Dokumentation der Ausstellung - Galerie Epikur
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Artist in Residence 2009 · Susanne Kessler – In Bilico<br />
Eine <strong>Dokumentation</strong><br />
<strong>Galerie</strong> <strong>Epikur</strong> Wuppertal
Artist in Residence 2009<br />
Susanne Kessler – In Bilico<br />
Eine <strong>Dokumentation</strong><br />
<strong>Galerie</strong> <strong>Epikur</strong> Wuppertal
Susanne Kessler hat ihre Rauminstallation<br />
„In Bilico“ – „In <strong>der</strong><br />
Schwebe“ genannt. „In <strong>der</strong> Schwebe“<br />
hat zum einen die Bedeutung,<br />
dass etwas in <strong>der</strong> Luft frei schwebt,<br />
zum an<strong>der</strong>en bezeichnet es im<br />
Allgemeinen einen unsicheren<br />
Zustand, bei dem etwas noch unentschieden<br />
ist, sich die Balance<br />
zwischen zwei Möglichkeiten hält.<br />
Der italienische Begriff beinhaltet<br />
dabei für die Künstlerin eben diese<br />
Bedeutung, enthält das Wort „bilico“<br />
doch die Vorsilbe „bi“ mit <strong>der</strong><br />
Bedeutung von „zwei“. Denn <strong>der</strong><br />
Titel bezeichnet gerade diesen Zwischenzustand<br />
und Übergang <strong>der</strong><br />
Rauminstallation von Zeichnung zu<br />
Skulptur, von organischen Gebilden<br />
zu kalligrafi schen Mustern. Und<br />
nicht zuletzt steht <strong>der</strong> Ausdruck „in<br />
<strong>der</strong> Schwebe“ wegen <strong>der</strong> Wuppertaler<br />
Schwebebahn mit <strong>der</strong> alten<br />
Heimatstadt <strong>der</strong> Künstlerin in<br />
beson<strong>der</strong>s passen<strong>der</strong> Relation.<br />
Von einem geerdeten Gewebehaufen<br />
aus Gehirnstrukturen und organischen<br />
Strängen scheint ein dicker<br />
Nervenstrang, aus Drahtseilen<br />
gebildet, wegzuströmen. Es bildet<br />
sich eine Kippsituation, die sich<br />
jedoch in <strong>der</strong> Schwebe hält, wie<strong>der</strong><br />
hinab zum Boden führt und sich<br />
dort sammelt. Es ist die Vorstellung<br />
von Transmittersystemen, die über<br />
Leitern gehen und Informationen<br />
weiterleiten. Der Gewebehaufen<br />
mit seinen Gehirnstrukturen konstituiert<br />
ein Bild <strong>der</strong> Erinnerung,<br />
was sich anhäuft und dann plötzlich<br />
vorstößt.<br />
Daneben hängt ein im Kontrast<br />
dazu sehr luftiges Gebilde im<br />
Raum. Es scheint aus einem<br />
Gewirr aus Strömen, wenn man<br />
näher heran tritt, aus gezeichneten<br />
Gehirnstrukturen zu bestehen.<br />
Diese Zeichnungen des Gehirngespinstes<br />
präsentieren sich in<br />
ihrer reinsten Form: Denn es sind<br />
einzig die Linien, die sich hier<br />
miteinan<strong>der</strong> verweben, ohne den<br />
negativen Raum des Papiers, <strong>der</strong><br />
sich einst um sie befand. Von ihm<br />
sind sie gelöst und befreit, schließen<br />
sich hier zusammen und gehen<br />
von <strong>der</strong> Zweidimensionalität in<br />
die Dreidimensionalität über.<br />
Dazu sind die Zeichnungen auf<br />
Gitterrechtecke aufgebracht. So,<br />
wie in <strong>der</strong> klassischen Aktmalerei<br />
<strong>der</strong> Körper zunächst in Rechtecke<br />
unterteilt und schließlich durch<br />
Rundungen geformt wird und seine<br />
endgültige Gestalt erhält, genau<br />
so hat Susanne Kessler hier dieses<br />
Gebilde gestaltet: Die Zeichnungen<br />
über den Gittergerüsten bilden die<br />
endgültige Form, die Künstlerin<br />
zeichnet gewissermaßen in den
Susanne Kessler In Bilico<br />
Arbeitsphase<br />
Aufbau, 12. Juli 2009
Aufbau, 13. Juli 2009<br />
Raum. Die Linien, die sie auf diese<br />
Weise in den Raum gezogen hat,<br />
inspirieren sie zum weiteren Fortgang<br />
<strong>der</strong> Installationsarbeit.<br />
Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite hängen die<br />
Zeichnungen ganz luftig-leicht<br />
wie ein Schleier o<strong>der</strong> Spinnennetz<br />
unter <strong>der</strong> Decke. In dieser Gestalt<br />
haben die Zeichnungen fast wie<strong>der</strong><br />
ihre zweidimensionale Form angenommen.<br />
Es erscheint als organisches<br />
Gewebe, das in den Raum zu<br />
wachsen scheint. Daneben kommt<br />
ein Gewirr von Gitterrechtecken<br />
von oben heruntergeschwebt und<br />
umzingelt ein weiteres hohes<br />
Gebilde. Die Gitter – hier ohne<br />
Zeichnung – sind hier selbst die<br />
Zeichnung im Raum. Das aufwachsende<br />
Gebilde erstreckt sich<br />
fast bis zur Decke. Oben läuft es<br />
in tropfenartige Bestandteile aus,<br />
<strong>der</strong> Betrachter verfolgt die Bewegung,<br />
die wie<strong>der</strong> zum Boden<br />
zurück zu führen scheint. So ist<br />
alles im Fluss, bei allen Gebilden<br />
hat man das Gefühl, es könnte<br />
weiterwachsen und -wuchern, sich<br />
weiter ausbilden, als wäre es organisches<br />
Gewebe aus dem Leben<br />
gegriffen. Wie das Leben wächst<br />
auch die Rauminstallation in ihrer<br />
Entstehung und suggeriert selbst<br />
nach ihrer Vollendung ein Weiterwachsen.<br />
Zugleich ist sie aber<br />
ebenso vergänglich wie das Leben<br />
und einmalig in ihrem Aufbau.<br />
Die Zeichnungen, die organische<br />
Gewebe darstellen, sind selbst aus<br />
einem organischen Material: Papier.<br />
Sie stellen eine Phantasie von<br />
Anatomie dar, von Nervenmaterial,<br />
Gehirnstrukturen, Organen von<br />
Meerestieren. Es ist in dieser Herangehensweise<br />
eine seelische Phantasie,<br />
im Gegensatz zu einer wissenschaftlichen<br />
Betrachtungsweise.<br />
Die Rauminstallation von Susanne<br />
Kessler befl ügelt die Phantasie.<br />
Im Kabinett und am Eingang<br />
hängen durchsichtige Plexiglas-Boxen,<br />
die den Blick auf ihr Inneres<br />
freigeben. Sie beinhalten in ihrer<br />
Bewegung eingefrorene, dreidimensionale<br />
Zeichnungen, die an<br />
Organe o<strong>der</strong> Teile von Meerestie-
en erinnern. Es sind polymorphe<br />
Strukturen, die an Oktopus-Bestandteile<br />
denken lassen, hier und<br />
da mag man einen Fangarm ausmachen.<br />
Hinzu kommt ein beson<strong>der</strong>s<br />
hoher Grad an Ornamentalität.<br />
Hier wirken die Zeichnungen<br />
wie ein Wandrelief, fest und starr,<br />
gar nicht mehr so fragil wie zum<br />
Beispiel die Netze unter <strong>der</strong> Decke.<br />
Die Plexiglas-Behälter mit ihrem<br />
Inhalt sind im Gegensatz zu <strong>der</strong> gesamten<br />
Rauminstallation dauerhaft,<br />
sie werden weitergetragen.<br />
Für die Künstlerin ist es bei<br />
einer Installation wichtig, dass verschiedene<br />
Bereiche immer an<strong>der</strong>e<br />
Strukturen enthalten, aus <strong>der</strong> Variation<br />
Abwechslung entsteht. Dabei<br />
nehmen die Zeichnungen einen<br />
beson<strong>der</strong>s bedeutsamen Stellenwert<br />
als ältere, wie<strong>der</strong> verwendete Elemente,<br />
ein. Indem sie enthüllt sind,<br />
also von ihrem Träger losgelöst,<br />
präsentieren sie sich skulptural. Die<br />
räumlich gewordenen Zeichnungen<br />
zeigen sich in <strong>der</strong> Rauminstallation<br />
vielschichtig: mal luftig-beweglich,<br />
dann wie<strong>der</strong> versteift-eingefroren,<br />
aber immer halten sie sich in <strong>der</strong><br />
Schwebe – sowohl im Schwebezustand<br />
um uns herum, als auch in<br />
diesem Zwischenstand von Zwei-<br />
zu Dreidimensionalität, von Zeichnung<br />
zu Skulptur, von organischem<br />
Gewebe zu Papier, Draht und Stoff.<br />
Nina Hartgenbusch, M.A.<br />
Aufbau, 14. Juli 2009
Aufbau, 15. Juli 2009
Aufbau, 16. Juli 2009<br />
Aufbau, 17. Juli 2009<br />
Aufbau, 18. Juli 2009
Aufbau, 20. Juli 2009
Aufbau, 21. Juli 2009
Susanne Kessler In Bilico<br />
Raumansichten
Raumansicht, rechts Details Liebe Frau Kessler,<br />
das war ein schöner Sonntag,<br />
gemeinsam mit Ihnen. Natürlich<br />
wäre ich auch gerne zur<br />
Eröffnung gekommen, hätte die<br />
Wahrnehmung und Wertschätzung<br />
Ihrer Arbeit durch an<strong>der</strong>e<br />
Menschen erlebt. Aber so war<br />
es doch etwas sehr Beson<strong>der</strong>es:<br />
Nähe und Distanz, Respekt und<br />
Vertrauen – letzteres habe ich<br />
sehr intensiv erlebt.<br />
Dabei und dafür ist mir Ihr Werk<br />
sehr wichtig. Sie vermögen im<br />
Material <strong>der</strong> Kunst auszudrück-<br />
en, wozu unsere Sprache oft nicht<br />
mehr fi ndet. Das hat natürlich<br />
damit zu tun, dass die Wörter<br />
schon so vieles auszudrücken<br />
versuchen mussten, während Ihre<br />
Gestaltungen neu sind. Das war<br />
einer meiner ersten Gedanken, als<br />
ich mich umsah: Das sah man so<br />
noch nie!. Was? Die Ganzheit des<br />
Gewordenen und des Werdenden.<br />
Und ist nicht für diese Ganzheit<br />
gerade - soweit wir solche Wahrheiten<br />
zu fassen vermögen - das<br />
Gehirn, das Ihnen für Ihre Formfi<br />
ndungen so wichtig geworden<br />
ist, ein wesentlicher Ort, seine
Fassungskraft, Beweglichkeit und<br />
Verän<strong>der</strong>ungsfähigkeit, Prinzip<br />
des organischen Lebens. Daher<br />
kommt ja tatsächlich <strong>der</strong> Reichtum<br />
des Lebens und sein Glanz.<br />
Es gab aber bei unserem Gespräch<br />
noch einen Augenblick, wo sie<br />
mir - als Künstlerin - beson<strong>der</strong>s<br />
nahe waren. Das war, als Sie versuchten<br />
mir klar zu machen, nicht<br />
so sehr mit Worten wie mit <strong>der</strong><br />
Bewegung Ihrer Hände, wie<br />
wichtig es Ihnen ist, die Materialität<br />
<strong>der</strong> Fäden und Stoffe, <strong>der</strong> Papiere,<br />
Hölzer, auch <strong>der</strong> Drähte zu<br />
formen und dadurch zu Bil<strong>der</strong>n<br />
zu machen. In diesem Verwandlungsprozess,<br />
<strong>der</strong> ja eigentlich<br />
schon immer <strong>der</strong> künstlerische<br />
Prozess schlechthin gewesen ist,<br />
überwinden wir den Dualismus<br />
und schwingen ein in den Lebensprozess<br />
<strong>der</strong> Welt. Ich kenne viele<br />
Einwände gegen dieses Verständnis,<br />
das Sein und Existenz eint,<br />
vor allem, dass es die Gegensätze<br />
von Materie und Geist, Böse und<br />
Gut ungenügend beachte. Aber<br />
ich ahne immer mehr, dass die<br />
Vervielfältigung und die Einswerdung<br />
ein und <strong>der</strong>selbe Prozess<br />
sind und das genaueste Bild des<br />
Lebens. Nichts Geringeres zeigen<br />
Ihre Arbeiten. Man kann die<br />
Formenwechsel auch nur einer<br />
Schwingung in einer ihrer Arbeiten<br />
kaum zählen, ohne dass<br />
doch diese Schwingung aufhörte,<br />
ein Ganzes zu sein und wie<strong>der</strong>um<br />
Teil eines Ganzen. Und wichtig:<br />
Nichts davon ist gesetzhaft.<br />
Wir haben in unsere Gesprächen<br />
auch die Frage von Leben und<br />
Tod berührt. Ich hoffe, ohne<br />
dass ich es wirklich richtig<br />
auszudrücken wüsste, dass auch<br />
dieser so schmerzende Zwiespalt<br />
Teil <strong>der</strong> beweglichen Ganzheit<br />
ist.
Ich habe dieses heute Abend<br />
noch zu schreiben versucht, weil<br />
ich nicht weiß, ob ich es in den<br />
nächsten Tagen besser kann.<br />
Sie müssen überlegen, ob sie es<br />
wirklich mit Ihrer Arbeit verbinden<br />
wollen - ich erlebe seit<br />
Jahren, dass man es kunstfremd<br />
fi ndet. Deshalb will ich, vielleicht<br />
<strong>der</strong> Kunstszene ein bisschen<br />
näher, noch einmal sagen dürfen,<br />
dass ich nichts an<strong>der</strong>es meine,<br />
wenn ich den Gestaltungsreichtum<br />
und den festlichen Reichtum<br />
von Farben und Formen in Ihren<br />
Arbeiten als Glück empfi nde. Es<br />
ist die gleiche Wirklichkeit.<br />
Brauchen Sie stattdessen die drei<br />
Sätze, die ich in Wuppertal gesagt<br />
habe, will ich versuchen, sie wie<strong>der</strong>zufi<br />
nden, zweifl e freilich, ob<br />
mir das gelingt.<br />
In Freundschaft<br />
Ihr A. Smitmans<br />
(Dr. Dr. Adolf Smitmans,<br />
ehem. Leiter <strong>der</strong> Städt. <strong>Galerie</strong> Albstadt)
Raumansichten
Blick ins Kabinett
Objektkästen, je<strong>der</strong> 93 x 46 x 17 cm, Bleistift, Graphit, Sepiatusche auf Papier
In Bilico<br />
Meinen Zeichnungen und Rauminstallationen<br />
<strong>der</strong> letzten Jahre<br />
liegen insbeson<strong>der</strong>e das menschliche<br />
Gehirn zu Grunde, seine äußere<br />
Erscheinung sowie seine inneren<br />
übereinan<strong>der</strong> liegenden Strukturen<br />
und Muster. Im Gehirn sehe ich den<br />
Ursprung für alles, was in <strong>der</strong> Welt<br />
entsteht und existiert, für alles Lebendige,<br />
vor allem auch des eigenen<br />
Ichs. Das verknäuelte Leben bleibt<br />
rätselhaft und explosiv, geheimnisvoll<br />
wie in einem Kokon.<br />
Das organische Netzwerk des Hirns<br />
(dem nichts entwischt), versuche ich<br />
nachzubilden. Gedankenfragmente,<br />
Gedankenzüge werden eingebunden<br />
in ein zeichnerisches System, in ein<br />
Gewebe sich überlappen<strong>der</strong> Muster.<br />
Auch Impulse versuche ich zeichnerisch<br />
darzustellen und Bil<strong>der</strong> für<br />
koordinierte Funktionen und Formen<br />
für Projektionsbahnen bei Denkabläufen<br />
zu fi nden. Ich verarbeite<br />
wissenschaftliche Zeichnungen und<br />
verbinde sie in meiner Installation<br />
mit eigenen Assoziationen und Vorstellungen.<br />
So gestalte ich Räume rein grafi sch<br />
mit Zeichen und Symbolen. Kinetische<br />
Energien sollen den Raum<br />
durchfahren. Spannungen entstehen<br />
zwischen Überfülle - Anhäufungen,<br />
Auftürmungen, Verdichtungen von<br />
Strukturknäueln- und Leere, Innerlichem<br />
und Äußerlichem, Festem und<br />
Flüchtigem. Werden und Vergehen<br />
erfahrbar zu machen, ist ein Grundanliegen<br />
meiner Arbeit. Zum einen<br />
geht es darum, den Wandlungsprozess<br />
in einem naturähnlichem System<br />
mit naturähnlichen Symbolen<br />
darzustellen, zum an<strong>der</strong>en aber auch<br />
den künstlerischer Schaffensprozess<br />
in seiner Analogie zum Prinzip des<br />
Lebens zu verdeutlichen. Wie das<br />
Leben befi ndet sich auch die Arbeit<br />
in ständigem Wandel.<br />
Beim Zeichnen selbst versuche ich<br />
Bewegung einzufangen: „drawing on<br />
the run“.<br />
Susanne Kessler Vernissage In Bilico<br />
7. August 2009
Neu entstehende Zeichnungsserien<br />
werden in die jeweiligen Installationen<br />
eingebunden, um sie aus sich<br />
heraus zu erneuern. So sind in<br />
meinen Installationen und Konstruktionen<br />
schon mehrere Bereiche<br />
<strong>der</strong> menschlichen und tierischen<br />
Anatomie eingefl ossen, z. B. die Seh-<br />
und Hör- und Fortpfl anzungsorgane<br />
von Menschen und Tieren, sowie<br />
<strong>der</strong> Knochenaufbau verschiedener<br />
Lebewesen.<br />
So wie man nicht zweimal in den<br />
gleichen Fluss eintaucht, wie<strong>der</strong>hole<br />
ich nie genau meine Raumarbeiten.<br />
Da es keine festen Formen gibt,<br />
verän<strong>der</strong>n sie sich von Land zu<br />
Land, Raum zu Raum, von Jahr zu<br />
Jahr. Die zeitlich begrenzte Existenz<br />
einer Installation mache ich mir zu<br />
Nutze, indem ich durch Zerstörung,<br />
Ortswechsel und Neuaufbau, die<br />
Thematik jedes Mal neu aufschließe,<br />
ihr etwas hinzufüge o<strong>der</strong> fortnehme.<br />
Das Konzeptuelle <strong>der</strong> Arbeit erfährt<br />
neue Raumbedingungen und Eigendynamiken<br />
von Orten und versinnbildlicht<br />
schon dadurch Evolution.<br />
Momentanes Fixieren, spontane<br />
Inventionen erzeugen Dualitäten: Ein<br />
Zulassen von Verfallsbereichen einerseits,<br />
sowie an<strong>der</strong>erseits neue, aus<br />
sich heraus entstehende Systeme und<br />
Ordnungen im vermeintlichen Chaos.<br />
Irregularität im regulären Feld,<br />
aber auch reguläre Kompositionen in<br />
regulärer Form. Den Variationen von<br />
Bio-, Polymorphem, <strong>der</strong> Asymmetrie<br />
und Dynamik, dem Zulassen von<br />
fehlen<strong>der</strong> Form sowie zugefügten<br />
Elementen sind keine Grenzen<br />
gesetzt. Ein häufi g unterlegtes Raster<br />
kanalisiert lediglich die aufkommenden<br />
Energien und gibt dem Wachsen<br />
die nötige Struktur. In Ringen um<br />
die jeweils richtige Dynamik muss am<br />
Ende ein Raum entstehen, in dem<br />
man alles denken kann und sollte.<br />
Eine nach oben hin offene Schale, wie<br />
eine umgekehrte Schädeldecke, in <strong>der</strong><br />
man aus Vorgeformten heraustreten<br />
kann.<br />
Susanne Kessler Vernissage In Bilico<br />
7. August 2009
Und an<strong>der</strong>s herum: Die Einblicke<br />
in die tieferen Zonen und das nicht<br />
Überdecken des Aufbaugerüstes <strong>der</strong><br />
Installation, empfi nde ich als ein „archäologisches“<br />
Konstrukt.<br />
Sigmund Freud zog eine Parallele<br />
zwischen <strong>der</strong> Erforschung des Unbewußten<br />
und <strong>der</strong> Archäologie Roms.<br />
Er blickte auf Rom als Modell <strong>der</strong><br />
Seele und <strong>der</strong> Konstruktion des<br />
Unbewußten. Als Künstlerin, die seit<br />
mehr als zwei Jahrzehnten in Rom<br />
lebt und arbeitet, akzeptiere ich in<br />
diesem Sinne das Einwirken dieser<br />
mächtigen und dennoch fragilen<br />
Stadt auf mich und meine Thematik.<br />
Die Archäologie einer solchen Stadt<br />
hat für mich auch eine Parallele zur<br />
„Archäologie“ unseres Gehirns, des<br />
persönlichen Menschenarchivs.<br />
Als Zeichnerin jedoch stehe ich in<br />
<strong>der</strong> Mitte zwischen den heutigen und<br />
den antiken Verhältnissen, zu beiden<br />
Seiten hin in gleicher Entfernung. Ich<br />
empfi nde mich, sensibilisiert durch<br />
meine persönlichen Erfahrungen und<br />
als Künstlerin, die zumeist im Ausland<br />
unterwegs ist, als Gestalterin von<br />
Zwischenräumen, die zwar oberfl<br />
ächlich ortsbeeinfl usst aber innerlich<br />
unabhängig bleiben. Die in die Tiefe<br />
hinein transparent bleiben, aber nach<br />
oben hin offen sind. Wenn die Kunsthistorikerin<br />
Lisa Farrington von <strong>der</strong><br />
Dualität meiner Arbeit spricht, so<br />
denke ich, beschreibt sie diese Gratwan<strong>der</strong>ung<br />
und Öffnung.<br />
Susanne Kessler
In geselliger Runde bis weit nach Mitternacht<br />
Iris Rau und Frank Becker (Museumsblätter)
Im Hintergrund Georg Westerholz,<br />
Gerd Moritz und Claudia Rother<br />
Der 88 jährige Vater, Kurt Kessler, dahinter Annelie Brusten, rechts Antje Birthälmer<br />
Anne Linsel und Manfred Niewöhner vorne rechts
Art.Fair Veranstalter Andreas Lohaus mit<br />
Ehefrau Nancy und Tochter Lilian<br />
Vorne links Michael Zeller, rechts daneben<br />
Susanne Schwarzer und Andreas Macat<br />
Susanne Kessler<br />
und ihr Ehemann Furio-Camillo Rosati
Susanne Kessler<br />
lebt und arbeitet in Rom und Berlin<br />
1955 geboren in Wuppertal<br />
75-82 Hochschule <strong>der</strong> Künste (UdK), Berlin<br />
82-83 Royal College of Art, London<br />
82-83 DAAD- Stipendium, Royal College<br />
of Art, London, Royal College of Art<br />
Exchange Scholarship<br />
1984 Stipendium des Deutsch-Französischen<br />
Jugendwerk, Paris<br />
1992 Paul-Strecker-Preis, Mainz<br />
1995 Kaiserringstipendium, Mönchehausmuseum<br />
für mod. Kunst Goslar<br />
1995 „Artist in Residence“, Lalit Kala Academi,<br />
New Delhi, Max Mueller Bhavan, Mumbai,<br />
Chennai, Hy<strong>der</strong>abad, Indien<br />
1996 „Artist in Residence“, Goethe-Institut Lahore,<br />
Pakistan<br />
2001/02 Gastdozentin <strong>der</strong> California State University,<br />
Stanislaus, USA<br />
2003 „Artist in Residence“, Fadjr Festival, Teheran,<br />
Iran<br />
2005 Mitglied des „Viewing programs, Artist registry“<br />
des „The Drawing Center“, New York, USA<br />
2008 Teilnahme am Internationalen Symposium<br />
„Dialog“, Kunstakademie Riga, Lettland<br />
2008 „Artist in Residence“, City University New York,<br />
USA
Einzelausstellungen<br />
2009 „In Bilico”, <strong>Galerie</strong> <strong>Epikur</strong>, Wuppertal<br />
2008 „Survival Kit“, Civico 8, Rom, Italien<br />
2008 „Drawing Space-The New York Room“, John<br />
Jay College Gallery, City University, New York,<br />
NY, USA<br />
2008 „Synapse“, Galeria Dora Diamanti , Rom,<br />
Italien<br />
2007 „Synaptic Drawings“, Second Street Gallery,<br />
Charlottesville, VA, USA<br />
06-08 „The Flying Temple“, im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Ausstellung</strong><br />
„Kunst Landschaft 06“, Land Art an <strong>der</strong><br />
Nordsee bei Büsum<br />
2005 „The Artist Talk“, Tischinstallation, The Drawing<br />
Center NewYork, NY, USA<br />
2005 „Di Punto in Bianco – Arbeiten im Zwischenraum”,<br />
Halle 15, Tony Cragg Studios, Wuppertal<br />
(in Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> <strong>Galerie</strong> <strong>Epikur</strong><br />
Wuppertal)<br />
2005 „Spiegeldrahtzellen“, Deutsches Drahtmuseum,<br />
Altena<br />
2004 „Capriccio“, Produzentengalerie Offenburg (mit<br />
Anna Löbner)<br />
2004 „Patterns of Life”, The American Association<br />
for the Advancement of Science, Washington/<br />
DC, USA<br />
2004 „Wire Installation“, Goethe-Institut Washington/DC,<br />
USA<br />
2003 ”Room of Evolution”, Artist Forum, 21.<br />
International Fadjr-Festival Teheran, Iran<br />
2002 „Soft Grids“, Stanislaus University - Art<br />
Gallery, Turlock, CA, USA<br />
2002 „<strong>Ausstellung</strong> auf Zeit“, Gustav Lübke Museum,<br />
Hamm<br />
2002 „Bil<strong>der</strong>, Bücher und Gebilde“, Stadtgalerie im<br />
Elbeforum, Brunsbüttel<br />
2001 „Il Fregio“, Cantieri alla Zisa/<br />
Goethe-Institut Palermo, Italien<br />
2001 „Im Lauf <strong>der</strong> Dinge ist auch Stillstand -13<br />
Räume“, <strong>Galerie</strong> <strong>der</strong> Stadt Remscheid<br />
2001 „Installationen und Bil<strong>der</strong>“, <strong>Galerie</strong> Beethovenstrasse,<br />
Düsseldorf<br />
2001 „Babylon“, 1. Teil <strong>der</strong> <strong>Ausstellung</strong> des Gustav<br />
Lübcke Museums im Rathaus Hamm<br />
2000 „Auffl ug“, Nachfolge Christi Kirche, Bonn<br />
1999 „Bil<strong>der</strong>, Konstruktionen, Arbeiten auf Papier“,<br />
Museum Schloss Moyland, Bedburg Hau<br />
1997 „Susanne Kessler in Pakistan und Indien“,<br />
Museum Abtei Liesborn, Liesborn-Wa<strong>der</strong>sloh<br />
1997 „Übersee“, <strong>Galerie</strong>. Atrium, Hamburg<br />
1996 „Ricording Disappearance“, Lalit Kala Academi,<br />
New Delhi, Indien<br />
1996 „The Broken Image“ Max Mueller Bhavan,<br />
Hy<strong>der</strong>abad, Indien<br />
1996 „Conserving Memories“, Max Mueller Bhavan<br />
- <strong>Galerie</strong> Chemould, Mumbai-Bombay, Indien<br />
1996 „Only to Vanish Once More“, National College<br />
of Art, Lahore, Pakistan<br />
1995 „Bil<strong>der</strong> und Konstruktionen“, Kunstverein<br />
Speyer<br />
1995 „Das Zelt“ (Installation mit einer Beschallung<br />
von <strong>der</strong> Komponistin Babette Koblenz), Loft,<br />
Köln<br />
1995 „Bil<strong>der</strong> und Objekte“ , Mönchehaus Museum<br />
für mo<strong>der</strong>ne Kunst, Goslar<br />
1995 „The Universe Moves“, Max Mueller Bhavan,<br />
Madras- Chennai, Indien<br />
1994 „Man müsste wie<strong>der</strong> Tempel bauen“, Von <strong>der</strong><br />
Heydt-Museum, Wuppertal<br />
1994 „Der Ursprung <strong>der</strong> Dinge“, <strong>Galerie</strong> <strong>Epikur</strong>,<br />
Wuppertal<br />
1993 „Das unendliche Band“, Regionalmuseum<br />
Xanten<br />
1993 „Bücher, Raumobjekte“, Goethe-Institut Rom,<br />
Italien<br />
1993 „Zeichnungen und Konstruktionen“, Städtische<br />
<strong>Galerie</strong> Albstadt<br />
1993 „Zeichnungen“, Landesmuseum Mainz (anlässlich.<br />
des Paul-Strecker-Preises)<br />
1993 „Trittico con Veicolo, due Ruote ed una Biblioteca“,<br />
Galleria dei Serpenti, Rom, Italien<br />
1992 „The Carrousel of Shapes“ , October Gallery,<br />
London (in Zusammen-Arbeit mit dem Goethe-<br />
Institut London), UK<br />
1991 „Werkschau an drei Orten“, Kunstverein Solingen<br />
1990 „Pittura e Progetti“, Centro del Arte Contemporanea<br />
Luigi di Sarro, Rom, Italien<br />
1989 „Linienkarussell“, Kunstverein Lingen<br />
1989 „Formenkarussell und Bil<strong>der</strong>“, Stadthaus -<br />
Kunstverein Wetzlar<br />
1989 „Malbücher, Bil<strong>der</strong>, Zeichnungen und Raumobjekte“,<br />
Landesmuseum Mainz<br />
1988 „Nella Tela del Ragno“, Sala dei<br />
Mercatori, Palazzo Communale, Ascoli Piceno,<br />
Italien<br />
1987 „Flügelkonstruktion, Bücher und Bil<strong>der</strong>“, Städtische<br />
<strong>Galerie</strong> Peschkenhaus, (zus. mit Werner<br />
Haypeter), Moers<br />
1987 „Farbkarussell“, <strong>Galerie</strong> Brusten, Wuppertal<br />
1987 „Malerei 1983-1987“, Deutsches Klingenmuseum,<br />
Solingen<br />
<strong>Ausstellung</strong>sbeteiligungen<br />
2009 „Atelier Aperti III“, Kunstereignis in<br />
Landschaft, Villen und Künstlerateliers<br />
in und um Orvieto, Italien<br />
2008 „Ambiente I / II“, Palazzo dei Priori und<br />
Botanischer Garten Viterbo, Italien<br />
2008 „Dialog“, Kunstgalerie <strong>der</strong> Akademie <strong>der</strong><br />
Künste, Riga, Lettland<br />
2008 „Atelier Aperti II“, Kunstereignis in<br />
Landschaft, Villen und Künstlerateliers<br />
in und um Orvieto, Italien<br />
2007 „Linien“, Nassauischer Kunstverein,<br />
Wiesbaden, Germany<br />
2007 „Atelier Aperti I“, Kunstereignis in<br />
Landschaft, Villen und Künstlerateliers<br />
in und um Orvieto, Italien<br />
2006 „Standpunkt:jetzt.“, Universität <strong>der</strong><br />
Künste Berlin<br />
2006 „Kunst Landschaft 06“, Projekt-<strong>Ausstellung</strong><br />
zu den Land Art Installation,<br />
Stadtgalerie im Elbeforum, Brunsbüttel<br />
2005 „Zusammenfassung“, Produzentengalerie<br />
Offenburg<br />
2003 „Mario Vinci and Friends“, Palazzo<br />
Vescovile, Aquapendente, Italien<br />
2002 „Mensch und Raum“ Villa Streccius,<br />
Landau<br />
2001 „Objects“ <strong>Galerie</strong> Brusten, Wuppertal<br />
2001 „En-Art“ Projektausstellung in <strong>der</strong> Zeche<br />
Nachtigall, Witten<br />
2001 „10 Jahre Kunstverein Solingen“ Museum<br />
Baden, Solingen<br />
1999 „Skulptur im Park“ Schloss Borbeck,<br />
Essen<br />
1999 „Bewegliche Lettern“, <strong>Galerie</strong> <strong>der</strong> Stadt<br />
Remscheid<br />
1998 „Natürlicht“, Flottmannhallen, Herne<br />
1997 „Begegnungen“, Städtische <strong>Galerie</strong><br />
Albstadt<br />
1997 „An Elbe und Rhein“, Projektausstellung<br />
<strong>der</strong> Elisabeth-Montag-Stiftung,<br />
Pieschener Hafen, Dresden und Rheinufer,<br />
Bonn/Bad-Godesberg<br />
1997 „Trepp auf“, <strong>Galerie</strong> Brusten, Wuppertal<br />
1997 „Visionen“, <strong>Galerie</strong> Brusten, Wuppertal<br />
1996 „In-Contri“, Goethe-Institut Palermo,<br />
Italien<br />
1996 „Autoritratto-Dentro-Fuori“, Museo<br />
Laboratorio di Arte Contemporaneo,<br />
Catania, Italien<br />
1996 „Europa-Africa“, Palazzo Medioevale<br />
della Città di Céfalù, Italien<br />
1996 „Hans und Lotte lesen “, <strong>Galerie</strong> 13,<br />
Hannover<br />
1995 „Fredsskulptur-Peacesculpture“, Projektausstellung<br />
auf den Bunkern <strong>der</strong><br />
Westküste Dänemarks<br />
1995 „Fredsskulptur-Peacesculpture“, Museet<br />
for Religiøs Kunst, Lemvig, Dänemark<br />
1995 „La Città Ideale“, Pettineo, Italien
Für die Hilfe beim Aufbau danken wir beson<strong>der</strong>s<br />
Tommaso Cornelis Rosati, Aline Poensgen und Michael Windgassen<br />
Impressum:<br />
<strong>Dokumentation</strong>: Susanne Kessler - In Bilico<br />
Artst in Residence 2009<br />
Arbeitsphase 12. Juli – 6. August 2009<br />
<strong>Ausstellung</strong> 7. - 22. August 2009<br />
<strong>Galerie</strong> <strong>Epikur</strong> Wuppertal, 2009<br />
Texte: Nina Hartgenbusch, M. A., Wuppertal<br />
Susanne Kessler, Berlin<br />
Dr. Dr. Adolf Smitmans<br />
Fotos: Susanne Kessler, Berlin<br />
HansPeter Nacke, Wuppertal<br />
Birgit Heuchemer, Solingen<br />
Tommaso Cornelis Rosati<br />
Layout: HansPeter Nacke<br />
Lithografi e: Bernhard Stegt, Wuppertal<br />
Herstellung: Druckservice HP Nacke KG, Wuppertal<br />
Herausgeber: <strong>Galerie</strong> <strong>Epikur</strong> Wuppertal<br />
Friedrich-Engels-Allee 165, 42285 Wuppertal<br />
Telefon 0202 - 88 70 11<br />
www.galerie-epikur.de