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Leseprobe Warnhinweise

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Erstellung 3.2161<strong>Warnhinweise</strong>Handlungsbezogene <strong>Warnhinweise</strong> müssen vor potenziellgefährlichen Arbeitsschritten stehen, auch dann, wennvorne in der Anleitung bereits ein Sicherheitskapitel mitden grundlegenden Sicherheitshinweisen platziert ist.„Vor jedem potenziell gefährlichen Arbeitsschritt“ bedeutetgegebenenfalls auch wiederholt, wenn dieselbe gefährlicheSituation in verschiedenen Lebensphasen des Produktsentstehen könnte.Wohin mit den <strong>Warnhinweise</strong>n?Lesen Sie dieRisikobeurteilungDie Antwort auf diese Frage ist: Lesen Sie die Risikobeurteilung.Da hat der Konstrukteur hineingeschrieben, wo nach denkonstruktiven Sicherheitsmaßnahmen ein verbleibendesRestrisiko durch einen Warnhinweis in der Betriebsanleitungabgefangen werden muss (und darf). Mehr <strong>Warnhinweise</strong>wären übrigens ein Instruktionsfehler wegen Warnhinweisinflation.Die Leser würden sie dann nicht mehrbeachten. Weniger <strong>Warnhinweise</strong> würden dazu führen,dass ein unsicheres Produkt in Verkehr gebracht würde.Dies würde zu Konsequenzen der Produkthaftung und derMarktaufsicht führen.Der Konstrukteurweiß, wo ein WarnhinweishingehörtDer Konstrukteur weiß, wo ein Warnhinweis hingehört(und wo nicht). Der Redakteur weiß, wie man ihn formuliertund gestaltet. Wenn sich also beide zur Risikobeurteilungzusammensetzen, können sie schon die fertigen<strong>Warnhinweise</strong> in die Risikobeurteilung schreiben. Damitkönnen sie nachweisen, dass sie professionell (statt fahrlässig)gearbeitet haben. Eine sachverständige Prüfung derBetriebsanleitung am Ende wird dann vermutlich zu demErgebnis führen, dass sie keine Instruktionsfehler bei derSicherheitsinstruktion enthält.


162 3.2ErstellungQuerverweise in <strong>Warnhinweise</strong>nSind verbotenQuerverweise in <strong>Warnhinweise</strong>n sind verboten. Seit demFachbericht DIN 146:2006-01 ist dies Stand der Technik.Es ist also nicht zulässig, sich in handlungsbezogenen<strong>Warnhinweise</strong>n auf das Sicherheitskapitel „GrundlegendeSicherheitshinweise“ zurückzubeziehen. Wo immer sichaus der Risikobeurteilung ein handlungsbezogener <strong>Warnhinweise</strong>rgibt, muss dieser vollständig formuliert und gestaltetsein.SAFE – Formulierung und Gestaltung von <strong>Warnhinweise</strong>nInhalteund GestaltungJeder handlungsbezogene Warnhinweis muss aus folgendenElementen bestehen:■ genormtes Warnzeichen (Symbole nach DIN 4844-2,BGV A8, EN 61310 und ISO 7010, für die USA: ANSIZ535.6)■ Hinweis auf die Schwere der Restgefahr durch Verwendunggenormter Signalwörter (z.B. nach DIN ISO3864-2:2008-07)■ Art und Quelle der Restgefahr, ggf. mit Illustration■ mögliche Folgen bei Missachtung der Restgefahr■ Maßnahmen zum Abwenden der Restgefahr: EntkommenAls Eselsbrücke dient das Akronym SAFE.AuffälligeGestaltungDie Anleitungs-Norm DIN EN IEC ISO 82079 bzw. derenVorläufer DIN EN 62079 fordern, <strong>Warnhinweise</strong> auffälligzu gestalten (DIN EN IEC ISO 82079: Abschnitt 6.8).Mittel hierfür sind u.a.:■■■■■grafische Symbolegrößere und/oder andere Schrifttypen als im FließtextTextauszeichnungenRahmenFarben (Schriftfarbe und/oder Hintergrundfarbe)


Erstellung 3.2163SymboleBeispiele aus den o.g. Symbolesammlungen:Formen und Farben für die Symbole sind so genormt:■■■■■Dreieck gelb = WarnsymbolKreis rot = VerbotssymbolKreis blau = GebotssymbolRechteck/Quadrat blau = HinweissymbolRechteck/Quadrat grün = WegweisersymbolSignalwörterWenn man sich für eine dreistufige Hierarchie von Symbol-oder Schlüsselwörtern entscheidet, sollte man sich andie Abstufung nach DIN ISO 3864-2:2008-07 halten:Abb. 29:Abstufung nachDIN ISO 3864-2:2008-07


164 3.2ErstellungGEFAHRWARNUNGVORSICHTbezeichnet eine Gefährdung mit einemhohen Risikograd, die, wenn sie nichtvermieden wird, den Tod oder eineschwere Verletzung zur Folge hat.bezeichnet eine Gefährdung mit einemmittleren Risikograd, die, wenn sie nichtvermieden wird, den Tod oder eineschwere Verletzung zur Folge habenkönnte.bezeichnet eine Gefährdung mit einemniedrigen Risikograd, die, wenn sie nichtvermieden wird, eine geringfügige odermäßige Verletzung zur Folge habenkönnte.SprachstileAcht goldene Regeln für einen besonders verständlichenSprachstil in <strong>Warnhinweise</strong>n sind (zumeist gelten dieseEmpfehlungen auch für Fließtext in andern Teilen der Anleitung):■■■■■■■■kurze, präzise Sätze (Subjekt – Prädikat – Objekt)geläufige Wörter (ggf. im Anwendertest ermitteln)Passiv und Konjunktiv vermeidenVerben nie substantivieren (...ung erfolgt)gleiche Gegenstände und Verfahren gleich benenneneindeutig formulierennichtssagende Floskeln vermeidengleicher Stil für gleichen TexttypEmpfehlungDie beiden empfehlenswerten Formulierungen für Handlungsaufforderungenin <strong>Warnhinweise</strong>n sind beispielhaft:■■Imperativ: „Drücken Sie die Kopiertaste“Infinitiv ohne zu: „Die Kopiertaste drücken“Beispiele für <strong>Warnhinweise</strong>Das folgende Beispiel zeigt den Umgang mit einer minderschwerenGefahr: Eine Berührung mit einer heißen Ober-


Erstellung 3.2165fläche führt in der Regel zum Zurückschrecken. Dadurchsind die Verletzungen oft geringfügig.Warnhinweiszu heißen OberflächenVORSICHTVerbrennungsgefahr an heißer Oberfläche!Leichte Verbrennungen der Hautmöglich.⇒ Schutzhandschuhe tragen.Optimierungtut oft NotDer folgende Warnhinweis stammt aus der Anleitung einesMaschinenherstellers:„Im Bereich der Einzugwalzen besteht erhöhte Gefahr.Tragen Sie eng anliegende Kleidung, keine offenen Haareund keinen Schmuck, Krawatten oder Ähnliches, da Gegenständevon den Einzugwalzen eingezogen werden könnenund zu schweren Verletzungen führen können.“Gehen wir die Optimierung des <strong>Warnhinweise</strong>s systematischan:Die Art der Gefahr ist Einziehen und Quetschen. DieQuelle ist eine rotierende Walze. Das höchste Risiko ist Lebensgefahr,z.B. bei Erdrosseln, wenn die Krawatte eingezogenwird. Die Maßnahmen erschließen wir aus demText. Mit den ergänzten Maßnahmen lautet der Warnhinweisnun wie folgt:Warnhinweisim MaschinenbauGEFAHREinziehen und Quetschen durch rotierendeWalze!Lebensgefahr.⇒ Nie in die laufende Walze greifen.⇒ Eng anliegende Schutzkleidung undHaarnetz tragen.⇒ Krawatten, Schmuck und alle Gegenständeablegen, die von der Walzeeingezogen werden könnten.


166 3.2ErstellungMögliche Folgen bei Nichtbeachtung eines <strong>Warnhinweise</strong>sDie folgenden Formulierungen zeigen eine Auswahl möglicherFolgen bei Nichtbeachtung von <strong>Warnhinweise</strong>n:Einklemmen von Fingern, Quetschen von Fingern undHand, Zerquetschen von Hand und Arm, schwere Verletzungoder Tod durch Zerquetschen, Erblinden, leichteVerbrennungen an Händen, Verbrennungen im Gesicht,Augenverletzung oder Erblinden, Verletzungsgefahr durchunwillkürliche Bewegung nach Erschrecken.Maßnahmen zur Vermeidung der GefahrDie Maßnahmen zur Vermeidung der Gefahr bilden nundie konkreten Aufforderungen zum Handeln, beispielsweiseeine Schutzbrille zu tragen, oder Aufforderungenzum Vermeiden, z.B. nicht in die Öffnung zu greifen.Während die Elemente „Art und Quelle der Gefahr“ und„Mögliche Folgen bei Nichtbeachtung“ beschreibenderNatur sind – der Anwender verhält sich passiv –, erfüllendie Maßnahmen zur Vermeidung der Gefahr eine grundlegendandere Funktion: Der Anwender muss nun aktivwerden.Dieser wesentliche Unterschied muss auch in der Formulierungund im Layout deutlich werden:■■aktive Sprache im Imperativjede einzelne Maßnahme getrennt als eigener ListenpunktAktive SpracheIm Deutschen bieten sich zwei Formulierungsmuster an,zwischen denen Sie sich eindeutig entscheiden sollten, umfortwährenden Wechsel zwischen den Formulierungenund damit z.B. unnötige Übersetzungskosten zu vermeiden:


Erstellung 3.2167Formulierungsmuster Beispiel Ihre WahlInfinitivPersönliche AnredeSchutzbrille anlegen.Nicht in die Öffnunggreifen.Legen Sie die Schutzbrillean.Greifen Sie nicht in dieÖffnung.In den Beispielen in der Tabelle kann man gut die Vor- undNachteile der Formulierungsmuster erkennen.Vorteile InfinitivVorteile des Infinitivs:■■■Kürzevorangestellte Negation erleichtertTrennbare Verben stehen zusammen („anlegen“; beider persönlichen Anrede wird daraus eine Satzklammer:„Legen … an“).Vorteilpersönliche AnredeVorteil der persönlichen Anrede:■persönlicher Bezug (Lesemotivation)In einigen Anleitungen wird auch zwischen den Formulierungsmusterngewechselt: Während die Handlungsaufforderungenin Handlungssequenzen (Schritt-für-Schritt-Anleitungen)im Infinitiv formuliert sind, sprechen die Maßnahmenin <strong>Warnhinweise</strong>n den Leser direkt mit „Sie“ an.Durch den Kontrast in der Formulierung werden die<strong>Warnhinweise</strong> zusätzlich hervorgehoben. In vielen anderenSprachen wird jedoch diese Unterscheidung nicht getroffen,beispielsweise im Englischen.PraxistippsVerwenden Sie standardmäßig die Formulierung mitInfinitiv, insbesondere bei Investitionsgütern. VerwendenSie ausnahmsweise die persönliche Anrede, wenn der persönlicheStil in der Dokumentation für die Zielgruppe vonbesonderer Bedeutung ist.

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