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Kanzlei- Informations- und Abrechnungssystem - brak-mitteilungen.de

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BRAK-Mitt. 6/2006 Aufsätze 267Quaas, Das Recht <strong>de</strong>r Fachanwaltschaften: aktueller Stand <strong>und</strong> Perspektiven – Teil 1die FAO das Erfahrungswissen, das durch die Fallbearbeitung in<strong>de</strong>r anwaltlichen Praxis gesammelt wird. 18 Ob es tatsächlich bei<strong>de</strong>m Antragsteller vorhan<strong>de</strong>n ist, lässt sich zuverlässig nur durchEinblick in die Fallbearbeitung feststellen, anhand <strong>de</strong>r Fallzahlenlediglich vermuten. Arbeitsproben als „Qualitätsprüfung“wer<strong>de</strong>n aber vom Antragsteller regelmäßig nicht verlangt. DerNachweis <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren praktischen Erfahrungen erfolgt formaldurch Einreichung sog. Falllisten, die oft nicht mehr als dieMin<strong>de</strong>stangaben <strong>de</strong>s § 6 Abs. 3 FAO enthalten.Eine Überprüfung <strong>de</strong>s anwaltlich gesammelten Erfahrungswissensist daher in <strong>de</strong>r Praxis kaum möglich. Die Gefahr <strong>de</strong>sMissbrauchs liegt auf <strong>de</strong>r Hand. So wird aus Teilen <strong>de</strong>r Republikberichtet, einzelne Antragsteller „produzierten“ die erfor<strong>de</strong>rlicheAnzahl gerichtlicher Fälle dadurch, dass sie füreinen willfährigen Mandanten kurzerhand die Klage einreichen,um sie anschließend wie<strong>de</strong>r zurückzunehmen.a) FallbegriffUmstritten ist <strong>de</strong>r Fallbegriff <strong>de</strong>r FAO. Die Satzungsversammlunghat bewusst auf eine Definition verzichtet <strong>und</strong> die Klärung<strong>de</strong>r Rechtsprechung überlassen. Die Anwaltsgerichte operierenmit <strong>de</strong>r wenig griffigen Formel, ein „Fall“ im Sinne <strong>de</strong>r FAO seidie juristische Aufarbeitung eines einheitlichen Lebenssachverhalts,<strong>de</strong>r sich von an<strong>de</strong>ren Lebenssachverhalten dadurch unterschei<strong>de</strong>,dass die zu beurteilen<strong>de</strong>n Tatsachen <strong>und</strong> die Beteiligtenverschie<strong>de</strong>n seien. 19 Der Abgrenzung zugänglicher istdie in <strong>de</strong>r Literatur zum Teil vertretene Auffassung, als Fall imSinne <strong>de</strong>r FAO sei je<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>m RVG abrechenbare Angelegenheitanzusehen. 20 Überzeugen kann <strong>de</strong>r gebührenrechtlicheFallbegriff gleichwohl nicht: Der Fallzahlennachweis hatzum Ziel, sicherzustellen, dass <strong>de</strong>r Durchschnitt <strong>de</strong>r Mandateauf <strong>de</strong>m Fachgebiet die Zahl <strong>de</strong>r Fälle <strong>de</strong>utlich übersteigt, dievon nicht spezialisierten Berufskollegen im betreffen<strong>de</strong>n Zeitraumbearbeitet wer<strong>de</strong>n. 21 Eine Zerglie<strong>de</strong>rung eines Falles inabrechenbare Angelegenheiten im Sinne <strong>de</strong>s RVG wird dieserZielsetzung nicht gerecht. Aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>s Mandanten <strong>und</strong> in<strong>de</strong>r Rechtswirklichkeit wird <strong>de</strong>r Auftrag gr<strong>und</strong>sätzlich für diegesamte Dauer <strong>de</strong>r streitigen Auseinan<strong>de</strong>rsetzung erteilt, sodass vorgerichtliche Tätigkeiten <strong>und</strong> die Betreuung <strong>de</strong>s Mandatsüber mehrere gerichtliche Instanzen im Fallbegriff eingeschlossensind. Allerdings dürfen Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>s jeweiligenFachgebietes nicht außer Acht gelassen wer<strong>de</strong>n. So ist imverwaltungsrechtlichen Mandat <strong>de</strong>r vorläufige Rechtsschutz inwichtigen Teilbereichen (z.B. Beamtenrecht, Immissionsschutzrecht,Baurecht, Prüfungsrecht) von seiner Be<strong>de</strong>utung an dieStelle <strong>de</strong>s Hauptsacherechtsschutzes getreten. Dies kann fürdie Einordnung <strong>de</strong>s Mandats im Eilverfahrens als selbständigerFall sprechen, zumal auch <strong>de</strong>r „Lebenssachverhalt“ hinsichtlich<strong>de</strong>r zu beurteilen<strong>de</strong>n Tatsachen in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Verfahrenszügenhöchst unterschiedlich ausfallen kann. An<strong>de</strong>rerseits ist nichtentschei<strong>de</strong>nd, welchen Umfang o<strong>de</strong>r welche Qualität die Mandatsbearbeitunggehabt hat. Auch eine – hinreichend dokumentierte– telefonische Beratung kann zur Anerkennung <strong>de</strong>sFalles führen, 22 ebenso wie für <strong>de</strong>n Fachanwalt im Steuerrechtselbst einfache Steuererklärungen, auch wenn sie regelmäßigfür <strong>de</strong>nselben Auftraggeber erstellt wer<strong>de</strong>n, voll mitgezähltwer<strong>de</strong>n. 2318 Stobbe, a.a.O., Rdnr. 8.19 BGH, Beschl. v. 6.3.2006 – AnwZ (B) 36/05, BRAK-Mitt. 2006, 131;NJW 2004, 2748, 2749; ebenso Empfehlungen <strong>de</strong>s Berliner Erfahrungsaustauschesunter Ziff. 6.1, BRAK-Mitt. 2002, 26, 27.20 U.a. Holl in: Hartung/Holl, Anwaltliche Berufsordnung, 2. Aufl., § 5FAO Rdnr. 37; dagegen überzeugend Hartung/Schermer (s. Fn. 3),§ 5 FAO Rdnr. 37.21 BGH, Beschl. v. 6.3.2006, BRAK-Mitt. 2006, 131.22 Kleine-Cosack, AnwBl. 2005, 593, 595.23 BGH, Beschl. v. 6.3.2006, BRAK-Mitt. 2006, 131.b) GewichtungVon <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>s Fallbegriffs ist die <strong>de</strong>r Gewichtung <strong>de</strong>utlichzu unterschei<strong>de</strong>n. Nach § 5 Satz 3 FAO können Be<strong>de</strong>utung,Umfang <strong>und</strong> Schwierigkeit einzelner Fälle zu einer höhereno<strong>de</strong>r niedrigeren Gewichtung führen. Die Anwendung dieserBestimmung bereitet in <strong>de</strong>r Praxis immer wie<strong>de</strong>r Schwierigkeiten.Festzuhalten ist zunächst, dass die Klärung <strong>de</strong>s Fallbegriffs<strong>de</strong>r Frage einer abweichen<strong>de</strong>n Gewichtung vorgeschaltet ist.Telefonisch gegebene Auskünfte sowie Mandate in Serien- <strong>und</strong>Massenverfahren sind jeweils einzelne Fälle, können aber zueiner niedrigeren Anrechnung als <strong>de</strong>n Faktor 1 führen. An<strong>de</strong>rerseitsist es nicht zulässig, Teile <strong>de</strong>r Fallbearbeitung – etwaeine bestimmte Tätigkeit – losgelöst vom einzelnen Fall an<strong>de</strong>rszu gewichten. 24 Bezugspunkte für die Gewichtung sind die Be<strong>de</strong>utung,<strong>de</strong>r Umfang <strong>und</strong> die Schwierigkeit <strong>de</strong>s jeweiligen Falles,nicht <strong>de</strong>r Umfang <strong>und</strong> die Schwierigkeit einzelner Bearbeitungsschritte.Beschränkt sich die Tätigkeit <strong>de</strong>s Anwalts auf dieEinlegung <strong>de</strong>r Revision <strong>und</strong> liegt die Anfertigung <strong>de</strong>r Revisionsbegründungaußerhalb <strong>de</strong>s dreijährigen Beurteilungszeitraums,liegt ein Fall vor, <strong>de</strong>r keine Abgewichtung verträgt. Beschränktsich die Tätigkeit <strong>de</strong>s Anwalts allerdings auf die bloße „fristwahren<strong>de</strong>“Rechtsmitteleinlegung, ggf. in Untervollmacht füreinen Kollegen, dürfte eine „Fallbearbeitung“ im maßgeblichenZeitraum abzulehnen sein.Die am 3.4.2006 beschlossene Neufassung <strong>de</strong>s § 5 Satz 3 FAOlässt ausdrücklich auch eine Gewichtung zu Ungunsten <strong>de</strong>sAntragstellers zu. Einzelne Fälle im Sinne <strong>de</strong>r FAO können dahermit 0,5 o<strong>de</strong>r einem noch geringeren Bruchteil bewertetwer<strong>de</strong>n. Allerdings soll es nach <strong>de</strong>m AGH Bremen unzulässigsein, einzelne Lebenssachverhalte nur als 0,1 o<strong>de</strong>r nur als 0,2Fälle einzustufen, selbst wenn es sich dabei um ganz einfachgelagerte Lebenssachverhalte gehan<strong>de</strong>lt haben mag. 25 Für dieAnfertigung einer einfachen Steuererklärung hat <strong>de</strong>r BGH eineAbgewichtung mit <strong>de</strong>r – zweifelhaften – Begründung abgelehnt,dass <strong>de</strong>r Satzungsgeber – an<strong>de</strong>rs als z.B. für das Familienrechtin § 5 Satz 1 lit. e FAO – eine beson<strong>de</strong>re Gewichtungsregelfür Steuererklärungen nicht eingeführt habe. 26 Auchwenn ein konkreter Gewichtungsmaßstab in <strong>de</strong>r Satzung fehlt,muss eine Abgewichtung, gestuft nach Bruchteilen <strong>de</strong>s Faktors1, im Prinzip zulässig sein. Eben <strong>de</strong>shalb hat es die Satzungsversammlungwie<strong>de</strong>rholt abgelehnt, für bestimmte Fachgebieteeinzelne Fallgestaltungen aus <strong>de</strong>m Fallbegriff herauszunehmen.Angemessene Lösungen müssen über die Möglichkeit zur Fallgewichtungerreicht wer<strong>de</strong>n. Vertritt – um einen Extremfall zunennen – ein angehen<strong>de</strong>r Fachanwalt für Verwaltungsrecht 30Anlieger einer Straße, für die ein – nur <strong>de</strong>r Höhe nach unterschiedlichausfallen<strong>de</strong>r – Erschließungsbeitrag erhoben wird,kann mit <strong>de</strong>r Angabe <strong>de</strong>r gerichtlichen Aktenzeichen nicht <strong>de</strong>rNachweis von „min<strong>de</strong>stens 30 gerichtlichen Verfahren“ im Sinnevon § 5 Satz 1 lit. a FAO erbracht sein. Entsprechen<strong>de</strong>s dürftefür Kündigungsschutzklagen gegen eine beabsichtigte Massenentlassunggelten.c) FallquorenVom Fallbegriff <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Gewichtung sind wie<strong>de</strong>rum die fürdie einzelnen Fachgebiete in § 5 FAO jeweils vorgesehenenFallzahlen (Fallquoren) zu unterschei<strong>de</strong>n. Die Min<strong>de</strong>stzahlenhaben absoluten Charakter. Der Nachweis <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>renpraktischen Erfahrungen „setzt“ <strong>de</strong>n Erwerb dieser Fallzahlen„voraus“. We<strong>de</strong>r han<strong>de</strong>lt es sich um einen Regeltatbestand,noch können mangeln<strong>de</strong> Erfahrungen in einem Teilbereich <strong>de</strong>sFachgebiets – an<strong>de</strong>rs als bei <strong>de</strong>n theoretischen Kenntnissen (§ 4Abs. 3 FAO) – kompensiert wer<strong>de</strong>n. „Relativiert“ wird die ge-24 BGH, Beschl. v. 6.3.2006, BRAK-Mitt. 2006, 131.25 AGH Bremen, FamRZ 2004, 1645.26 BFG, Beschl. v. 6.3.2006, BRAK-Mitt. 2006, 131, 133.

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