278 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 6/2006B<strong>und</strong>esverfassungsgerichtArt. 3 <strong>de</strong>r RL 98/5 sieht vor, dass <strong>de</strong>r europäische RA <strong>de</strong>rzuständigen RAK im Aufnahmestaat seine ursprünglicheZulassungsurk<strong>und</strong>e vorlegt. Weitere Kontrollen, insbeson<strong>de</strong>redie Überprüfung <strong>de</strong>r Sprachkenntnisse <strong>de</strong>s europäischenRA – so <strong>de</strong>r EuGH – seien nicht vorgesehen. Darüberhinausgehen<strong>de</strong> Kontrollen seien auch nicht zum Schutz <strong>de</strong>sMandanten notwendig. Einerseits könne <strong>de</strong>r rechtsuchen<strong>de</strong>Bürger bereits an <strong>de</strong>r Berufsbezeichnung <strong>de</strong>s nicht voll integrierteneuropäischen Anwalts erkennen, dass dieser nichtunbedingt über dieselben Kenntnisse wie ein einheimischerAnwalt verfügt (vgl. Rdnr. 72). Weiterhin steht es im Ermessen<strong>de</strong>s Mitgliedstaats, auch <strong>de</strong>n nie<strong>de</strong>rgelassenen europäischenRA zu verpflichten, in bestimmten Verfahren eineneinheimischen RA als „Einvernehmensanwalt“ zu konsultieren(Deutschland hat nur im Bereich <strong>de</strong>r grenzüberschreiten<strong>de</strong>nDienstleistung von dieser Konstruktion Gebrauchgemacht, vgl. § 28 EuRAG). Mögliche Unzulänglichkeitenbei <strong>de</strong>r Beherrschung <strong>de</strong>r Gerichtssprache könnten so ausgeglichenwer<strong>de</strong>n (vgl. Rdnr. 73). Weiterhin verbieten dieCCBE-Berufsregeln (vgl. 3.1.3 CCBE) Fälle zu bearbeiten,für die <strong>de</strong>r europäische RA nicht die erfor<strong>de</strong>rlichen Fähigkeitenbesitzt, dazu gehört auch die mangeln<strong>de</strong> Sprachkenntnis.Verstöße können berufsrechtlich geahn<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n(vgl. Rdnr. 74). Als weiteres Argument macht <strong>de</strong>r EuGH geltend,dass typischerweise <strong>de</strong>r europäische RA nicht im reinnationalen Recht, son<strong>de</strong>rn bei grenzüberschreiten<strong>de</strong>n Transaktionentätig wird, wo möglicherweise eine weniger ausgeprägteKenntnis <strong>de</strong>r Sprache <strong>de</strong>s Aufnahmestaats erfor<strong>de</strong>rlichist (vgl. Rdnr. 75). Schließlich hat <strong>de</strong>r europäische RAmit <strong>de</strong>r Vollintegration im Aufnahmestaat in <strong>de</strong>r Regel nachdrei Jahren genügend Praxiserfahrung gehabt, um sich mit<strong>de</strong>r Sprache <strong>de</strong>s Aufnahmestaats vertraut gemacht zu haben(vgl. Rdnr. 76). Nach allem kann die Zulassung <strong>de</strong>s europäischenRA bei einer RAK in einem an<strong>de</strong>ren Mitgliedstaatnicht von einer Überprüfung <strong>de</strong>r Beherrschung <strong>de</strong>r Sprache<strong>de</strong>s Aufnahmestaats abhängig gemacht wer<strong>de</strong>n. Die Entscheidung<strong>de</strong>s EuGH ist sehr zu begrüßen. Sie steuert zumehr Rechtssicherheit bei <strong>und</strong> be<strong>de</strong>utet eine Stärkung <strong>de</strong>rFreizügigkeit für europäische RAe. Während in Deutschlandkeine Sprachprüfungen vorgesehen sind, wer<strong>de</strong>n einige EU-Mitgliedstaaten ihre Zulassungspraxis für europäische RAeüber<strong>de</strong>nken müssen.RA Dr. Wolfgang Eichele, LL.M., Geschäftsführer <strong>de</strong>r BRAK,BerlinNie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit – Berechtigung eines Rechtsanwaltszur Berufsausübung in einem an<strong>de</strong>ren Mitgliedstaat ohnevorherige SprachprüfungEuRAG § 6 Abs. 2; Richtlinie 98/5/EGDas Großherzogtum Luxemburg hat dadurch gegen seine Verpflichtungenaus <strong>de</strong>r Richtlinie 98/5/EG <strong>de</strong>s Europäischen Parlaments<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Rates vom 16.2.1998 zur Erleichterung <strong>de</strong>r ständigenAusübung <strong>de</strong>s RA-Berufs in einem an<strong>de</strong>ren Mitgliedstaat als<strong>de</strong>m, in <strong>de</strong>m die Qualifikation erworben wur<strong>de</strong>, verstoßen, dasses die Eintragung bei <strong>de</strong>r zuständigen nationalen Stelle von RAen,die ihre berufliche Qualifikation in einem an<strong>de</strong>ren Mitgliedstaatals <strong>de</strong>m Großherzogtum Luxemburg erworben haben <strong>und</strong> unterihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung in diesem Mitgliedstaattätig sein möchten, von einer vorherigen Überprüfung vonSprachkenntnissen abhängig gemacht hat, dass es diesen Anwältendie Ausübung von Tätigkeiten <strong>de</strong>r Domizilierung von Gesellschaftenuntersagt hat <strong>und</strong> dass es sie dazu verpflichtet hat, jährlicheine Bescheinigung über die Eintragung bei <strong>de</strong>r zuständigenStelle ihres Herkunftsstaats vorzulegen.EuGH, Urt. v. 19.9.2006 – C-193/05; Kommission <strong>de</strong>r EuropäischenGemeinschaften ./. Großherzogtum LuxemburgVolltext unter www.<strong>brak</strong>-<strong>mitteilungen</strong>.<strong>de</strong>B<strong>und</strong>esverfassungsgericht*Leitsatz <strong>de</strong>r Redaktion (Orientierungssatz)Durchsuchung einer Anwaltskanzlei zur Klärung <strong>de</strong>s Vorliegensvon ParkverstößenGG Art. 13 Abs. 1*1. Die Durchsuchung von <strong>Kanzlei</strong>räumen <strong>und</strong> die Beschlagnahmevon Blättern eines Terminkalen<strong>de</strong>rs zur Klärung <strong>de</strong>s Vorliegensvon Parkverstößen eines RA ist gr<strong>und</strong>sätzlich unverhältnismäßig.*2. Der Schutz <strong>de</strong>r Vertrauensbeziehung zwischen RA <strong>und</strong> Mandantliegt auch im Interesse <strong>de</strong>r Allgemeinheit an einer wirksamen<strong>und</strong> geordneten Rechtspflege. Diese Belange verlangen einebeson<strong>de</strong>re Beachtung bei <strong>de</strong>r Prüfung <strong>de</strong>r Angemessenheit einerstrafprozessualen Zwangsmaßnahme.BVerfG, Beschl. v. 7.9.2006 – 2 BvR 1141/05Aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n:[1] A. Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> betrifft eine Anordnung <strong>de</strong>rDurchsuchung einer Anwaltskanzlei in einem gegen <strong>de</strong>n Bf.geführten Ordnungswidrigkeitenverfahren.[2] I. 1. Am 22.9.2004 <strong>und</strong> 11.10.2004 erließ die Stadt A.gegen <strong>de</strong>n Bf., einen RA, Bußgeldbeschei<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Vorwurferhoben wur<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Bf. habe am 2.9.2004 min<strong>de</strong>stenszwischen 11.15 Uhr <strong>und</strong> 11.43 Uhr <strong>und</strong> am 29.9.2004 min<strong>de</strong>stenszwischen 10.43 Uhr <strong>und</strong> 11.04 Uhr verkehrsordnungswidrigauf einem Son<strong>de</strong>rfahrstreifen vor <strong>de</strong>m Justizgebäu<strong>de</strong> inA. geparkt. Es wur<strong>de</strong>n Geldbußen i.H.v. jeweils 15 Euro festgesetztzzgl. einer Verwaltungsgebühr i.H.v. jeweils 20 Euro.Hiergegen erhob <strong>de</strong>r Bf. in bei<strong>de</strong>n Fällen mit <strong>de</strong>r BehauptungEinspruch, <strong>de</strong>n Pkw auf <strong>de</strong>m Parkstreifen nur kurzfristig zu <strong>de</strong>mZweck abgestellt zu haben, eine Vielzahl von Aktenpaketennach einer Akteneinsicht zum LG zurückzuschaffen. Es habesich somit um gestattetes Be- <strong>und</strong> Entla<strong>de</strong>n gehan<strong>de</strong>lt.[3] Das AG A. verband die bei<strong>de</strong>n Verfahren miteinan<strong>de</strong>r <strong>und</strong>verfügte zur Aufklärung <strong>de</strong>r Sachverhalte einen Fragenkatalogan <strong>de</strong>n Bf. Der Bf. nahm hierzu Stellung <strong>und</strong> regte für <strong>de</strong>n Fall<strong>de</strong>r Durchführung einer Hauptverhandlung die Ladung sämtlicherGeschäftsstellenbediensteten <strong>de</strong>r Strafkammern <strong>de</strong>s LG<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Strafabteilung <strong>de</strong>s AG an. Das AG befragte sodann terminvorbereitenddie jeweiligen Geschäftstellenverwalter dazu,ob <strong>und</strong> in welchem Umfang <strong>de</strong>r Bf. zu <strong>de</strong>n tatrelevanten ZeitpunktenAkten zurückgebracht o<strong>de</strong>r abgeholt habe. Die Sachverhaltsaufklärungblieb insoweit ohne Erfolg, als das Vorbringen<strong>de</strong>s Bf. we<strong>de</strong>r bestätigt noch wi<strong>de</strong>rlegt wer<strong>de</strong>n konnte.
BRAK-Mitt. 6/2006 Berufsrechtliche Rechtsprechung 279B<strong>und</strong>esverfassungsgericht[4] 2. a) Das AG ordnete mit <strong>de</strong>m angegriffenen Beschluss dieDurchsuchung <strong>de</strong>r Büro- <strong>und</strong> Geschäftsräume <strong>de</strong>r RA-<strong>Kanzlei</strong><strong>de</strong>s Bf. zu <strong>de</strong>m Zweck <strong>de</strong>r Auffindung <strong>und</strong> Beschlagnahme vonBlättern eines Terminkalen<strong>de</strong>rs o<strong>de</strong>r einer entsprechen<strong>de</strong>n Dateian, aus <strong>de</strong>nen sich die Termine ergäben, die <strong>de</strong>r Bf. an <strong>de</strong>n Vormittagen<strong>de</strong>s 2.9.2004 <strong>und</strong> <strong>de</strong>s 29.9.2004 wahrgenommenhabe. Die Maßnahme wur<strong>de</strong> insoweit begrenzt, als lediglicheine Kopie bzw. ein Ausdruck <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Terminblätterzu beschlagnahmen sei <strong>und</strong> ausdrücklich eine Abwendungsbefugnisdurch freiwillige Herausgabe <strong>de</strong>r Blätter eingeräumtwer<strong>de</strong>. Hinsichtlich <strong>de</strong>r zu durchsuchen<strong>de</strong>n Räumlichkeitenwur<strong>de</strong> eine gestufte Vorgehensweise angeordnet. Das Büro <strong>de</strong>sVerteidigers <strong>de</strong>s Bf. wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Maßnahme ausgenommen.[5] Das AG führte weiter aus, die terminvorbereiten<strong>de</strong> Sachverhaltsaufklärunghabe die Angaben <strong>de</strong>s Bf. nicht bestätigen können.Die Akten seien i.d.R. versandt <strong>und</strong> allenfalls ganz seltenin Umfangsverfahren persönlich abgeholt <strong>und</strong> zurückgebrachtwor<strong>de</strong>n. Hierfür seien in<strong>de</strong>s jüngere Anwälte aus <strong>de</strong>m Büro <strong>de</strong>sBf. beauftragt wor<strong>de</strong>n. Zur weiteren Sachaufklärung sei dieDurchsuchung geboten <strong>und</strong> trotz <strong>de</strong>r geringfügigen Vorwürfeverhältnismäßig. Gegen <strong>de</strong>n Bf. seien innerhalb von fünf Monatenzehn Verfahren wegen gleichartiger Tatvorwürfe eingestelltwor<strong>de</strong>n. Durch Einsicht in <strong>de</strong>n Terminkalen<strong>de</strong>r könne ohne großenAufwand geklärt wer<strong>de</strong>n, ob <strong>de</strong>r Betroffene an <strong>de</strong>n betreffen<strong>de</strong>nTagen an einem Gerichtstermin teilgenommen <strong>und</strong> <strong>de</strong>nSon<strong>de</strong>rstreifen als Parkplatz genutzt habe. Dieser Verdachtwer<strong>de</strong> durch Umstän<strong>de</strong> erhärtet, die weitere (bereits eingestellte)Verfahren sowie einen weiteren vom zuständigen Richterbeobachteten Parkvorgang während eines vom Bf. wahrgenommenenHaftprüfungstermins beträfen. Der Sachverhalt könnemittels <strong>de</strong>r Maßnahme ggf. zweifelsfrei aufgeklärt wer<strong>de</strong>n; einemöglicherweise umfangreiche Beweisaufnahme könnte vermie<strong>de</strong>nwer<strong>de</strong>n. Auch die Strafverteidigereigenschaft <strong>de</strong>s Bf. lassedie Maßnahme nicht unangemessen erscheinen, weil dieBeweismittel klar umgrenzt seien <strong>und</strong> die Einlegung <strong>de</strong>r Blätterin einen geschlossenen Umschlag angeordnet wor<strong>de</strong>n sei.[6] b) Das AG beauftragte unmittelbar die Polizei mit <strong>de</strong>msofortigen Vollzug <strong>de</strong>r Durchsuchungsanordnung. In <strong>de</strong>r <strong>Kanzlei</strong>wur<strong>de</strong>n sodann das Deckblatt <strong>de</strong>s Terminkalen<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>s Jahres2004 sowie die Kalen<strong>de</strong>reinträge für die bezeichneten Tagebeschlagnahmt.[7] 3. Gegen die Durchsuchungsanordnung <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Beschlagnahmebeschluss<strong>de</strong>s AG erhob <strong>de</strong>r Bf. Beschwer<strong>de</strong>. Der Bf.vertrat insbeson<strong>de</strong>re die Auffassung, dass die im Ordnungswidrigkeitenverfahrennur ausnahmsweise zulässige Durchsuchungunverhältnismäßig gewesen sei. Die Durchsuchungsanordnungsei zu<strong>de</strong>m ungeeignet gewesen, das vom AG angestrebteErgebnis zu erzielen. Eine Terminwahrnehmung durch<strong>de</strong>n Bf. könne hiermit nicht bewiesen wer<strong>de</strong>n.[8] 4. Mit <strong>de</strong>m angegriffenen Beschluss verwarf das LG dieBeschwer<strong>de</strong>. Der Ausnahmecharakter <strong>de</strong>r Maßnahme im Bußgeldverfahrenwer<strong>de</strong> nicht verkannt. Der Tatverdacht gegen<strong>de</strong>n Bf. sei aber mehr als nur vage. Trotz <strong>de</strong>r Geringfügigkeit<strong>de</strong>r verhängten Geldbußen sei be<strong>de</strong>utsam, dass es sich hiernicht um die Beurteilung nur vereinzelter Fälle han<strong>de</strong>le. In <strong>de</strong>nJahren 2004/2005 seien 13 gleichgelagerte Verfahren geführt<strong>und</strong> bereits in neun Fällen im Hinblick auf die gleichlauten<strong>de</strong>nEinlassungen <strong>de</strong>s Bf. („Be- <strong>und</strong> Entla<strong>de</strong>n“) eingestellt wor<strong>de</strong>n.Die Maßnahme sei sachgerecht <strong>und</strong> führe zu einer zuverlässigenAufklärung. Eine umfangreiche Beweisaufnahme durchVernehmung sämtlicher Geschäftstellenbediensteter, die hinsichtlich<strong>de</strong>r konkreten Vorgänge wahrscheinlich auch keinekonkreten Erinnerungen mehr hätten, könne hiermit vermie<strong>de</strong>nwer<strong>de</strong>n. Im Übrigen könne es nicht mehr als erlaubtes Be- <strong>und</strong>Entla<strong>de</strong>n gewertet wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r Bf. in Verhandlungspausendas länger auf <strong>de</strong>m Son<strong>de</strong>rfahrstreifen abgestellte Fahrzeugzum Aktentransport aufgesucht hätte. Der Eingriffscharakter <strong>de</strong>rMaßnahme sei gering gewesen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bürobetrieb dadurchnicht wesentlich gestört wor<strong>de</strong>n. Der Umstand, dass die von<strong>de</strong>m Beschluss betroffenen Räume (Büro <strong>de</strong>r Sekretärin <strong>de</strong>s Bf.,<strong>de</strong>ssen Büro sowie etwaige Archiv- o<strong>de</strong>r Lagerräume) auch von<strong>de</strong>n Sozien <strong>de</strong>s Bf. mitgenutzt wür<strong>de</strong>n, stehe <strong>de</strong>r Rechtmäßigkeit<strong>de</strong>r Maßnahme wegen <strong>de</strong>r Mitinhaberschaft <strong>de</strong>s Bf. als verdächtigemBetroffenen nicht entgegen. Im Übrigen hätte <strong>de</strong>rRichter, ungeachtet <strong>de</strong>s § 36 Abs. 2 Satz 1 StPO, die Durchsuchungauch selbst durchführen lassen <strong>und</strong> daher auch die Polizeimit <strong>de</strong>r Vollstreckung <strong>de</strong>s Beschlusses beauftragen dürfen.[9] II. Der Bf. rügt die Verletzung seines Gr<strong>und</strong>rechts aus Art.13 Abs. 1 <strong>und</strong> Abs. 2 GG. Der Eingriff stehe in einem krassenMissverhältnis zur Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Angelegenheit <strong>und</strong> <strong>de</strong>rgesetzlich angeordneten Rechtsfolge. Weitere, inzwischen eingestellteVerfahren hätten nicht in Bezug genommen wer<strong>de</strong>ndürfen. Die Maßnahme sei im Hinblick auf eine etwaige Terminwahrnehmungdurch an<strong>de</strong>re Sozien <strong>und</strong> wegen etwaigerSitzungspausen auch nicht zu einer zuverlässigen Sachaufklärunggeeignet. Im Übrigen hätte das AG die Vollstreckung <strong>de</strong>sBeschlusses nicht anordnen dürfen, weil die Staatsanwaltschaftgem. § 36 Abs. 2 Satz 1 StPO Vollstreckungsbehör<strong>de</strong> sei.[10] III. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte Gelegenheit zurÄußerung. Es hat von einer Stellungnahme abgesehen.[11] Dem BVerfG haben die Akten …/04 OWi <strong>de</strong>r StaatsanwaltschaftA. vorgelegen.[12] B. Soweit <strong>de</strong>r Bf. sich gegen die Anordnung <strong>de</strong>r Durchsuchungseiner <strong>Kanzlei</strong>räume wen<strong>de</strong>t (I.), nimmt die Kammer dieVerfassungsbeschwer<strong>de</strong> zur Entscheidung an, weil dies zurDurchsetzung <strong>de</strong>r in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechteangezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).Die Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine<strong>de</strong>r Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> stattgeben<strong>de</strong> Entscheidung <strong>de</strong>rKammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichenFragen hat das BVerfG bereits entschie<strong>de</strong>n. Danach ist dieVerfassungsbeschwer<strong>de</strong> in einem die Entscheidungskompetenz<strong>de</strong>r Kammer begrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Sinne offensichtlich begrün<strong>de</strong>t.[13] Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> nicht zur Entscheidungangenommen, weil die Annahmevoraussetzungengem. § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong>hat hinsichtlich Art <strong>und</strong> Weise <strong>de</strong>r Durchsuchung,namentlich <strong>de</strong>r unmittelbaren Beauftragung <strong>de</strong>r Polizeibeamtendurch das AG (II.), keine Aussicht auf Erfolg.[14] I. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen <strong>de</strong>n Bf. in seinemGr<strong>und</strong>recht aus Art. 13 Abs. 1 <strong>und</strong> Abs. 2 GG, soweit siedie Durchsuchung anordnen <strong>und</strong> die dagegen gerichteteBeschwer<strong>de</strong> verwerfen.Schwerwiegen<strong>de</strong>rEingriff[15] 1. Mit einer Durchsuchungwird schwerwiegend in dieUnverletzlichkeit <strong>de</strong>r Wohnung(Art.13Abs.1GG)eingegriffen.Auch beruflich genutzte Räume wer<strong>de</strong>n durch das Gr<strong>und</strong>rechtgeschützt (vgl. BVerfGE 32, 54, 69 ff.; 42, 212, 219; 44, 353,371; 76, 83, 88; 96, 44, 51; 97, 228, 265). Dem erheblichenEingriff in die gr<strong>und</strong>rechtlich geschützte Lebenssphäre <strong>de</strong>sBetroffenen entspricht ein beson<strong>de</strong>res Rechtfertigungsbedürfnisnach <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>satz <strong>de</strong>r Verhältnismäßigkeit. Die Durchsuchungmuss im Blick auf <strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Anordnung verfolgtengesetzlichen Zweck Erfolg versprechend sein. Ferner mussgera<strong>de</strong> diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung <strong>und</strong> Verfolgung<strong>de</strong>r vorgeworfenen Tat erfor<strong>de</strong>rlich sein; dies ist nicht <strong>de</strong>r Fall,wenn an<strong>de</strong>re, weniger einschnei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Mittel zur Verfügungstehen. Schließlich muss <strong>de</strong>r jeweilige Eingriff in angemessenemVerhältnis zu <strong>de</strong>r Schwere <strong>de</strong>r Tat <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Stärke <strong>de</strong>s Tatverdachtsstehen (vgl. BVerfGE 96, 44, 51).