hören unsere<br />

Musik. Warum geht das nicht in dem Land, in dem wir aufgewachsen,<br />

wo unsere Wurzeln sind? Dann haben wir gedacht:<br />

Wir müssen uns organisieren, denn Einzelkämpfer erreichen<br />

kaum etwas. Wir hatten auch kaum Mittel.<br />

Wir haben da <strong>und</strong> dort als Studenten gearbeitet <strong>und</strong> haben die<br />

Miete bezahlt. Nach <strong>und</strong> nach wurden auch in anderen Städten<br />

Vereine gegründet. Später auch in Frankreich, England,<br />

Schweden <strong>und</strong> Holland. Diese Organisationen sollten demokratische<br />

Strukturen haben, denn, wir wussten schon damals,<br />

dass wir militärisch gegen den türkischen Staat kaum etwas<br />

erreichen können. Und außerdem würden dadurch Menschen<br />

ums Leben kommen <strong>und</strong> das wollten wir nicht. Im Gegenteil:<br />

Wir wünschten uns, dass die Menschen bzw. Völker friedlich<br />

miteinander leben können. Beispiel Europa. So haben wir uns<br />

voran gearbeitet. Heute sehen wir, dass bewaffnete Auseinandersetzung<br />

keine Lösung ist. Durch bewaffnete Auseinandersetzungen<br />

wurden ungefähr 3500 Dörfer zerstört. Drei bis vier<br />

Millionen Kurden mussten ihre Dörfer, ihre Städte verlassen.<br />

Das aktuelle Angebot <strong>des</strong> Vereins ist beeindruckend, er<br />

verfügt über ganz vielfältige Bildungsangebote, Integrationskurse<br />

für Frauen, Kurse für straffällig gewordene<br />

Jugendliche <strong>und</strong> vieles mehr. Es gibt zum Beispiel auch<br />

eine Kita. Gibt es eigentlich etwas das fehlt? Vielleicht<br />

fällt Ihnen etwas ein, aus Ihrer langjährigen Erfahrung,<br />

wo Bedarf wäre in der Gesellschaft.<br />

John: Es werden natürlich häufig Angebote gemacht, für die<br />

es staatliche Finanzierungen gibt. Anders sind diese Elemente<br />

gar nicht aufrecht zu erhalten, weil Lehrer, Sozialpädagogen<br />

<strong>und</strong> Erzieher beschäftigt werden müssen. Dass ein kurdischer<br />

Verein sie anbietet ist ein wichtiges Signal der Integration:<br />

Wenn die Kinder <strong>und</strong> Enkelkinder kurdischer Einwanderer<br />

nun Polen oder Russen in Deutsch unterrichten, dann zeigt<br />

das die Selbstverständlichkeit <strong>und</strong> das Angekommensein in<br />

der Gesellschaft.<br />

Ist es wichtig, das Ehrenamt wieder zu stärken? Das<br />

wird ja in allen gesellschaftlichen Bereichen propagiert.<br />

Ist das ein Weg für den Verein, zu versuchen, Ehrenamtliche<br />

verstärkt heran zu holen?<br />

John: Der Verein empfindet sich ja nicht nur als Vertreter der<br />

kurdischen Einwanderer <strong>und</strong> ihrer Nachkommen, sondern hat<br />

auch eine Rolle im Integrationsgeschehen zu spielen <strong>und</strong> das<br />

bedeutet, sich nach Außen zu wenden, Kontakte zu anderen<br />

Gruppen, nicht nur zu Deutschen zu knüpfen. Das geschieht<br />

durch die Integrationsprogramme, wie schon erwähnt.<br />

Aber z. B. auch durch die Mitarbeit im Paritätischen Wohl-<br />

35 Jahre Kurdischer <strong>Kultur</strong>- <strong>und</strong> <strong>Hilfsverein</strong> e.V.<br />

fahrtsverband, die ja von dem Geschäftsführer Herrn Aktas<br />

auch betrieben wird. Da gibt es sehr viele Kontakte <strong>und</strong> einen<br />

guten fachlichen Austausch über alle Gebiete der Sozialarbeit.<br />

Damit könnte man die ehrenamtliche Tätigkeit von<br />

Menschen - auch von älteren Menschen - fördern, die ihr Berufsleben<br />

weitgehend hinter sich haben, aber unbedingt noch<br />

etwas machen wollen <strong>und</strong> auch etwas machen sollen, damit<br />

sie ges<strong>und</strong> bleiben. Denn das bedingt ja einander, Tätigkeit<br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit. Diese Menschen könnte man unterstützen,<br />

damit sie stärker in die Organisationen außerhalb <strong>des</strong> <strong>KKH</strong><br />

e.V. hinein wachsen. Man braucht immer eine Struktur. Und<br />

der Kurdische <strong>Kultur</strong>verein hat diese Struktur: Indem man da<br />

hingehen kann, er hat eine Website, er bietet einen Treffpunkt.<br />

Deswegen ist es ja auch so wichtig, solche Stellen aufrecht zu<br />

erhalten <strong>und</strong> sie zu finanzieren. Auch das ist ja keine Selbstverständlichkeit<br />

<strong>und</strong> bei vielen Vereinen wackelt die Finanzierung<br />

ja auch. Hoffen wir, dass es hier nicht so ist.<br />

Welchen Migrationshintergr<strong>und</strong> haben die Menschen,<br />

die zu Ihnen kommen?<br />

Dr. Güler: Es kommen jetzt auch Menschen aus Afghanistan,<br />

aus asiatischen Ländern <strong>und</strong> Lateinamerika. Und auch Kurdinnen<br />

<strong>und</strong> Kurden aus dem syrischen Teil, aus dem irakischen<br />

Teil. Es kommen auch Türken <strong>und</strong> Araber. Wir sind<br />

für alle Menschen aus allen <strong>Kultur</strong>en da. Menschen, die unsere<br />

Hilfe brauchen, für die sind wir da.<br />

Ein Blick in die Zukunft geworfen: Wie sieht der Verein<br />

in 15 Jahren aus? Haben Sie dazu ein Bild vor Augen<br />

oder spielt das im Moment gar keine Rolle?<br />

Dr. Güler: Das spielt eine Rolle. Die Probleme, die wir heute<br />

haben, werden wir in 15, in 20 Jahren vielleicht nicht in<br />

diesem Maße haben. Aber dann wird es neue Fragestellungen<br />

geben. Institutionen <strong>und</strong> Vereine wie wir sind auch in Zukunft<br />

wichtig. Für zwischenmenschliche Beziehungen, für Solidarität,<br />

für Verständigung. Ich glaube, wir werden auch in Zukunft<br />

mit Energie, mit Kraft <strong>und</strong> Verstand weiter arbeiten. Für uns ist<br />

das auch eine Pflicht in Berlin <strong>und</strong> in Deutschland etwas beizutragen,<br />

denn wir haben hier Frieden gef<strong>und</strong>en. Wir hatten<br />

ja kein Zuhause. Durch diese demokratischen Strukturen sind<br />

wir frei <strong>und</strong> fühlen uns Zuhause. Und <strong>des</strong>halb möchten wir für<br />

diese Gesellschaft beitragen was wir können.<br />

John: Viele kurdischstämmige Menschen werden ja auch in<br />

den verschiedenen Berufsfeldern aufsteigen. Also sei es nun<br />

als Rechtsanwälte, Lehrer, Ärzte, mit Sicherheit auch in der<br />

Politik - in allen Berufen. Und ich glaube, dass viele Kurden<br />

in der dritten <strong>und</strong> vierten Generation eine Botschafterfunktion<br />

haben. Auch zurück in das Land ihrer Großeltern, ihrer<br />

Vorfahren, kann man dann schon sagen. Dass sie dort helfen,<br />

beim wirtschaftlichen Aufbau, als Deutsche kurdischer Ab-

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