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Projektbericht (11.736 KB, pdf) - wiener wohnbau forschung

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Urbanität durch WohnenEine neue StadterneuerungErarbeitung von Kriterien zur Verbesserung der Wohnraumversorgung bestehender Wohnanlagen unterbesonderer Berücksichtigung des DichtebegriffsChristoph LammerhuberChristoph LuchsingerIsolde RajekManfred ScheneklIm Auftrag der MA 50 Wiener Wohnbau<strong>forschung</strong>


Technische Universität WienFachbereich für StädtebauChristoph Lammerhuber, pool Architektur ZT GmbHUniv.Prof. Dipl.-Arch. ETH Christoph Luchsinger, TU Wien,Fachbereich StädtebauDI Isolde Rajek, rajek barosch landschaftsarchitektur, WienDr.phil. Manfred Schenekl, Historiker, WienMitarbeit:Klara HrubicekDorothee HuberMag. a Brigitte Ott (Lektorat)Im Auftrag der MA 50 Wiener Wohnbau<strong>forschung</strong>Wien, Oktober 2013StudierendeKlara HrubicekDorothee HuberVeronika PlatzPhilpp OcvirkMoritz RosenbergMattias SeitnerChristian ClementLaura Nasim EnshaieFelix KämpfelBenjamin GänsbacherLena NindlLinda SteinerCarl AuböckKlemens HaidlStefanie RumplerStefan MayrFabian MüllerSilvia Quiles GarridoBarbara SchilhanTanja HollensteinerLukas Jacek KruczynskiJulio Salas RodriguezGregor HaukeJohanna MontiInes PorentaOlena BorysovaJulia LeineweberPatryk WozniczkaLaszlo Zimmermann2


Urbanität durch Wohnen – Eine neueStadterneuerungErarbeitung von Kriterien zur Verbesserung derWohnraumversorgung bestehender Wohnanlagen unterbesonderer Berücksichtigung des DichtebegriffsAbstractAufgabe des Forschungsprojekts ist es, Maßnahmen undInterventionen zur Verbesserung der Wohnraumversorgungbestehender Wohnanlagen der 1950er- bis 1970er-Jahre zuerarbeiten und dabei zu überprüfen, wie weit Dichte in diesemZusammenhang ein städtebaulich und wohnungspolitischrelevantes Konzept darstellen kann bzw. in welcher Weisenachverdichtende Maßnahmen zielführend sein können. Derentwickelte Maßnahmenkatalog und die Überlegungen zumDichtebegriff sollen anhand konkreter Wohnanlagen aus demBestand der 1950er- bis 1970er-Jahre erprobt und illustriertwerden.Zur Relevanz des Dichtebegriffs im Kontext derWohnraumversorgungEntlang theoretischer Überlegungen, historischer Analysen undder Arbeit an ausgewählten Wohnanlagen lässt sich zeigen, dassDichte keine städtebauliche Kategorie ist, über die eine konkreteLeitzahl erlangt werden kann. Dichte stellt weder als VerhältnisBruttogeschossfläche zu Baugrund (GFZ) noch als VerhältnisEinwohnerInnen oder Wohnungen pro Hektar ein Maß zurVerfügung, mit welchem über die Qualität eines städtebaulichenKonzepts entschieden werden kann. Auch soziologischenTheoriebildungen entlang einer kritischen (Kontakt-)Dichte, die aneinem bestimmten Punkt umschlägt und Urbanität hervorbringt, istkein Maßstab zu entnehmen.Dichte gemessen als Verhältnis Bruttogeschossfläche zuBaugrund kann allerdings eine Zielvorgabe und präzisezu argumentierende Größe sein, wenn es darum geht, einGrundstück zu verwerten. An dieser Stelle erweist sich einehöhere Dichte als mehrwertbildende Größe und preissteigernderFaktor am Grundstücksmarkt. Über den gesamten Zeitraumdes gründerzeitlichen Wohnbaus bis 1914 führte diesesKalkül zu extremen Bebauungsdichten, Wohnungselend undunzumutbaren Belegungsdichten und konnte eine ausreichendeWohnraumversorgung weder qualitativ noch quantitativsicherstellen. Es gelangte genau dort an seine Grenze, wo dieMieterwartungen aufgrund der geringen Haushaltseinkommentrotz Überbelegung nicht mehr erfüllt werden konnten.Neben den schlechten Wohnungsverhältnissen, die erst ab den1970er-Jahren im Rahmen der Stadterneuerung sukzessiveabgearbeitet werden konnten, führte diese Logik des spekulativenWohnbaus zu jener sozialräumlichen Segregation Wiens, die auchheute noch spürbar ist.Eine qualitativ und quantitativ ausreichende Wohnraumversorgungwurde erst erreicht, als nach 1918 und schließlich nach1945 die sozialdemokratische Wohnbaupolitik diese Dynamikmittels Gemeinde- und geförderten Wohnungsbau unterliefund über Beschränkungen der Bebaubarkeit nicht nur andereDichtevorstellungen durchsetzte, sondern damit auch ein anderesRegelungssystem zur Sicherung der Wohnraumversorgung.Dichtebeschränkungen und eine Limitierung spekulativerDynamiken innerhalb der Wohnraumversorgung können alszentraler Bestandteil der sozialdemokratischen Wohnungspolitik inWien verstanden werden.Unabhängig ob Nachverdichtung ökonomisch, ökologisch odersoziologisch motiviert ist, stellt sich auch die Frage, wer dasmaterielle Resultat einer Verdichtung und die Konsequenzenzu tragen hat. Änderungen der Dichtezumutungen sind indiesem Sinne als verteilungspolitische Fragen zu adressieren, inwelchen sich auch das sozialräumliche Potenzial demokratischerGleichheitsversprechen aktualisiert.Die historisch-theoretische Analyse macht deutlich, dassdie Frage nach Dichte und Nachverdichtung im Kontext derWohnraumversorgung eine politische Entscheidung verlangtund vor dem Hintergrund gesellschaftspolitischer, sozialer undsozialräumlicher Erwägungen und Gesichtspunkten zu diskutierenist.Zum räumlichen Potenzial der untersuchtenWohnanlagenIn allen im Rahmen der Studie untersuchten Wohnanlagen kannein städtebauliches und der Bauordnung nach vertretbaresPotenzial für raumgenerierende Maßnahmen von 10 bis 30Prozent ausgewiesen werden. Dabei handelt es sich vor allemum Aufstockungen, Intensivierung bestehender Nutzungen oderNeubau auf Frei- bzw. Grünflächen, d. h. um eine Konversionbestehender Nutzungen und Flächen.Einer solchen Konversion setzen allerdings die bestehendensozialräumlichen Nutzungen und Verankerungen Widerstandentgegen. Gerade das Gebaute und die Konfiguration einerSiedlung verleihen dem Sozialen und den individuellen Biografieneine gewisse Standsicherheit. Die großzügigen Grün- undFreiflächen gerade der Wohnanlagen der 1950er- und 1960er-Jahre sind als sozialer Raum integraler Bestandteil des Lebensin den Wohnanlagen. Alle aktuellen Untersuchungen und Studienzu Lebensqualität und Wohnzufriedenheit weisen auf denhohen Stellenwert hin, welchen gerade diese Flächen für dieBewohnerInnen haben.3


gesellschafts- und sozialpolitscher sowie sozialräumlicherErwägungen zu beurteilen sind und nur dann vertretbarerscheinen, wenn sie das Ergebnis bevölkerungsnaherEntscheidungen im Rahmen einer qualitativen Verbesserungder Wohnanlagen sind. Eine rein aus ökonomischen Gründenmotivierte Nachverdichtung (günstige Wohnraumschaffung) istauch als verteilungspolitisches Problem zu adressieren und siehtsich, nicht zuletzt auch aufgrund der Schwierigkeit der Festlegungvon Grenzwerten und ihrer verlässlichen Ableitung, in den Umkreisgesellschaftspolitischer Entscheidung verwiesen. Das heißt, dassletztendlich auch die Frage einer quantitativen Verbesserung derWohnraumversorgung mittels Nachverdichtung an den Nachweiseiner qualitativen Verbesserung rückgebunden ist und nur imRahmen einer Stadterneuerung entschieden werden kann.Als Eckpunkte der Stadterneuerung des Wohnraumbestandsder 1950er- bis 1970er-Jahre werden vier Transformationenvorgeschlagen, die auch als stabilisierende Instanzen einernachhaltigen Stadterneuerung zu verstehen sind.Sozialräumliche TransformationAlle Maßnahmen sind im konkreten Fall bezüglich ihrersozialräumlichen Nachhaltigkeit zu überprüfen. Darunter fallenMaßnahmen im Frei- und Grünraum, bauliche und Maßnahmenin den Bereichen Infrastruktur und Erschließung etc. Thematischkann dieser Eckpunkt auch über die Begriffe Kommunikation undBegegnung, Erhalten und Pflegen, Anpassen und Korrigieren,Erneuern und Erweitern beschrieben werden.Image-TransformationEin wesentliches Defizit des Bestands der 1950er- bis 1970er-Jahre ist ihr schlechtes Image. Im Rahmen einer Stadterneuerungsind Interventionen auch hinsichtlich ihrer Eignung für eineImagekorrektur zu bewerten. Darüber hinaus sollen auch konkretebauliche, symbolische und narrative Einsätze entwickelt werden,die helfen, das Image der Wohnanlagen zu verbessern.Demokratische TransformationIm Sinne eines Rechts auf Stadt und einer urbanen Demokratiesind Transformationen in den Wohnanlagen im Rahmen geeigneterMaßnahmen der Mitbestimmung und Beteiligung zu entwickelnbzw. abzustimmen. Die demokratische Transformation ist selbstTeil der Stadterneuerung.Ökologische TransformationUmfasst die bestehende bzw. neue Förderschiene Thewosan plus.Maßnahmenkatalog+ Neue Räume: aufbauen, intensivieren, weiterbauen +• Erweiterung des Raumangebotes für Gemeinschaftsräume,Kinder, Basteln, Fitness und Sport• Schaffung neuer Funktionsräume für Fahrräder undKinderwagen• Schaffung von Infrastruktureinrichtungen zur Nahversorgung• Erweiterung des Raumangebots innerhalb der Wohnanlagenfür Büro- und Gewerbenutzungen (lokale Ökonomie, Potenzialfür neue Netzwerke)• Verbesserung der Wohnraumversorgung durch Errichtungvon barrierefreien Altenwohnungen, Familienwohnungen,Singles, WGs usw.+ Erneuerung des Bestandes: ausbauen, umbauen, anbauen +• Ausbildung von Entrees, Vergrößerung der Hauseingängeund Integration der Abstellbereiche für Kinderwagen undFahrräder auf Gehwegniveau, ausreichend Raum schaffen fürdie Postentnahme und nachbarschaftlichen Austausch• Verknüpfung der Erdgeschosszone mit dem Freiraum• Ein- bzw. Anbau von Loggien und Balkonen, Ermöglichungvon Dachterrassen und -begrünungen• Einbau von Aufzügen und Umsetzung von Maßnahmen imBereich der Barrierefreiheit• Stärkung der bestehenden Infrastruktur und bedarfsorientierteErweiterung (altersgerechte Infrastruktur)+ Maßnahmen im Grün- und Freiraum +• Herstellen von Begegnungs- und Kommunikationszonen imFreibereich• Bereitstellen von Plätzen zum Verweilen und Sitzen,Unterstellen und Abstellen im Nahbereich der Hauseingänge,die auch als Kommunikationsräume funktionieren• Ausgestaltung multifunktionaler Erschließungszonen, dieoffen sind für zusätzliche Anlagerungen und die Einbindungverschiedener Funktionen• Attraktivieren bestehender Nutzungen wie Kinderspielplätze,Begegnungszonen etc.• Erschließung bestehender Stellplätze für temporäreund provisorische Nutzungen durch geeigneteGestaltungsmaßnahmen• Erhaltung des Grünraums und Entwicklung extensiverPflegekonzepte• Definieren oder Auflösen von Übergängen und Schnittstellen• Anschließen an das Stadtgefüge und den öffentlichen undLandschaftsraum• Bereitstellen von Gemüsegärten und gemeinschaftlichenFreiflächen5


+ Image- und identitätsstärkende Maßnahmen +• Den Charakter der Wohnanlage stärken, vorhandene Ortecharakterisieren und lesbar machen• Zeitgeschichtliche Aufarbeitungen der Wohnanlagen,Stadt erzählen: z. B. 1950–1970 ©WienModerne | zurRekonstruktion einer Epoche• Ausarbeiten des Konzepts „Urbanität durch Wohnen“• Aneignungen ermöglichen• Konzeptualisierung des Rechts auf Stadt im Rahmender neuen Stadterneuerung und Entwicklung vonBeteiligungsmöglichkeiten• Bereitstellen von Räumen und von Möglichkeiten zurMitbestimmung6


InhaltEinleitung 9Dichte. Überlegungen zu einem Begriff im Kontext der Wiener Wohnraumversorgung 11Von der Aktualität der Dichte zu den Gespenstern 11Dichte und Urbanität. Von einer neuen Gründerzeit 15Was verdichten? Überlegungen zum sozialen Raum 18Zur Archäologie der Siedlungen 21Eine neue Ordnung 21Elemente einer neuen Ordnung 22Urbanität durch Dichte 25Der Grünraum. Konfigurationen des Wohnens 27Neu Beginnen – Andere Räume: Die Pioniere 29Demografisches 31Zur Verbesserung der Wohnraumversorgung bestehender Wohnanlagen 35Nachverdichtung: Die endlose Geschichte 35Nachverdichtung als Strategie im Rahmen der Wohnraumversorgung 36Die Projekte – Potenzialanalyse 39Weiterbauen 39Anbauen 45Aufbauen 46Infrastruktur / Hausnebenräume 48Freiraum 49Urbanität durch Wohnen – Eine neue Stadterneuerung 55+ Fuchsenloch + 56+ Autokaderstraße + 59+ Maurer Lange Gasse + 64+ Smolagasse + 66+ Kaiser-Ebersdorfer Straße + 70Elemente einer neuen Stadterneuerung 77Literatur 797


EinleitungAktualität des ForschungsprojektesDer Begriff Dichte ist schnell zur Hand, wenn es darum geht,eine Reihe aktueller Probleme städtischer Agglomerationenzu lösen. Schwach definiert und begrifflich nur vage gefassttaugt er als strategischer Einsatz in den unterschiedlichstenProblemfeldern. Er steht ebenso für ökologische Optimierungwie für Nutzungseffizienz, für Sparsamkeit im Umgang mitRessourcen, Infrastruktur, Grund und Boden, er gilt alswesentlicher Bestandteil von Urbanität und trifft sich in all demmit den Verwertungsinteressen von Investoren und Entwicklern.Gegenwärtig erlangt Dichte mit dem anhaltenden und kräftigenBevölkerungswachstum Wiens neue Aktualität und adressiertmit der Forderung einer Nachverdichtung im Bestand besondersdie Wohnanlagen aus den 1950er- bis 1970er-Jahren. GaltVerdichtung bisher als probates Mittel, den urbanen Gehaltder zu locker bebauten Wohnanlagen zu erhöhen, rücken nunderen Zwischenräume und großzügige Grünflächen als günstigeBaulandreserven in den Blick. Der Wohnbaubestand derNachkriegsjahrzehnte sieht sich fast ultimativ dazu aufgefordert,einen Beitrag bei der Bewältigung des Bevölkerungswachstums zuleisten.Gleichzeitig avancieren die Wohnbauten und -anlagen dieserdrei Jahrzehnte auch aus anderen Gründen in die Mittebaulicher Bemühungen. Lag in den 1970er-Jahren der Fokusder Stadterneuerung vor allem auf dem zu dicht bebautenGründerzeitbestand, den schlecht ausgestatteten und zu kleinenWohnungen, gelangten spätestens mit den 1990er-Jahrenökologische Maßnahmen auf die Agenda der Stadterneuerung.Mit der Notwendigkeit einer thermischen Sanierung wendet sichdie Stadterneuerung vermehrt an den Wohnungsbestand der1950er- bis 1970er-Jahre. Damit geraten auch die spezifischenstädtebaulichen Defizite und Qualitäten dieser Wohnanlagensowie ihre demografischen Biografien in den Blick. In der Folgesieht sich die traditionelle Stadterneuerung vor der Aufgabe einerentsprechenden Anpassung ihrer Strategien.Wie sehr sich das Bemühen um Nachverdichtung undErneuerung verschränkt, zeigen die aktuellen Diskussionen umden STEP 2025. Die Schaffung zusätzlichen Wohnraums undfunktionaler Mehrwerte bei gleichzeitiger Urbanisierung der inden Blick genommenen Wohnanlagen gehen dabei eine Allianzein, die analytisch schwer zu durchdringen ist. Unklar bleibt,ob und unter welchen Bedingungen eine Nachverdichtungzur Wohnraumschaffung für eine Verbesserung derWohnraumversorgung im Sinne einer Stadterneuerung vorteilhaftsein kann, auf welche Weise dadurch Urbanität entstehen soll oderob nicht vielmehr das Herausstreichen funktionaler Mehrwerte dieökonomischen Sachzwänge einer Nachverdichtung kaschiert.Ziel und Aufgabe des ForschungsprojektsAufgabe des Forschungsprojekts ist es, Maßnahmen undInterventionen zur Verbesserung der Wohnraumversorgungbestehender Wohnanlagen der 1950er- bis 1970er-Jahre zuerarbeiten und dabei zu überprüfen, wie weit Dichte in diesemZusammenhang ein städtebaulich und wohnungspolitischrelevantes Konzept darstellen kann bzw. in welcher Weisenachverdichtende Maßnahmen zielführend sein können. Derentwickelte Maßnahmenkatalog und die Überlegungen zumDichtebegriff sollen anhand konkreter Wohnanlagen aus demBestand der 1950er- bis 1970er-Jahre erprobt und illustriertwerden.Aufbau des ForschungsprojektsAnhand theoretisch-historischer Überlegungen zum Diskursüber Dichte als ein regulatives Instrument im Kontext derWohnraumversorgung wird versucht, die unterschiedlichenKonzeptionen des Dichtebegriffs und seine Einbettung instädtebauliche Leitbilder darzustellen. Die konzeptionelle undtheoretische Auseinandersetzung mit dem Begriff Dichte unddie aus dieser Arbeit entstandenen alternativen Einsätze bildendas Theoriegerüst für die praktischen Erprobungen an denkonkreten Projekten im Rahmen studentischer Arbeitskreise imSommersemester 2013 am Fachbereich Städtebau der TU Wien.In der Auseinandersetzung mit der Archäologie derWohnanlagen und vor dem Hintergrund der politischen undkulturellen, historischen und städtebaulichen Grundhaltungenund Bestandsaufnahmen der Zeit ihrer Entstehung sowieder städtebaulichen Entwicklungen in ihrem Umfeld undgegenwärtiger Anforderungen wurde versucht, die spezifischeSignatur der Wohnanlagen zu beschreiben und ihre Vor- undNachteile darzustellen.Darauf aufbauend wurde das Potenzial der jeweiligenWohnanlage für bauliche Interventionen erprobt und Maßnahmenzur Verbesserung der Wohnraumversorgung auf Ebene derEinzelprojekte entwickelt.Auf Basis der theoretischen Überlegungen und praktischenErprobungen wird diskutiert, wie weit Nachverdichtung einezielführende Strategie im Rahmen der Wohnraumversorgungsein kann und unter welchen Bedingungen sie einen Beitrag zurVerbesserung der Wohnsituation leisten kann.Abschließend werden die Maßnahmen zur Verbesserung derWohnraumversorgung anhand der Projekte dargestellt undim Rahmen eines Maßnahmenkatalogs die Eckpunkte einererneuerten Stadterneuerung für den Wohnraumbestand der1950er- bis 1970er-Jahre vorgestellt.9


Projekte16., Baumeistergasse Fuchsenloch 1–3Bauherr: Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft derFreischaffenden / SozialbauArchitekt: Rudolf MünchBauzeit: 1951–1953Typische Klein-Nachbarschaft der 1950er-Jahre21., Autokaderstraße 3–7Bauherr: Gemeinde WienArchitekten: Oskar und Peter PayerBauzeit: 1966–1967Montagebausiedlung23., Maurer Lange Gasse 136Bauherr: WOGEM Gemeinnützige Wohn-, Bau- und Siedlungsges.für Gemeindebedienstete Ges.m.b.H.Architekt: Heinrich ReitstätterBauzeit: 1966–1968Als Wohn-Nachbarschaft bezeichnete Anlage am Rand der Stadt11., Kaiser-Ebersdorfer Straße 172Bauherr: Wohnbauvereinigung für Privatangestellte GPAArchitektin: Elfriede FischerBauzeit: 1978–1980Teilbereich des Stadterweiterungsgebietes an der Thürnlhofstraße22., Smolagasse 4Bauherr: BWS Gemeinnützige allgemeine Bau-, Wohn- undSiedlungsgenossenschaft reg. Gen.m.b.H.Architekten: H. Muttone + F. NovotnyBauzeit: 1974–197710


Dichte. Überlegungen zu einemBegriff im Kontext der WienerWohnraumversorgung„Das erste, was dem Untersucher bei der Vergleichung vonTrauminhalt und Traumgedanke klar wird, ist, dass hier einegroßartige Verdichtungsarbeit geleistet wird.“ 1Für den Diskurs über Dichte als ein regulatives Instrument imKontext des Städtebaus und der Wohnraumversorgung lassen sichzumindest zwei Stränge ausmachen, die beide ihre Urszene ander Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert finden. Einerseits, amBeginn der Soziologie, Emile Durkheims gesellschaftstheoretischeAusarbeitung einer moralischen oder sozialen Dichte undandererseits die Wohn- und Lebensverhältnisse der industriellenund gewerblichen Arbeiterschaft in einer sich industrialisierendengroßstädtischen Gesellschaft.Für Durkheim war Dichte eine Milieueigenschaft. Je dichtereine Gesellschaft, umso mehr standen ihre Mitglieder inKontakt miteinander und umso entwickelter war ihre „sozialeArbeitsteilung“. 2 Dichte stand für Kontakt, Solidarität, Assoziationund war ein Gradmesser für den Entwicklungsstand einerGesellschaft. Eine hohe soziale Dichte zog eine materielleVerdichtung nach sich, wodurch das Potenzial für soziale Dichteweiter anstieg.Man kann dieses spezifische Potenzial von Dichte über die ganzeUrbanitätsdebatte von der Chicago School of Sociology in den1930er-Jahren über das Leitbild Urbanität durch Dichte in den1960er- und 1970er-Jahren bis zur kompakten Stadt ab den1990er-Jahren und schließlich im neuerdings wieder erhobenenRuf nach einer neuen Gründerzeit ausmachen.Läuft hier unter dem Titel Gründerzeit die Diskussion an ihrenUrsprung zurück, so liegt dort auch die Urszene des zweitenDiskursstranges: die ungesunden, unhygienischen, überbelegtenWohnquartiere, luft- und lichtlose Höfe, extreme baulicheVerdichtung, die Großstadt als Ballungsraum, der von vielen nurnoch als lebenszerstörende Umwelt wahrgenommen werden kann.Während auf der einen Seite des Diskurses ein Mehr an Dichtebegrüßt wird, versucht die andere Seite einer Verdichtung Grenzenzu setzen.Auch wenn man beiden Argumentationen ihren empirischenKern nicht gänzlich absprechen will, so bleibt doch unklar, bis zuwelchem Grad bauliche Dichte soziale Verhältnisse konfiguriert.Es gibt, um Sigmund Freuds Überlegungen zur Traumarbeit1 Sigmund Freud: Die Traumdeutung, Frankfurt am Main 1984, 235.2 Siehe ausführlich dazu Nikolai Roskamm: Dichte. Eine transdisziplinäre Dekonstruktion. Diskurse zu Stadtund Raum, Bielefeld (Urban Studies) 2011, 19–36.wieder aufzunehmen, eine Art Verdichtungsarbeit im Diskursüber Dichte selbst. Sigmund Freud sah im Traum den entstelltenEinsatz für etwas anderes, das unbewusst blieb und das es inder Traumdeutung zu finden galt. Was der Traum erzählte undwas meist ohne Mühe erinnert werden konnte, der manifesteTrauminhalt, war nichts anderes als das Resultat einerVerdichtung, die die Traumarbeit am unbewussten latentenTraumgedanken vollzogen hatte. Der unbewusste Traumgedankehat in der psychischen Ökonomie ein Interesse zu wirken, ohneals solcher zu erscheinen. Ganz ähnlich verhält es sich mit demBegriff Dichte. So oft er auch in den Überlegungen zur Stadterwähnt wird, was damit konkret gemeint ist, ist selten klar. Rundum den Begriff Dichte bündeln sich je nach Interesse Ängste,Vorsichten, Vorurteile, Kalküle und Erwartungen.Es erscheint wichtig, im Diskurs über Stadt das strategischePotenzial des Begriffs Dichte auszuloten, Dichte kritisch zuhinterfragen, um zu sehen, was der Begriff im städtebaulichenKontext und im Rahmen der Wohnraumversorgung zu leistenimstande ist und was er noch mit sich trägt, ohne es zu sagen.Von der Aktualität der Dichte zu denGespensternMan wird nicht allzu viel riskieren, wenn man die gegenwärtigeAktualität von baulichen Verdichtungsszenarien zumindest mit vieraktuellen Entwicklungen in Verbindung bringt: einer konzentriertenWahrnehmung der steigenden Bevölkerungszahlen in Wien (1),den hohen und steigenden Bodenpreisen (2), einer impulsivenBereitschaft, Kapital am Wohnungsmarkt zu veranlagennach den herben Enttäuschungen auf den Finanzmärkten (3)und schließlich, dem Diktat der leeren Kassen folgend, demErfordernis einer höheren Auslastung bestehender Infrastrukturen.Die Konstellation ist nicht neu, ebenso wenig wie die Reaktionen.Von einer neuen Gründerzeit ist die Rede, von den Vorzügeneiner dichten Stadt und der Notwendigkeit, neue Baugründe zumobilisieren, eine stärkere Einbeziehung marktwirtschaftlicherKräfte wird ebenso gefordert wie niedrigere Mindeststandardsim Wohnbau und schließlich gewinnen auch die kostengünstigenKleinwohnungen wieder an Charme. 3 Spitzt man dieunterschiedlichen Forderungen auf einen einzigen Punkt zu, gehtes darum, die Ressource Baugrund stärker zu nutzen als bisher,mehr Nutzflächen pro Grundstück zu realisieren und das heißt, zuverdichten.Man wird weiters auch nicht allzu viel riskieren, wenn man dieLogik der Kapitalverzinsung als die kraftvollste Komponente inden aktuellen Forderungen nach Verdichtung ausmacht. Die zu3 Siehe zum Beispiel: Christoph Chorherr: Wien wächst. Aber wie! Aber wie?, in: Falter 4/2013, 6; O. A.:„Eigentums-Hype ist bald vorbei”, in: Wiener Zeitung, Mittwoch, 23. Jänner 2013, 18; Petra Stuiber: „Wirkönnten auch in Wien in die Höhe bauen”, Interview mit Jörg Wippel, Wohnbauträger, in: Der Standard, 1./2.September 2012, 12; Barbara Duras: „Sozial nachhaltig wohnen”, in: Special #57 Nachhaltigkeit, Falter51–52/2012, 7.11


„Nichts spiegelt [die Gesellschaft der ersten industriellenRevolution] besser wider als die Gründerzeit: Eine Prachtstraßeund zehntausende Zinskasernen, in denen Not und Elend täglichGast waren.“ (Stadtbauamt Wien, 1956)Die Abbildung in der linken Spalte zeigt zwei Baublöcke aus dem Stuwerviertel, Wien 2. Die Abbildung inder rechten Spalte zeigt den Grundriss des Hauses Sterneckplatz 20, erbaut 1899. Gut zu erkennen sind dieextreme Ausnutzung des Bauplatzes, die kleinen Wohnungen, Gangküchen und WCs am Gang. Quelle: DieWohnungspolitik der Gemeinde Wien, Wien 1929, 7f.erwartenden Zinserträge für Anlagekapital waren schon in derGründerzeit die dominierende Größe am Wohnungsmarkt, der vor1914 weitgehend der staatlichen und kommunalen Einflussnahmeentzogen war. Die bauliche Verdichtung war im Wesentlicheneine Funktion aus Kapitalverzinsung, Bodenpreis und Grundrentesowie erzielbarer Gesamtmiete. „Konnte man beim Bau vonZinskasernen auf dem Weg erhöhter Mieten die Grundrente nichtmehr vermehren, so gelangte man durch enge Verbauung derGrundstücke sowie durch zusätzliche Stockwerke zum nämlichenZiel“ 4 , resümierte der Historiker Peter Feldbauer in seiner Studiezur Wohnraumversorgung in Wien in den Jahren 1848 bis 1914.„Soweit es die Bauordnung zuließ, versuchte man in vielen Lagen derStadt auch die vertikale Intensität bis zu jenem Punkt zu steigern, an demdie Differenz zwischen erzielbarer Gesamtmiete und Produktionspreis desWohnraums am größten war.“ 5Seitens der Bauordnung gab es hier kaum limitierendeEinschränkungen. Sie ermöglichte eine Bebauung der Grundflächebis zu 85 Prozent. Gleichzeitig setzten eine hohe Grundrente und4 Peter Feldbauer: Stadtwachstum und Wohnungsnot. Determinanten unzureichender Wohnungsversorgung inWien (Sozial- und wirtschaftshistorische Studien 9) 1848 bis 1914, Wien 1977, 244.5 Ebd., 245.entsprechende Profiterwartungen Demolierungen in den inneren,dicht verbauten Bezirken in Gang, mit dem Ergebnis einer weiterenVerdichtung. 6Diese marktwirtschaftliche Logik war allerdings nicht in derLage, eine ausreichende Wohnraumversorgung sicherzustellen.Sie gelangte genau dort an die Grenze, wo die Mieterwartungenaufgrund der geringen Haushaltseinkommen trotz Überbelegungnicht mehr erfüllt werden konnten.Die Produktion von Wohnbau war kein Markt, der über Angebotund Nachfrage gesteuert wurde, sondern vor allem aus derEntscheidung heraus, welche finanzielle Veranlagung höhereRenditen erbrachte. Standen die Aussichten in konkurrierendenSektoren wie Industrie- und Wechselpapiere oder imEisenbahnbau besser, wanderte das Investitionskapital ab.Aber selbst dann, wenn der Wohnbau eine lukrative Aussichtbot, konnte aus dieser Logik heraus eine ausreichendeWohnraumversorgung nicht gewährleistet werden. Da half esauch nicht, wenn Baugelände in der ökonomischsten Form desorthogonalen Rasters aufgeschlossen und die Bautätigkeit überSteuerbefreiung gefördert wurden, genauso wenig wie eine6 „Die Entwicklung der Grundrente war gegen Ende des [19.] Jahrhunderts bereits soweit fortgeschritten,dass in den inneren Bezirken umfangreiche Demolierungs- und Neubauarbeiten einsetzten, um diehöchstmögliche Profitrate zu realisieren.“ Ebd., 246.12


ungehemmte Mietgestaltung und Kündigungsmöglichkeit. Amunteren Ende führte diese Logik zu Wohnungslosigkeit und einerbeispiellosen Überbelegung sozial schwächerer Haushalte.Gleichzeitig nahmen die sozialen Verhältnisse im physischenRaum Gestalt an und führten zur Segregation im Stadtgebiet. ImZuge des spekulativen Wohnungsbaus der Gründerzeit bildetesich jenes sozialräumliche Muster Wiens, das auch heute nochdas Bild der Stadt prägt. Vor allem in den Vororten außerhalb desGürtels sowie im 2. und 20. Bezirk fanden die aus den innerenBezirken abgedrängten sozial schwächeren Schichten eherschlecht als recht Unterkunft. Diese hauptsächlich gewerblichindustriellenArbeiterinnen und Arbeiter stellten über 80 Prozentder Bevölkerung in den Vororten. 7 Wohnten in den Bezirkenzwischen Ringstraße und Gürtel vor allem die kleinbürgerlichenund gewerblichen Schichten, so war die Innenstadt demGroßbürgertum und den gehobenen Schichten überlassen.Die sozialräumliche Ordnung reifizierte sich aber nicht nur imStadtkörper, sondern nahm auch in der Ordnung der HäuserGestalt an.„Die Neubauten drückten seit der Hochgründerzeit meist recht klarden sozialen Status der erwarteten Mieter aus. Einerseits wurdedas Gangküchenhaus zum Arbeitermiethaus schlechthin, wobei dieDurchschnittsgröße bis 1914 wenn auch nur leicht, so doch kontinuierlichsank. Der unmittelbare Zutritt in die Wohnungen vom Stiegenpodest auswurde zu einem allgemeinen Merkmal des bürgerlichen Miethauses.Das Nobelmiethaus mit Groß- und Herrschaftswohnung trat nach derVerbauung der Ringstraße etwas zurück, während die Villa zum neuenWohnideal der gehobenen Schichten wurde. Diese Übereinstimmungzwischen Wohnungs- und Gebäudetypen mit der sozialen Segregationführte dazu, dass einzelne Stadtviertel oder sogar ganze Bezirke einenschichtspezifischen Charakter erhielten.“ 8Führte die Logik der Verdichtung auf der städtebaulichen Ebenezu einer Ausnutzung der Baufläche von 85 Prozent und darüber,so setzte sie in den Wohnungen eine entsprechende Über- undMehrfachbelegung in Gang. Die durchschnittliche Belegung dermeist kleinen Wohnungen in den Bezirken außerhalb des Gürtels,bestehend aus Zimmer oder Kabinett und Küche, in vielen Fällenaber lediglich aus einem Raum, waren mit durchschnittlich vierPersonen belegt. 9 In Extremfällen fanden sich in „Wohnungen“ mitweniger als sieben Quadratmeter bis zu sechs Personen. Dazukamen BettgeherInnen und UntermieterInnen. In vielen Fällendiente die Wohnung zusätzlich auch als Arbeitsplatz.Der Nationalökonom Eugen von Philippovich konstatierte in seinerUntersuchung zu den Wiener Wohnungsverhältnissen im KapitelRaumverhältnisse und Dichtigkeit der Bewohner in 101 kleinenNachtasyl in der Kleinen Schiffgasse. Quelle: Emil Kläger: Durch die Wiener Quartiere des Elends undVerbrechens, Wien 1908Wohnungen trocken, dass selbst die äußerst bescheidenenAnforderungen der österreichischen Heeresverwaltung fürdie Unterbringung in Kasernen ebenso wie die Ansprüche derenglischen Armen- und Gefängnisverwaltung an Schlafräumebei Weitem unterboten werden. 10 Gewohnt wurde in ehemaligenStallungen, hölzernen Gartenhäuschen, nassen Kellergewölben,Dachräumen, „welche nicht einmal durch Holzwände vor derzwischen den Dachziegeln durchpfeifenden Winterkälte geschützt“waren, und das zu Preisen, die auf den Quadratmeter gerechnethöher waren als in den Ringstraßenhäusern. „Je niedriger dieStufe, desto teurer die Wohnung.“ 11Konnte man sich in den Zeiten mit Beschäftigung und Einkommenein Kabinett leisten, so musste man bei Arbeitslosigkeit alsBettgeherIn Unterkunft suchen. Geschlafen wurde am Boden,auf Säcken und Stühlen in Stuben mit bis zu zehn Personen.Die hohen Mieten führten dazu, dass sich die Häuser mitden schlechtesten Wohnverhältnissen mit bis zu 10 Prozentverzinsten. 12Zwei Drittel der Wiener Wohnungen waren Klein- oder7 Wolfgang Maderthaner / Lutz Musner: Die Anarchie der Vorstadt. Das andere Wien um 1900, Wien 1999, 66.8 Feldbauer 1977, 248.9 Felix Czeike / Walter Lugsch: Studien zur Sozialgeschichte von Ottakring und Hernals, Wien (Wiener Schriften2) 1955.10 Eugen von Philippovich: Wiener Wohnverhältnisse, Berlin 1894, 16.11 Maximilian Steiner: Über die Errichtung von Arbeiterwohnungen in Wien. Ein Vortrag gehalten im„Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein“ zu Wien am 15. März 1884, 8f.12 Ebd., 10.13


Elendsquartier um 1900. Quelle: Emil Kläger: Durch die Wiener Quartiere des Elends und Verbrechens, Wien1908Kleinstwohnungen. In Ottakring machten sie 96 Prozent aus. 13 Diegesundheitlichen und hygienischen Folgen liegen auf der Hand undbrauchen hier nicht geschildert werden. Die Wohnungsnot führteauch dazu, dass jene, die es sich leisten konnten, begannen, sichgegenseitig aus den Wohnungen herauszusteigern und höhereMieten boten, als gerade verlangt wurden.Aber nicht nur am untersten Ende führte die Logik derVerdichtung im Rahmen der Kapitalverwertung zu ungenügendenWohnverhältnissen. „Ohne Übertreibung“, resümierte MaximilianSteiner in seinem Referat im Ingenieur- und Architektenverein,seien alle Wohnungsverhältnisse „von der bürgerlichen Wohnung[...] angefangen bis zum Kellerloch herab, als reformbedürftigzu bezeichnen“. 14 Daran änderte auch die prunkvolle undrepräsentativ ausgeführte straßenseitige Fassade nichts. So sehrsie einen wohlhabenden und homogenen Stadtkörper vortäuschte,der Bruch begann hinter der Fassade.Die Belegstellen für das Wiener Wohnungselend sind zahlreichund finden sich schon in zeitgenössischen Darlegungen. Undman könnte an dieser Stelle die Überlegungen Sigmund Freudswieder aufgreifen und argumentieren, dass die Fassade, ganzwie der Traum, den manifesten Trauminhalt repräsentiert undsichtbar vor Augen liegt, während der Zusammenhang von13 Feldbauer 1977, 203.14 Steiner 1884, 14.Rendite und Wohnverhältnissen, mit all ihren sozialen undgesundheitlichen Folgen, wie der Traumgedanke als latenter Teilerst zu entschlüsseln war.Hier interessieren diese Schilderungen nicht nur deshalb, weilihr Gegenstand unter dem Diktat der Dichte und Verdichtunggeformt und entstanden ist, sondern auch weil die Klage überzu dichte Wohnviertel und Bezirke sowie über die 80 ProzentKlein- und Kleinstwohnungen zum fixen Bestandteil der WienerWohnraumproblematik bis in die 1980er-Jahre zählt. Erst im Zugeder anhaltenden Bemühungen im Rahmen der Stadterneuerungkonnte das Problem weitgehend abgearbeitet werden. Dasneue Leben, das in diesen Häusern und Stadtteilen entstand,ermöglichte in der Folge eine Verdrängungsarbeit, aus welcher derGründerzeitblock überraschend als Best Practice Modell aus denTrümmern der Geschichte wieder aufstieg.Was aber an dieser Stelle noch mehr interessiert, ist, dassman die Wohnverhältnisse in der Gründerzeit als jenengeometrischen Ort begreifen muss, von welchem aus die WienerSozialdemokratie nach dem Ersten Weltkrieg 1918 und demZweiten Weltkrieg 1945 im Rahmen ihrer Wohnbauprogramme ihrKoordinatensystem legte. In Verdichtungen und Überbelegungenproletarischer Wohnverhältnisse kann man gewissermaßen dieUrszene der sozialdemokratischen Wohnungspolitik ausloten, dieheute noch das Verhältnis zu Verdichtungsszenarien ausrichtet.Dichtebeschränkungen und eine Limitierung spekulativerDynamiken innerhalb der Wohnraumversorgung sind als zentralerBestandteil der sozialdemokratischen Wohnungspolitik in Wienzu verstehen. Und es hieße, sich die Sache zu leicht zu machen,diese historischen Erfahrungen und die damit verbundenenBefürchtungen als vergangene Gespenster abzutun. Denn selbstwenn die heutigen Wohnverhältnisse weit entfernt sind von jenenin der Gründerzeit, so verdankt sich diese Ferne gerade denLimitierungen, welche die sozialdemokratische Wohnungspolitiknach 1945 den Marktkräften in diesem Bereich derDaseinsvorsorge gesetzt hat. Die gegenwärtigen Entwicklungen,wie die rasant steigenden Mieten am privaten Wohnungsmarktin Wien und in anderen Städten, die Schwierigkeit vieler, sich mitausreichendem Wohnraum zu versorgen sowie die jüngst in einerAusstellung publizierten Bilder der Cage People in Hongkong undmanche Flüchtlingsquartiere in Wien mit zehn Quadratmeternum 300 Euro 15 zeigen eindringlich, wie schnell die Gespensterwieder ihren Spuk treiben und wie notwendig es ist, sich diesenhistorischen Bewegungen zu stellen und sie zu erinnern.15 Siehe O. A.: „Beklemmung in Bildern“ (http://orf.at/stories/2168084/2168083/, letzter Zugriff 14.10.2013);Gerald John: „Massenquartiere für Flüchtlinge: ,leben kann man das nicht nennen‘“, in Der Standard, 5. Mai2013 (http://derstandard.at/1363710522870/Fluechtlinge-in-Wiener-Massenquartier-Leben-kann-man-dasnicht-nennen,letzter Zugriff 8.9.2013).14


Dichte und Urbanität. Von einer neuenGründerzeitAls zuletzt Anfang der 1990er-Jahre aufgrund des starkenBevölkerungswachstums im Umfeld der politischen Umbrüchein den ehemaligen Ostblockstaaten eine neue Gründerzeitausgerufen wurde, reagierte man vor allem mit höherenDichten in Stadtentwicklungsgebieten und der Mobilisierunginnerstädtischer Flächen, von Baulücken über Remisen undKasernen bis zu den innerstädtischen Bahnhofsarealen. Dersorgsame Umgang mit Grund und Boden war vor allem auchein ökologisches Gebot. Das Bevölkerungswachstum wurdein Szenarien ausgelotet, wobei der Worst Case als São PauloSzenario mit einem kontinuierlichen Bevölkerungswachstum von12.000 Personen jährlich angenommen wurde. Demnach wurdefür das Wien 2010 eine Bevölkerungszahl von 1,712 Millionenprognostiziert, was schließlich etwa der tatsächlichen Entwicklungentsprach. 16 Der Begriff Neue Gründerzeit schaffte es bis in denSTEP 94, wurde sozial und ökologisch gerahmt und bezog sichvor allem auf die dynamische Entwicklung Wiens im Gefolgeder freudig aufgenommenen Prognosen. Kleinwohnungen oderNachverdichtung im Bestand in Form von Aufstockungen undZubauten waren noch keine wesentlichen Einsätze. 17Die Referenz auf die Gründerzeit ist heute, 20 Jahre später,eine andere. Stand in den 1990er-Jahren das Gründen imVordergrund und gab es ausreichend Flächenreserven auchim dicht bebauten Stadtgebiet, so reicht die gegenwärtigeReferenz weiter. Dichte wird wieder als Stadtbaustein in seinerEmergenzen generierenden Dimension positiv akzentuiert undgefordert und ist ein zentraler Begriff, wenn es darum geht,mit einer neuen Gründerzeit einen Horizont zu eröffnen. Andie „Qualitäten der Gründerzeit“ anschließen, so der Grünen-Politiker Christoph Chorherr im Falter, hieße demnach heute„dichte, vielfältige, durchmischte, ,umnutzbare‘ Stadtteile,lebendige Erdgeschosszonen [zu schaffen]. Ergänzt umdas, was in der Gründerzeit zu kurz kam: wohnungsnaheParks, Plätze und Freiräume“. 18 Von diesem Umfeld erwartensich auch die Forderungen nach Nachverdichtung imGründerzeitbestand und Geschossaufstockungen Impulse.Fraglich bleibt allerdings, wie weit bei all diesen Ergänzungen(eine ausreichende Wohnraumversorgung müsste in der Listedes Zukurzgekommenen ergänzt werden) der gründerzeitlicheStädtebau überhaupt noch adressierbar ist und wie weit imheutigen Sinne und in Bezug auf welche Bevölkerungsschichtenvon gründerzeitlicher Urbanität gesprochen werden kann.16 Siehe dazu Magistrat der Stadt Wien: Wien 2010, Bd. 2, Michael Wagner (Hg.), Wien wächst wieder,Stadtentwicklung bei Bevölkerungswachstum und offenen Grenzen, Ergebnisse der Arbeitstagung vom 20.April 1990 im Wiener Rathaus, Wien 1990.17 Magistrat Wien, MA 18, Stadtentwicklung und Stadtplanung: Step 1994. Stadtentwicklungsplan für Wien,Wien (Stadtplanung Wien, Beiträge zur Stadt<strong>forschung</strong>, Stadtentwicklung, Stadtgestaltung 53) 1994.18 Chorherr 2013.„[D]enn zunächst scheinen Städte nichts anderes zu sein alsOrte, an denen sich eine große Zahl von Menschen in räumlicherNähe zueinander aufhält.“ (Armin Nassehi, 2002)Unabhängig davon appelliert Dichte in dieser Argumentation anein ganz bestimmtes Verständnis von „Stadt als raumstrukturelleForm der Verdichtung“ 19 . Dichte ist hier vor allem positivkonnotiert. Stadt wird entlang des Dreiecks Größe, Dichte undHeterogenität als qualitative Effekte generierende gesellschaftlicheKonkretisierung im Raum verstanden. Durkheims Überlegungenzur Dichte gewinnen reformuliert im soziologischen Jargon des21. Jahrhunderts wieder Aktualität.„Stadt organisiert Dichte durch die extreme Steigerung vonKontaktflächen. Elemente unterschiedlichster Art werden nicht nurzusammengebracht, sondern in einen ,Aggregatzustand‘ versetzt,der sie reaktionsfähig macht. [...] Dichte ist zugleich härtesteZumutung – das liefert das zentrale Motivbündel der Großstadtkritik– und Ermöglichungsraum, eine Temperatur, ein Hitzegrad, der dieReaktionsfähigkeit zwischen heterogensten Elementen bereitstellt und dieunmöglichsten Verbindungen Wirklichkeit werden lässt.“ 20Wie immer man zu solchen Formulierungen stehen mag,zweifellos treffen sie in die Mitte dessen, was im Diskursüber Dichte beständig am Werk ist und dem man trotz seineralchemistischen Zumutungen nicht gänzlich die Gefolgschaftverweigern wird.Bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren forderte der SoziologeHans Paul Bahrdt die Rückgewinnung von Urbanität durchFunktionsmischung und Verdichtung. 21 Er wandte sich vor allemgegen die Vorstellung einer Stadt, die so wenig Stadt sein willwie möglich, gegen frei stehende Häuser und aufgelockerteSiedlungen, aber vor allem gegen den Funktionalismus derStadt der Moderne und dem Leitbild der gegliederten undaufgelockerten Stadt. Für Bahrdt waren vor allem die Ambivalenzvon Privatheit und Öffentlichkeit und die unvollständigeIntegration, die er am Modell des Marktes herausarbeitete,zentrale Bestandteile von Stadt. Die Argumentation, so kannman resümieren, läuft letztlich darauf hin, dass nur ein gewisserGrad an Dichte in der Lage ist, das Spiel der Ambivalenzaufrechtzuerhalten. Lockert sich die Stadt zu sehr auf und gliedertsie sich entlang der unterschiedlichen Funktionen Wohnen,19 Helmuth Berking: „Städte lassen sich an ihrem Gang erkennen wie Menschen – Skizzen zur Er<strong>forschung</strong>der Stadt und der Städte“, in: ders. (Hg.): Die Eigenlogik der Städte. Neue Wege für die Stadt<strong>forschung</strong>,Frankfurt am Main (TU Darmstadt, Interdisziplinäre Stadt<strong>forschung</strong> 1) 2008, 19f.20 Ebd., 20f.21 Vgl. dazu Hans Paul Bahrdt: „Städtebau und Sozialverhalten“, in: Stadtbauwelt 55, Berlin 1977, 186–190sowie ders.: Humaner Städtebau. Überlegungen zur Wohnungspolitik und Stadtplanung für eine nahe Zukunft,München 1972; ders.: Die moderne Großstadt. Soziologische Überlegungen zum Städtebau, Reinbek beiHamburg 1961.15


Arbeiten, Verkehr und Freizeit, kippen die gegensätzlichen Polein sich selbst und sind nicht mehr in der Lage, ein Drittes zuemergieren. Wieder ist es die Alchemie einer kritischen (Kontakt-)Dichte, die an einem bestimmten Punkt umschlägt und Neueshervorbringt: Urbanität.Die Kritik richtete sich gegen ein zentrales Element dergegliederten und aufgelockerten Stadt: gegen die Nachbarschaft.Diese setzte den magischen Punkt genau ans gegenüberliegendeEnde. Durch die Organisation der Großstadtbevölkerung inüberschaubare Siedlungseinheiten und lockerer Bebauung imGrünen erhoffte man sich gerade die Bändigung der Massen,deren Lenkbarkeit und gleichzeitige Unkontrollierbarkeit man fürdie Katastrophen der vergangenen Jahrzehnte verantwortlichmachte.Wie sehr Dichte noch als depravierendes Nahverhältniswahrgenommen wurde, zeigen auch an ganz anderer Stelledie Crowding-Forschungen der 1960er-Jahre. Dichte wardabei ein zentraler Begriff. 22 Die Grundfrage lautete, wie Dichtevom Einzelnen wahrgenommen wird und ob Dichte ab einembestimmten Grad pathologische Reaktionen nach sich zieht. Ineigenen Versuchsanordnungen wurden Ratten unterschiedlichenDichtezumutungen ausgesetzt. Versorgt mit ausreichend Nahrungund Nestbaumittel „hätten sich die Tiere binnen 27 Monatenauf rund 5.000 vermehren müssen. Das taten sie aber nicht,die Population stabilisierte sich bei 150 Tieren. Der durch dieerzeugte ,räumliche Dichte‘ hervorgerufene Stress der sozialenBeziehungen führte zu einer solchen Zersetzung des Verhaltensder weiblichen Ratten, dass nur wenige Jungtiere überlebten.“ 23Spätere Versuche, auch mit Menschen, relativierten dieseErgebnisse. Ungeachtet dessen blieb die Annahme, dass zu hoheDichte zersetzend auf das Sozialverhalten des Menschen wirkt,ein immer wiederkehrendes Argument gegen zu hoch empfundeneDichtezumutungen.Die Diskussionen rund um Urbanität und Dichte bewirktenin der Folge zweierlei: einerseits die Wiederentdeckung derInnenstädte als Räume mit einer hohen Ereignisdichte alsVerkaufsraum und Träger von Urbanität und andererseits einezunehmend dichtere Ausführung peripherer Wohnsiedlungen.Man kann die Diskussionen der 1960er- und 1970er-Jahre alseinen Wendepunkt sehen. Nach 20 Jahren Nachkriegsmoderne,sozialem Wohnbau und einer kommunalen Planungsdominanzverschob sich der städtebauliche und stadtsoziologische Diskurswieder in Richtung marktliberaler Denkmodelle. Gleichzeitigverlor Dichte im städtebaulichen Diskurs seinen dramatischenHorizont und die Gründerzeit als fixen Referenten. Das magauch daran liegen, dass im Rahmen der Stadterneuerungeine Neubewertung des gründerzeitlichen Bestandes erfolgte.22 Vgl. dazu Roskamm 2011, 73–76.23 Ebd., 74.Dichte stand dabei nicht nur für bauliche Verdichtung, sondernauch für eine nun positiv bewertete Funktionsmischung undfür den Versuch, an den Rändern der Stadt, im Gegensatz zuden nun als „Schlafstädte“ desavouierten Wohnanlagen der1960er-Jahre, eine höhere Ereignisdichte in Szene zu setzen. ImZuge dieser Entwicklungen fand eine zunehmende Entwertungder Wohnanlagen der Nachkriegsjahrzehnte statt. Währendeinerseits den Siedlungen der 1950er- und 1960er-Jahre in ihreraufgelockerten städtebaulichen Konzeption seitens der Soziologiemangelnde Dichte und fehlende Urbanität vorgeworfen wurde,provozierten ihre Höhenentwicklung und die monotone Stapelungder Regelgeschosse den entgegengesetzten Vorwurf, nämlichden einer übermäßigen Verdichtung. Der Vorwurf orientierte sichdabei vor allem an der gebauten Form, an der Stapelung derWohnungen, ihrer geringen Raumhöhe sowie den standardisiertenWohnungsgrundrissen, vor allem aber auch am Funktionalismusreiner Wohnsiedlungen.Legendär wurde dabei das Verschimmelungsmanifest desKünstlers Friedensreich Hundertwasser. Unter Absehungempirischer Evidenzen und alltagsweltlicher Realitäten forderteer dazu auf, die „materielle Unbewohnbarkeit der Elendsviertel“der „moralischen Unbewohnbarkeit der funktionellen nützlichenArchitektur vorzuziehen“.„In den sogenannten Elendsvierteln kann nur der Körper des Menschenzugrundegehen, doch in der angeblich für den Menschen geplantenArchitektur geht seine Seele zugrunde. [...]Es ist an der Zeit, dass die Leute selbst dagegen revoltieren, dass mansie in Schachtelkonstruktionen setzt, so wie die Hendeln und die Hasen inKäfigkonstruktionen, die ihnen wesensfremd sind.“ 24Auch wenn Dichte als solche hier nicht genannt ist, kanndie Gleichsetzung der Wohnungen im Rahmen des sozialenWohnbaus mit Hühner- und Hasenkäfigen in diese Richtungübersetzt werden. Dichte, Masse und Monotonie verkeilen sich zueinem unübersichtlichen Gewirr. Und einmal mehr wird klar, dasssich das Bedrohliche solcher Verdichtungen ästhetisch kaschierenund bannen lässt. Hundertwassers gefordertes Fensterrecht,demgemäß die Fassade um das eigene Fenster individuell gestaltetwerden sollte, gibt zu verstehen, dass Dichte und Masse hinterbunten Fassaden weniger drückend sei, als hinter „naturfärbigemverriebenem Verputz aus Natursanden“, wie in den Grundlagenfür den Entwurf von Wohnhausbauten und Siedlungen imWohnbauprogramm der Stadt Wien seit 1947 gefordert wird. 25Die offensive Absage nach 1945 an die repräsentativeAusgestaltung der Fassaden, als Reaktion auf die Kaschierungsozialer Verhältnisse in der Gründerzeit, und der ästhetische24 Friedensreich Hundertwasser: Verschimmelungsmanifest, Wien 1958.25 Magistrat der Stadt Wien, MA 19, Architektur und Bauberatung, Grundlagen für den Entwurf vonWohnhausbauten und Siedlungen im Wohnbauprogramm der Stadt Wien, 20.5.1947. Ausgearbeitet vom Leiterder MA 19 Erich Leischner (WStLA, Stadtbaudirektion Sign. 1.5.4.A1. Allgemeine Registratur Schachtel 175).16


Funktionalismus der neuen Wohnanlagen können zweifellospolitisch und kulturell als Demokratisierung des Wohn- undStädtebaus gelesen werden. Nach Behebung der dringendstenWohnungsnot in den 1950er-Jahren setzte allerdings zunehmendeine Kritik ein, die dieses Gleichheitsversprechen als kulturelleVerarmung und Stadtzerstörung interpretierte. Gleichzeit wurdendie Wohnanlagen, ungeachtet ihrer hohen Wohnzufriedenheit, alsHort von Kriminalität, Krankheit, Isolation und dergleichen mehrdesavouiert.„Das Bild der modernen Siedlungen jener ,Städte am Stadtrand‘, dernach einheitlichem Entwurf gebauten riesigen Komplexe, auch das Bildder Großwohnhäuser ist ungemein widersprüchlich, und zwar sowohl inder öffentlichen Meinung wie in der Beurteilung durch Bauexperten oderin der Schau von Psychologen und Soziologen. Ihr Image in der Presse,in Ausstellungen, illustrierten Veröffentlichungen ist im Allgemeinenschlecht, die pathologischen Züge stehen im Vordergrund (,Stadt ausder Retorte‘)! Man geht mühelos um mit Prädikaten wie öde – kalt –langweilig – monoton. Desintegration, Entfremdung in Betonkästen,Einsamkeit werden ins Treffen geführt, so als stünde die Berechtigungsolcher Urteile fest und bedürfe gar nicht erst der Überprüfung. Gerüchtegehen um über das Ansteigen von Selbstmorden und Neurosen; siesollen häufiger sein als in alten Wohngebieten; französische Statistikenüber das Auftreten bestimmter geistiger Erkrankungen im Zusammenhangmit der Wohnform scheinen solche Vorstellungen zu bekräftigen. Dannwieder hört man aus den Ergebnissen von Umfragen, dass 70–90 %der dort Wohnenden sich für durchaus zufrieden erklären und ihre neueUmgebung als angenehm bezeichnen, auch wenig Fortzugsneigungbekunden.“ 26Ausgerechnet jene Wohnanlagen, die im Rahmen dessozialen Städtebaus mit dem Anspruch angetreten waren, dieWohnverhältnisse der Gründerzeit zu konterkarieren, sahensich nun gleichlautenden Vorwürfen ausgesetzt. Damit setzteein Prozess der medialen Desavouierung ein, der heute nochweitgehend das Bild dieser Wohn- und Stadtbauepoche inder öffentlichen Meinung dominiert und das schlechte Imagezahlreicher Wohnanlagen prägt.Gleichzeitig entfaltete sich in den 1970er-Jahren mit den Grenzendes Wachstums 27 sowie der ersten Ölkrise ein ökologischesKrisenszenario, das in den städtischen Räumen bis heute überzahlreiche Regelungen, Verordnungen und Grenzwerte seinenEinfluss geltend macht. Einmal mehr geriet damit der Boden alsknappes Gut in den Blick und es erhöhte sich der Druck auf seineAusnutzung.Nachdem auf Wiener Ebene in den 1970er- und 1980er-Jahrenvon der Bevölkerungsentwicklung kaum wachstumsfördernde26 Elisabeth Pfeil: „Stadtrandsiedlungen und Großwohnanlagen. Methodische Probleme ihrer Er<strong>forschung</strong>“, in:Archiv für Kommunalwissenschaften, Jg. 12/1973, 2. Halbjahresband [Sonderdruck], Berlin 1973, 257.27 Dennis L. Meadows: Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit,Stuttgart 1972.Impulse ausgingen 28 und die Dynamik eines „freien“Wohnungsmarktes durch den gemeindeeigenen und gefördertengenossenschaftlichen Wohnbau weitgehend gebannt war,bestärkte das neue Krisenszenario auf städtebaulicher Ebeneund im Bereich der Wohnraumversorgung nur die ohnehinbestehenden Entwicklungen. Die Instrumentarien waren die sanfteStadterneuerung, ein verdichteter Flachbau und eine moderateStadterweiterung, die nach Aufnahme des Leitbildes Urbanitätdurch Dichte deutlich kompakter daherkam, als noch in den1960er-Jahren.Erst als mit den politischen Umbrüchen in den ehemaligenOstblockstaaten gegen Ende der 1980er-Jahre Wien wieder einBevölkerungswachstum verzeichnete, reagierte die Stadtplanung.Ließen sich die steigenden Flächenansprüche zwischen 1961und 1991 von 22 m 2 auf 33 m 2 Wohnnutzfläche je EinwohnerInmit einer moderaten Wohnbauleistung abdecken, so zwangnun das starke Wachstum der Bevölkerung zu einer deutlichenReformulierung der Entwicklungsziele. Über unterschiedlicheSzenarien wurden die Grenzen des künftigen Wachstumsausgelotet, während in Planung befindliche Projekte fürs Erstemit zusätzlichen Stockwerken versehen wurden. Ganz imeuropäischen Trend forcierte der STEP 94 eine „kompakte undkonzentrierte Stadtentwicklung“. 29Musste in den vergangenen Jahrzehnten nicht zu Unrecht vorallem der schlecht ausgestattete und hochverdichtete Bestandaus der Gründerzeit als Negativfolie herhalten, so wurde diesernun abgelöst von der immer stärkeren Zersiedlung an derstädtischen Peripherie. Neben der Aufzonung untergenutzter,aber gut erschlossener Stadtgebiete ging es vor allem umeine kompakte Stadterweiterung. Und, als wäre das eineohne das andere nicht zu haben, stand damit auch wiederdie Urbanität am Horizont. „Eine höhere Dichte insbesondereentlang der Achsen des öffentlichen Verkehrs ist ein Gebot derökologischen Stadtentwicklung. Sie schafft überdies die besserenVoraussetzungen für Vielfalt und Lebendigkeit und damit fürUrbanität“, hieß es im STEP 94. 30Aber das Konzept der kompakten Stadt war nicht einfach eineWiederaufbereitung des Leitbilds Urbanität durch Dichte. SosehrDichte auch als notwendige Bedingung von Stadt interpretiertwurde, sosehr war auch klar geworden, dass Dichte alleinenicht ausreicht, um Urbanität zu erzeugen. Neben der baulichenDichte ging es auch um „ein hohes Maß an Nutzungsmöglichkeitbei hinreichend sozialer und kultureller Dichte“ sowie um„Überlagerung und Verflechtung der Nutzungen“. 31 Dazu kamendie nun immer drängender wahrgenommenen ökologischen28 Im Zeitraum zwischen 1970 und 1987 schrumpfte die Wiener Bevölkerung um etwa 140.000 Personen.Siehe dazu Statistik Austria (http://www.statistik.at, letzter Zugriff 14.10.2013).29 Magistrat der Stadt Wien 1994, VII.30 Ebd.31 Martin Wentz: „Die kompakte Stadt“, in: ders., Die kompakte Stadt. Die Zukunft des Städtischen, Frankfurt /New York (Die Zukunft des Städtischen, Frankfurter Beiträge 11) 2000, 10.17


Planungsvorschlag für den Stadtteil Wiener Flur an der Entwicklungsachse Meidling–Siebenhirten, Architekt Rupert FalknerQuelle: Otto Engelberger / Magistrat der Stadt Wien, Geschäftsgruppe VI, Mag. Abt. 18 Stadt- und Landesplanung / Institut für Stadt<strong>forschung</strong> Wien (Hg.): Verkehrskonzept für Wien, Wien 1971, 158.Erfordernisse. Das Kompakte und das Ökologische griffen in ihrerjeweiligen Axiomatik ineinander wie Zahnräder.Was verdichten? Überlegungen zum sozialenRaumWie sich der Wechsel der kursorisch dargestellten Leitbilder undder jeweiligen Vorstellung von Dichte nach 1945 idealtypischin den Körper der Stadt Wien einschrieb, lässt sich anschaulichan der Entwicklungsachse Meidling–Siebenhirten entlang derU-Bahn-Linie 6 zeigen. Von der Nachbarschaft Am Schöpfwerk1951 zur Wohnanlage Altmannsdorfer Straße zehn Jahre später,über das Schöpfwerk Viktor Hufnagls und den Wohnpark Alt Erlaain den 1970er-Jahren bis zu In der Wiesen in den 1990ern unddem Kabelwerk als Prototyp einer neuen Urbanität am Stadtrand,liegen wie auf einer Perlenkette die materiellen Substrate derunterschiedlichen städtebaulichen Leitbilder.Die gegenwärtigen Entwicklungen und die Bemühungen umein städtebauliches Leitbild sowie die Diskussionen rundum eine angemessene Wohnraumversorgung lassen sichwidersprüchlich auslegen. Während das Leitbild einer Smart Cityden Nimbus von Reibungs- und Körperlosigkeit nicht ganz vonsich weisen kann und dabei seltsam immateriell bleibt, berührendie Forderungen nach Baulandausweisung und zunehmenderVerdichtung im Bestand vor dem Hintergrund einer dynamischenBevölkerungsentwicklung konkreten Boden. So sehr das eine mitkleinen Fußabdrücken in die Zukunft weist, so sehr weckt dasandere die Gespenster der Vergangenheit.Ging es in den letzten Jahren vor allem darum, den gefördertenWohnbau den Zielen einer ökologischen und sozialenNachhaltigkeit anzumessen, so sehen sich diese Bemühungenvor dem Hintergrund knapper werdender Flächenressourcendamit konfrontiert, Verdichtungsszenarien durchzuspielen.Steigende Bodenpreise sowie steigende Mieten im frei finanziertenWohnungsmarkt und eine ebenfalls gestiegene Bereitschaft,Anlagekapital in den Wohnbau zu investieren, legen den Schlussnahe, dass, wenn es nicht gelingt, politisch dagegenzuhalten,all jene Mechanismen wieder greifen, die der Historiker PeterFeldbauer in seiner Analyse der Wohnraumversorgung in derGründerzeit herausstellen konnte. 32Wenn auch das gegenwärtige Bevölkerungswachstum und die32 Feldbauer 1977.18


Zur Archäologie der SiedlungenEine neue OrdnungDie Wohnanlagen der Jahrzehnte nach 1945 lassen sich inihrer Spezifik nur vor dem Hintergrund der politischen undkulturellen, historischen und städtebaulichen Grundhaltungenund Bestandsaufnahmen der Nachkriegsjahre verstehen. DieSituierung der Wohnanlagen, ihre landschaftliche Gebundenheitoder Platzierung innerhalb großzügiger Freiflächen undGrünräume, die Ausrichtung der Baukörper, ihre Abständigkeit undFreistellung, auch ihre sparsame architektonische Ausgestaltungund ein oft rigoroser Funktionalismus bis hin zu den zahlreichenund detailverliebten Überlegungen zu Wohnungsgrundriss undMöblierung, all das lässt sich als spezifisches Resultat eineshistorischen Resümees und eines Glaubens an die Gestaltbarkeitvon Gesellschaft beschreiben.Ging es nach 1945 zunächst darum, die Schäden an derSubstanz als materielles Resultat des Zweiten Weltkrieges zubeheben, so war doch klar, dass Wiederaufbau mehr hieß alsLuftbild Siedlung Fuchsenloch, 1956Quelle: Stadt Wien, MA 41 StadtvermessungWiederherstellung des Zerstörten. Der Architekt und Konsulentder Wiener Stadtplanung, Franz Schuster, forderte nicht nur dieErrichtung und den Aufbau von Häusern und Stadtteilen samtden erforderlichen Gebrauchsgegenständen, der Wiederaufbaumusste zugleich Ausgangspunkt und Mittel sein, zu einer „höherenOrdnung und Kultur selbst zu kommen“. 36 Es ging um dieBehebung der (wohn-)kulturellen Mängel der vorangegangenenJahrzehnte. In den dicht verbauten Stadtvierteln der Gründerzeit,in den überbelegten Wohnungen und ihrer schlechten Ausstattung,im Fehlstand an Grünflächen und der damit einhergehendenVermassung sah man einen wesentlichen Grund für dieVerwerfungen der vergangenen Jahrzehnte.Gleichzeitig interpretierte man das, was in der Gründerzeitverloren ging, in einem konservativen und rückwärtsgewandtenGrundton. Die Gründerzeit habe „die harmonisch ausgeglichenenund wirtschaftlich gesunden Altortkerne der bäuerlichenVororte von Wien, also die wirtschaftsbiologisch starken undproduktiven Nachbarschaften, durch amorphe, unselbstständigeGroßstadt-Proletariervierteln überschwemmt, die sich um36 Franz Schuster: „Die neue Ordnung. Grundsätzliche Gedanken zum Wiederaufbau“, in: Der Aufbau, Nr. 7,Wien 1946, 6–8.21


Wien wie eine würgende Fessel legten“. 83 Prozent allerWohnungen waren Kleinstwohnungen, „von denen 53.000 (!)überhaupt nur aus einem ,Kabinett‘ ohne Vorraum und ohneKüche“ bestanden. Die „schrankenlose Bodenspekulation“führte zur „Zusammendrängung sehr großer Arbeitermassenin Industrie- und Wohnvierteln mit dem Bebauungsergebnis,dass dort mehr als 50 Prozent der gesamten BezirksflächeStraßenfläche wurde. Durch übertriebene Höherzonungergab sich an vielen Stellen dieser neuen Stadtviertel eineBevölkerungsdichte von mehr als 2.000 Menschen pro Hektar“. 37Am Programm stand nun der Umbau der Städte „durchAuflockerung der zu dicht und mit schlechten Wohnungenbebauten Altstadt- und Mietkasernenviertel, die Trennung derWohngebiete von den Industriegebieten, die Schaffung vonSiedlungen und Gartenstädten, die Anlage genügend großerund zusammenhängender Grün-, Spiel- und Sportflächen“. 38Die Lösung sah man in der Errichtung von Nachbarschaftenals kleinste Siedlungseinheit, deren Größe nun nach denErfordernissen der Grundschule dimensioniert werden sollte. Eineidealtypische Umsetzung einer solchen Nachbarschaft in Wien istdie ab 1947 errichtete Per-Albin-Hansson-Siedlung:„In nächster Nähe industriereicher Stadtgebiete ist sie eine jenergartenstadtähnlichen Wohnanlagen, die in weitschauender, sinnvollerSiedlungspolitik durch die Gemeinde Wien errichtet werden undder Sehnsucht der Bewohner der engen, lichtlosen und überfülltenMietkasernenviertel nach einem Leben im Grünen, in eigenem Garten, infreier, sonniger Natur Rechnung tragen.“ 39Zahlreiche Wohnanlagen und Siedlungen der 1950er-Jahre folgten dieser städtebaulichen Leitfigur. Ihre Aufgabebestand nicht nur darin, Wohnraum auf dem kulturellen undzivilisatorischen Niveau der Zeit bereitzustellen, sie erfüllten auchordnungspolitische Funktionen. Als Nachbarschaften und kleineGemeinschaften sollten sie einerseits die großstädtische Massein überschaubare Einheiten gliedern und andererseits den meistkleinteilig zersiedelten Stadtrand einer städtebaulichen Ordnungunterziehen. In dieser Eigenschaft waren sie gewissermaßenPioniere einer städtebaulichen Überformung des untergenutztenTerrains in der städtischen Peripherie. Ihre Aufgabe war es auch,wilde Siedlungen abzukapseln und ihre weitere Ausbreitung zuverhindern. 40Auch die in den Jahren 1951–1953 errichtete WohnanlageFuchsenloch in der Baumeistergasse kann typologisch dieser37 Wilhelm Adametz / Magistrat der Stadt Wien (Hg.): Das Profil einer Stadt. Wien stellt sich vor, Wien [1953],72f.38 Schuster 1946, 7.39 Stadtbauamt der Stadt Wien (Hg.): Die Per Albin Hansson-Siedlung in Wien, Wien (Buchreihe „Der Aufbau“9) 1951, 12.40 Magistrat der Bundeshauptstadt Wien – Stadtbauamtsdirektion: Kurzinformation über Wien, im Juni 1959,Information Nr. 9.Leitfigur zugeordnet werden. Mit 157 Wohneinheiten ist sie zwar,wie viele andere Siedlungen aus dieser Zeit auch, zu klein für eineNachbarschaft oder Gartenstadt und infrastrukturell an die dichterverbaute Stadt verwiesen, in ihrer landschaftlichen Gebundenheitund städtebaulichen Konfiguration folgte sie jedoch dem Bilddieses Typus. Man kann das Fuchsenloch wie die zur gleichenZeit errichtete Kongress-Siedlung im 17. Bezirk als eine „typischeKlein-Nachbarschaftsplanung für das soziale Wohnbauprogrammder Stadt Wien nach 1945“ bezeichnen.Elemente einer neuen OrdnungIm Mai 1947 lag mit den Grundlagen für den Entwurf vonWohnhausbauten und Siedlungen im Wohnbauprogramm derStadt Wien 41 der MA 19 ein detailliertes Regelwerk vor, das densozialen Wohnbau noch bis in die 1960er-Jahre prägen sollte.Man kann die Grundlagen, so wie auch die Wohnbauten der1950er-Jahre, als eine zögernde Annäherung an die Modernelesen. Bei allen Funktionalismen und Rückführungen auf denZweckkern einer Aufgabe blieben die Gebäude formal in einemkonservativen Grundton eingelassen. Als Chiffre funktioniertedie von Franz Schuster propagierte „einfache Grundform“. 42Die Grundform war nicht nur der Versuch, über eine ArtNullpunkt der Form neu zu beginnen, sondern sie sollte auchAnschluss finden an eine vermeintliche und verloren gegangeneharmonische Ursprünglichkeit. Gleichzeitig war diese Grundformein ordnungspolitischer Zuruf an die Bevölkerung, jedenüberflüssigen Zierrat zu vermeiden, wie es schon in der Enquetezum Wiederaufbau hieß. 43 Die Bevölkerung sollte zu „gesunderBaugesinnung und zu einem bewussten Geschmacks- undQualitätsgefühl [und zur] Bekämpfung des Kitsches“ erzogenwerden. 44Die Grundlagen waren für ArchitektInnen und PlanverfasserInnenein verbindliches Vertragselement und enthielten detaillierteFestschreibungen für den sozialen Wohnbau vom Bebauungsplanbis zu den Möbeln. Die dominierende Zielgruppe für dieneuen Wohnungen war die Kleinfamilie mit zwei Kindern. Derhauptsächliche Wohnungstyp die Dreiraumwohnung auf 60Quadratmetern mit Wohnzimmer, Eltern- und Kinderschlafzimmer,Küche, Bad, Vorraum, Abstellraum und Keller. Die Wohnungenmussten über Stiegenhäuser erschlossen werden, Gängewaren zu vermeiden. Ebenso waren nordseitige Wohnungen zuverhindern und die Querdurchlüftbarkeit der Wohnungen musstegewährleistet sein. Schließlich enthalten die Grundlagen noch eineAufstellung all jener Möbel, samt Maßen, die für die Einrichtung41 Magistrat der Stadt Wien 1947.42 Vgl. dazu auch Franz Schuster: Der Stil unserer Zeit. Die fünf Formen des Gestaltens der äusseren Welt desMenschen. Ein Beitrag zum kulturellen Wiederaufbau, Wien 1948.43 Hans Riemer: Wien baut auf. Zwei Jahre Wiederaufbau, Wien 1947, 128.44 Ebd., 124.22


einer „Volkswohnung notwendig und wünschenswert“ waren.Die Möbel waren in den Grundrissen einzuzeichnen und sinnvollanzuordnen.Auch für das Äußere und den Bezug der Gebäude zum Terrain gabes eine Reihe von Vorschreibungen. So mussten die Kellerräumemit mindestens einem Drittel ihrer lichten Höhe unter dem Terrain,der Fußboden der Erdgeschosswohnungen mindestens 80 cmüber dem höchsten Gehsteiganlauf liegen. Eine Anordnung, die bisheute das Verhältnis zahlreicher Wohnbauten zum Außenbereichdominiert.Die Fassaden waren mit „naturfärbigem verriebenem Verputz ausNatursanden“ auszuführen. Mehrfärbige Fassadenausbildungenbedurften einer ausdrücklichen Genehmigung. Die Dachneigungensollten zwischen 35 bis 47 Grad betragen. Flachdächer warenüberhaupt zu vermeiden. Die einzelnen Hauselemente sollten zuReihen und Gruppen zusammengefasst werden. Die Lagepläne derWohnanlagen hatten „Rücksicht zu nehmen auf den natürlichenAufbau der Landschaft“.Die Grundlagen regelten den Städtebau auf der Ebene dereinzelnen Nachbarschaft bzw. „Klein-Nachbarschaft“, wiedem Fuchsenloch in der Baumeistergasse. Sie sind ebensoablesbar an den Wohnungsgrundrissen, der Erschließung, derLuftbild Siedlung Autokaderstraße, 1971Quelle: Stadt Wien, MA 41 Stadtvermessunggeringen Trakttiefe von rund 7 m wie an Fassade und Dachform,am Verhältnis der Baukörper zum Außenraum und an derBaukörperstellung und ihrer Gruppierung. An den „wichtigstenFassaden“ waren an geeigneten Stellen Aufschriften mit Namender Wohnhausanlage und Zeit ihrer Erbauung anzubringen.Pkw-Stellplätze waren noch nicht vorzusehen, lediglichUnterstellmöglichkeiten für Kinderwagen, Schlauchkarren,Fahrräder und Motorräder. Vielleicht verweisen diese Siedlungenheute deswegen wieder in die Zukunft.Städtebaulich bzw. ordnungspolitisch war die (Klein-)Nachbarschaft das kleinste Element des nach 1945 und bis indie 1960er-Jahre dominierenden Leitbilds der gegliederten undaufgelockerten Stadt. 45 Gliederung, Auflockerung, Bauen in derLandschaft, Trennung der Verkehrswege, Erschließung durchWohnstraßen, Zeilenbauweise und Ausrichtung zur Sonne warenwesentliche Elemente des neuen städtebaulichen Leitbildes. DerBruch mit der historischen Stadt wurde besonders deutlich in derZeilenbauweise und im Vermeiden von Randverbauungen undgeschlossenen Innenhöfen.45 Johannes Göderitz / Roland Rainer / Hubert Hoffmann: Die gegliederte und aufgelockerte Stadt, Tübingen(Archiv für Städtebau und Landesplanung 4) 1957.23


„[E]s entwickelte sich eine grundsätzlich neue Art der Verbauung, die,Zeilenbauweise‘, die man wohl am besten als das Bauen im Gartenbezeichnen kann. Es verschwinden die geschlossenen Straßenfrontenund die verbleibenden Freiflächen, die früher nur den Bewohnern dieserAnlage zugute kamen, werden nun Allgemeingut.An Stelle der Randverbauung werden die einzelnen Hauszeilen senkrechtzu den anschließenden Straßen und Gassen gestellt, mit entsprechendbreiten Zwischenräumen, so dass der dazwischen befindliche gärtnerischausgestaltete Hof eine breite grüne Gasse bildet. Diese Art der Verbauung,die Einbeziehung der Hofräume in den Straßenraum, verhindert die meistunvermeidliche Monotonie der bisherigen Straßenfronten und gibt derAnlage den Charakter einer Gartenstadt.“ 46Alle diese Elemente und Regeln, das ganze städtebaulicheVokabular der Nachkriegsjahrzehnte, müssen vor dem Hintergrundder weitgehend negativen Bilanz des Wohnbaus aus denJahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg gelesen werden. Fast jedeAnweisung, sei es die Forderung nach Querdurchlüftbarkeit, nachBesonnung, Erschließung über Stiegenhäuser, Babauungsgradetc. richtete sich unmittelbar gegen die Wohnbaupraxis derGründerzeit. Und aus dieser Lektüre heraus sollte man denStädtebau dieser Jahre nicht, wie es oft passiert, als Zerstörungder historischen Stadt verstehen, sondern als notwendige underfolgreiche Reform und Stadterneuerung.Waren in dieser Phase die Nachbarschaften Per-Albin-Hansson-Siedlung und Am Schöpfwerk oft und gerne publizierteBeispiele, die in dieser Eigenschaft immer über sich hinauswiesen und zahlreiche Siedlungen motivierten und legitimierten,verschoben sich die städtebaulichen Maßzahlen gegen Endedes Jahrzehnts. 1960 waren die entsprechenden Beispiele dieWohnanlagen Altmannsdorfer Straße und Eisenstadtplatz mitjeweils mehr als 1.000 Wohnungen, die im Montageverfahrenerrichtete Wohnanlage Siebenbürgerstraße mit geplanten 2.500Wohneinheiten und die Wohnanlage Vorgartenstraße mit mehr als300 Wohneinheiten.Mit dem Beginn der Vorfabrikationen und der wirtschaftlichenNotwendigkeit einer Produktionsleistung von vier Wohnungenpro Tag bzw. etwa 1.000 im Jahr, ergab sich auch eine gewisseGliederung der Entwicklungsgebiete und der aufzuschließendenGrößenordnungen. Als Maßzahl dienten nun fertigungstechnischeVorgaben. Die landschaftliche Einbettung der 1950er wich,wo möglich, der Großbaustelle auf ebenem Terrain. Auf„jungfräulichem Boden“ 47 sollten die neuen Stadtgebiete und mitihnen die neue Ordnung entstehen.Verordneten die Grundlagen einen Verbauungsgrad vonmindestens 30 bis maximal 50 Prozent der Grundfläche,errechnete man für die Wohnanlage Altmannsdorfer Straße46 Stadtbauamt der Stadt Wien (Hg.): Der soziale Wohnungsbau der Stadt Wien, Wien (Buchreihe „DerAufbau” 32) 1956, 78.47 O. A.: „aufbau“-Interview: Kurt Heller, amtsführender Stadtrat für Bauangelegenheiten der Stadt Wien, in:Der Aufbau, 15. Jg., Nr. 1–2, Wien 1960, 1–6.gerade einmal 22 Prozent. Den Wohnanlagen wurden Schulen,Kindergärten, Sportanlagen und Nebenzentren in mehr oderweniger großer Entfernung zugeordnet. Die Nahversorgungerfolgte über Ladenzonen innerhalb oder am Rand der Anlage.Stellplätze wurden explizit und als offene Parkplätze meist amRand der Wohnanlagen ausgewiesen. Die Wohnanlagen selbstwaren autofrei. Die Baukörper blieben in der Ausgestaltungnüchtern und zurückhaltend, rückten jedoch vom Leitbild der„einfachen Grundform“ ab. Sie verfügten über flachere oderFlachdächer, waren meist vier bis neun Stockwerke hoch unddie Wohnungen fast durchgehend mit Loggien oder Balkonenausgestattet.Die Wohnanlage Autokaderstraße ist idealtypisch für diese kleineEpoche im Wiener Wohnbau. Geplant vom Architekturbüro Oskarund Peter Payer, zählt die 1966 bis 1967 errichtete Anlage derGemeinde Wien mit ihren rund 1.000 Wohnungen zur erstenGeneration der im Montagebauverfahren erbauten Siedlungen. Miteiner Geschossflächenzahl von 0,89 und einem Bebauungsgradvon rund 15 Prozent sowie den angrenzenden Grünflächen undeinem Spielplatz für Kinder und Jugendliche verfügt die Anlageüber beachtliche Freiraumqualitäten. Die durchschnittlicheWohnungsgröße lag mit 64 m 2 über den damaligenWohnungsgrößen im Normalprogramm des sozialen Wohnbaus.Bereits Karl Brunner definierte den Bereich nördlich der Anton-Bosch-Gasse bis zur Autokaderstraße als neues Siedlungsgebiet.Ein erster Strukturplan von Roland Rainer 1961 wies imZentrum der Anlage auch Zeilen mit verdichtetem Flachbauaus. Diese Mischung der Bauformen war auch für die ersteMontagebausiedlung in der Siebenbürgerstraße geplant, kam aberin beiden Fällen nicht zur Ausführung.Das zweite Projekt aus den 1960er-Jahren im 23. Bezirkin der Maurer Lange Gasse war mit 268 Wohnungen undzahlreichen Infrastruktureinrichtungen als „selbstständigeWohnnachbarschaft“ geplant. Die im Zentrum des Grünraumsvorgesehenen 30 Reihenhäuser wurden ebenso wenig realisiertwie Bad, Kindergarten, Tagesheim und Nachbarschaftszentrummit Kulturhaus, Geschäften und Garage. Umgesetzt wurdedie Randverbauung mit dreigeschossigen nach Südostenorientierten Wohnhäusern, das Apartmenthaus, Caféhaus undGeschäftsflächen im Erdgeschoss, ein Kinderspielplatz undParkierungsflächen in Form offener Stellplätze.In beiden Wohnanlagen lassen sich noch die Grundlagen vom Mai1947 erkennen. Auf dem Weg in die 1960er legten sie allerdingsviele Merkmale des Konservativen und Rückwärtsgewandtender „einfachen Grundform“ ab. Gestalterische Details, über diedie Per-Albin-Hansson-Siedlung noch verfügte, sind nicht mehrzu finden. Ihr Äußeres verdankt sich der inneren Gliederung undder Organisation von Haushalt und Wohnen. Auf geschwungeneHauszeilen oder halb offene Hofsituationen, wie noch in derBaumeistergasse ausgeführt, wurde verzichtet. Das Resultat ist24


Luftbild Kaiser-Ebersdorfer Straße 172, 1985Quelle: Stadt Wien, MA 41 Stadtvermessungeine äußere Regelmäßigkeit, auf der sich lediglich die Stapelungder teilstandardisierten Wohnungsgrundrisse und die Strukturder Loggien abbilden. Eine Regelmäßigkeit, die sich auch in derPlandarstellung wiederfindet. Im Architekturbüro Oskar und PeterPayer, das in den 1960er- und 1970er-Jahren immerhin für etwa15.000 Wohnungen in Wien verantwortlich zeichnete, wurdeauf Gesamtdarstellung der Wohnhäuser verzichtet. Es wurdenlediglich die jeweiligen Komponenten, wie Mittelteile und Endstückzu Papier gebracht. Die Zeilen konnten beliebig verlängert werden.Auch in der Maurer Lange Gasse wurde typologisch gearbeitet,die Typen kombiniert und ins Terrain gesetzt, wenn auch in einemwesentlich kleineren Maßstab. Auch verlangte die Hanglage einegewisse Bindung an die topografischen Eigenschaften des Ortes.Eine Restriktion, die im ebenen Gelände des ehemaligen K. K.Autokaders im 21. Bezirk nicht gegeben war.Rein dem Wohnen und Leben nach der Arbeit verpflichtet, wurdendie Wohnanlagen der 1960er-Jahre schon vor ihrer Realisierungals Schlafstädte desavouiert und es formierte sich in der Folge,trotz hoher Wohnzufriedenheit, massive Kritik. Heute ist es vorallem ihr schlechter Ruf, den es zu sanieren gilt.Urbanität durch DichteMit den 1970er-Jahren war diese kleine Epoche im WienerWohnbau zu Ende. Schon in den 1960er-Jahren wurde heftigeKritik an der „funktionell entmischten“ Stadt geäußert. Einerseitshieß es, die Großstädte veröden vom Zentrum aus, 48 andererseitswurden die neuen Stadtregionen als niederdrückend undunwirtlich erlebt. 49 Statt Gliederung und Auflockerung wurdeUrbanität durch Dichte gefordert.„Wir befinden uns in einem Übergangsstadium und stehen am Beginnder Entwicklung neuer Ordnungsprinzipien. Das Ziel der Stadtplanungist nicht ,Entstädterung‘, sondern Humanisierung der vorhandenenStadtvorstellung. Entscheidend ist der Grad der Integration in größereurbane Zusammenhänge. Konzentrierte, verdichtete Stadteinheiten, indenen die moderne Technik alle biologischen Unzuträglichkeiten undtechnischen Kommunikationsschwierigkeiten zu überwinden hat.“ 5048 Hartmut Häußermann / Walter Siebel: Neue Urbanität, Frankfurt am Main 1987, 22.49 Alexander Mitscherlich: Die Unwirtlichkeit unserer Städte. Anstiftung zum Unfrieden, Frankfurt am Main1965.50 Rupert Falkner: „Gedanken zur Humanisierung der Stadt“, in: Der Aufbau, 26. Jg., Nr. 1–3, Wien 1971, 78.25


In den Leitlinien für die Stadtentwicklung von 1972 wurde dieserWechsel als der Eintritt in eine neue Phase der Stadtentwicklungargumentiert. „Nach Jahrzehnten, in denen die baulicheStadterweiterung Vorrang haben musste“, hieß es, „ist nunmehrdie städtebauliche Erneuerung Wiens die große Zukunftsaufgabe“.Am Ziel der Stadterweiterung wurde zwar weiter festgehalten,aber Dichte wurde nun als eine notwendige Eigenschaft vonStadt und Urbanität interpretiert, und das galt auch für dieStadterweiterung, die nun entlang von Entwicklungsachsenoder in Schwerpunktgebieten erfolgen sollte. 51 Die Qualität derFolgeeinrichtungen und Verkehrsanbindung hing unmittelbar mitder Frequenz der BenutzerInnen zusammen. Es bedurfte alsoeiner gewissen Bevölkerungsdichte, damit die neuen Stadtteilefunktionierten. Das galt allerdings nicht als Rehabilitierung derdicht verbauten Gründerzeitviertel. Wie auch in den Jahrzehntenzuvor galt die Stadterweiterung als Voraussetzung „für den Umbauder dicht bebauten Stadtgebiete“. 52Was hier angestoßen und in den 1960er-Jahren bereits angezieltwurde, war ein regelrechter Kreislauf: Stadterweiterung undRandwanderung, Stadterneuerung im Inneren, Rückwanderungin die Stadt, Erneuerung und Verdichtung der ehemaligenErweiterungsgebiete.Das Leitprojekt für eine kompakte Siedlungsentwicklung entlangeiner Entwicklungsachse war die Achse Meidling–Siebenhirten,mit den Anfang der 1970er-Jahre noch wesentlich kompakterenund größeren Schwerpunkten Am Schöpfwerk, Alt Erlaa undWiener Flur. Neue Stadtteile entlang von Entwicklungsachsensollten „funktionstüchtige, voll ausgestattete Gebiete werden,in denen neue städtebauliche Maßstäbe gesetzt werden“.Im Stationsbereich der S- und U-Bahn-Linien waren Zentrenund Gemeinschaftseinrichtungen geplant und darüber hinaussollte eine „dichte Wohnbebauung in diesen AußengebietenVoraussetzungen für urbanes Leben schaffen“. 53Diese Forderung nach urbanem Leben in den Außengebietenist auch auf der Ebene der Bebauungsstruktur ablesbar.Arbeitete man in den 1950er-Jahren an der Auflösung derBlockrandbebauung, begannen bereits in den 1960er-Jahrendie Versuche, den Zeilenbau zu überwinden, ohne dabei beimklassischen Blockrand zu landen. 54 Stand die Zeile für Licht, Luftund Sonne und gleich gute Wohnungsgrundrisse für alle, wurdesie nun als erlebnisarm und monoton erfahren und man wolltemit unterschiedlichen Grundrissen individuellen Ansprüchenbei der Wohnungssuche entsprechen. Ecken und Kanten,Hofbildungen und Abweichungen sollten der Ereignisarmut in den51 Helmut Korzendörfer / Magistrat der Stadt Wien, Geschäftsgruppe VI, Planung / Institut für Stadt<strong>forschung</strong>Wien (Hg.): Leitlinien für die Stadtentwicklung, Wien 1972, 5.52 Friedrich Pohl: „Entwicklungsachse, Beispiel Meidling – Siebenhirten”, in: Der Aufbau, 26. Jg., Nr. 1–3,Wien 1971, 72.53 Korzendörfer 1972, 9.54 Magistrat der Stadt Wien, Geschäftsgruppe VI, Planung: Stadtplanung Wien 1963–1969, Wien 1971,97–99.neuen Wohnanlagen entgegenwirken und den Erlebnisgehalt derWohngebiete stärken.Auf der Ebene der Bebauungsstruktur hieß das, dass Zeilenabschnittsweise geteilt und verschoben wurden und über dasVerbinden im rechten Winkel eine Art aufgebrochener Blockrandentstand. Gleichzeit ermöglichte die Wiederaufnahme vonMittelgangerschließungen eine kompaktere Bebauung und deutlichgrößere Trakttiefen.Diese Entwicklung lässt sich an den Wohnanlagen in derSmolagasse 4 und in der Kaiser-Ebersdorfer Straße 172gut ablesen. Das Entwicklungsgebiet Kaiser-EbersdorferStraße / Luzegasse war ursprünglich Bestandteil desStadterweiterungsgebietes Thürnlhofstraße. 55 Während jedoch dieBebauung an der Thürnlhofstraße mit rund 2.000 Wohneinheitenzwischen 1969 und 1972 noch weitgehend im Sinne der 1960er-Jahre im Montagebauverfahren und mit frei stehenden Zeilen undgegeneinander verschobenen Wohntürmen erfolgte, wurde daswesentlich kleinere Teilstück an der Kaiser-Ebersdorfer Straßemit rund 500 Wohneinheiten sukzessive in den 1970er-Jahrendichter und kompakter umgesetzt. Der Strukturplan von 1968teilte den Baugrund in drei Blöcke, deren Bebauung aus jeweilszwei sich gegenüberliegenden Winkeln besteht, deren Schenkelaus aneinandergereihten, aus der Flucht versetzten Baukörpernzusammengesetzt sind. Diese Strukturwidmung folgt denÜberlegungen der Stadtplanung Wien 1963–1969 mit derselbenTreue, wie die Wohnanlagen der 1960er-Jahre Ronald RainersPlanungskonzept Wien oder die 1950er-Jahre den GrundlagenFranz Schusters.Waren die Wohnanlagen der 1960er-Jahre ganz im SinneLe Corbusiers „weiträumig und rechtwinkelig und nichtmehr so verzweifelt unförmig angelegt“ 56 und wurde dasErweiterungsgebiet an der Thürnlhofstraße lediglich in zweiBauplätze geteilt, stellte man am wesentlich kleineren Gebiet ander Kaiser-Ebersdorfer Straße gleich fünf Bauplätze zur Verfügung.Die Gemeinde Wien trat nur mehr mit 99 Wohneinheiten auf einemder Bauplätze als Bauherrin auf.Im Resultat zeigt sich die untersuchte Wohnanlage an der Kaiser-Ebersdorfer Straße mit 172 Wohnungen, einer GFZ von 2,14 undeinem Bebauungsgrad von über 50 Prozent den Kennwertennach deutlich urbaner und dichter als die vorangehende zweiteBauphase an der Thürnlhofstraße mit einer GFZ von 1,43und einem Bebauungsgrad von 17 Prozent, die Siedlung amFuchsenloch an der Baumeistergasse mit einer GFZ von 0,56 undeinem Bebauungsgrad von rund 50 Prozent und die Wohnanlagean der Autokaderstraße mit den entsprechenden Werten 0,98 und15 Prozent.55 Siehe Neubaugebiete und Ausbaugebiete im Osten und im Süden in: ebd., 89.56 Le Corbusier: 1922, Ausblick auf eine Architektur, Braunschweig (Bauwelt-Fundamente 2) 1982, 171 f.26


Der Grünraum. Konfigurationen des WohnensEin solcher Wechsel in der grundlegenden Ausrichtung derStadtplanung, wie er spätestens 1970 spürbar war, mussteauf dem gesamten Feld der Ordnung des Stadtbaus spürbareAuswirkungen haben. Eine, und sicher nicht die Geringste, war,dass sich die Aufmerksamkeit aus den neuen Ensembles der1960er-Jahre zurückzog und sie einem meist desavouierendenDiskurs überließ, um an anderer Stelle das Neue zu beschreiben.Selbst wenn in den diversen konzeptionellen Schriften derÜbergang moderat und wie selbstverständlich propagiert wurde,die beiden Leitbilder waren in ihren Grundannahmen wenigkompatibel.Eine andere, nicht geringere Auswirkung, war dort zu spüren,wo sich der Grünraum auf Wohnen und Stadt bezog. Nach 1945war eines der wesentlichen Ziele eine Durchgrünung der Stadt.Allerdings hatte dieses Durchgrünen einen eigenen begrifflichenGehalt und versammelte sich unter der Chiffre „Soziales Grün“.Gemeint war damit eine Art immerwährender Grund, überallanwesend und in intensiver Nutzung, der das Gebaute trägt undordnet. Es ging nicht darum, Grünraum in Form von Parks oderrepräsentativen Anlagen an bestimmten Orten der Stadt zurVerfügung zu stellen, sondern den Grünraum wie einen gewebtenTeppich zu denken, dem das Gebaute entwuchs.„Im Wesentlichen ist das Soziale Grün heute [...] in der Formder Eingrünung der Wohnhausanlagen, Grünanlagen bei Bädern,Kindergärten, Schulen, Einfamilienhäusern und weniger auf Grund einerbewussten Standortpolitik neu angelegter oder umgestalteter öffentlicherParkanlagen vorhanden.So ist ,Soziales Grün‘ ein Entwicklungsbegriff: je mehr Grünflächenin ein Gesamtplanungskonzept eines Stadtorganismus einbezogenwerden, je ,sozialer‘ eine Stadt wird, desto größer wird das Ausmaß desSozialen Grün sein, desto schneller wird sich der Übergang von einzelnenöffentlichen Parks zum Sozialen Grün vollziehen.“ 57Hatte das in den landschaftsgebundenen Nachbarschaften inden 1950er-Jahren zur Folge, dass eine gewisse landschaftlicheGeschlossenheit und Kleinteiligkeit der Freibereiche entstand undder Grünraum bildlich gesprochen in die Siedlung hineingriff, solöste sich diese Gebundenheit mit der größeren Freistellung derGebäude in den 1960er-Jahren. Was dabei entstand, war eineneue Plastizität der Baukörper, die auf bemerkenswerte Weisemit der so oft gescholtenen architektonischen Zurückhaltungharmonierte. Der Stadtraum wurde nicht mehr als System vonStraßen und Plätzen verstanden, das aus der Masse der Gebäudegleichsam herausgeschnitten wurde, sondern „er bildet[e]vielmehr einen einzigen, zusammenhängenden Raum, Teil derLandschaft ringsum, in dem die Gebäude als plastisch wirkendeKörper gruppiert“ waren.57 Stadtbauamt der Stadt Wien (Hg.): Soziales Grün in Wien, Wien (Buchreihe „Der Aufbau“ 24) 1963, 14.„Der traditionelle Garten der Perser war ein Rechteck, das invier Teile unterteilt war – für die vier Elemente, aus denen dieWelt bestand. In der Mitte, am Kreuzungspunkt der vier Teile,befand sich ein heiliger Raum: ein Springbrunnen oder einTempel. Um diesen Mittelpunkt herum war die Pflanzenweltangeordnet, die gesamte Vegetation der Welt, beispielhaftund vollkommen. Bedenkt man nun, dass die Orientteppicheursprünglich Abbildungen von Gärten waren – also buchstäblich,Wintergärten‘ –, wird auch die Bedeutung der legendärenfliegenden Teppiche verständlich, der Teppiche, die durch dieWelt flogen. Der Garten ist ein Teppich, auf dem die ganze Weltzu symbolischer Vollkommenheit gelangt, und zugleich ist erein Garten, der sich durch den Raum bewegen kann.“ (MichelFoucault, 2005)„Auch dort, wo sie so nahe aneinanderrücken, dass sich ihre Umrissezu größeren Komplexen zusammenschließen, auch dort, wo wir mitGebäuden bewusst abgesonderte, ruhig und intim wirkende, hofartigeRäume bilden, pflegt sich doch immer wieder irgendein Blick auf einefreie Fläche zu öffnen, sodass der Zusammenhang mit dem übrigenLandschaftsraum fühlbar bleibt.“ 58Es gab auch eine eigene Axiomatik, mit welcher Freistellung undgrößere Gebäudehöhen argumentiert wurden. Die Forderung nachbesserer Belichtung und Besonnung, nach Schutz vor Einsicht undmöglichst freier Grundrissgestaltung verlangte größere Abständeund ermöglichte damit mehr Geschosse und weitläufigereFreiflächen zwischen den Baukörpern. Diese Freiflächen sah man,anders als heute, als Teil der öffentlichen Grünflächen. 59In den großzügig durchgrünten Wohnanlagen gab es kaumlandschafts- und freiraumgestalterische Momente, keineEinzäunungen und selten funktionale Zuweisungen. Noch heutetragen diese Anlagen den Charme des Offenen, Weiten undeiner gewissen Großzügigkeit, was zu ihrer Zeit keineswegs alsFehlen einer Ordnung oder Ausgestaltung erlebt wurde. Vielmehrgalt es, das Umland als Garten- und Spielanlage zu erschließenund nicht den Parks nachzubilden, die nun als repräsentativeHerrschaftsformen interpretiert wurden. 60Gleichzeitig avancierte die Grünfläche zum „Gerüst derstädtebaulichen Gliederung und bildet[e] die ,Mitte‘ der Stadt“.Die Grünfläche „tritt an die Stelle der gebauten, städtebaulichenMittelpunkte früherer Zeit (Kirche, Schloß usw.)“. 61 Nicht mehrDichte und die repräsentativen Gebäude der Stadtzentren58 Roland Rainer: „Automobilverkehr und städtebauliche Gestaltung”, in: Der Aufbau, 7. Jg., Nr. 9, Wien 1952,357f.59 Magistrat der Stadt Wien 1971, 44.60 Leopold Rosenmayr: „Wohnverhältnisse und Nachbarschaftsbeziehungen. Eine soziologischeUntersuchung städtischen Lebens”, in: ... wohnen in Wien. Ergebnisse und Folgerungen aus einerUntersuchung von Wiener Wohnverhältnissen, Wohnwünschen und städtischer Umwelt, Wien(Monographiereihe Der Aufbau 8) 1956, 75.61 Karl Otto: Die Stadt von Morgen. Gegenwartsprobleme für alle, Berlin 1959, 49.27


Strecke blieb, war der Straßenraum als öffentlicher Raum. DasAugenmerk lag auf diesen Konfigurationen des Wohnens, die alsgeschützte Zonen eine eigene Form des Öffentlichen ermöglichten.„Immer allgemeiner gültig kristallisieren sich die ruhigenFußgängerbereiche im Inneren der Wohngebiete mit ihren verschiedenenKinderspielplätzen und weiträumigen Spielflächen für Jugendlicheeinerseits und die Bereiche des Verkehrs mit ihren Parkplätzen undGewerbeeinrichtungen andererseits am Rande heraus. [...]Was wir heute brauchen, beim Stadtbau wie beim Hausbau, sindweniger dekorative Bereicherungen ohne ersichtliche Bedeutung, waswir brauchen sind Klarheit, Ordnung und Formdisziplin, sichtbareRangordnung zwischen wichtigen und unwichtigen Dingen, damit manin der Erscheinung der Stadt erkennen kann, welche Dinge uns etwasbedeuten und welche nicht, worauf es uns ankommt bei unserem Lebenund Arbeiten und worauf nicht.“ 64Kranz der zukünftigen Gartenstädte um WienQuelle: Magistrat der Stadt Wien (Hg.): Das Profil einer Stadt. Wien stellt sich vor, Wien o. J.waren nun Gradmesser für den Fortschritt einer urbanisiertenGesellschaft, sondern der Grad der Durchgrünung ihrer Städte.Was sich in dieser Ordnung der neuen Wohnanlagen der beidenNachkriegsjahrzehnte herausbildete, waren Konfiguration desWohnens bzw., aus der Perspektive des männlichen Alleinerhaltersgesehen, des Lebens nach der Arbeit. Wohnung und Wohnumfelddienten der Reproduktion der männlichen Arbeitskraft. Nach derArbeit entleerte sich die City „wie durch einen tiefen Atemzug“ unddas „Leben der Gartenstädte tritt in seine Rechte“. 62 Die neuenWohnviertel waren Maschinen zum Atemholen. 63Was dabei wesentlich war und meist übersehen wird, ist,dass in diesen Konfigurationen des Wohnens das Wohnen alssolches aus der Verborgenheit der engen Mauern und Hinterhöfehervorgebracht wurde, ein Hervorbringen ins Freie, Nicht-Umbaute, das gleichsam geschützt und den Zumutungen derzivilisatorischen, technischen und maschinellen Unruhe entzogenwar. Die Wohnanlagen waren, und sind es meist heute noch,arbeits- und autofrei. Was dabei keinesfalls unbemerkt auf der62 Le Corbusier: Städtebau, Stuttgart 1979, 158.63 Ebd., 163.Diese Konfigurationen des Wohnens sahen sich bald heftiger Kritikausgesetzt. Auch heute werden Wohnanlagen, die über keine oderzu wenig Arbeitsplätze, Geschäfte und Büros verfügen, schnellals Problemzone markiert, ohne sich lange dabei aufzuhalten, obes tatsächlich diese Mischung ist, die die sozialen Verhältnissegeneriert und ob nicht andere Merkmale entscheidender sindfür soziale Problemlagen, und auch nicht dabei, ob die solchenBefunden zugrunde liegenden Urbanitätsvorstellungen tatsächlichnoch angemessen sind. Vielleicht sind gerade heute in derAllgegenwart von Arbeit und Konsum und angesichts der neuenMöglichkeiten der Informations- und Kommunikationtechnikendiese Wohnanlagen Refugien von hoher Aktualität.In der Folge wurde in den 1970er-Jahren Urbanität und Dichteauch für die neuen Zonen der Stadterweiterung urgiert. DasSoziale Grün und die Weitläufigkeit der Freiflächen, nun alsAbstandsgrün negativ konnotiert, wichen funktional spezialisiertenFreiflächen. Der Frei- und Grünraum wurde funktional eingeholtund mit Nutzungszuordnungen versehen.Gefordert wurden auf den nun deutlich kleineren Freiflächen„Entwicklungsstraßen der Bewegung“ mit speziellen Anlagen fürunterschiedliche Altersgruppen und in altersadäquater Entfernung.Je höher die Dichte der Verbauung, umso mehr stieg der Druck,den verbleibenden Freiraum effizient und funktionsorientiert zunutzen.„Durch die immer mehr fortschreitende Verbauung geht der natürlicheBewegungsraum verloren. [...] Um künftig [...] Nachteile für dieBewohner dicht bebauter Räume vermeiden zu können, sollte bei derPlanung von neuen Wohnhausanlagen und Wohnhäusern das Prinzipeiner ,Entwicklungsstraße der Bewegung‘ der sogenannten ,Spielstraße‘eingehalten werden.“ 6564 Roland Rainer: „Gestaltungsfragen des zeitgenössischen Städtebaues“, in: Österreichischer Städtebund,Städtebau und Stadtentwicklung, Seminar 28. bis 30. November 1963, Rathaus Wien, Wien (Schriften desÖsterreichischen Städtebundes 3) 1963, 73 u. 83.65 Helmut Korzendörfer (Red.) / Institut für Stadt<strong>forschung</strong> (Hg.): Wiener Stadtentwicklungs-Enquete1972–1973, Abschlußbericht. Arbeitsergebnisse der Diskussion über den Entwurf der Leitlinien für die28


Der sichtbare Ausdruck der Funktionsflächen ist eine höhereRegelungsdichte, das zunehmende Ausbleiben undefinierterFreiflächen und der Zaun. Diese Entwicklung lässt sich am ProjektKaiser-Ebersdorfer Straße / Luzegasse vor allem im Vergleich mitden ersten beiden Phasen des Stadterweiterungsgebietes an derThürnlhofstraße gut zeigen.„Unter all diesen verschiedenen Orten gibt es nun solche,die vollkommen anders sind als die übrigen Orte, die sichallen anderen widersetzen und sie in gewisser Weise sogarauslöschen, neutralisieren oder reinigen sollen. Es sindgleichsam Gegenräume.“ (Michel Foucault, 2005)Rückwirkend lässt sich resümieren, dass die Umdeutung derGrünflächen in der Stadt als neue Mitte in den 1960er-Jahrenzumindest in den Wohnanlagen, aber auch darüber hinaus, ihreWirkung nicht verfehlte. Vor allem wenn man berücksichtigt, dassdiese Umdeutung auch hieß, dass die Wiener Nachkriegsmodernekeine neuen bürgerlich-repräsentativen Zeichen als Mittelpunktegenerierte, die mit jenen der Gründerzeit vergleichbar wären.Vor allem in den neuen Wohnanlagen wurden die Grünflächenund Freibereiche zu zentralen Lebensbereichen. Wie die Studiezum Wiener Plattenbau zeigt, werden in den öffentlichenFreiräumen der Siedlungen intergenerationale und interkulturelleKonfliktkonstellationen sichtbar und dort entzünden sich diemeisten Konflikte zwischen den BewohnerInnen. Diese Konflikteund die Aufmerksamkeit, die den Nutzungen im Grünraumzuteilwird, zeigen an, dass es sich hier um einen öffentlichenRaum handelt, der auch als solcher wahrgenommen und verteidigtwird.„Aus den Befragungsergebnissen geht hervor, dass der öffentlicheFreiraum – nämlich insbesondere der in Plattenbausiedlungen in derRegel großzügig vorhandene Grünraum – ein zentrales Element fürdie Wohnzufriedenheit ist. Der Grünraum wird generell als eines derwichtigsten positiven Elemente des Lebens in einer Plattenbausiedlunghervorgehoben. Gleichzeitig werden Gestaltung und Ausstattung derFlächen deutlich kritisiert. Der Handlungsbedarf in diesem Bereich istevident. [...] Tatsächlich scheint aber gerade die Qualität der Gestaltungder Freiräume ein entscheidender Faktor für das Zusammenleben derBewohner in der Siedlung zu sein.“ 66ja, so ist sie dies sicher auf eine für ihre Zeit je spezifische Art.Die Themensiedlungen der 1990er-Jahre – Sun City,Frauenwerkstatt, Autofreie Stadt, Interkulturelles Wohnen,Naturnahes Wohnen – einschließlich ihrer heutigen Nachfahren –Bike City, Junges Wohnen – lassen sich dann als Versuche einersolchen Bestandsaufnahme und Vergewisserung einer sich inindividuellen Lebensstilen ausdifferenzierenden Stadtgesellschaftverstehen. Der politische und kulturelle Anspruch derWohnanlagen der 1950er- bis 1970er-Jahre aber reichte weiter.Sie stellen vielleicht, wie Thomas Sieverts resümiert, „die bisherletzten ,heroischen‘ Versuche [dar], die Ganzheitlichkeit desAlltagslebens in einer nicht nur funktionell, sondern auch kulturellganzheitlich gesehenen städtischen Umwelt zu beheimaten undabzubilden“ und können als „Flaggschiffe des Wohlfahrtsstaats“bezeichnet werden. 67Neu beginnen! Das war gewissermaßen das Signum dieser Zeit.Nicht, dass dieses so neu gewesen wäre, aber nun, nach denVerheerungen beider Weltkriege, schien kein anderer Horizontgeeignet zu sein, um einen entschlossenen Bruch anzuzeigen.Auf „jungfräulichem Boden“ 68 sollten neue Lebensräume undmit ihnen eine neue Ordnung entstehen. So war für FranzSchuster der Wiederaufbau ein Neu-Beginnen und seine einfacheGrundform nichts anderes als ein neuer Anfang am Nullpunkt derForm. Die „Acht Punkte der Stadtplanung“ 1952 forderten neueTochterstädte und eine gezielte Bodenpolitik, die die „Neuanlagegrößerer geschlossener Stadtviertel“ erlaubte, die den „neuensozialen Verpflichtungen entsprechen“. 69Neu Beginnen – Andere Räume: Die PioniereVielleicht ist jede Stadterweiterung eine Art des Neu-Beginnens.Vielleicht ist jede Stadterweiterung eine Bestandsaufnahme dergegenwärtigen Welt und ihrer Erwartungen an die Zukunft. WennStadtentwicklung, Wien 1973, 47f.66 Christoph Gollner / Hannes Huemer / Vera Mayer: Plattenbausanierung in Wien und Bratislava (PWB),Endbericht, Bd. 1–7, Bd. 5, Demographische und sozioökonomische Strukturen im Wiener Plattenbau,Wien 2006, 53; siehe dazu auch Institut für Empirische Sozial<strong>forschung</strong> (IFES): Lebensqualität im WienerGemeindebau, Studie im Auftrag der Stadt Wien und Wiener Wohnen, Wien 2007, 74: „14 Prozent derBewohnerInnen kritisieren die Pflege und Benutzbarkeit der Grünanlagen. Der überwiegende Grund dafür liegtin der Verschmutzung durch Hundekot (70 %) und Müll, der von anderen Leuten liegen gelassen wurde (62%). Immerhin knapp die Hälfte begründet ihre Kritik auch damit, dass die Anlagen von der Hausverwaltungnicht ordentlich gepflegt werden. [...] Knapp ein Drittel der Kritiker fühlt sich von ,Ausländern‘ verdrängt.“Ähnlich auch SORA: Wohnzufriedenheit und Wohnqualität in Wien. Eine Sonderauswertung von „Leben undLebensqualität in Wien II“, Wien, November 2005.„Die Errichtung großer, zusammenhängender Komplexe erlaubt dieEinrichtung wirtschaftlicher Großbaustellen, die großzügige Erschließungneuer Gebiete nach modernen Methoden, aber auch die Anlage vonGemeinschaftszentren mit Geschäften, Kindergärten, Schulen undBauten für die Freizeitgestaltung, die als Kristallisationspunkte desGemeinschaftslebens den Mittelpunkt der Nachbarschaft bilden. [...]In solchen Anlagen wird die Wohnkultur und der Baustil unserer Zeitverkörpert sein, wie das auch bei den großen Wohnhausanlagen derErsten Republik geschehen ist.“ 7067 Thomas Sieverts: „Die Geschichtlichkeit der Großsiedlungen”, in: Stadtumbau in Großsiedlungen,Informationen zur Raumentwicklung, Heft 3–4, Bonn 2006, 163–168.68 O. A. 1960.69 Leopold Thaller: „Acht Punkte der Stadtplanung. Der Bericht der gemeinderätlichen Planungskommission“,in: Amtsblatt der Stadt Wien, 57. Jg., Nr. 97, 3. Dezember 1952, 3f.70 Kurt Heller: „Rückblick 1958 – Vorschau 1959“, in: Der Aufbau, 14. Jg., Nr. 1, Wien 1959, 5. Heller waramtsführender Stadtrat für Bauangelegenheiten.29


„Das Wunder der Freiheit liegt in diesem Anfangen-Könnenbeschlossen, das seinerseits wiederum in dem Faktumbeschlossen liegt, dass jeder Mensch, sofern er durch Geburtin die Welt gekommen ist, die vor ihm da war und nach ihmweitergeht, selbst ein neuer Anfang ist.“ (Hannah Arendt, 2010)Schon die Namen dieser Neugründungen tragen den absolutenAnfang in sich. Referenzierten Töchterstädte auf Anfang undGeburt, auf den Mensch als „absoluter Ankömmling“ 71 , jedes Maleinzigartig, wurden die Satellitenstädte von den hochfliegendenHoffnungen eines Neu-Beginnens im (Welt-)Raum getragen.Die historische Stadt selbst galt als zu dicht und zu verbaut, diegewachsenen Verhältnisse als zu unentwirrbar. „Die Welt ist nichtschlecht, sondern voll“, resümierte Heiner Müller. 72 Man musstesie zumindest auf Zeit verlassen und neue Städte bauen, um dasAlte in Ordnung zu bringen.Was in diesen Überlegungen auf das Raumschiff Erde hin gedachtwar, dachte zur gleichen Zeit die NASA im größeren Maßstab undim Rahmen ernsthafter Überlegungen zur Weltraumbesiedlung.Das Konzept der Nachbarschaft aus den städtebaulichenÜberlegungen findet sich hier fast wortgleich, wenn es darumgeht, das Leben in den Neugründungen im Weltall zu beschreiben:„Die Städte würden wieder ein ,humanes‘ Maß annehmen: geradebevölkerungsreich genug, um den Betrieb von Schulen und Geschäftenzu erlauben, und gerade so groß, dass eine menschliche Stimme notfallsnoch bis an ihre Grenzen dringen kann. Die Kleidung der Bewohner würdeschlicht und sachlich sein, begründet im Gebrauchswert und fernab derkurzlebigen Eitelkeiten der Mode. [...] Die Anlage von Dörfern würde demstrukturellen Vorbild der Gartenstädte folgen und mit den stilistischenMitteln der klassischen Moderne arbeiten, deren Materialien sich schondeshalb als weltraumgerecht erweisen, weil nur sie dort in großer Mengeverfügbar sind.“ 73Das Alte verlassen, um es zu erneuern, aber auch, um aufneuem Terrain Neues zu erschließen und zu erproben, genau dasbegründete den Pionierstatus vieler Siedlungen und Wohnanlagennach 1945. Als Pioniere bildeten sie die äußeren Eckpunkte ander Peripherie der Stadt und waren jener Pfahl in den oft wildbesiedelten Randlagen, den die Stadtplanung einschlug, um denRaum zu markieren, welcher städtebaulich überformt werdensollte. Mit ihrer Hilfe sollte es gelingen, die wilden Siedlungenzu sanieren und „ein langsames Zurückdrängen der ungutenbaulichen privaten Bauentwicklung zu erreichen“. 74 In den wildenSiedlungen sah man „nicht nur verkappte Elendsquartiere“. Siewaren unwirtschaftlich in der Aufschließung und verursachten„laufend enorme volkswirtschaftliche Verluste!“ 75Als Träger einer neuen Ordnung waren die Wohnanlagen derNachkriegsjahrzehnte Heterotopien im Sinne Foucaults. Siestellten die bestehenden Räume auf zweierlei Art infrage.Einerseits, „indem sie eine Illusion [schufen], welche diegesamte übrige Realität als Illusion entlarvt[e]“ und andererseitseinen realen Raum, der im Gegensatz zur Unordnung der altenStadt eine vollkommene Ordnung aufweisen sollte. 76 Einerseitsentlarvte die über die Jahre anhaltend hohe Wohnzufriedenheitin den Wohnanlagen der 1950er- bis 1970er-Jahre eineauf das Stadtzentrum und die historische Stadt fixierteUrbanitätsvorstellung in ihrem umfassenden Anspruch als Illusion,andererseits stellten sich die neuen Wohnanlagen in ihremganzheitlichen Anspruch einer neuen Ordnung selbst als Illusionheraus.Wie Foucaults Schiffe waren die Pioniere auch ein Resümeeder Welt. 77 Als vorgeschobene Positionen in den Randlagen derStadt und einer neuen Zeit stellten die Anlagen städtebaulicheEntwürfe eines zivilisatorischen Auf-der-Höhe-Seins dar. Meistblieben sie Fragment, wurden von neuen Leitbildern unterbrochen,die städtebaulichen Schwerpunkte verlagerten sich und neuePioniere wurden in den Raum gesetzt. Trotzdem verändertesich in ihrem Umfeld der städtebauliche Ton, arrondierte undverdichtete sich die Stadt. Der utopische Gehalt dieser Pionierewar ihre Herausstellung an der Peripherie als städtebaulicheKonfigurationen einer künftigen Stadt, die in ihrer Kompaktheit,Dichte und relativen Massivität anzeigten, wo und wie es morgenund übermorgen weitergehen sollte.Will man die Wohnanlagen und Siedlungen der drei Jahrzehntenach dem Zweiten Weltkrieg heute sanieren und stellt man denAnspruch, sie entsprechend eines gegenwärtigen Resümees derStadt zu erneuern, sollte man dieses Neu-Beginnen noch einmaldurchqueren. Es könnte sein, dass diese alten Pioniere auchheute noch einer gewissen Vorstellung von Stadt und UrbanitätWiderstand leisten und sie dauerhaft provozieren. Vor allem dann,wenn man mit guten Gründen Urbanität heute als eine Praktikdes intensiven Konsumierens, des ökonomischen Verhaftet-Seins und Unterwegs-Seins analysiert. Man müsste sich denWohnanlagen und Entwürfen der Nachkriegsjahrzehnte mit einemUrbanitätskonzept nähern, das sich innerhalb eines praktischenFeldes, wie es sich in der Ausfaltung des wohl funktionell am74 Magistrat der Bundeshauptstadt Wien 1959. Die Aussagen beziehen sich zur in den Jahren 1950 bis 1953errichteten Kongress-Siedlung im 17. Bezirk.71 Jacques Derrida / Bernard Stiegler: Echographien. Fernsehgespräche, Wien (Passagen Philosophie) 2000,32.72 Heiner Müller, zit. bei Claus Pias: „Paradiesische Zustände. Tümpel – Erde – Raumstation“, in: JanBehnstedt / Butis Butis (Hg.), Stehende Gewässer. Medien der Stagnation, Zürich 2007, 48.73 Ebd. 53f.75 Thaller 1952, 3f.76 Foucault 2005, 19f.77 Vgl. dazu Bernhard Siegert: „Arche, Wasser-Palast oder City Afloat. Die politische Topik des Schiffszwischen Recht und Ökonomie”, in: Anna Echterhölter / Iris Därmann (Hg.): Konfiguration. Gebrauchsweisendes Raums, Zürich / Berlin 2013, 117–137.30


Luftbild Siedlung Maurer Lange Gasse, 1971Quelle: Stadt Wien, MA 41 Stadtvermessungweitesten reichenden Wohnens zeigt, behaupten kann. Das hieße,das heterotopische und utopische Potenzial der Wohnanlagender 1950er- bis 1970er-Jahre für den Urbanitätsdiskurs wiederfruchtbar zu machen, auch und vor allem auf die Gefahr hin,eine streitbare Alternative zur Urbanitätsdefinition qua Konsumund Markt zu erlangen. Muss nicht schon die Titulierung vonWohnanlagen und Stadtteilen als Schlafstädte misstrauischmachen und vermuten lassen, dass hier eine Auseinandersetzungum die Definitionsmacht von Urbanität am Werk ist? In dieserAuseinandersetzung wäre es auch notwendig, Rechenschaftabzulegen über die „Geographie der Machtverhältnisse“. Dennjede Aufteilung der Stadt ist auch „der räumliche, architektonischeund sozialtopographische Ausdruck der vielen Mediationenzwischen dem Kapital und jenen nichtökonomischen undinstitutionellen Mechanismen, die zur Reproduktion des Kapitalserforderlich sind“. 78In den Versuchen, diese Wohnanlagen heute im Zuge vonSanierungen und Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung neuzu betrachten, sollte auch jenes Maß an Freiheit veranschlagtwerden, um sie in diesem Sinne und jenseits herrschender78 Lutz Musner: Der Geschmack von Wien. Kultur und Habitus einer Stadt, Wien (InterdisziplinäreStadt<strong>forschung</strong> 3) 2009, 213.Leitbilder neu durchzuarbeiten und ihren ehemaligen Ansprücheneines Neu-Beginnens gerecht zu werden.DemografischesIm Rahmen der Studie wurde versucht, über demografischeEckdaten zu den untersuchten Wohnanlagen und mithilfevorliegender Untersuchungen herauszuarbeiten, wie weit dieseDaten Rückschlüsse auf Bedürfnisse oder Defizite in denuntersuchten Wohnanlagen ermöglichen.Zunächst fällt auf, dass in allen Wohnanlagen dieEinwohnerInnenzahl im Zeitraum 1981 bis 2011 deutlichzurückging. Das hat vermutlich mehrere Ursachen. Nebeneinem generellen Geburtenrückgang und der allgemeinenTendenz zu geringeren Haushaltsgrößen dürfte der größteFaktor die generative Biografie der Wohnanlagen und dieimmer noch wirksame Dominanz der weitgehend homogenenBevölkerungsstruktur der ErstbesiedlerInnen sein.Während die älteren Siedlungen Maurer Lange Gasse undAutokaderstraße ihre erste Schrumpfungsphase generativ bedingtbereits in den 1970ern hatten und in den letzten 30 Jahren31


noch 17 bzw. 12 Prozent ihrer Bevölkerung verloren, verlorendie jüngeren Wohnanlagen in der Kaiser-Ebersdorfer Straße /Luzegasse ein Fünftel und in der Smolagasse fast die Hälfte ihrerBewohnerInnen. Die Verluste trägt vor allem die Altersgruppeder Unter-15-Jährigen mit einer Abnahme von rund 50 bzw.80 Prozent sowie die Altersgruppe der 15- bis 60-Jährigen mitVerlusten von 35 bzw. 50 Prozent, während der Anteil der Über-60-Jährigen in der Kaiser-Ebersdorfer Straße um mehr als dasDreifache stieg und um mehr als das Doppelte in der Smolagasse.Für den gleichen Zeitraum lässt sich in der Autokaderstraße bereitsein Generationswechsel feststellen. Hier nahm zwar der Anteil derÜber-60-Jährigen noch um 72 Prozent zu, gleichzeitig stieg aberauch der Anteil Unter-15-Jähriger um fast 25 Prozent, währenddie dazwischenliegende Altersgruppen um 42 Prozent abnahm.Für die Wohnanlage Autokaderstraße bedeutet das einen sehrhohen Anteil der Altersgruppen im nicht erwerbsfähigen Alter unddamit potenziell eine höhere Präsenz der jüngeren und älterenBevölkerungsgruppen in der Anlage.In den demografischen Untersuchungen im Rahmen der StudiePlattenbausanierung Wien–Bratislava wird diese Entwicklungin der Autokaderstraße als Grundproblematik der Belegungvon Großsiedlung durch eine „allzu homogene demografischeStruktur“ interpretiert.„Dominieren in der Besiedlungszeit junge Familien mit Kindern(hoher Anteil Unter-15-Jährige), so verschiebt sich die dominierendeAltersgruppe in der Folgezeit bis hin zu einem deutlichen Überhang derälteren Bevölkerungsgruppe. Diese Entwicklung hin zur Überalterung ist inden ältesten Wiener Siedlungen bereits deutlich zu erkennen.“ 79In der vergleichbaren Wohnanlage Bundesländerhof lag der Anteilder Unter-15-Jährigen 1971 noch bei annähernd 30 Prozent.Wesentlich am Zustandekommen solcher Siedlungsbiografiendürfte auch sein, dass ein großer Teil der BewohnerInnen,nicht zuletzt aufgrund der hohen Wohnzufriedenheit, wenigUmzugsneigung zeigte.In der Maurer Lange Gasse verlor das jüngste Segment bereitsin den 1970er-Jahren rund 45 Prozent und der Anteil der Über-60-Jährigen stieg um 70 Prozent. Seit 1981 zeigt sich eine relativruhige Entwicklung und Anzeichen eines Generationswechsels,wie in der Autokaderstraße, sind nicht erkennbar. Möglicherweiseprägen hier auch die selektiven Vergabekriterien derWohnbaugenossenschaft WOGEM bzw. das Wohnraumangebotdas demografische Bild. Kleinere Wohnungen erschwereneinen Generationswechsel und damit den Zuzug jüngererBevölkerungsgruppen.Auf den Wiener Durchschnitt bezogen zeigen vor allem dieälteren Anlagen eine starke Überalterung. Am nächsten zumDurchschnitt Wiens liegt der Baublock Kaiser-Ebersdorfer Straße /79 Gollner / Huemer / Mayer 2006, 17f.Luzegasse. Was möglicherweise mit der Realisierung in einzelnenBauabschnitten ab 1970 zu erklären ist und dem Fehlen einerhomogenen ersten Generation.Die auffallend hohe Abnahme der Bevölkerung in der Smolagasseum fast die Hälfte tragen die jüngeren Altersgruppen bzw. dieUnter-50-Jährigen, während die Altersgruppe über 60 relativ undabsolut zunahm. Auch diese Entwicklung legt nahe, dass dieBewohnerInnen aus der ersten Generation zum überwiegendenTeil in ihren Wohnungen verblieben sind.Analog zur Bevölkerungsabnahme nimmt auch dieWohnungsbelegung in allen Siedlungen ab. Auch hier zeigt sichdie Abnahme in den letzten 30 Jahren am deutlichsten bei denjüngeren Siedlungen. Teilten sich in der Smolagasse 1981 3,7Personen eine Wohnung, waren es 2011 nur noch 2,0. In derKaiser-Ebersdorfer Straße sank die Belegung im selben Zeitraumvon 2,6 auf 2,1 und in der Maurer Lange Gasse von 2,4 auf 2,0Personen pro Wohnung. In der Autokaderstraße verlief dieseEntwicklung mit 2,1 Personen im Jahr 1981 zu 1,9 im Jahr 2011bereits langsamer.Die demografischen Zahlen der Baumeistergasse werden hiernicht interpretiert, da die Wohnungen seit einigen Jahren nichtmehr nachbelegt werden. Für den Zeitraum 1971 bis 1981 zeigtsich allerdings auch in der Baumeistergasse eine vergleichbareEntwicklung mit einem Bevölkerungsverlust von 25 Prozent, denvor allem die jüngeren Altersgruppen zu tragen haben, währendder Anteil der Über-60-Jährigen absolut und relativ deutlichzunahm.Hinsichtlich der durchschnittlichen Wohnungsgröße gebendie untersuchten Wohnanlagen den allgemeinen Trend einerkontinuierlichen Vergrößerung der Wohnungstypen im WienerWohnbau wieder. Beträgt die durchschnittliche Größe einerWohnung in der Baumeistergasse 52 m 2 und in der MaurerLange Gasse 59 m 2 , misst die durchschnittliche Wohnung in derAutokaderstraße bereits 64 m 2 , liegt aber damit immer noch 2 m 2unterhalb des Wiener Durchschnitts aller Gemeindewohnungenmit 66 m 2 . Die durchschnittlichen Wohnungsgrößen in der Kaiser-Ebersdorfer Straße 172 und in der Smolagasse liegen bei 76 m 2bzw. 85 m 2 .Die sozioökonomischen Daten wurden im Rahmen der Studiefür die untersuchten Wohnanlagen nicht erhoben. Es zeigtsich allerdings anhand vorliegender Untersuchungen, dassmarkante Unterschiede zwischen Gemeindewohnungenund Genossenschaftswohnungen bestehen, die im Rahmenvon Interventionen im Wohnumfeld sowohl hinsichtlich derpartizipatorischen Strategie, der Art der Interventionen als aucheiner Kostenersparnis bzw. -aufbringung relevant sein können.Nur rund 13 Prozent der BewohnerInnen im Gemeindebauerreichen gemessen an Einkommen, Bildung und Berufstätigkeiteinen hohen sozioökonomischen Status gegenüber 31 Prozent32


im Wiener Durchschnitt. Die Genossenschaftswohnungen liegendagegen mit 35 Prozent deutlich über dem Durchschnitt an zweiterStelle hinter den Eigentumswohnungen mit 45 Prozent. 80„Die BewohnerInnen der Gemeindebauten weisen insgesamt niedrigereformale Bildungsabschlüsse auf als die Wiener Gesamtbevölkerung.Während in Wien von einer Maturaquote von etwa 30 Prozent auszugehenist, ist der entsprechende Anteil im Gemeindebau nur halb so groß (16%). [...] Insgesamt 41 Prozent aller Befragten geben an, einer angelerntenTätigkeit bzw. einer Hilfstätigkeit nachzugehen. [...] Hinsichtlich derBerufstätigkeit ist in den Gemeindewohnungen eine vergleichsweise hoheArbeitslosigkeit (11 %) sowie ein hoher Anteil an PensionistInnen (38 %)festzustellen. Zwar überwiegt auch im Gemeindebau der Anteil an kleinenund mittleren Angestellten; im Vergleich zu den übrigen Wohnsegmentenzeigt sich aber ein überdurchschnittlich hoher Anteil an ArbeiterInnen.Damit einher geht auch eine wesentlich niedrigere Verteilung des Pro-Kopf-Einkommens, das allerdings auch als Regulativ bei der Zuteilung vonGemeindewohnungen fungiert. 21 Prozent der Haushalte verfügen überweniger als 650 Euro netto im Monat pro Haushaltsmitglied.“ 81schwächerer Menschen• Erhaltung der lokalen Kaufkraft über Stärkung des Anteils anErwerbstätigen• Anpassung der Infrastruktur an die demografischeEntwicklung• Rückgewinnung der Attraktivität vor allem der älterenSiedlungen für jüngere Bevölkerungsschichten• Anpassung des Wohnungszuschnitts an die Anforderungenunterschiedlicher LebensabschnitteIn der Autokaderstraße besaßen 2001 3,8 Prozent einenuniversitären bzw. Fachhochschulabschluss gegenüber 10,4Prozent im Wiener Durchschnitt. 59,6 Prozent verfügen über BMSoder Lehrlingsausbildung als höchstem Abschluss gegenüber39,2 im Wiener Durchschnitt. Die MaturantInnenquote liegt bei16 Prozent gegenüber 28 im Wiener Durchschnitt. Auch dieErwerbsquote liegt in der Autokaderstraße mit 37,9 Prozentdeutlich unter dem Wiener Durchschnitt mit 52,7 Prozent. Damitim Zusammenhang lässt sich die leicht unterdurchschnittlicheArbeitslosenquote von 10,2 Prozent verstehen. Selbstständigesind in den Siedlungen kaum vertreten. Es überwiegen dieAngestellten mit 31,3 Prozent gefolgt von den ArbeiterInnen mit16,6 Prozent. Die stärkste Gruppe stellen in der Autokaderstraßemit 43,4 Prozent die Nicht-Erwerbstätigen. 82Im Rahmen der Studie zum Wiener Plattenbau wurde auchdas Wahlverhalten in den Wohnanlagen Bundesländerhof,Großfeldsiedlung, Rennbahnweg und Mitterhofergasseuntersucht und bestätigte die Tendenz sozial „benachteiligterBevölkerungsgruppen (niedriges Bildungsniveau, niedrigesEinkommen, hohe Arbeitslosigkeit), sich der Teilnahme anöffentlichen (Entscheidungs-)prozessen zu entziehen.“ 83Entlang der demografischen Profile bzw. Entwicklungsverläufeder untersuchten Wohnanlagen und den entsprechendenUntersuchungen folgend, lassen sich die folgenden Maßnahmenoder Empfehlungen ableiten:• Vermeidung einer Konzentration älterer und/oder sozial80 IFES 2007, 38.81 Ebd., 35f.82 Gollner / Huemer / Mayer 2006, 16–34.83 Ebd., 34.33


Zur Verbesserung derWohnraumversorgung bestehenderWohnanlagenNachverdichtung: Die endlose GeschichteIn den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg warendie Verdichtung von Streusiedlungen und die Sanierung wilderSiedlungen wesentliche Aufgaben der Wiener Stadtplanung.Dabei ging es nicht nur um eine wirtschaftlichere Aufschließungder Peripherie, sondern auch um die Durchsetzungordnungspolitischer Entwürfe. Denn das, was anstelledieser Siedlungen entstehen sollte, waren nicht nur moderneWohnanlagen, sondern auch gesellschaftspolitische Entwürfe.Nachbarschaften, wie das Fuchsenloch in der Baumeistergasse,waren strategische und politische Positionierungen, genau sowie 15 Jahre später die im Montagebauverfahren errichteteWohnanlage in der Autokaderstraße. Im Zuge der Nachverdichtungsollten städtebaulich abgerundete Einheiten entstehen undjene städtebauliche Größenordnung erreicht werden, die eineausreichende Infrastrukturversorgung und Verkehrsanbindungermöglicht.Waren es nach 1945 wilde Siedlungen und Landnahmen,richtete sich der Blick zunehmend auch auf flächenextensiveSiedlungen, wie die ehemalige Nebenerwerbssiedlung in derLeopoldau aus den 1930er-Jahren (Großfeldsiedlung). In den1970ern und 1980ern galt es vor allem, dichtere Strukturenentlang von Siedlungsachsen zu schaffen. Im Zuge desBevölkerungswachstums Anfang der 1990er-Jahre geriet dannder Siedlungsbrei im Weichbild der Stadt in den Fokus derBemühungen um Nachverdichtung. Im Zuge dieser Entwicklungund mit dem Verblassen einer vorwiegend negativ konnotiertenKritik an der modernen Großstadt und einer Neuen Urbanität 84spätestens ab den 1980er-Jahren, wandelte sich auch das Gefühldafür, was als zu dicht und was als zu locker im städtischenVerband erlebt wurde. Mit dem STEP 2005 gerieten damit erstmalsauch die in die Jahre gekommenen Wohnanlagen und Siedlungender 1950er- und 1960er-Jahre ins Visier. Einst selbst strategischePositionen und Pioniere in der zersiedelten Peripherie, wurdensie nun im Zuge von baulicher und ökologischer Sanierung zumGegenstand von Überlegungen einer Nachverdichtung. Wieder galtes, nun mit neuen Maßstäben, in bestehenden Siedlungsgebietenund im Einzugsbereich hochrangiger öffentlicher Verkehrsmitteljene baulichen Dichten zu erreichen, „welche eine optimaleAusstattung mit der technischen, sozialen und bildungsbezogenen84 Hartmut Häußermann / Walter Siebel: Neue Urbanität, Frankfurt am Main 1987.Infrastruktur ermöglichen und eine ausreichende Versorgungmit Dienstleistungen und Nahversorgungseinrichtungenwirtschaftlich gewährleisten“. 85 Dabei ging es nicht nur umVerdichtung, sondern auch um eine bessere Durchmischungund Arbeitsplatzversorgung. Wie auch in der vorliegenden Studiesollten „für einige ausgewählte kommunale WohnhausanlagenPotenziale der Nachverdichtung (zusätzliche Wohnungsanzahldurch Neubau etc.) ermittelt werden und in der Folge in Form vonPilotprojekten Erfahrungen gewonnen werden“. 86In den Blick gerieten, wenig überraschend, neben Aufstockungenund Zubauten vor allem die geringe Bebauungsdichte unddie großzügigen Freiflächen der Wohnanlagen der erstenNachkriegsjahrzehnte.„Vor allem zahlreiche (kommunale) Siedlungen der 1950er-Jahre undder ersten Hälfte der 1960er-Jahre mit geringer Bebauungsdichte undguter Grünflächenversorgung verfügen über ausreichende Potenziale fürVerdichtungsmöglichkeiten.“Über Sanierung, Zusammenlegungen und Schaffung vonfamilientauglichen Wohnungen, Neubauten mit kleinenEigengärten, Loggien und Terrassen, Single- und Altenwohnungenund mithilfe der vergleichsweise geringen Betriebskosten sollte einleistbares Wohnraumangebot für „einkommensschwache Singlesund kleine Jungfamilien“ entstehen, das auch in der Lage wäre,dem „Lebenszyklus der zukünftigen BewohnerInnen“ zu folgen.„Somit ist die maßvolle Nachverdichtung älterer Siedlungen nicht nurein geeignetes Instrument zur Reduzierung der Suburbanisierung derMittelschicht, sondern auch ein Mittel der altersmäßigen und sozialenDurchmischung.“ 87Konsequenterweise sind diese Überlegungen und städtebaulichenZielsetzungen auch Bestandteil der aktuellen Überlegungen imRahmen des prozesshaft sich ausformulierenden STEP 2025.Allerdings spitzt sich die Argumentation vor dem Hintergrundeines kontinuierlichen Bevölkerungswachstums und seinerzunehmenden Instrumentalisierung, der steigenden Kosten fürBauland und Realisierung zeitgemäßer Wohnstandards sowieder angespannten budgetären Situation kommunaler Haushaltedeutlich zu. Nun sieht sich der Bestand fast ultimativ dazuaufgefordert, seinen Beitrag zur Wohnraumschaffung zu leisten.Die „Siedlungen der 50er bis 70er müssen“, heißt es nun, „einenadäquaten Beitrag zur Bewältigung des Bevölkerungswachstumsleisten“.„Quantitative Nachverdichtung in diesen Gebieten muss als Hebel genutztwerden, um die Funktionsvielfalt der Gebiete zu verbessern. Ein Teil85 Magistrat Wien: STEP 05. Stadtentwicklungsplan für Wien 2005, 113f.86 Ebd.87 Ebd.35


der Kostenersparnisse muss daher den bestehenden BewohnerInnendieser Gebiete in Form von funktionalen Mehrwerten zur Verfügunggestellt werde. Die Maßnahmen müssen unter adäquater Beteiligung derBewohnerInnen erfolgen.“ 88Das theoretische Potenzial für Nachverdichtung der Wohnanlagender 1950er- bis 1970er-Jahre wird auf etwa 10 Prozenteingeschätzt. Den „großformatigen Neubaugebiete[n]“dieser Jahre werden im Zuge der Argumentation Mängel,wie ihr geringes Ansehen, „fehlende urbane Qualitäten sowiezeitgemäße Mindeststandards hinsichtlich Grünraumgestaltung,Barrierefreiheit, Ökologischer Bauweise, Wohnungsgrundrisse“und bezüglich ihrer Monostrukturiertheit attestiert. Ein Befund, dersich in den untersuchten Wohnanlagen im Rahmen dieser Studienicht durchgehend bestätigen ließ. Infrage steht auch, ob essich dabei um spezifische Eigenschaften der 1950er bis 1970erhandelt und ob diese Zuschreibungen widerspruchslos als Defizitezu veranschlagen sind.Was in den aktuellen Überlegungen zum STEP 2025gefordert wird, ist nichts anderes als das, was seit 1945mit wechselndem Erfolg versucht wird: die Verdichtung undUrbanisierung ehemaliger Stadtrandgebiete. Was dabei explizitwird, ist eine mehr oder weniger stillschweigende Umwertungstädtebaulicher Einsätze, die zumindest diskutiert werden sollte.Galt in den 1960er-Jahren das Soziale Grün als Gradmesserdes Entwicklungsstandes einer städtischen Gesellschaft undproduzierte es als neue Mitte eine eigene Form von Öffentlichkeit,avanciert es nun zur Konversionsfläche und mehr oder wenigerbrachliegenden Ressource, die zu neuen Nutzungen quaNachverdichtung einlädt. Und das, obwohl die großzügigenGrünflächen in den aktuellen Umfragen ein wesentliches Elementfür die Wohnzufriedenheit in diesen Wohnanlagen darstellen.Ins Gewicht fällt auch, dass gegenwärtig weniger (wohnungs-)politische Zukunftsentwürfe die treibenden Kräfte dieser neuenOrdnung sind, als vielmehr Umstände, die als ökonomischeSachzwänge beschrieben werden können. Dabei droht auchder Verlust eines der letzten großen Steuerungspotenziale derWohnungspolitik und Stadtplanung Wien, welches die mehrheitlichim Besitz der Stadt Wien oder gemeinnütziger Wohnbauträgerbefindlichen Siedlungen der 1950er- bis 1970er-Jahre darstellen.Vor diesem Hintergrund gilt es, zu hinterfragen, was in dieserAngelegenheit unter dem Titel Nachverdichtung überhauptgeleistet werden kann und wie weit diese ein politisches Ziel seinkann.Nachverdichtung als Strategie im Rahmender WohnraumversorgungIn den bisherigen Überlegungen wurde deutlich, dass Dichtekeinen spezifischen Inhalt besitzt. Dichte kann als ein klassischerleerer Signifikant betrachtet werden. Alles hängt davon ab, werihn mit Bedeutung füllt und wer in der Lage ist, diese Bedeutungdurchzusetzen.Im Rahmen der Studie und der Arbeit an den Projekten bestätigtesich auch wenig überraschend, dass Dichte keine städtebaulicheKategorie ist, über die eine konkrete Leitzahl zu erlangenwäre. Dichte stellt weder als Verhältnis Bruttogeschossflächezu Baugrund (GFZ) noch als Verhältnis EinwohnerInnen oderWohnungen pro Hektar ein Maß zur Verfügung, über welcheshinsichtlich der Qualität eines städtebaulichen Konzeptsentschieden werden kann. Allenfalls erscheinen Grenzwerteplausibel, innerhalb deren das verhandelt wird, was wirals europäische Stadt bezeichnen. Auch soziologischenTheoriebildungen entlang einer kritischen (Kontakt-)Dichte, die aneinem bestimmten Punkt umschlägt und Urbanität hervorbringt, istkein Maßstab zu entnehmen.Dichte gemessen als Verhältnis Bruttogeschossfläche zuBaugrund kann allerdings eine Zielvorgabe und eine präzisezu argumentierende Größe sein, wenn es darum geht, einGrundstück zu verwerten. An dieser Stelle erweisen sichgrößere Dichtezumutungen als mehrwertbildende Größe undpreissteigernder Faktor am Grundstücksmarkt. Wie wenigeine daraus entstehende Dynamik bisher in der Lage war,eine ausreichende Wohnraumversorgung sicherzustellen, istfür die Gründerzeit in Wien ausführlich untersucht worden. 89Dabei erreichten die Bebauungs- und Belagsdichten eineGrößenordnung jenseits des oberen Grenzwertes. Nach1918 und 1945 war es konsequenterweise das Ziel dersozialdemokratischen Wohnungspolitik, gerade diese Dynamikvia Gemeinde- und geförderten Wohnungsbau zu unterlaufenund über massive Beschränkungen der Bebaubarkeit nicht nurandere Dichtevorstellungen durchzusetzen, sondern auch einanderes Regelungssystem zur Sicherung einer angemessenenWohnraumversorgung.Wenn von daher Verdichtung als mehrwertgenerierendeGröße kein Ziel des kommunalen Wohnbaus darstellen kann,andererseits Dichte als solche keine konkrete Leitzahl für dieQualität von Wohnquartieren abgibt, kann es dennoch sinnvollsein, Verdichtungsszenarien auszuloten, um z. B. Baulichkeitenfür zeitgemäße Infrastruktureinrichtungen zur Verfügung zustellen. Unbestreitbar scheint auch, dass die Finanzierungund Auslastung von Infrastruktureinrichtungen im Bereich desöffentlichen Verkehrs, der Bildung, der Gesundheit, aber auch der88 Berger / Hauswirth, 2013.89 Siehe dazu Feldbauer 1977.36


Nahversorgung usw. eine gewisse Dichte benötigen. Auch kannes zielführend sein, zur demografischen und sozioökonomischenDurchmischung bestehender Wohnanlagen wie zur Optimierungdes Wohnraumangebots für die bestehende Bevölkerung neueWohnungen zu errichten, was zwangsläufig zur Verdichtung führt.Sobald aber von politischer Seite Nachverdichtung damitargumentiert wird, dass nur noch auf diese Weise auf mehr oderweniger stadteigenem Boden günstig Wohnraum hergestelltwerden kann, betritt die Argumentation ein heikles Feld. Dennwenn Institutionen, Regeln, Übereinkünfte nicht nur sozialeGedankengebilde sind, sondern sich ganz „mit Stofflichem“beschweren (Maurice Halbwachs), um Haltbarkeit zu zeigen undmit vollem Ernst im Sozialen aufzutreten, dann kommen mit derbaulichen Nachverdichtung für günstigen Wohnraum nicht nurder Bodenpreis und die Renditeerwartungen des Anlagekapitalsals materielle Anhäufung in das Wohnumfeld, sondern auchdie politische und ökonomische Macht- und Hilflosigkeit derKommunalverwaltung gegenüber Marktzwängen und spekulativenVeranlagungen.Aus diesen Überlegungen heraus kann Nachverdichtung dessozialen Wohnbaus einer bestimmten Epoche zum Zweck derWohnraumversorgung als solche kein politisches Ziel sein. Ganzabgesehen davon, dass damit einer ganz bestimmten Klienteldie Kosten eines dynamisierten Wohnungsmarktes aufgetragenwerden.Andererseits, und dabei handelt es sich nicht um eine bloßerhetorische Wendung, kann Nachverdichtung das Ergebnis vonMaßnahmen zur Wohnraum- und Wohnumfeldverbesserungsein. Die Pointe dabei ist nicht, dass ein und dasselbe nun miteiner bewohnerInnenfreundlichen Argumentation legitimiertwird. Auch geht es in dieser Argumentation nicht nur darum,was über Nachverdichtung in das Wohnumfeld eingebracht wird(darum geht es natürlich auch), sondern es geht vor allem umdie Rechte und Ansprüche, die hier geltend gemacht werden.Worauf es ankommt, ist, der vorhandenen Bevölkerung Recht aufihr Wohnumfeld im Sinne eines Rechts auf Stadt einzuräumen.Recht auf Stadt heißt, Urbanisierungsprozesse zu gestaltenund mitzuentscheiden. Und genau an diesem Punkt könnteNachverdichtung, die darauf abstellt, freie oder untergenutzteFlächen, die nicht erst über einen überhitzten Bodenmarktersteigert werden müssen, intensiver zu nutzen, Sinn machen.Dann nämlich, wenn nicht nur der daraus realisierbare „funktionaleMehrwert“ den BewohnerInnen zurückgegeben wird, wie dieAutoren des Synthesepapiers zum STEP 2025 schreiben, sondernauch die Entscheidung über die Produktion (Was entsteht hier?)und die Nutzung des so entstandenen Mehrwertes. 90 Dann kannes möglich sein, hinsichtlich neuer Anforderungen an Stadt undDichte die erforderliche Gastfreundschaft der Wohnbevölkerungeinzuholen und das politische und städtebauliche Potenzial, dasdiese Wohnanlagen tragen, fruchtbar zu machen.90 Vgl. dazu David Harvey: Rebellische Städte. Vom Recht auf Stadt zur urbanen Revolution, Berlin 2013, 59f.37


Autokaderstraße 3–7Wohnnutzfläche: 62.613 m²GFZ: 0,98Wohneinheiten: 978Lageplan 1:5000Punkt, bis zu welchem in der Folge die zersiedelte Peripheriesukzessive baulich überformt wurde. Westlich und nördlich derSiedlung dominiert noch heute das Einfamilienhaus als Bauform.Trotz des niedrigen Bebauungsgrads und einer GFZ von 0,56 weistdie Siedlung aufgrund ihrer Kleinteiligkeit keine nennenswertenFlächenreserven für eine weitere Bebauung auf.Die Stellplatzversorgung ist mit 0,36 Stellplätzen pro Wohneinheitgering. Die Parkplätze befinden sich zum Teil in erdgeschossigenGaragen oder entlang der Straßenräume. Der Grünraummacht einen wenig einladenden und untergenutzten Eindruck.Funktionierende Begegnungszonen sind dem Augenschein nachkaum vorhanden bzw. schwach definiert. Ein Freiraumkonzept istnicht erkennbar (siehe dazu auch das Kapitel Freiraum).Die Wohnungen in der Anlage werden aufgrund der geplantenSanierung nicht mehr nachbesetzt.Das Heranrücken der Stadt und großmaßstäblicherBebauungsstrukturen auf der einen Seite sowie die nach wie vorextensiven Einfamilienhausnutzungen legen nahe, zu überlegen,wie ein zeitgemäßer Pionierstatus entsprechend gegenwärtigerAnforderungen in dieser stadträumlichen Situation definiertwerden kann. Im Zuge der Projektarbeit wurde daher beschlossen– nicht zuletzt auch wegen der zahlreichen Schwierigkeiten, dieeiner Modernisierung der Anlagen Widerstand bieten –, auch denAbbruch der Klein-Nachbarschaft in Erwägung zu ziehen und dasstädtebauliche Potenzial des Grundstückes auszuloten.21., Autokaderstraße 3–7Bauherr: Gemeinde Wien, Architekten: Oskar und Peter Payer, Bauzeit: 1966–1967Wie in den meisten Montagebausiedlungen unterliegt auchin der Autokaderstraße die Stellung der Baukörper einerstrengen Pragmatik. Die freigestellten Nord-Süd oder Ost-Westorientierten Wohnzeilen sind eingebettet in einem großzügigenGrünraum. Die Siedlung ist fast durchgehend autofrei. DieStellplätze sind an mehreren Stellen ebenerdig angeordnetund die Versorgung mit 0,27 Stellplätzen pro Wohneinheit alssehr gering zu bezeichnen. Die Abstände und Stellungen dervier- bzw. neungeschossigen Baukörper zueinander bilden einpräzises städtebauliches System, das sich einer zusätzlichenBebauung weitgehend widersetzt. Einzig an den Rändern und inder Siedlungsmitte entlang der fußläufigen Haupterschließungsind zusätzliche Baukörper argumentierbar. Während sichdie Siedlungsmitte aufgrund der Nähe zu Kindergarten und40


Parkplatzflächen zwischen dem Siedlungsgebiet und demNaherholungsgebiet Schwarze LackeSiedlungsrand entlang der Johann-Knoll-GasseLadenzentrum mit Hauptzugangsweg in Richtung Prager StraßeVolksschule als künftige Erweiterungsfläche der Bildungsstätteneignet, eröffnen sich an den Rändern durchaus attraktiveSpielräume für neue Nutzungen. Dabei ergeben sich aufgrund derunterschiedlichen städtebaulichen Konfigurationen spezifischeEntwicklungsmöglichkeiten. Die Nordostkante entlang derAutokaderstraße hat durch das knappe Heranrücken der Baukörperan den Straßenrand das Potenzial, sich zu einem durchgrüntenstädtischen Raum zu entwickeln. Einer solchen Entwicklungsetzen aber die aktuelle Widmung und der Häuserbestandder gegenüberliegenden Straßenseite Widerstand entgegen.Mittelfristig wäre zu erwägen, den städtebaulichen Maßstab derWohnanlage Autokaderstraße als wegweisend heranzuziehenund eine entsprechende Aufzonung der extensiv genutztenEinfamilienhausgebiete anzustreben. Der bestehende Straßenraumkann durch landschaftsgestalterische Maßnahmen attraktiverwerden. Nachverdichtende Hochbauten sind an dieser Stelleinnerhalb der Wohnanlage nicht argumentierbar.Anders zeigt sich die Grenze entlang der Johann-Knoll-Gasseund Tschaikowskygasse. Hier sind die neungeschossigenBaukörper weit von der Straße abgerückt. Große, abweisendeParkplatzflächen bilden eine Barriere zum angrenzendenöffentlichen Raum. Eine neue Bebauung könnte an dieserStelle einen attraktiven Auftakt und Zugang für die bestehendeSiedlung herstellen. Der dabei entstehende Straßenraum kannauch ein Impuls sein und Spielräume eröffnen für eine künftigeEntwicklung und Transformation der gegenüberliegendenEinfamilienhausbereiche. Ebenso stellen die neuen Baukörper eineVerbesserung der Wohnraumversorgung dar und sind ein Angebotan die bestehende Bevölkerung, ihre Wohnsituation zu optimieren.Potenzial für neue Nutzungen zeigt sich auch im Randbereichan der Tomaschekstraße als Grenze zwischen der Wohnanlageund dem Naherholungsgebiet Schwarze Lacke. Entlang derStraße wurde ein ca. 50–60 m breiter Streifen von Bebauungfrei gehalten, der als Parkplatz und Grünfläche genutzt wird.Eine bauliche Nutzung dieser Fläche erscheint aufgrund derbestehenden Abstände und des unmittelbar angrenzendenErholungsgebiets stadträumlich und städtebaulich vertretbar.Ein weiterer Bereich, der über bauliche Interventionen attraktivergestaltet werden sollte, ist die bestehende Ladenzone imEingangsbereich der Siedlung. Direkt an der Prager Straße gelegenund mit öffentlichen Verkehrsmitteln ausreichend erschlossen,könnte hier ein städtebaulicher Merkpunkt gesetzt werden,welcher der Siedlung und der Entwicklung im Stadtraum auch inder Höhenentwicklung angemessen ist und dem umgebenden,41


Bauverbotszone KnotzenbachMaurer Lange Gasse 136Wohnnutzfläche: 15.918 m²GFZ: 0,55Wohneinheiten: 268Lageplan 1:5000untergenutzten Bereich als Impuls für eine Weiterentwicklungdienen kann.An der Autokaderstraße wird deutlich, dass im Rahmen derStadterneuerung der Wohnanlagen der 1950er- bis 1970er-Jahredas städtebauliche und soziale Potenzial durch Einbeziehungder angrenzenden Bereiche deutlich erhöht werden kann. Diemittelfristige städtebauliche Einbeziehung des umgebendenSiedlungsgebietes ermöglicht es, die Qualität dieser Wohnanlagenzu erhalten, weiterzuentwickeln und in moderne, zeitgemäßeStadtkonzeptionen einzubinden.23., Maurer Lange Gasse 136Bauherr: WOGEM Gemeinnützige Wohn-, Bau- und Siedlungsges. für Gemeindebedienstete Ges. m. b. H,Architekt: Heinrich Reitstätter, Bauzeit: 1966–1968Die Wohnanlage an der Maurer Lange Gasse am Rande desWienerwaldes ist charakterisiert durch ihre grüne Mitte, diemarkante Hanglage und eine beeindruckende Aussicht. DieseEigenschaften gruppieren, orientieren und ordnen die einzelnenBaukörper zueinander an. Bezüge zur Umgebung sind nichterkennbar. Der Grünraum ist frei von vordefinierten Wegen,lediglich ein Kinderspielplatz ist als Funktion eingeschrieben. Diehohe Qualität dieser Wohnanlage liegt in diesem sich weitgehendselbst überlassenen Grünraum und der distanzierten Anordnungder Baukörper am Hang um eine leere Mitte. Der landschaftlicheSchutzraum entlang des Knotzenbachs, einige Edelkastanien(Naturdenkmäler) und die starke Hanglage schränken denSpielraum für die Anordnung von neuen Baukörpern erheblich ein.Negativ zu Buche schlägt sich der hohe Aufwand für die Pflegedes Grünraums aufgrund des niedrigen Bebauungsgrads und dergeringen Dichte (GFZ 0,51).Die Baukörpertypen sind entsprechend ihrer Lage am Hangund zum Grünraum konzeptioniert. So befinden sich an dernördlichen Grenze geschickt angeordnete, der Lage und der Höhenach versetzte, dreigeschossige Baukörper. Damit ergibt sicheine ungestörte Fernsicht sowie eine optimale Belichtung derAufenthaltsräume. Die kleineren Baukörper am südlichen Randsind Ost-West oder Nord-Süd ausgerichtet und als gut abgestimmtmit ihrer Lage zu bezeichnen. Lediglich die Wohnhäuser an derwestlichen Grenze verfügen über ausschließlich nach Nordenorientierte Kleinwohnungen und versinken beträchtlich unter demangrenzenden Niveau der Maurer Lange Gasse.Eine Sonderstellung nimmt der Zentrumsbereich an der42


Kaiser-Ebersdorfer Straße 172Wohnnutzfläche: 13.055 m²GFZ: 2,14Wohneinheiten: 172Lageplan 1:5000Das Parkdeck an der Nordseite der WohnbebauungSüdostecke ein. Geplant und errichtet wurden drei Geschäftslokaleund ein Café mit ca. 210 m². Gegenwärtig wird ein Teil derFlächen für den Vertrieb geriatrischer Produkte gewerblich genutzt,die Lokale wurden zu Wohnungen umfunktioniert. Trotz der relativgroßen Entfernung zu den nächsten Geschäften sind die Chancenfür eine erfolgreiche Aktivierung dieses Bereichs mit Einrichtungenzur Nahversorgung eher skeptisch zu beurteilen. Nur bei einerdeutlichen Erhöhung der Bevölkerungsanzahl, auch im Umfeld,und einer entsprechenden demografischen Durchmischung ist dieerforderliche Nachfrage für ein lokales Zentrum denkbar.Die Stellplätze sind in kleinen Einheiten an den Rändernangeordnet. Die Versorgung mit 0,22 Stellplätzen pro Wohneinheitist als sehr gering zu bezeichnen.Im Resümee weist die Anlage trotz des großen Grünraumsund einer lockeren Bebauung aufgrund der spezifischenstädtebaulichen Situation kein Potenzial für neue Baukörper imSinne eines Weiterbauens auf. Lediglich der Ersatz der qualitativschlecht gestellten Baukörper an der westlichen Grenze derAnlage durch höherwertige Baukörper ist aus dem Anspruch einerqualitätsvollen Wohnraumversorgung heraus argumentierbar.11., Kaiser-Ebersdorfer Straße 172Bauherr: Wohnbauvereinigung für Privatangestellte GPA, Architektin: Elfriede Fischer, Bauzeit: 1978–1980Die Wohnanlagen der 1970er-Jahre kennzeichnen sich durchhöhergeschossige und kompaktere Bauformen und weisenhöhere Dichtewerte aus. Das gilt auch für den Bauplatz an derKaiser-Ebersdorfer Straße 172. Auf einem L-förmigen Grundstück,eingeklemmt zwischen Gebäuden ähnlicher Typologie, wurdeeine Wohnbebauung mit sechs bis acht Geschossen und einerDichte (GFZ) von 2,15 realisiert. Die durchaus innerstädtischenKennwerte werden durch die landwirtschaftliche Nutzung dergegenüberliegenden Grundstücke und die städtische Randlagekonterkariert. Die strenge Zeilenbebauung der 1960er weicht nuneiner horizontal und vertikal abgetreppten Aneinanderreihungverschiedener Baukörper. Durch das vielfach auskragende ersteObergeschoss, bei gleichzeitig fensterlosem Erdgeschoss,entstehen wenig attraktive Außenräume, die meist auchAngsträume darstellen. Die hofseitig erschlossenen Garagenplätzeim Nordsüdriegel verstärken den abweisenden Charakter derErdgeschosszone zusätzlich.Die Anordnung eines leicht abgesenkten Parkdecks kanndurchaus als zeittypisch betrachtet werden und leistet bereits eine43


Smolagasse 4Wohnnutzfläche: 12.016 m²GFZ: 0,71Wohneinheiten: 141VerkehrsbandLageplan 1:5000Die breite Vorzone entlang der Smolagasse als Puffer zurIndustriezoneDie Brachflächen auf der Überdeckung der AutobahnVersorgung von 0,67 Stellplätzen pro Wohneinheit. Das Parkdeckliegt an der Kaiser-Ebersdorfer Straße nördlich des Wohnhauses.Dadurch eröffnet sich Potenzial für eine Überbauung, die beiqualitätsvoller Ausführung mehrere Vorteile hat. Abgesehen vonder Möglichkeit zusätzlicher Nutzungen, die für die BewohnerInneneinen funktionalen Mehrwert darstellen können, stellt ein Ost-Westgerichteter Baukörper an dieser Stelle einen akustischen undoptischen Schutzraum her. Der überdimensionierte Straßenraumder Kaiser-Ebersdorfer Straße, der sich einer mittlerweileobsoleten Verkehrsplanung zum Wiener Außenring verdankt,kann durch das neue Bauwerk eine angemessene Fassungerhalten. Und schließlich ergibt sich im Rahmen dieses Zubausdie Möglichkeit, attraktivere Hauptzugänge zu den straßenseitigliegenden Vertikalerschließungen zu schaffen.Aufgrund ähnlicher Situationen auf den Nachbargrundstückenan der Kaiser-Ebersdorfer Straße eröffnet sich mit einer denWohnbauten vorgelagerten Bebauungszeile die Möglichkeit,diesen Stadtraum attraktiver auszugestalten, neue und zeitgemäßeNutzungen einzubringen und über einen lokalen SchwerpunktImpulse für das Wohnquartier zu schaffen. Der dadurchentstehende Mehrwert kann nicht zuletzt dazu verwendetwerden, die oft unterversorgten und knappen Freiflächen besserauszugestalten und zu vernetzen.22., Smolagasse 4Bauherr: BWS Gemeinnützige allgemeine Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft reg. Gen. m. b. H,Architekten: H. Muttone + F. Novotny, Bauzeit: 1974–1977Die in Grund- und Aufriss nach Süden hin abgetreppteHäusergruppe lässt sich durch ihre Situierung zwischen Gewerbe,Industrie, Kleingärten und den Bahnkörpern der ÖBB sowie einemunterirdisch geführten Autobahnabzweiger charakterisieren. Diemiteinander verbundenen Wohngebäude erzeugen über drei Seiteneinen grünen, ruhigen, halb offenen Hof. Lage und Entstehungdürften sich der Auflassung von Gleisanlagen verdanken. Zudieser Vermutung führt auch die Nähe der Eigentümerin zur ÖBB.Die ehemals städtische Randlage ist durch die Neuerrichtung derU-Bahn-Linie 2 und mit der geplanten Taktverdichtung der S80 neuzu bewerten. Eine durchschnittliche Wohnungsgröße von 85,22m² und Stellplatzversorgung mit 0,73 Stellplätzen pro Wohnungsowie die ausreichende Infrastruktur wie Waschküchen undGemeinschaftsräume entsprechen durchaus den Anforderungenan gegenwärtige Wohnanlagen. Auch die privaten Freiräume sind44


7,40 m10,66 m11,75 m19,50 m16., BaumeistergasseTyp B / 54,19 m²21., AutokaderstraßeTyp B / 55,55 m², 58,20 m²23., Maurer Lange GasseTyp B / 62,39 m², 50,51 m²11., Kaiser-Ebersdorfer StraßeTyp D / 96,60 m²Alle Grundrisse 1:50021., AutokaderstraßeTyp C / 69,60 m²23., Maurer Lange GasseTyp B / 52,51 m²21., Smolagassein Lage und Größe zeitgemäß. Die GFZ von 0,71 ist, gemessen anden heutigen Werten, als gering zu veranschlagen.Die Stellplätze sind oberirdisch entlang der Gleisanlagen aufder als Verkehrsband gewidmeten Überdeckung der Autobahnplatziert. Interventionsbedarf ergibt sich aufgrund des Fehlensbarrierefreier Erschließungen und von Fahrradabstellräumen.Wie weit die demografische Entwicklung, wie die starkeBevölkerungsabnahme von fast 50 Prozent seit 1981 und dieAbnahme der Wohnungsbelegung von 3,7 auf 2 Personenpro Wohnung im selben Zeitraum, einen Veränderungsbedarfbezüglich des Wohnungszuschnitts bedeuten, muss im Detailgeprüft werden.Im Sinne des Themas Weiterbauen wurde auch dieseWohnanlage auf ihr raumgenerierendes Potenzial geprüft.Die baumreiche Zone entlang der Smolagasse eignet sichvom Zuschnitt her nicht für zusätzliche Verbauungen. DieBaukörperstellung sowie das Verkehrsband im Osten lassen nurein mögliches Baufenster im Hofbereich zu.AnbauenDas Potenzial für Anbauten im Rahmen einer thermischenSanierung oder zur Verbesserung des Wohnungszuschnitts in denuntersuchten Wohnanlagen wird im Zuge einer vergleichendenGrundrissanalyse und entlang spezifischer Eigenschaften wieGebäudetiefe, Erschließungstypologie, Wohnungsgröße, aber auchder Qualität der Nasseinheiten diskutiert.GebäudetiefenDie Gebäudetiefen wurden innerhalb von 20 Jahren mehrals verdoppelt. In der Baumeistergasse beträgt die Trakttiefenoch 7,40 m, in der Kaiser-Ebersdorfer Straße erstreckensich die Wohnungen bereits über 18,50 m. Bezogen auf eineZweispännertypologie entspricht das einer Verdrehung derBelichtungsseite um 90°. Das bedeutet, dass in der SiedlungFuchsenloch in der Baumeistergasse der durchschnittlicheZweispänner eine Fassadenbreite von 18,50 m besitzt, währendder vergleichbare Typ in der Kaiser-Ebersdorfer Straße eineTrakttiefe von 18,5 m bei einer Fassadenlänge von nur 12,02 maufweist. Damit verfügt die Baumeistergasse über ein wesentlichschlechteres Verhältnis von Fassadenfläche zu Nutzfläche.45


Der für die Energieeffizienz wichtige Kennwert liegt in derBaumeistergasse bei 1,01, während die Wohnanlage in der Kaiser-Ebersdorfer Straße mit 0,54 den vorgegebenen Zielbereich von0,55–0,75 (Stand 2012) sogar noch unterbietet. 91Die große Trakttiefe erweist sich in diesem Fall energetisch alseffizienter, selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass es sichbei diesem Kennwert um einen rein rechnerischen Wert handelt,in welchen andere, relativierende Eigenschaften nicht eingehen.So können seichte Grundrisse auch größere Fassadenflächenzur Belichtung aufweisen und damit den Sonneneintrag in denWintermonaten besser nutzen. Außer Zweifel stehen auch diebesseren Belichtungsverhältnisse, die eine natürliche Belichtungauch von Nebenräumen ermöglichen. In der Siedlung Fuchsenlochwerden solche Vorteile aufgrund der kleinen Fenster allerdingsnicht ausreichend genutzt.ErschließungstypologienDie Mehrzahl der Wohnungen wird mittels Spännertypenerschlossen. Lediglich in der Maurer Lange Gasse findenErschließungen über Laubengang Anwendung. Das Angebot reichtvon Zwei- bis Vierspännertypen. Der damaligen Bauordnungfolgend wurden erst Gebäude mit mehr als vier Geschossenmit Aufzügen ausgestattet. Die Aufzüge erschließen meist nurdas Halbgeschoss. Das Kellergeschoss bleibt nur über eineTreppe erreichbar. In allen untersuchten Wohnanlagen befindetsich das Kellergeschoss zur Hälfte über dem Niveau. Die Folgeist, dass von den 1.571 Wohnungen in den fünf Wohnanlagenlediglich 1.387 barrierefrei sind. Einzig die Wohnanlage in derKaiser-Ebersdorfer Straße verfügt durchgängig über barrierefreierschlossene Wohnungen. In den anderen Wohnanlagen würdeder Anspruch auf Barrierefreiheit aller Wohnungen im Zugeeiner Sanierung erheblichen finanziellen Aufwand bedeuten undmassive bauliche Eingriffe erfordern.WohnungsgrößenDie Größe der Individualzimmer variiert zwischen 11 m² und 16m² und befindet sich damit auf einem durchaus zeitgemäßenNiveau. Die Küchen mit 7 m² bis 14 m² sind in allen Objekten alseigene Räume ausgeführt. Die Wohnräume mit Größen zwischen17 m² und 21 m² erscheinen dagegen klein. Eine Ausnahmestellt die Wohnanlage Kaiser-Ebersdorfer Straße dar, deren 14 m²große Essküchen und Wohnbereiche mit etwa 27 m² großzügigbemessen sind.Lediglich die Baumeistergasse als typischer Vertreter der1950er-Jahre verfügt über keine privaten Freiräume wie Loggien,Balkone oder Terrassen. In allen anderen Anlagen sind diese inausreichender Größe vorhanden.91 Zur Berechnung wurden prototypisch vier Zweispänner aneinandergereiht, um auch die Feuermauern in dieBerechnung einfließen zu lassen.NasseinheitenDie größten Veränderungen im Laufe der Zeit zeigen sich beider Größe der Badezimmer. So kommt das Fuchsenloch in derBaumeistergasse auf eine durchschnittliche Größe von nur 2,43m², während die Autokaderstraße bereits 3,51 m² aufweist. Inder Kaiser-Ebersdorfer Straße ist auf 3,91 m² bereits Platz füreine Waschmaschine vorgesehen. Aufgrund der großen Trakttiefefehlen hier die natürliche Be- und Entlüftung der Badeeinheit.ResümeeDie Wohnungen in der Autokaderstraße, Maurer Lange Gasse,Smolagasse und Kaiser-Ebersdorfer Straße entsprechen,abgesehen vom Kriterium der Barrierefreiheit, in Qualität,Ausstattung und Wohnungszuschnitten gegenwärtigenAnforderungen. Eine thermische Sanierung erscheint sinnvollund nachhaltig. Aufgrund der vorhandenen Gebäudetiefe sindErweiterungen auf horizontaler Ebene nicht zielführend, dadadurch die Belichtungssituation in den Aufenthaltsräumendeutlich verschlechtert wird.In der Baumeistergasse stellt sich die Situation schwieriger dar.Die geringe Trakttiefe legt nahe, im Rahmen einer thermischenSanierung je nach Orientierung private Freiräume anzubauen.Eine bauliche Adaptierung der haustechnischen Infrastruktur,wie z. B. die Vergrößerung der Nassräume, erscheint amehesten im Zusammenhang mit einer Bestandserweiterung(Dachgeschossaufbau) sinnvoll und wirtschaftlich darstellbar.AufbauenKaum eine andere bauliche Intervention ist so sehr mit demBegriff der Nachverdichtung verbunden, wie das Aufstockenoder der Dachausbau. Vor allem im innerstädtischen Bereich inder gründerzeitlichen Blockrandverbauung ist das Aufstockenoft die einzige Möglichkeit, neuen Wohnraum zu schaffen unddie Ausnutzung des Grundstücks zu erhöhen. Im Zuge derthermisch-energetischen Sanierung erreichte diese Interventionauch die Wohnanlagen der Nachkriegsjahre, wie im Rahmen einerSockelsanierung in den 1990er-Jahren die Per-Albin-Hansson-Siedlung West.Nicht immer führen solche Aufstockungen und Ausbauten zueiner Verbesserung des darunterliegenden Wohnungsbestandesund nicht immer schreiben sich Aufstockungen und Ausbautenpositiv in das Stadtbild ein. Aufgrund der oft beachtlichenGröße der Wohnanlagen aus den Nachkriegsjahrzehnten undder meist einheitlichen Besitzverhältnisse eröffnen sich bei derSanierung dieser Anlagen sowohl Risiken als auch Chancen undes gilt, einen verantwortungsvollen Umgang mit diesem Erbesicherzustellen. Gerade für die Wiener Nachkriegsmoderne wäre46


23., Maurer Lange Gasse23., Maurer Lange Gasse21., Smolagassehier bei Aufbauten eine besondere Aufmerksamkeit zu leisten, lagdoch ihr Fokus nicht auf dem Einzelgebäude, sondern vielmehr aufder Wirkung der Gebäude als Ensemble und Gebäudegruppe. Beider Arbeit an den Projekten im Rahmen dieser Studie wurde daherden Auswirkungen von baulichen Interventionen auf das Stadtbildsowie auf das gesamte Ensemble Rechnung getragen.Im Rahmen der Abschätzung, wie weit Aufstockung einesinnvolle Intervention im Zuge einer Sanierung ist, kann man denBestand der 1960er und 1970er zunächst auf zwei Haustypenreduzieren: Hochhaus oder nicht Hochhaus. Die Relevanzdieser Unterscheidung liegt in den brandschutztechnischenVorkehrungen, die jeweils zu treffen sind. So sind dieneungeschossigen Häuserzeilen in der Autokaderstraße als„Gebäude mit erhöhten brandschutztechnischen Anforderungen“zu betrachten, da der oberste Gebäudeabschluss bei 25,7 m unddas oberste Fluchtniveau bei 23,0 m über dem Terrain liegen.Ähnliche Werte findet man auch in der Smolagasse und Kaiser-Ebersdorfer Straße. Bei einer Aufstockung würde dies erheblichebrandschutztechnische Ertüchtigungen erfordern. Diese betreffenmeist nur die technische Infrastruktur (z. B. Wohnungstürschließerauch bei den Bestandswohnungen, Druckbelüftungsanlagenusw.). Verbesserungen für die Bestandswohnungen sind damitnoch keine erreicht. Diese wären in der Autokaderstraße auchnach einer Aufstockung nicht barrierefrei erreichbar. Alleinaus Kostengründen erscheinen Aufbauten bei diesen Objektenökonomisch schwer argumentierbar.Anders sieht es bei einer Aufstockung der Nicht-Hochhäuseraus. Ähnliche brandschutztechnische Vorkehrungen wären nichterforderlich. Allerdings stellt sich die Frage nach der Wirkung aufdas städtebauliche Ensemble und die Gebäudegruppe als solche.In der Smolagasse würde die Abtreppung nach Süden erheblichan Charme verlieren. Auch in der Autokaderstraße wäre mit einerAufstockung der Viergeschosser die durch die Freistellungen derZeilen erreichte Offenheit gestört und für die Bestandswohnungeneine Barrierefreiheit noch nicht erreicht, da unter vertretbaremAufwand nur die Halbgeschosse erschlossen wären.Bei Siedlungen in Hanglagen scheint das Potenzial des Aufbauenseher abrufbar, da meist durch die Lagegunst die Veränderungenfür die ansässige Bevölkerung hintangehalten werden können.Anders stellt sich die Situation in der Siedlung Fuchsenloch alsVertreter der 1950er-Jahre dar. Hier scheint eine Aufstockungaufgrund der relativ großen Gebäudeabstände und derzweigeschossigen Bebauung vertretbar. Ein Liftzubau wäre auch47


hier notwendig und für die ansässige Bevölkerung nur überdas Zwischenpodest erreichbar. Die zusätzlich erforderlichenStellplätze sind nur mit erheblichen Eingriffen in den Grünraumherzustellen. Hier könnte, nicht zuletzt auch im Sinne einesWandels des Mobilitätsregimes, wie er unter dem LabelSmart City proklamiert wird, ein kreativer Umgang mit demStellplatzregulativ neue Möglichkeiten eröffnen.Wie weit in den untersuchten Wohnanlagen statischeEinschränkungen für Dachausbau und Aufstockung existieren,wurde im Rahmen der Studie nicht ermittelt.Infrastruktur / HausnebenräumeIn allen untersuchten Wohnanlagen wurden die Hausnebenräumeim ca. 1,40 m unter dem Niveau angelegten Kellergeschossuntergebracht. Durch die Absenkung ergibt sich zwar derVorteil einer besseren Belichtung der Kellergeschosse und desungestörteren Wohnens im Erdgeschoss, gleichzeitig störtaber die Verschiebung der Ebenen die Kommunikation mit derUmgebung. Die Absenkung führt dazu, dass die Gebäude nicht mitdem umgebenden Grünraum interagieren und setzt Öffnungen zumFreibereich Widerstand entgegen (siehe Kapitel Freiraum).In der Smolagasse wurde das am ursprünglichen Terrain errichteteKellergeschoss erst nach Bauende zur Hälfte eingegraben. In derKaiser-Ebersdorfer Straße wurde auf eine solche Einschüttungverzichtet, trotzdem wird das eigentliche Erdgeschoss alsKellergeschoss bezeichnet.Die Ausstattung mit Hausnebenräumen und ihre Größe könnenals wohnungspolitischer Fortschritt gelesen werden, der sowohlhinsichtlich der Angebotspalette als auch nach der Größe derzur Verfügung gestellten Flächen mit den Jahren gesteigertwerden konnte. War in der Siedlung Fuchsenloch die damaligeWaschküche mit 36 m² eine Errungenschaft und fielen damit aufjede Wohnung 0,22 m² Waschküche, waren es in der MaurerLange Gasse bereits 0,43 m², in der Autokaderstraße und Kaiser-Ebersdorfer Straße jeweils 0,36 m² und in der Smolagasseschon beachtliche 1,06 m² Waschküche pro Wohnung. Fehltenim Fuchsenloch Gemeinschaftsräume und Abstellräume fürKinderwagen und Fahrrad ganz, gab es in der Maurer LangeGasse bereits 1,41 m² Abstellfläche für Fahrrad und Kinderwagenpro Wohnung und in der Autokaderstraße und Kaiser-EbersdorferStraße jeweils 0,65 m². Letztere kann noch auf einen Hobbyraummit 36 m² verweisen. In der Smolagasse steht zusätzlich zu 1,45m² Abstellfläche pro Wohnung noch ein Gemeinschaftsraum mit148 m² zur Verfügung.Alle Wohnanlagen weisen damit im Vergleich zu heutigenProjekten ausreichend große Waschküchen aus, sind aberhinsichtlich Gemeinschafts- und Kinderspielräumen sowie Größeder Abstellräume deutlich unterversorgt.Bei allen Projekten sind Müllsammelstellen im Freien angeordnet.Lediglich in der Kaiser-Ebersdorfer Straße sind diese im Hausintegriert.Symptomatisch für die 1950er- bis 1970er-Jahre ist auch dieSituation der Hauseingänge in den untersuchten Wohnanlagen.Räumlich wurde diesem Bereich kaum Beachtung geschenkt.Die Eingangsbereiche sind Resultat der Systematik der darüberliegenden Regelgeschosse und für einen Hauszutritt an dieserStelle nicht ausgelegt. Platz zum Verweilen, Abstellen oderKommunizieren ist nicht vorhanden. Die ohnehin schon beengteZugangssituation verschärft sich noch im Fall der Montage derzeitgemäßen tieferen Postfächer.Die Hauseingänge in der Wohnanlage Autokaderstraße sindmit unterschiedlichen Kunstwerken gekennzeichnet, die in ihrerSystematik als Leitsystem fungieren.48


Luftbild Siedlung Fuchsenloch, 2000Quelle: Stadt Wien, MA 41 StadtvermessungFreiraum16., Fuchsenloch 1–3Die nur zweigeschossige Fuchsenlochsiedlung desGartenstadttypus aus den 1950er-Jahren wird dominiert durchdie starke Topografie, die bereits dem Einfluss des Wienerwaldeszuzuschreiben ist. So ist der Stadtwald im Nordwesten wohlauch – neben dem Kongresspark im Osten – das nächstliegendeErholungsgebiet, während im direkten Umfeld zwar eine starkeDurchgrünung, aber keine öffentlichen Freiräume zur Verfügungstehen. Dies macht eine nutzbare Struktur des siedlungseigenenFreiraums im Alltag umso wichtiger. Verständlicherweise bestimmtdie Einbindung der Baukörper ins Gelände die entstehendenFreiraumtypologien der Siedlung. Je nach Anlagerung entlangder Höhenschichten oder als höhengestaffelte Randbebauungbilden sich die typische Gartenstadtgasse mit Vorgärten oder halboffene, grüne Höfe, welche über schmale Wege an die äußere,öffentliche Erschließung angebunden sind. Dabei zeigt sich,wie in den anderen Wohnanlagen der Studie aus den 1950er-und 1960er-Jahren, ein offen zugänglicher, stark durchgrünterFreiraum, der hier jedoch durch die dichte Bepflanzungsstrukturund die minimierte Erschließung, auch ohne Einzäunung, denEindruck von privaten Räumen hervorruft. Dennoch bleibensie bloßes Abstandsgrün und zeigen trotz der Kleinteiligkeitbeziehungsweise Intimität der Siedlung wenig Nutzungs- oderAneignungsspuren. Die Infrastruktur beschränkt sich auf einekleine, etwas verwahrloste Sandkiste, und es stellt sich dieFrage, ob der untergenutzte Zustand durch die Unterlassung vonNeuvermietung zusätzlich verstärkt wird. Ein weiteres Defizit derSiedlung, neben der Unterversorgung mit gemeinschaftlichenEinrichtungen, ist das Fehlen jeglicher privater Freiräume. Selbstder üppige Baumbestand kann dies nicht kompensieren. DieBepflanzung folgt keinem nennenswerten Konzept oder Aspektender Raumbildung, allerdings ist der große Bestand an Nadel- undLaubbäumen – zwar teilweise überaltert oder zu dicht – auffallendund enthält einzelne große erhaltungswürdige Bäume.49


Luftbild Siedlung Autokaderstraße, 2012Quelle: Stadt Wien, MA 41 Stadtvermessung21., Autokaderstraße 3–7Die grüne und aufgelockerte Stadt kommt in derMontagebausiedlung Autokaderstraße voll zum Tragen. So wirddas System der vier- und neungeschossigen Baukörper voneinem großzügigen und offenen Grünraum durchflutet, der zu denRändern, sprich Straßen, offen bleibt. Zusätzlich ist er im Westendirekt an das Schutzgebiet, Wald- und Wiesengürtel „SchwarzeLacke“, angelagert und damit übergeordnet in die Stadtlandschafteingebunden und mit der Neuen Donau und dem Marchfeldkanalverknüpft. Fehlender Grünraum ist hier also keinesfalls das Thema,viel eher mangelt es an tatsächlich nutzbarem und aneigenbaremFreiraum für die Gemeinschaft. Das Parken organisiert sichzur Gänze oberirdisch in den Randbereichen sowie in zweiStichstraßen mit Wendehammer und bildet vor allem im BereichJohann-Knoll-Gasse, Tschaikowskygasse und Tomaschekstraßeeine starke Barrierewirkung. Die fußläufige Erschließung zeigtsich aufgrund der Siedlungsgröße als hierarchisches System miteiner breiten, mittigen Achse von der Prager Straße zur SchwarzenLacke, welche die Volksschule und das Kindertagesheim mitdem „Einkaufszentrum“ an der Prager Straße zusammenspannt.Leider fehlen dieser Achse nennenswerte Kommunikations- undAufenthaltszonen, die besonders im Schulvorbereich sinnvollwären. Die weiteren Wege zeigen hingegen das typischeBild vieler Erschließungssysteme der 1950er- und 1960er-Wohnsiedlungen. Sie sind in ihrer Breite minimiert, liegen inDistanz zu den Gebäuden und münden in die Eingangstür ohneein Entree auszubilden, das als Kommunikationsort und Träger50


Luftbild Siedlung Maurer Lange Gasse, 2012Qelle: Stadt Wien, MA 41 Stadtvermessungvon Infrastruktureinrichtungen diesem zentralen Knotenpunktjene Rolle zuteilt, die für die Entstehung von Nachbarschaftenvon Bedeutung ist. Die Sockelbildung des Kellergeschosses unddamit die Anhebung der Erdgeschosse ist zwar von Vorteil fürungestörtes Wohnen im Erdgeschoss, verstärkt jedoch zusätzlichdie abweisende Haltung der Baukörper zum Freiraum. Diesestarke Trennung von Bebauung und Freiraum mit ihren fehlendenSchnittstellen wird durch die anlaufenden Rasenflächen, die perse als betretbares Grün gelten, jedoch nicht betreten werdendürfen, noch weiter betont. Hier könnte eine entsprechendeBepflanzung unterstützend wirken und die Gebäude besser indie landschaftliche Anlage einbetten. In diesem Zusammenhangist die Bepflanzungsstruktur, mit den für die Entstehungszeittypischen Baumpflanzungen (Schwarzföhren, Birken undPappeln), positiv hervorzuheben. Sie verschränken sich mit derBebauungsstruktur zu einem ungezwungenen, fließenden Raum,der bei allen Verbesserungsmaßnahmen stets im Auge behaltenwerden muss. Der zu setzende Schwerpunkt liegt hier sicher ineiner zurückhaltenden Verbesserung der Infrastruktur und einemAngebot an ungezwungener Begegnung. Ebenso machen Spurenwilder Aneignung ein Defizit und gleichzeitig ein Bedürfnis nachBetätigung im Freiraum deutlich. Auch eine Überarbeitung derStellplätze und bessere Einbindung in das Landschaftskonzeptsind anzustreben.23., Maurer Lange Gasse 136Die ringförmig angelegte Siedlung liegt direkt an der Kantezum Wienerwald (Biosphärenpark, Schutzgebiet Wald- undWiesengürtel) und umschließt eine grüne Mitte. Diese großeWiesenfläche steht im Kontrast zum dichten Wald und wirktdurch die starke Topografie und Süd-Ost-Exposition ehereinem montanen, ländlichen Gebiet entnommen denn als Teileines Stadtraums. Mittig wird die Wiese vom Knotzenbachdurchflossen (aus dem Wienerwald kommend), der erst imanschließenden Verlauf verrohrt wird. Dieser Freiraum bestichtdurch seine ländliche Einfachheit und Selbstverständlichkeit.Nur ein schmaler Weg führt quer in Nord-Süd-Richtung übereine Brücke zu einem kleinen, mittig gelegenen, jedoch nichtsehr attraktiven Kinderspielplatz. Spannender dürfte für etwasältere Kinder ohnehin das Spiel im Bach oder Wald sein. DieErschließung folgt konsequent der Siedlungsstruktur und bildeteinen fast geschlossenen äußeren Ring. Dabei sind immer51


Luftbild Siedlung Kaiser-Ebersdorfer Straße, 2012Quelle: Stadt Wien, MA 41 Stadtvermessungwieder kleinere Stellplätze (0,22 pro Wohneinheit) angelagert.Besonders im nördlichen Bereich sind die Gebäude aufgrund derHanglage nur mehr über Treppenanlagen erschlossen und nichtmehr barrierefrei zu erreichen. Auch hier zeigen sich, wie in derAutokaderstraße, eine Minimierung der Erschließung und dasFehlen jeglicher Infrastruktur im Hausnahbereich. Sollte im Zugeeiner Erhöhung der Wohnungszahl das „Zentrum“ im Südostenneue Infrastruktur aufnehmen, könnte hier auch im Freiraum einzusätzliches Angebot für Treffen, Spiel und Sport mitbedachtwerden. Geringe Dichte, Ruhe und Ausblick stellen eine sehrhohe Qualität der Wohnanlage dar, bringen aber auch eine hohefinanzielle Belastung durch Pflegekosten mit sich. In diesem Fallkann ein entsprechendes Pflegekonzept zur Extensivierung derWiesenflächen langfristig die Pflegekosten senken.11., Kaiser-Ebersdorfer Straße 172Anschließend an Leberberg und Thürnlhofsiedlung durchbrechendie Wohnanlagen an der Kaiser-Ebersdorfer Straße aus den1970er-Jahren die vorhandene Landschaftsstruktur, die sichvor allem aus landwirtschaftlich genutzten Flächen und demStadtwäldchen Simmering (SWW-Fläche) zusammensetzen.Dabei kam es in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren mit derIndustrialisierung des Obst- und Gemüseanbaues zu einermassiven Überbauung dieser landwirtschaftlich genutztenFlächen mit Glashäusern und Folientunneln, sodass wohl kaummehr von Grünraum gesprochen werden kann. Dennoch ist dienordseitige Bebauung der Kaiser-Ebersdorfer Straße in diesemBereich noch von einer landwirtschaftlichen Hofstruktur geprägt.Die Abbruchkante der Stadtterrasse wird hier deutlich sichtbarund nimmt im Westen Schloss Neugebäude mit seinen Gärtenauf. Diese Grünräume sind als Naherholungsgebiet sicher einewichtige Bereicherung. Die Wohnanlage weist im Gegensatz zuden Siedlungen der 1950er- und 1960er-Jahre eine bedeutendhöhere Dichte und Versiegelung auf. Dementsprechend ist eineattraktive und nutzbare Freiraumgestaltung von besondererBedeutung. Ganz im Gegenteil wird der Freiraum hier jedochnur auf Abstandsflächen und Zwischenräume reduziert. Durchdie Haupterschließung zwischen abgesenktem Parkdeck undGebäude mit Eingängen in das fensterlose Erdgeschoss entstehteine äußerst unattraktive Zugangssituation. Verstärkt wird dieserabweisende Charakter durch hofseitige Garagenplätze und eineVielzahl von Zäunen, die bei den älteren Siedlungen der Studie52


Luftbild Siedlung Smolagasse, 2012Quelle: Stadt Wien, MA 41 Stadtvermessungnoch nicht zu finden sind. Eine gewisse optische Großzügigkeitergibt sich lediglich durch die anschließenden Freiräume derPfarre Hl. Klemens Maria Hofbauer mit Kindertagesheim. Aberauch diese Rasenfläche und die Sportfläche sind hoch eingezäuntund scheinen verwahrlost und untergenutzt. Eine Öffnung undMehrfachnutzung dieser Flächen wäre jedenfalls anzustreben.Eine einfache landschaftliche Gestaltung mit Bäumen, wie beianderen untersuchten Siedlungen, war aufgrund der Größe nichtmöglich. Es findet sich auf dem Grundstück aber auch keineandere nennenswerte Bepflanzungsstruktur. Das Parkdeck ist mitden zeittypischen Bodendeckern pflegeleicht bepflanzt, die mitden Jahren sehr unansehnlich werden. In diesem Fall scheint einekomplette Überarbeitung des Freiraums notwendig. Beginnendmit einer Veränderung des Parkdecks und des Zugangs biszur Öffnung der Erdgeschosszone für neue Infrastruktur undden daran anzuschließenden Freiraumeinrichtungen kann derWohnanlage auch auf kleiner Fläche eine neue und nutzbareFreiraumqualität gegeben werden.22., Smolagasse 4Die Siedlung, in den 1970ern entstanden, zeigt sich nahezu alsFremdkörper zwischen Bahn, Brachfläche über dem Stadlauer-Tunnel, Kleingärten, Gewerbe und Industrie. Die Baukörperumschließen einen nach Südosten offenen Grünraum, wohingegendie Wohnungen mit den privaten Freiräumen idealerweise nachSüdwest orientiert sind. Zur Smolagasse und nach Norden undSüden bleibt die Bebauung, bis auf schmale Durchgänge zwischenden Baukörpern, geschlossen. Sie ist aber etwas abgerückt undentwickelt dadurch eine breite Vorzone mit vorwiegend dichtemPappelbestand. Diese Zone bildet einen angenehmen Puffer zu dengegenüberliegenden Industriebauten. Auch zur Bahn wurde einSichtschutz angelegt, hinter dem sich Parkplatz, Brachfläche undGleisanlagen bandförmig schichten. Das Inseldasein wird verstärktspürbar durch die fehlende Einbindung in eine übergeordneteFreiraumstruktur. Bis auf den Sportplatz OMV-Stadlau und dreiGrünflächen, die sich der Benutzung wohl entziehen, befindensich im näheren Umfeld keine nennenswerten Freiflächen außerder kleinen Parkanlage Erzherzog-Karl-Straße. Um die Siedlung imStadtgefüge zu verankern, wäre eine attraktive fuß- und radläufigeAnbindung ans Mühlwasser und die Alte Donau sowie Richtungneu entstandenem Star22 und S-Bahn-Station Erzherzog-Karl-Straße langfristig zu wünschen. In diesem Zusammenhang53


könnte auch die anschließende Widmung für Kleingärtenhinterfragt werden. Generell ist die Stellplatzversorgung bei allenuntersuchten Siedlungen ein mehr oder weniger belastendesFreiraumthema. Die Problematik wird hier durch die bereitsbestehende Versorgung mit 0,73 Stellplätzen pro Wohnung und imFalle einer zusätzlichen Verbauung besonders evident. Die Fragenach neuen Strategien zur Integration von Parkierungsflächen –der Bau von Tiefgaragen scheint aus ökonomischen Überlegungenund Gründen der Nachhaltigkeit wenig sinnvoll – liegt auf der Handund wird zum wesentlichen Werkzeug einer Umfeldverbesserung.Die Erschließungstypologie folgt den Prinzipien derEntstehungszeit. Schmale Zugänge führen zu den Eingängen undspannen im weiteren Verlauf die Smolagasse mit dem Parkplatzan der Bahn zusammen. Sie nehmen Müllsammelstellen und denKinderspielplatz auf, lagern jedoch keine weitere Infrastrukturoder Funktionen an. Auffallend an der Wohnsiedlung ist diewohlüberlegte landschaftsarchitektonische Gestaltung undBepflanzung. Die einzelnen Baukörper wurden angehoben.Dadurch entstand eine Geländemodellierung mit sanftem Anstiegzu den Eingängen und einer Ummantelung und Einbettung derBaukörper mit dicht begrünten Böschungen im Hofbereich.Eine liebevoll gestaltete Sandspielfläche liegt beschattet unterBäumen, einzig der Ballspielplatz scheint verwahrlost. PunktuelleVerbesserungen der Eingangssituationen und eine sanfteRevitalisierung der Spielzone mit Kommunikationsbereich wärenhier anzustreben.„Und wir müssen zeigen, dass die Stadt nicht nur die Innenstadtdes 19. Jahrhunderts ist, die man allgemeinhin mit ,gemischterStadt‘ verbindet. Auch die Stadterweiterungsgebiete derNachkriegszeit, insbesondere die Großwohnsiedlungen, sindsehr urban und städtisch. [...] Was macht diese Orte überhauptstädtisch? Müssen wir das gleiche Bild oder das gleiche Zielverfolgen, wie in den Strukturen des 19. Jahrhunderts? Oder istes eben nicht gerade die Herausforderung, zu zeigen, dass dieseOrte mit ihrer Weite und ihrer Offenheit auch ein Teil städtischenLebens und städtischer Vorstellung sein können?“ (RegulaLüscher, IBA-Symposium, 2012)54


Urbanität durch Wohnen – Eine neueStadterneuerungIm Rahmen der Arbeit an den ausgewählten Projekten undihrer Analyse und vor dem Hintergrund der theoretischenund historischen Diskussion und Rekonstruktion wurdenMaßnahmen zur quantitativen und qualitativen Verbesserungder Wohnraumversorgung bzw. der Qualitäten im unmittelbarenWohnumfeld erarbeitet und an den konkreten Projekten erprobt.Die Maßnahmen und Interventionen sind daraufhin ausgelegt,prototypisch zu funktionieren, das heißt, sie können beivergleichbaren Siedlungssignaturen und ähnlichen Defizitenkatalogartig vorgeschlagen und für den Einzelfall geprüft werden.Im Unterschied zum Gründerzeitbestand als Adressat dermittlerweile klassischen Stadterneuerung verfügen dieWohnanlagen der 1950er- bis 1970er-Jahre über gut ausgestatteteWohnungen, über qualitätsvolle Wohnungsgrundrisse,ausreichende Belichtung und in der Regel über großeFrei- und Grünbereiche. Ihre spezifischen Mängel sind oftErgebnis nachfolgender städtebaulicher Entwicklungen,gesellschaftspolitischer Veränderungen und Sichtweisen,ökologischer Erfordernisse oder Folge ihrer generativen Biografie.Neben Mängeln in der materiellen Ausstattung bzw. Zurüstung– wie fehlende Barrierefreiheit, unzureichende Energiebilanzund geringe Stellplatzversorgung oder auch das Fehlen privaterFreibereiche in den Anlagen der 1950er-Jahre – blieben dieWohnanlagen im Zuge ihres Älterwerdens meist hinter denaktuellen Anforderungen an städtische Lebensräume zurück.So verfügen sie zwar über ausreichend große Grünflächen, dieauch einen zentralen Stellenwert im Wohnumfeld einnehmen,gleichzeitig sind diese Grünflächen hinsichtlich ihrer Benutzbarkeitstark eingeschränkt. Auch stehen die Wohnhäuser unmittelbar imGrün- und Freibereich, es fehlen aber direkte Zugänge aus demWohnbereich in den Freibereich. In den meisten Anlagen wurdenKinderspielplätze und Aufenthaltsflächen im Freien gar nicht oderkaum modernisiert, spezifische Funktionsflächen für Jugendlichefehlen oft gänzlich. Der im Laufe der Zeit entstandene Bedarf anFunktionsräumen, wie Gemeinschaftsräume oder Fahrradgaragen,wurde selten gedeckt.Handlungsbedarf signalisieren auch die demografischen Profileder Wohnanlagen. Der hohe Anteil an älteren Personen legt nahe,dass hier vor allem im Bereich Barrierefreiheit und Optimierungdes Wohnungszuschnitts neue Angebote in der unmittelbarenWohnumgebung sinnvoll sind, wie im Allgemeinen auch eineErweiterung des Angebotes hinsichtlich LebensabschnittbezogenerAngebote. Wie aus der jüngsten Wohnbefragunghervorgeht, spielt der individuelle Zuschnitt der Wohnung eine„Die Stadt wird immer Herausforderung bleiben, aber – unddamit sind wir noch lange nicht im Bereich der Utopie –Herausforderung, die dann nicht nur der soziale privilegierteMensch wird bestehen können.“ (Jean Améry, 1969)wichtige Rolle für den Wohnungswechsel. 92Können diese und ähnliche Defizite über ein umfangreichesMaßnahmenbündel behoben werden, zeigt sich eine andereProblemstellung materiellen Einsätzen gegenüber resistenter.Obwohl seine Relevanz in fast allen Umfragen zur Lebens- undWohnzufriedenheit herausgestellt wird, ist es allein mithilfematerieller Einsätze nicht zu bewältigen. Es handelt sich um dasAnsehen bzw. schlechte Image der Wohnanlagen der 1950erbis1970er-Jahre. 93 Dabei geht es nicht nur um eine Revisiondes weitgehend negativen Bildes, das schon bald nach ihremEntstehen und gegen jede empirische Evidenz in den Medien undFachdiskursen erzeugt wurde, sondern auch um eine gewisseAbgehängtheit, nicht nur hinsichtlich ihrer Situierung am Randder Stadt, sondern auch innerhalb des Sprechens über Stadt.Wann immer über das Gegenwärtige, Zeitgenössische, überUrbanität und die hohe Aktualität der Stadt gesprochen wird, dieWohnanlagen dieser Epoche finden kaum Erwähnung. Und das,obwohl ein großer Teil der Wiener Bevölkerung in diesen Anlagenwohnt oder zumindest biografische Bindungen zu ihnen unterhält.Der Wohnbau in Wien besitzt traditionell einen hohen politischenStellenwert. Allerdings gelang es bisher nicht, ihn innerhalb einesumfassenderen Verständnisses von Urbanität zu konzeptionierenbzw. einen alternativen Begriff von Urbanität auszuarbeiten, derdem Wohnen und seinem Umkreis in seiner Eigenständigkeiteinen entsprechenden Stellenwert einräumt. Es gilt, im Rahmender neuen Stadterneuerung eine Konzeption von Urbanitätvoranzustellen, welche die bisherigen auf Zentrum, Arbeitund Konsum eingeschränkten Urbanitätskonzepte übersteigtund erweitert. Hier wäre der Punkt, um an Friedrich HeersÜberlegungen zu Stadt und Urbanität anzuschließen, nach welchendie „wahre Weltstadt“ Urbanität produziert, „indem sie vielekleine, überschaubare, menschliche Beziehungen schafft, erlaubt,fördert“. 94 Die Weiterentwicklung eines solchen Ansatzes erlaubtnicht nur eine erweiterte Konzeption von Urbanität, sondernauch den Anschluss an die sozialen und bildungspolitischenKonzeptionen im Roten Wien.Andererseits kann die Aufwertung der Wohnanlagen der1950er- bis 1970er-Jahre zur Methodenfrage gemacht werden,92 Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau & Stadterneuerung (Hg.): Wien. Unser Zuhause. Die Ergebnisse dergroßen Wiener Wohn-Befragung, Wien 2013.93 Siehe z. B. SORA 2005, 56.94 Friedrich Heer: „Ein Blick zurück: Die Weltstadt von einst“, in: Das Gespräch, Heft 80 (Über die Tugend derUrbanität), Wuppertal-Barmen 1969, 25.55


+ Fuchsenloch 1–3 +Wohnnutzfläche: 21.400 m²GFZ: 1,63Wohneinheiten: 324Lageplan 1:5000Schnitt 1:2000und zwar genau dann, wenn es gelingt, unter Wahrung einesRechts auf Stadt im Namen der Wohnbevölkerung und mit ihr,die Qualität dieser Lebensräume zu verbessern und dabei dieseerweiterte Konzeption von Urbanität im unmittelbaren LebensundWohnumfeld zu einer sozialen Praxis zu machen. Recht aufStadt in diesem Zusammenhang heißt, Urbanisierungsprozessezu gestalten und mitzuentscheiden, heißt zu entscheiden, wasgebaut wird und wie der entstehende Mehrwert genutzt wird.Aus dieser Sicht scheinen nachverdichtende Interventionen nurdann akzeptabel, wenn sie das Ergebnis von Maßnahmen einerVerbesserung der Wohnraumversorgung sind.+ Fuchsenloch +Projektverfasser: Philipp Ocvirk, Moritz Rosenberg, Mattias SeitnerGrafische Überarbeitung: ProjektteamDieses Projekt von Studierenden geht von einem vollständigenAbbruch der Siedlung aus, mit dem Ziel, zeitgemäßeWohnformen, ausreichende Gebietsinfrastruktur zur Verfügungzu stellen und dabei gleichzeitig die Dichte dem Standortangemessen anzuheben. Es werden sechs Wohninselnkonzipiert. Zwei bis vier Baukörper gruppieren sich jeweils miteinem Sockelgeschoss zu einer Einheit. Diese offenen „Inseln“schwimmen schollenartig im sie umgebenden Freiraum.Dabei wird gezielt auf einen Kontrast gesetzt. Die Inseln sindintensiv genutzte Erschließungs- und Kommunikationszonenund nehmen diverse Infrastruktureinrichtungen sowieGemeinschaftsgärten und Partizipationsflächen auf. Auf jederInsel wird die darin entstehende Wohngemeinschaft somit ihreneigenen, halböffentlichen Platz definieren und prägen und zumkleinräumigen Zentrum erheben. Im Gegensatz dazu ist derumgebende Freiraum ein verbindender, einheitlicher Baumhain(Ersatzpflanzungen). Er wird zum öffentlich zugänglichen SpielundErholungsraum und bettet die Baukörper in eine grüneUmmantelung. Die Sockelgeschosse öffnen sich in diesen Hain.Gegenüber der bestehenden Siedlung wird die Dichteverdreifacht (GFZ=1,63) und die Wohnungsanzahl verdoppelt(324 Wohneinheiten). Die Stellplätze werden in zwei zentralenTiefgaragen vorgesehen.56


Lageplan 1:1000Erdgeschoss 1:750 Regelgeschoss 1:75057


ACABBCABAB+ Autokaderstraße 3–7 +CWohnnutzfläche: 70.240 m²GFZ = 1,14Wohneinheiten: 1.068Lageplan 1:5000+ Autokaderstraße +Projektverfasser: ProjektteamIm Bereich der Siedlung Autokaderstraße werden drei konkreteInterventionen vorgeschlagen: Erstens eine Verbesserung derVersorgung mit sozialer und technischer Infrastruktur (A) wieGemeinschaftsräume, Fahrradabstellräume, Waschküchen,Spielzonen usw., zweitens eine Attraktivierung der Grünbereichesowie Verbesserung ihrer Zugänglichkeit und Nutzung (B) unddrittens kann im Zuge einer Intensivierung der schlecht genutztenRandbereiche zusätzlicher Wohnraum (C) geschaffen werden.A. Verbesserung der sozialen und technischenInfrastrukturDie Wohnanlage verfügt nicht über ausreichend wohnungsnaheund zeitgemäße Infrastruktureinrichtungen. Einzig die Ausstattungmit Waschküchen ist ausreichend (siehe Kapitel Infrastruktur /Hausnebenräume). Für andere Nutzungen sind geeignete Räumeoder Flächen kaum vorhanden (z. B. Fahrradabstellräume) oderfehlen gänzlich (z. B. Hausgemeinschaftsräume).behoben. Erstens werden entlang der bestehenden Gebäudelineare Bänder mit unterschiedlichen Infrastrukturangebotenentwickelt. Diese nehmen nicht nur die fehlenden Funktionender Hausgemeinschaft auf, sondern stellen auch Nischen undüberdeckte Freibereiche für den Aufenthalt zur Verfügung.Die Bänder bilden einen porösen Bereich entlang derhermetischen Erdgeschosszonen und strukturieren auf dieseWeise die Zugangswege. Im Bereich der Hauszugänge könnendamit überdachte Bereiche und entsprechend erweiterteEntrees ausgebildet werden. Es entstehen dadurch Orteder Kommunikation, des Übergangs vom öffentlichen zumhalböffentlichen Leben und privaten Lebensbereich entlangder bestehenden Häuser, die helfen können, die Qualität derHausgemeinschaften zu stützen oder zu verbessern.Zweitens werden in einer neuen Randbebauung im freigestelltenErdgeschoss Gemeinschaftsräume und -flächen angeboten,die sich zu den großzügigen Grünräumen orientieren und allenBewohnerInnen zur Verfügung stehen.Dieser Fehlbestand wird durch zwei bauliche Interventionen59


B. Attraktivierung der Grünbereiche sowieVerbesserung ihrer Zugänglichkeit und Nutzung durchAneignungsflächenIm Nahbereich der Erschließungsbänder werden Flächen fürGemeinschaftsgärten ausgewiesen. Sie sind klar begrenzt durchHecken und innenliegende Zäune. Beete von mindestens 5 m²Größe werden abgesteckt und können von den BewohnerInnengemietet werden. Die Organisation kann über einen Gartenkluberfolgen, der mit anfänglicher Unterstützung durch den Bauträgergebildet wird. Die dazugehörige Infrastruktur wie Gerätehaus,Sitzbereiche (Wasseranschluss und Kompost befinden sich in derGartenfläche) wird in den linearen Infrastrukturbändern angeboten.Bei Bedarf können diese Flächen erweitert werden.C. Eine neue RandbebauungWie im Kapitel Die Projekte – Potenzialanalyse festgestelltwurde, sind Flächen für zusätzliche Baukörper trotz der relativgeringen Dichte nur sehr eingeschränkt ausweisbar. In derSiedlung Autokaderstraße besteht allerdings die Möglichkeit, diebestehenden Parkierungsflächen im Randbereich für eine neueBebauung zu nutzen.Für eine neue Bebauung in diesem Bereich sind zunächstvier Vorgaben wesentlich. Zunächst ist die städtebaulicheund räumliche Offenheit der bestehenden Wohnanlage undStruktur zu ihrer Umgebung als erhaltenswerte Qualität zuberücksichtigen. Die neuen Baukörper dürfen die Siedlung zurUmgebung nicht abschließen. Sie muss zweitens die bestehendenParkierungsflächen aufnehmen und zusätzlich neue und allgemeinnutzbare Raumangebote machen. Drittens ist ein das bestehendeWohnprogramm ergänzendes Wohnraumangebot bezüglichZuschnitt und Barrierefreiheit zu machen und schließlich istaufgrund der hohen bestehenden Wohnbauten die Privatheit fürdas Wohnen in den neuen Bauten sicherzustellen.Um diesen Vorgaben zu entsprechen, wurde das gesamteGebäudevolumen angehoben und eine möglichst freieQuerbarkeit und Zugänglichkeit der Wohnanlage gewährleistet.Zusätzlich ermöglicht die Freistellung der Erdgeschosszone dieIntegration von Nicht-Wohnnutzungen wie Gemeinschaftsräume,Fahrradabstellbereiche oder Autoabstellplätze und so kann dasHerstellen aufwendiger Untergeschosse vermieden werden.60


Relaxen Geräteraum Sitzen Lager Fahrradraum WaschkücheFahrradraum Sandkiste Fahrradraum SitzenAneigungsflächen – GemeinschaftsgartenErdgeschoss 1:750Durch die Zusatzbauten wird die Nutzfläche der gesamten Siedlungum 12 Prozent von derzeit 62.613 m² auf 70.240 m² erhöht. DieDichte steigt auf eine GFZ von 1,14. In den aufgeständerten zweibisdreigeschossigen Flachbauten befinden sich unterschiedlicheWohnungstypen, die über Atrien und Einschnitte belichtet undbelüftet werden. Diese introvertierten Wohnungen sind vorEinblicken aus den wesentlich höheren umgebenden Bautengeschützt und erweitern das Angebot an Wohnungstypen.Da das derzeitige Wohnraumangebot über 7 Prozent A-, 33Prozent B-, 50 Prozent C- und 10 Prozent D-Typen verfügt,erscheint es sinnvoll, in den Neubauten vor allem größere,familienfreundliche Wohnungen anzubieten. Da die vorhandenenWohnungsgrößen auf dem Niveau der derzeit von der GemeindeWien forcierten sogenannten „Smart Wohnungen“ liegen (C-Typenzwischen 71,8 und 69,6 m² Wohnnutzfläche inkl. Loggia, sowieB-Typen mit 56,6 m² und D-Typen mit 85 m²) entsteht auf dieseWeise ein attraktives und modernes Wohnraumangebot.Neben der größeren Wohnungsvielfalt (Terrassenwohnungen,Maisonetten, Loftwohnungen, Atriumwohnungen) bietetder Neubau auch die Möglichkeit, alle Wohnungen undHausnebenräume nach den Regeln der Barrierefreiheitauszuführen. So werden alle Wohngeschosse mit Liftenangefahren. Die horizontale Verteilung erfolgt in den Geschossenmittels belichteter Lauben- oder Mittelgänge.Die darunter befindlichen Aufenthalts- und Parkplatzbereichewerden über die Einschnitte ausreichend belichtet und belüftet.Hier werden neben ausreichenden Nebenräumen für Fahrräderund Kinderwagen auch Gemeinschaftsbereiche und Waschküchenangeordnet, die allen BewohnerInnen zur Verfügung stehen.Unter den Neubauten werden 110 zusätzliche oberirdischeStellplätze geschaffen. Das Verhältnis Wohnung zu Stellplatzsteigt von derzeit 0,27 auf 0,35. Die Angemessenheit derStellplatzversorgung ist vor dem Hintergrund eines Ausbausdes öffentlichen Verkehrs und einer „intelligenteren“ Form derMobilität (Carsharing, Fahrrad etc.), vor allem aber angesichts dermassiven Eingriffe, die eine 1:1-Stellplatzversorgung erforderlichmacht, zu beurteilen. Die nicht überbauten Parkplatzbereiche imNordosten werden mit moderaten landschaftsgestalterischenMaßnahmen zu nutzbaren Freiflächen. Durch gezielte Eingriffekönnen diese Zonen in einer „autofreien“ Zukunft zu attraktivenFreibereichen werden (siehe Projekt Smolagasse).61


621. Obergeschoss 1:750


2. Obergeschoss 1:750Schnitt / Ansicht Aktivitätsband 1:750Relaxen Geräteraum Sitzen Lager KinderwagenFahrradraum Sandkiste Waschküche Sitzen63


+ Maurer Lange Gasse 136 +Wohnnutzfläche: 17.079 m²GFZ: 0,58Wohneinheiten: 280Lageplan 1:5000+ Maurer Lange Gasse +Projektverfasser: ProjektteamEntsprechend der vorangegangenen Potenzialanalyse wirdim vorliegenden Projekt die Aufstockung jener Wohnhäuservorgeschlagen, die über eine Erschließung mit Laubengängenverfügen. Nur diese Typologie erlaubt es, bei Zubau eines Liftesauch die Bestandswohnungen barrierefrei zu erschließen. Beiden Häusern mit Spännererschließungen würde der Lift nur dasZwischenpodest des Stiegenhauses erreichen. Die Lage am Hangbildet ein weiteres Kriterium, mit den erwähnten Gebäuden zuarbeiten, da es aufgrund ihrer Situierung bei einem Aufbau zukeinerlei Beeinträchtigung der Bestandswohnungen kommt.Die hohe Anzahl an B-Typen im Bestand wird durch ein Angebotan größeren Wohnungen in den Aufbauten ergänzt. Jeweils dreiC-Typen bilden ein Dachgeschoss. Durch die vorgeschlagenenAufstockungen wird die Nutzfläche der Siedlung um 7 Prozenterhöht. Die Erschließung erfolgt über Lifte bzw. durch diehochgeführten Bestandsstiegenhäuser. Nach Süden vorgelagerteTerrassen erhöhen die Wohnqualität zusätzlich.notwendig. Vorrangig geht es um eine barrierefreie Erschließungder Häuser, die mit kleinen Rampen im Bereich der Treppenumzusetzen ist. Im Zuge dessen kann auch die Eingangssituationmit Infrastruktur wie Abstellmöglichkeit, Sitzgelegenheit etc.verbessert und aufgewertet werden. Um die Betriebskosten zusenken, die bei einer Grünanlage dieser Größe im Verhältnis zurBewohnerInnenzahl relativ hoch sind, scheint es sinnvoll, einenGroßteil des Grünraums in pflegeextensive Wiesen zu überführen.Dies bedeutet im Allgemeinen den Verzicht auf Dünger, eine einbiszweimalige Mahd pro Jahr und ein Abräumen des Mähguts.Da jeder Standort jedoch unterschiedliche Voraussetzungenmit sich bringt, müssen vorab anhand eines Pflegekonzeptesdie zielführenden Maßnahmen festgelegt werden, um eineansprechende und langfristig funktionierende Naturwiese zuerhalten. Die Bereiche um die Gebäude und entlang des Wegeszum Spielplatz werden weiterhin als Rasenflächen für die täglicheNutzung beibehalten. Gleiches gilt für den Kinderspielplatz, derzusätzlich durch eine Umgestaltung in einen naturnahen Spielplatzpädagogisch aufgewertet und in das Gesamtkonzept integriertwerden kann.Im Freiraum sind nur geringfügige Verbesserungsmaßnahmen64


Dachgeschoss 1:750Regelgeschoss 1:750Erdgeschoss 1:75065


+ Smolagasse 4 +Wohnnutzfläche: 14.636 m²GFZ: 0,82Wohneinheiten: 181Lageplan 1:5000+ Smolagasse +Projektverfasser: Benjamin Gänsbacher, Lena Nindl, Linda SteinerGrafische Überarbeitung und Freiraumkonzept: ProjektteamDie städtebauliche Ausgewogenheit, die Positionierung amGrundstück, die Einschränkungen durch die unterirdisch geführteAutobahn und der flankierende Gleiskörper machen baulicheInterventionen bei dieser Siedlung schwierig. Viel eher scheinthier die Gestaltung des Grünraums, insbesondere der sehrabweisenden Parkierungsflächen, Thema zu sein.Die oberirdische Stellplatzzahl legt einen neuen Umgang mitParkierungsflächen nahe. Die Integration in einen Freiraum,der sich aus der Siedlung heraus entwickelt, anstelle einergroßflächigen Anlagerung im Randbereich, scheint ein möglicherWeg zu sein. Dabei ist das Ziel, die Parkierungsflächen inder „Landschaft“ aufzulösen und diese Räume mit anderenBedeutungen aufzuladen. Es handelt sich nicht mehr um einenParkplatz, sondern um einen Freiraum mit hohem vegetativemAnteil. Besonders bei Leerstand tagsüber soll eine alternativeNutzung, z. B. als Spielflächen, möglich sein. Mit einher geheneine möglichst große Reduktion der versiegelten Flächen(Stellplätze aus Schotterrasen, Rasensickerstein etc.) und dieVersickerung der Oberflächenwässer. Im Fall der Smolagassewird die bestehende Brachfläche entlang des Gleiskörpersmiteinbezogen. Die Böschungsvegetation der Siedlung (teilweiseNeubepflanzung mit hohen Gräsern) setzt sich in großen Feldernam Parkplatz fort und lässt die Autos verschwinden. Fahrbahn,Stellplatzflächen und Vegetation lösen sich pixelartig auf underhalten eine neue Kodierung. Es ist nicht mehr Fahrbahn, sonderneine Fläche zwischen Gräserfeldern mit Weiden – und zufälligstehen einmal mehr und ein andermal weniger Autos dazwischen.Als weitere Intervention schreiben zwei weit von denBestandsbauten abgerückte Baukörper in ihrer Größe undStellung den Charakter der Siedlung fort. Sie nehmen dieRichtungen und das System der gestaffelten Baukörper auf. DieBestandswohnungen, meist nach Süd- bzw. Süd-West orientiert,werden durch die Zubauten in ihren Qualitäten kaum beschnitten.Auf diese Weise scheint es möglich, die Nutzfläche der Siedlungum 22 Prozent und das Verhältnis Wohnung zu Parkplatz von 0,73auf 0,96 zu erhöhen. Letzteres, bei gleichzeitiger Verbesserung derFreiraumqualität, durch eine Mehrfachnutzung der Parkplätze.Das Erdgeschoss der neuen Baukörper wird von privatenNutzungen freigehalten und dient der Kommunikationund Freizeitnutzung in der gesamten Wohnanlage. Hierfinden Funktionen wie Hausgemeinschaftsraum, Sauna,66


Fahrradabstellraum und Kinderwagenabstellraum Platz.Die Obergeschosse sind dem Wohnen vorbehalten. Diegewählten Gebäudedimensionen lassen unterschiedlichsteWohnungszuschnitte und -größen zu. Aus heutiger Sichtscheint es sinnvoll bei B- bzw. D-Typen ein größeres Angebotzur Verfügung zu stellen, um einerseits älteren BewohnerInnenkleinere, barrierefreie Wohnungen zur Verfügung zu stellen undandererseits größere familientaugliche Wohnungen anzubieten.Diese Maßnahme dient auch einer sozialen „Auffrischung“ derSiedlung.Abgesehen von einer thermischen Sanierung bzw. einerallfällig notwendigen Aufrüstung der technischen Infrastrukturder Bestandsbauten scheinen keine Eingriffe in die baulicheSubstanz notwendig zu sein. Einzig an der Nordwestseite sindDefizite identifizierbar. So könnten durch kleinere Zubautenden Wohnungen an dieser Gebäudefront private Freiräumeangefügt werden und dabei gleichzeitig geschützte Hauszugängegeschaffen werden.„Die ,behutsame Erneuerung‘ und ,kritische Rekonstruktion‘ wäremeines Erachtens ein richtiger, angemessener, intellektuellerZutritt, Großsiedlungen als Stadtbausteine weiterzuqualifizieren,Großsiedlungen sind bauliche, aber auch soziale Ressourcen.Sie sind Teil der städtischen Identität. Sie sind unfertig, garkein Zweifel, sie sind auch unzeitgemäß und müssen um- undweitergebaut werden.“ (Michael Koch, IBA-Symposium, 2012)67


Erdgeschoss Bestand 1:75068


Erdgeschoss neu 1:75069


+ Kaiser-Ebersdorfer Straße 172 +Wohnnutzfläche: 16.122 m²GFZ: 2,59Wohneinheiten: 204Lageplan 1:5000+ Kaiser-Ebersdorfer Straße +Projektverfasser: Klara Hrubicek, Dorothee Huber, Veronika PlatzDurch das Parkdeck an der Kaiser-Ebersdorfer Straße nördlichdes Wohnhauses eröffnet sich das Potenzial für eine Überbauung,die bei qualitätsvoller Ausführung mehrere Vorteile hat.Abgesehen von der Möglichkeit zusätzlicher Nutzungen, diefür die BewohnerInnen einen funktionalen Mehrwert darstellenkönnen, stellt ein Ost-West gerichteter Baukörper an dieserStelle einen akustischen und optischen Schutzraum her. Derüberdimensionierte Straßenraum der Kaiser-Ebersdorfer Straße,der sich einer mittlerweile obsoleten Verkehrsplanung zumWiener Außenring verdankt, kann durch das neue Bauwerk eineangemessene Fassung erhalten. Und schließlich ergibt sich imRahmen dieses Zubaus die Möglichkeit, attraktivere Hauptzugängezu den straßenseitig liegenden Vertikalerschließungen zu schaffen.Aufgrund ähnlicher Situationen auf den Nachbargrundstückenan der Kaiser-Ebersdorfer Straße ergibt sich die Möglichkeit, miteiner vorgelagerten Bebauungszeile diesen Stadtraum attraktiverauszugestalten, neue und zeitgemäße Nutzungen einzubringen undüber einen lokalen Schwerpunkt Impulse für das Wohnquartier zuschaffen. Der dadurch entstehende Mehrwert kann nicht zuletztdazu verwendet werden, die oft unterversorgten und knappenFreiflächen besser auszugestalten und zu vernetzen.GebäudebeschreibungDer Neubau wird im Norden der vorhandenen Wohnanlage an derKaiser-Ebersdorfer Straße 172 platziert. Der sechsgeschossigeBaukörper weist eine Nord-Süd-Ausrichtung auf. Aufgrundder Nähe zum bestehenden Gebäude werden die WohnungenOst-West orientiert. Als geeignet hat sich eine Zeilenbebauungherausgestellt, durch deren Erschließung Wohnungsgrundrisseentstehen, die ausreichend belichtet werden können.Es ergeben sich 32 neue Wohnungen, die vorwiegend dem TypC und D entsprechen. Die Nettowohnfläche beträgt 3.067 m 2(exklusive Erdgeschoss, das hauptsächlich aus Gewerbe- undgemeinschaftlich genutzten Flächen besteht).Im zweiten Obergeschoss erstreckt sich ein mittig liegenderErschließungsgang, der von zwei Stiegenhäusern aus zugänglichist. Von ihm aus werden ausschließlich Maisonette-Wohnungenerschlossen, die sich abwechselnd ein Halbgeschoss über bzw.unter dem Erschließungsgang erstrecken. Dadurch ergebensich überhohe Wohnräume, die auf der Südseite des Gebäudesliegen, sich aber nach Osten oder Westen hin orientieren.70


Durch den notwendigen Belichtungsabstand der Wohnungenergeben sich Vor- und Rücksprünge und ein aufgelockertesFassadenbild zum Bestand hin. Ausreichend viele Terrassenkönnen gemeinschaftlich oder privat genutzt werden und stehenin Beziehung mit dem angrenzenden Hof. Die Nebenräume richtensich nach Norden hin und weisen eine normale Raumhöhe auf.Eine weitere Erschließungszone mit elf Wohnungen befindet sichim vierten Obergeschoss.Zwei Waschküchen, Gemeinschaftsräume mit insgesamtrund 100 m 2 und ein großzügiger Dachgarten stehen allenBewohnerInnen als Kommunikationsbereiche zur Verfügung.Weiters gibt es eine Fläche mit ca. 100 m 2 , die als zumietbareFläche von den MieterInnen genutzt werden kann (z. B. als „Startup“für ein eigenes Büro).Das Erdgeschoss wird von drei Stegen durchbrochen, dieden Höhenunterschied zwischen Straßenniveau und Innenhofüberbrücken. Sie erzielen eine gerichtete Wegführung durch denHof und dienen auch der Erschließung des Bestandsgebäudes.Auf diese Weise wird der Hof auch zu einem verbindendenElement zwischen alter und neuer Bebauung.Im Erdgeschoss befinden sich dem Neubau und derBestandsbebauung zugehörige Räume mit einer Flächevon insgesamt 374,68 m 2 . Dadurch entsteht Platz fürFahrrad- und Kinderwagenabstellräume, Fitnessräumesowie einen Kinderindoorspielplatz. Weiters gibt es einevermietbare Gewerbefläche mit insgesamt 290,77 m 2 und vierAtelierwohnungen mit jeweils 119 m 2 , die sich auch als kleineGewerbe- und Produktionsfläche eignen. Eine zweigeschossigeTiefgarage ersetzt das bestehende Parkdeck.FreiraumFür die Definition des Freiraums ist vor allem auf den imSüden angrenzenden Grüngürtel Bezug zu nehmen. Das„Stadtwäldchen“ ist ein beliebter Ausflugsort, grenzt es dochdirekt an eine urbane Siedlungsachse. Das Unbelassene dieserNatur soll sich in den unmittelbaren Freiräumen der Bebauungwiederfinden und als „natürliche“ Landschaft fortgeführt werden.Scheinbar wilde Bepflanzung soll nicht im Widerspruch mitdem natürlichen Freiraum stehen. Der dem Bestand zugehörigesonnige Hof birgt Sitznischen und Kinderspielplätze undfunktioniert im Zusammenhang mit der veränderten Zonierungder bestehenden Erdgeschosszone. Diese öffnet sich nunmit großen Fensteröffnungen in den Hof und wird dort mitGemeinschaftsterrassen fortgeführt.71


3. Obergeschoss 1:7502. Obergeschoss 1:7501. Obergeschoss 1:750Geht man davon aus, dass die Fläche, die dem Kindergarten unddem Hort zugehörig ist, nicht Teil des zu planenden Gebiets ist,erstreckt sich diese Hofzone wie ein schmales Band oder einGürtel an der Innenseite des Gebäudes entlang. Durch die etwaserhöhte Bepflanzung ergibt sich eine natürliche Abgrenzung zumKindergarten.Der dschungelartige neu entstandene Hof zwischenBestandsgebäude und neuer Bebauung an der Kaiser-EbersdorferStraße misst an der engsten Stelle etwa 4 m. Die Vor- undRücksprünge der neuen Bebaung und seine Lage zum Bestandzonieren den Hof.Zwischenraum zwischen Bestand und Neubau miteiner „dschungelartigen“ Bepflanzung und denZugangsstegen72


Der neue Hof zwischen Bestand undKindergarten73


Erdgeschoss Bestand 1:75074


Erdgeschoss neu 1:75075


Elemente einer neuen StadterneuerungIm Rahmen der Untersuchung zeigte sich, dass imWohnraumbestand der 1950er- bis 1970er-Jahre spezifischeMängel und Qualitäten bestehen, die sich von jenen imGründerzeitbestand deutlich unterscheiden. Die Verbesserungund Aktualisierung des Wohnraumbestands der WienerNachkriegsmoderne erfordert daher eine auf diese Wohnanlagenzugeschnittene und entsprechend konzipierte Stadterneuerung.In der Arbeit an konkreten Wohnanlagen konnte eine Reihevon Maßnahmen entwickelt und überprüft werden, diegeeignet sind, auf die spezifischen Mängel zu reagieren unddie Wohnraumversorgung in den ausgewählten Wohnanlagenqualitativ zu verbessern. Auch konnte im Zuge der Analyseausreichend Potenzial für nachverdichtende Maßnahmenausgewiesen werden. Dabei gilt es allerdings zu beachten,dass nachverdichtende Maßnahmen im Bestand derNachkriegsmoderne in erster Line vor dem Hintergrundgesellschafts- und sozialpolitscher sowie sozialräumlicherErwägungen zu beurteilen sind und nur dann vertretbarerscheinen, wenn sie das Ergebnis bevölkerungsnaherEntscheidungen im Rahmen einer qualitativen Verbesserungder Wohnanlagen sind. Eine rein aus ökonomischen Gründenmotivierte Nachverdichtung (günstige Wohnraumschaffung) istauch als verteilungspolitisches Problem zu adressieren und siehtsich, nicht zuletzt auch aufgrund der Schwierigkeit der Festlegungvon Grenzwerten und ihrer verlässlichen Ableitung, in den Umkreisgesellschaftspolitischer Entscheidung verwiesen. Das heißt, dassletztendlich auch die Frage einer quantitativen Verbesserung derWohnraumversorgung mittels Nachverdichtung an den Nachweiseiner qualitativen Verbesserung rückgebunden ist und nur imRahmen einer Stadterneuerung entschieden werden kann.Als Eckpunkte der Stadterneuerung des Wohnraumbestandsder 1950er- bis 1970er-Jahre werden vier Transformationenvorgeschlagen, die auch als stabilisierende Instanzen einernachhaltigen Stadterneuerung zu verstehen sind.Sozialräumliche TransformationAlle Maßnahmen sind im konkreten Fall bezüglich ihrersozialräumlichen Nachhaltigkeit zu überprüfen. Darunter fallenMaßnahmen im Frei- und Grünraum, bauliche und Maßnahmenin den Bereichen Infrastruktur und Erschließung etc. Thematischkann dieser Eckpunkt auch über die Begriffe Kommunikation undBegegnung, Erhalten und Pflegen, Anpassen und Korrigieren,Erneuern und Erweitern beschrieben werden.Image-TransformationEin wesentliches Defizit des Bestands der 1950er- bis 1970er-Jahre ist ihr schlechtes Image. Im Rahmen einer Stadterneuerungsind Interventionen auch hinsichtlich ihrer Eignung für eineImagekorrektur zu bewerten. Darüber hinaus sollen auch konkretebauliche, symbolische und narrative Einsätze entwickelt werden,die helfen, das Image der Wohnanlagen zu verbessern.Demokratische TransformationIm Sinne eines Rechts auf Stadt und einer urbanen Demokratiesind Transformationen in den Wohnanlagen im Rahmen geeigneterMaßnahmen der Mitbestimmung und Beteiligung zu entwickelnbzw. abzustimmen. Die demokratische Transformation ist selbstTeil der Stadterneuerung.Ökologische TransformationUmfasst die bestehende bzw. neue Förderschiene Thewosan plus.Maßnahmenkatalog+ Neue Räume: aufbauen, intensivieren, weiterbauen +• Erweiterung des Raumangebotes für Gemeinschaftsräume,Kinder, Basteln, Fitness und Sport• Schaffung neuer Funktionsräume für Fahrräder undKinderwagen• Schaffung von Infrastruktureinrichtungen zur Nahversorgung• Erweiterung des Raumangebots innerhalb der Wohnanlagenfür Büro- und Gewerbenutzungen (lokale Ökonomie, Potenzialfür neue Netzwerke)• Verbesserung der Wohnraumversorgung durch Errichtungvon barrierefreien Altenwohnungen, Familienwohnungen,Singles, WGs usw.+ Erneuerung des Bestandes: ausbauen, umbauen, anbauen +• Ausbildung von Entrees, Vergrößerung der Hauseingängeund Integration der Abstellbereiche für Kinderwagen undFahrräder auf Gehwegniveau, ausreichend Raum schaffen fürdie Postentnahme und nachbarschaftlichen Austausch• Verknüpfung der Erdgeschosszone mit dem Freiraum• Ein- bzw. Anbau von Loggien und Balkonen, Ermöglichungvon Dachterrassen und -begrünungen• Einbau von Aufzügen und Umsetzung von Maßnahmen imBereich der Barrierefreiheit• Stärkung der bestehenden Infrastruktur und bedarfsorientierteErweiterung (altersgerechte Infrastruktur)+ Maßnahmen im Grün- und Freiraum +• Herstellen von Begegnungs- und Kommunikationszonen imFreibereich• Bereitstellen von Plätzen zum Verweilen und Sitzen,Unterstellen und Abstellen im Nahbereich der Hauseingänge,die auch als Kommunikationsräume funktionieren77


• Ausgestaltung multifunktionaler Erschließungszonen, dieoffen sind für zusätzliche Anlagerungen und die Einbindungverschiedener Funktionen• Attraktivieren bestehender Nutzungen wie Kinderspielplätze,Begegnungszonen etc.• Erschließung bestehender Stellplätze für temporäreund provisorische Nutzungen durch geeigneteGestaltungsmaßnahmen• Erhaltung des Grünraums und Entwicklung extensiverPflegekonzepte• Definieren oder Auflösen von Übergängen und Schnittstellen• Anschließen an das Stadtgefüge und den öffentlichen undLandschaftsraum• Bereitstellen von Gemüsegärten und gemeinschaftlichenFreiflächen+ Image- und identitätsstärkende Maßnahmen +• Den Charakter der Wohnanlage stärken, vorhandene Ortecharakterisieren und lesbar machen• Zeitgeschichtliche Aufarbeitungen der Wohnanlagen,Stadt erzählen: z. B. 1950–1970 ©WienModerne | zurRekonstruktion einer Epoche• Ausarbeiten des Konzepts „Urbanität durch Wohnen“• Aneignungen ermöglichen• Konzeptualisierung des Rechts auf Stadt im Rahmender neuen Stadterneuerung und Entwicklung vonBeteiligungsmöglichkeiten• Bereitstellen von Räumen und von Möglichkeiten zurMitbestimmung78


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