290 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 6/2006Weitere berufsrechtliche Rechtsprechungäußeren Verhandlungsordnung (OLG Karlsruhe, NJW 1977,309, 311). Die erste Alternative wird durch § 20 BORA geregelt,die zweite durch das Gewohnheitsrecht in seiner Ausgestaltungdurch die lan<strong>de</strong>srechtliche Verwaltungsvorschrift (vgl.auch OLG Braunschweig, NJW 1995, 2113, 2115). Soweitbestehen bei<strong>de</strong> Regelungen unabhängig nebeneinan<strong>de</strong>r.Die gewohnheitsrechtliche Regelung ist auch nicht infolge eingetretenergesellschaftlicher Verän<strong>de</strong>rungen gegenstandslosgewor<strong>de</strong>n. Das Gewohnheitsrecht ist als gewachsenes Rechtäußeren Einwirkungen ausgesetzt <strong>und</strong> einer inhaltlichen Weiterentwicklungzugänglich. Es rechtfertigt seine Verbindlichkeitu.a. aus seiner Akzeptanz durch die Betroffenen <strong>und</strong> kann insoweitdurch geän<strong>de</strong>rte Verhaltensweisen <strong>und</strong> Wertvorstellungenbeeinflusst wer<strong>de</strong>n. Eine nicht mehr allgemein als verbindlichakzeptierte Regelung kann ihre gewohnheitsrechtliche Verbindlichkeitverlieren. Maßstab für die Bewertung eines möglichenWan<strong>de</strong>ls ist <strong>de</strong>r Kreis <strong>de</strong>r durch die Regelung betroffenenPersonen.Gewohnheitsrechtregelt Gerichtsverfassungs-<strong>und</strong> VerfahrensrechtDa das Gewohnheitsrecht, wieauf S. 4 (letzter Abs.) ausgeführt,nicht anwaltliches Stan<strong>de</strong>srechtregelt, son<strong>de</strong>rn Gerichtsverfassungs-<strong>und</strong> Verfahrensrecht,kommt es auf die Erwartungen<strong>und</strong> Vorstellungen aller Verfahrensbeteiligten an, insbeson<strong>de</strong>reauch <strong>de</strong>r Gerichte, <strong>und</strong> nicht nur <strong>de</strong>r RAe (vgl. OLG Braunschweig,NJW 1995, 2113, 2114 f.). Auf die möglicherweisegeän<strong>de</strong>rten Wertvorstellungen an<strong>de</strong>rer gesellschaftlicher Gruppen,wie beispielsweise <strong>de</strong>s so genannten „Business“, kommtes entgegen <strong>de</strong>r Auffassung <strong>de</strong>s Verteidigers RA … insoweitnicht an.Nach dieser Maßgabe kann es keinem Zweifel unterliegen,dass das Tragen von Hemd <strong>und</strong> Krawatte vor Gericht weiterhineinem breiten Konsens begegnet. Eine differenzierte Entwicklunghat sich lediglich insoweit ergeben, als bei RAen (imGegensatz zu Richtern <strong>und</strong> Staatsanwälten) inzwischen auchfarbige Hem<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Krawatten in <strong>de</strong>zenter Ausführung alsangemessen angesehen wer<strong>de</strong>n.Gegen diese Verpflichtung hat RA … verstoßen. Ein Auftritt mitT-Shirt vor einer Großen Strafkammer ist unter keinemGesichtspunkt hinnehmbar. Die Verstöße waren auch schwerwiegend<strong>und</strong> rechtfertigten nach § 176 GVG die Verhängung<strong>de</strong>r ausgesprochenen sitzungspolizeilichen Maßnahmen.Es han<strong>de</strong>lte sich nicht um einmalige,durch sachliche Erwägungenbegrün<strong>de</strong>te Verstöße, son<strong>de</strong>rnum eine generelle <strong>und</strong> inSchwerwiegen<strong>de</strong>rVerstoßprovokativer Form verweigerte Erfüllung verfahrensrechtlicherVerhaltensnormen. Zu <strong>de</strong>r vorgetragenen Begründung, erbesitze keine Krawatte <strong>und</strong> könne eine solche auch nicht bin<strong>de</strong>n,versagt sich <strong>de</strong>r Senat eine Erörterung. Die beklagtennachteiligen Folgen <strong>de</strong>r Ausschließungen für <strong>de</strong>n Mandantenhätte <strong>de</strong>r Verteidiger durch normgerechtes Verhalten unschwerverhin<strong>de</strong>rn können.b) Die Bestellung eines Pflichtverteidigers durch Verfügung <strong>de</strong>sVorsitzen<strong>de</strong>n v. 11.7.2006 begegnet ebenfalls keinen rechtlichenBe<strong>de</strong>nken. Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt, dass <strong>de</strong>m Angekl. nur auswichtigem Gr<strong>und</strong> ein Pflichtverteidiger neben <strong>de</strong>m Wahlverteidigerbestellt wer<strong>de</strong>n darf (vgl. OLG Zweibrücken, NStZ 1988,144, 145). Ein solcher Gr<strong>und</strong> lag hier angesichts <strong>de</strong>r Schwere<strong>de</strong>r Verstöße <strong>und</strong> <strong>de</strong>r zur Gr<strong>und</strong>satzfrage erhobenen Weigerungvor, die <strong>de</strong>n ordnungsgemäßen Ablauf <strong>de</strong>s Verfahrensernsthaft in Frage stellten. Der Fall unterschei<strong>de</strong>t sich insoweitgr<strong>und</strong>legend von <strong>de</strong>r oben zitierten Entscheidung <strong>de</strong>s OLGZweibrücken, die sich mit <strong>de</strong>r Frage zu befassen hatte, ob RAein <strong>de</strong>n Sitzungen weiße Krawatten zu tragen haben, die nichtdurch Pullover ver<strong>de</strong>ckt sein dürfen (vgl. OLG Zweibrücken,a.a.O.).3. Aus <strong>de</strong>n dargelegten Grün<strong>de</strong>n erweisen sich die Beschwer<strong>de</strong>nals unbegrün<strong>de</strong>t.Verfahren zur Bestellung eines BetreuersBRAO § 16 Abs. 3, § 117; FGG § 68In einem Verfahren zur Bestellung eines Betreuers, das von <strong>de</strong>rRAK nach §§ 16 Abs. 3, 224a BRAO (i.V.m. § 1 VO JMBW v.30.11.1998) beantragt wur<strong>de</strong>, um einem betroffenen RA im anwaltsgerichtlichenVerfahren eine ausreichen<strong>de</strong> Wahrnehmungseiner Rechte zu gewährleisten, kann <strong>de</strong>r Betroffene zur Anhörungwe<strong>de</strong>r vorgeführt, noch kann zur Begutachtung seines psychischenZustands eine Vorführung o<strong>de</strong>r seine Unterbringung ineinem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wer<strong>de</strong>n.OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.6.2006 – 8 W 140/06Volltext unter www.<strong>brak</strong>-<strong>mitteilungen</strong>.<strong>de</strong>Vergütung – „Aufblähung“ <strong>de</strong>s anwaltlichen Aufwands ineiner ZeithonorarvereinbarungBGB § 138 Abs. 1, § 242, § 826; BRAGO § 3 Abs. 1 Satz 1;AGBG § 9 Abs. 1, 2*Ein RA han<strong>de</strong>lt sittenwidrig, wenn er im Rahmen einer Zeithonorarvereinbarungseinen Aufwand in grober Weise eigensüchtigaufbläht, in<strong>de</strong>m er bei <strong>de</strong>n berechneten Einzeltätigkeiten <strong>und</strong>ihrer Dauer die objektiv gebotene Konzentration <strong>und</strong> Beschleunigung<strong>de</strong>r Mandatswahrnehmung (Wirtschaftlichkeitsgebot imMandanteninteresse) wissentlich außer Acht lässt <strong>und</strong> dadurch zueinem Honorar gelangt, welches in einem auffälligen Missverhältniszur Dienstleistung steht.OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.6.2006 – I-24 U 196/04 (n.r.)Volltext unter www.<strong>brak</strong>-<strong>mitteilungen</strong>.<strong>de</strong>Anmerkung <strong>de</strong>r Redaktion:Die Revision ist vom OLG Düsseldorf nicht zugelassen wor<strong>de</strong>n.Die Nichtzulassungsbeschwer<strong>de</strong> ist beim BGH unter<strong>de</strong>m Az. IX ZR 144/06 anhängig.Rechtsanwaltsaktiengesellschaft – Eintragung in das Han<strong>de</strong>lsregisterBRAO § 59c; AktG § 37 Abs. 4 Nr. 5*1. Die anwaltliche Berufstätigkeit in Form einer RA-Aktiengesellschaftist nicht von einer Genehmigung i.S.d. § 37 Abs. 4 Nr. 5AktG abhängig. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob eine RA-Aktiengesellschaftauf Antrag in Anlehnung an die §§ 59c ff. BRAOzur Rechtsanwaltschaft zugelassen wer<strong>de</strong>n muss.*2. Bei <strong>de</strong>r Eintragung einer RA-Aktiengesellschaft in das Han<strong>de</strong>lsregisterfin<strong>de</strong>t eine inhaltliche Überprüfung <strong>de</strong>r Satzungsbestimmungenauf die Einhaltung berufsrechtlicher Min<strong>de</strong>ststandardsnicht statt. Eine <strong>de</strong>rartige Überprüfung ist ausschließlich <strong>de</strong>nRAKn vorbehalten.OLG Hamm, Beschl. v. 26.6.2006 – 15 W 213/05Aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n:I.) Die Beteiligte hat ihre Eintragung in das Han<strong>de</strong>lsregister beantragt.Nach § 3 <strong>de</strong>r Satzung ist Gegenstand <strong>de</strong>s Unternehmensu.a. „die Besorgung frem<strong>de</strong>r Rechtsangelegenheiten einschließlich<strong>de</strong>r Rechtsberatung durch Übernahme von RA-Aufträgen,<strong>de</strong>ren Ausführung nur durch in <strong>de</strong>n Diensten <strong>de</strong>r Ge-
BRAK-Mitt. 6/2006 Berufsrechtliche Rechtsprechung 291Weitere berufsrechtliche Rechtsprechungsellschaft stehen<strong>de</strong>, zugelassene RAe unabhängig <strong>und</strong> eigenverantwortlichunter Beachtung ihres Berufsrechts erfolgt, wofürdie Gesellschaft die erfor<strong>de</strong>rlichen personellen, sachlichen<strong>und</strong> räumlichen Voraussetzungen tätigt“.Das AG hat <strong>de</strong>n Antrag mit <strong>de</strong>r Begründung zurückgewiesen,dass die Beteiligte we<strong>de</strong>r eine Zulassung zur Anwaltschaft nocheine Erlaubnis nach <strong>de</strong>m RBerG vorgelegt habe. Die hiergegengerichtete Beschwer<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Beteiligten hat das LG zurückgewiesen,wogegen sich die Beteiligte mit <strong>de</strong>r weiteren Beschwer<strong>de</strong>wen<strong>de</strong>t.II.) Die weitere Beschwer<strong>de</strong> ist nach <strong>de</strong>n §§ 27, 29 FGG statthaftsowie formgerecht eingelegt.Die Beschwer<strong>de</strong>befugnis <strong>de</strong>r Beteiligten ergibt sich daraus,dass ihre Erstbeschwer<strong>de</strong> ohne Erfolg geblieben ist.In <strong>de</strong>r Sache ist die weitere Beschwer<strong>de</strong> begrün<strong>de</strong>t, da die Entscheidung<strong>de</strong>s LG auf einer Verletzung <strong>de</strong>s Rechts beruht, § 27FGG. Dies führt zur Aufhebung <strong>de</strong>r Entscheidung <strong>und</strong> Zurückverweisung<strong>de</strong>r Sache.In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend voneiner zulässigen Erstbeschwer<strong>de</strong> ausgegangen. In <strong>de</strong>r Sachehält die landgerichtliche Entscheidung <strong>de</strong>r rechtlichen Prüfungletztlich nicht stand.Das LG hat seine Entscheidung im Wesentlichen durch Bezugnahmeauf die Grün<strong>de</strong> <strong>de</strong>r amtsgerichtlichen Entscheidungbegrün<strong>de</strong>t.Der Auffassung, dass mit <strong>de</strong>m Antrag auf Eintragung einer Aktiengesellschaft,<strong>de</strong>ren Unternehmensgegenstand ganz o<strong>de</strong>r teilweisein anwaltlicher Tätigkeit besteht, eine Zulassung <strong>de</strong>rGesellschaft zur Anwaltschaft (bzw. eine entsprechen<strong>de</strong> Unbe<strong>de</strong>nklichkeitsbescheinigung<strong>de</strong>r Zulassungsbehör<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r -körperschaft)o<strong>de</strong>r eine Erlaubnis vorzulegen sei, folgt <strong>de</strong>r Senatnicht. Nach § 37 Abs. 4 Nr. 5 AktG ist mit <strong>de</strong>r Anmeldung <strong>de</strong>rGesellschaft zum Han<strong>de</strong>lsregister die Genehmigungsurk<strong>und</strong>evorzulegen, wenn <strong>de</strong>r Gegenstand <strong>de</strong>s Unternehmens <strong>de</strong>rstaatlichen Genehmigung bedarf. Eine solche Genehmigungspflichtfür die anwaltliche Betätigung einer Aktiengesellschaftbesteht in<strong>de</strong>ssen mangels einer gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lage nicht.Die anwaltliche Berufstätigkeit fällt in <strong>de</strong>n Schutzbereich <strong>de</strong>sArt. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, auch soweit diese in <strong>de</strong>r Form einerjuristischen Person ausgeübt wird (Art. 19 Abs. 3 GG; vgl.BGH, NJW 2005, 1568, 1569 sowie allg. BVerfG, NJW 2000,3635, 3636). Gem. Art. 12 Abs.1 Satz 2 GG bedarf danachje<strong>de</strong> Regelung <strong>de</strong>s Berufszugangs o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Berufsausübung <strong>de</strong>rgesetzlichen Gr<strong>und</strong>lage. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung<strong>de</strong>r Zulassungspflichtigkeit einer Aktiengesellschaft beianwaltlicher Betätigung im Rahmen <strong>de</strong>s Unternehmensgegenstan<strong>de</strong>sexistiert ersichtlich nicht.Schutzbereich<strong>de</strong>s RBerG ist nichttangiertDas RBerG ist seinem Schutzzwecknach auf <strong>de</strong>n Regelungszusammenhang<strong>de</strong>r Organisationanwaltlicher Berufstätigkeitnicht anwendbar (BGH, a.a.O.,1570; BayObLG, NJW 1995, 199, 201). Solange also die Satzung<strong>de</strong>r einzutragen<strong>de</strong>n AG allein eine rechtsberaten<strong>de</strong> <strong>und</strong>vertreten<strong>de</strong> Tätigkeit durch zugelassene RAe vorsieht, ist <strong>de</strong>rSchutzbereich <strong>de</strong>s RBerG nicht tangiert.Durch die vorgenannte Entscheidung <strong>de</strong>s BGH ist allerdingshöchstrichterlich geklärt, dass auch eine Aktiengesellschaft ausverfassungsrechtlichen Grün<strong>de</strong>n unter bestimmten VoraussetzungenAnspruch auf eine förmliche Zulassung in Anlehnungan die §§ 59c ff. BRAO hat. Hiervon zu trennen ist jedoch dieFrage, ob eine Anwalts-Aktiengesellschaft (i.G.) zur Zulassungnach Maßgabe <strong>de</strong>r BRAO verpflichtet ist (ebenso Henssler,AnwBl. 2005, 374, 376; Kilian, JR 2006, 206, 207), mithin dieVoraussetzungen <strong>de</strong>s § 37 Abs. 4 Nr. 5 AktG vorliegen. Hierzuhat <strong>de</strong>r BGH keine Aussage getroffen, da in <strong>de</strong>m von ihm zuentschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Fall ein Antrag auf Zulassung vorlag.Nach Auffassung <strong>de</strong>s Senats besteht keine hinreichen<strong>de</strong> Rechtsgr<strong>und</strong>lage,eine <strong>de</strong>rartige Zulassungspflicht anzunehmen.§ 4 BRAO betrifft nach seinemInhalt allein die Zulassung natürlicherPersonen, was dadurchbestätigt wird, dass <strong>de</strong>r Gesetzgeberdie Notwendigkeit einer beson<strong>de</strong>renRegelung <strong>de</strong>rAnwalts-GmbH in <strong>de</strong>n §§ 59c ff. BRAO gesehen hat. § 59cBRAO ist einer analogen Anwendung auf die Aktiengesellschaftnicht zugänglich, nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Gesetzgeber von einerRegelung <strong>de</strong>r Zulassung <strong>de</strong>r Aktiengesellschaft zur anwaltlichenBerufstätigkeit ausdrücklich abgesehen hat (vgl. BT-Drucks. 13/9820, 11 sub II. a.E.; BGH, a.a.O.; BayObLG, NJW2000, 1649).Eine Zulassungspflichtigkeit ließe sich danach nur dannbegrün<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>m Gesetz ein allgemeiner Gr<strong>und</strong>satz zuentnehmen wäre, dass eine Kapitalgesellschaft o<strong>de</strong>r sonstigeKooperation, <strong>de</strong>ren Unternehmensgegenstand sich auch aufanwaltliche Tätigkeiten erstreckt, auch dann <strong>de</strong>r Zulassungbedarf, wenn diese Tätigkeit faktisch durch zugelassene RAewahrgenommen wird. Für eine <strong>de</strong>rart weitgehen<strong>de</strong> Annahme,die auf eine richterliche Rechtsfortbildung hinausliefe, bietetdas Gesetz nach Auffassung <strong>de</strong>s Senats keine hinreichen<strong>de</strong>nAnsatzpunkte. Allerdings gelten auch im Bereich gr<strong>und</strong>rechtlicherGesetzesvorbehalte die allgemeinen Rechtsanwendungsregeln,so dass auch eine richterliche Rechtsfortbildung nichtschlechthin ausgeschlossen ist (BVerfG, NJW 1990, 1593 ff.;2000, 3635 ff.; 2002, 2937 ff.). Gera<strong>de</strong> für unter Art. 12 Abs. 1Satz 2 GG fallen<strong>de</strong> Berufszugangsregelungen gilt jedoch, dass<strong>de</strong>m Gesetzgeber die Entscheidung vorbehalten ist, unter welchenVoraussetzungen welche Gemeinschaftsgüter eine Einschränkung<strong>de</strong>r Berufsfreiheit rechtfertigen sollen (BVerfG,NJW 1983, 1535, 1537). Dabei macht es aus Sicht <strong>de</strong>s Senatsfür die Zulässigkeit <strong>de</strong>r Rechtsfortbildung einen erheblichenUnterschied, ob es um die bloße Ausgestaltung <strong>de</strong>r (fakultativen)Zulassung, die einem Gr<strong>und</strong>recht angesichts unklarerGesetzeslage zu mehr Geltung in <strong>de</strong>r Praxis verhelfen soll, o<strong>de</strong>rum die Schaffung rechtlicher Hin<strong>de</strong>rnisse für die Gr<strong>und</strong>rechtswahrnehmunggeht (vgl. hierzu BGH, NJW 2003, 1588, 1592).Kein Bedürfnis fürrichterliche RechtsfortbildungKeine ZulassungspflichtJe<strong>de</strong>nfalls soweit <strong>de</strong>r zuletztgenannte Problemkreis betroffenist, ist eine richterliche Rechtsfortbildungallenfalls zulässig,soweit sich <strong>de</strong>m Gesetz einunabweisbares Bedürfnis hierfür entnehmen lässt (BGH,a.a.O.). Dieses vermag <strong>de</strong>r Senat nicht zu erkennen.Die Vorschriften <strong>de</strong>r BRAO dienen, soweit sie Beschränkungen<strong>de</strong>r Berufsfreiheit enthalten, insbeson<strong>de</strong>re also soweit sie dieanwaltliche Tätigkeit von einer vorherigen Zulassung abhängigmachen, <strong>de</strong>r Sicherung <strong>de</strong>r Unabhängigkeit <strong>und</strong> Qualität <strong>de</strong>rRechtsberatung <strong>und</strong> Vertretung im Interesse <strong>de</strong>s rechtsuchen<strong>de</strong>nPublikums <strong>und</strong> hiermit einhergehend die Funktionsfähigkeit<strong>de</strong>r Rechtspflege. Insoweit han<strong>de</strong>lt es sich um be<strong>de</strong>utsameRechtsgüter von teilweise verfassungsrechtlichem Rang, die beiBeachtung <strong>de</strong>s Verhältnismäßigkeitsgr<strong>und</strong>satzes Einschränkungen<strong>de</strong>r Berufsfreiheit rechtfertigen können. Ob diese jedochdie Annahme einer allgemeinen Zulassungspflichtigkeit füreine Kapitalgesellschaft, die ohnehin nur durch bereits zugelasseneRAe tätig wer<strong>de</strong>n soll, im Wege richterlicher Rechtsfortbildungrechtfertigen, kann nur unter Berücksichtigung aller rechtlichen<strong>und</strong> tatsächlichen Rahmenbedingungen entschie<strong>de</strong>nwer<strong>de</strong>n.