242 Aufsätze BRAK-Mitt. 6/2006Finzel, Sparte adé! Anmerkungen zum DAV-Entwurf eines B<strong>und</strong>esrechtsanwaltsausbildungsgesetzesSparte adé!Anmerkungen zum DAV-Entwurf eines B<strong>und</strong>esrechtsanwaltsausbildungsgesetzesRechtsanwalt <strong>und</strong> Notar Dr. Dieter Finzel, HammDer Vorstand <strong>de</strong>s DAV hat Mitte Oktober 2006 <strong>de</strong>n Entwurf einesRechtsanwaltsausbildungsgesetzes vorgelegt, mit <strong>de</strong>m, sodie Begründung, die Qualität <strong>de</strong>r postuniversitären Vorbereitungauf <strong>de</strong>n Anwaltsberuf verbessert wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> die „überfälligeEinführung von Marktmechanismen im Hinblick auf <strong>de</strong>nZugang zu <strong>de</strong>r Ausbildung zur Rechtsanwältin o<strong>de</strong>r zumRechtsanwalt“ erfolgen sollen.Der Entwurf ruht also auf zwei Säulen: Zum einen <strong>de</strong>r Verbesserung<strong>de</strong>r Ausbildungsqualität <strong>und</strong> zum an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>r Einführungvon „Marktmechanismen“, also einer Zugangsregelungdurch <strong>de</strong>n eigenen Berufsstand.Im Kern ist – kurz gefasst – Folgen<strong>de</strong>s vorgesehen:Das <strong>de</strong>rzeitige, staatlich organisierte <strong>und</strong> finanzierte Rechtsreferendariatwird abgeschafft.An seine Stelle tritt das 24 Monate dauern<strong>de</strong> Anwaltsreferendariat,das sich in eine praktische Anwaltsausbildung von 20Monaten <strong>und</strong> eine theoretische Anwaltsausbildung von vierMonaten glie<strong>de</strong>rt. Die praktische Ausbildung von 20 Monatenumfasst eine 3-monatige zivilrechtlich ausgerichtete Gerichtsstation<strong>und</strong> eine 3-monatige erste Pflichtwahlstation, sodass 14 Monate zwingend bei einem Rechtsanwalt* zu absolvierensind. 1Die theoretische Anwaltsausbildung umfasst vier Monate mitinsgesamt 510 Ausbildungsst<strong>und</strong>en. Die Kosten hierfür muss<strong>de</strong>r Referendar selbst tragen. Alle Veranstalter <strong>de</strong>r theoretischenAnwaltsausbildung können ihre Dienste anbieten.Eine Akkreditierung fin<strong>de</strong>t nicht statt.Ausbil<strong>de</strong>r können nur Rechtsanwälte sein, die seit min<strong>de</strong>stensfünf Jahren zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind <strong>und</strong><strong>de</strong>m Referendar in <strong>de</strong>n eigenen <strong>Kanzlei</strong>räumen einen Ausbildungsplatzzur Verfügung stellen, sowie bereit <strong>und</strong> in <strong>de</strong>rLage sind, eine Min<strong>de</strong>stvergütung von 24/17 <strong>de</strong>r monatlichenBruttovergütung für Referendare im Richterreferendariatzu zahlen.Ein Anspruch auf anwaltliche Ausbildungsstellen bestehtnicht.Die konkrete Ausgestaltung <strong>de</strong>r anwaltlichen Stationen ist<strong>de</strong>m DAV-Ausbildungshandbuch entnommen <strong>und</strong> wird alsMin<strong>de</strong>stcurriculum in <strong>de</strong>r Rechtsanwaltsausbildungsverordnungvorgegeben.Das Anwaltsexamen fin<strong>de</strong>t während <strong>de</strong>s Anwaltsreferendariatsstatt <strong>und</strong> soll vom zuständigen Lan<strong>de</strong>sjustizprüfungsamtabgenommen wer<strong>de</strong>n. Der Referendar hat eine Prüfungsgebührzu zahlen.Die Prüfungsausschüsse sind mehrheitlich mit Rechtsanwältenzu besetzen.Die Verwaltungstätigkeiten während <strong>de</strong>s Anwaltsreferendariats(Prüfung <strong>de</strong>r Zulassungsvoraussetzungen, Führung <strong>de</strong>r* 1 In <strong>de</strong>m vorstehen<strong>de</strong>n Beitrag wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Einfachheit halber stets diemännliche Form gewählt. Die Ausführungen gelten gleichermaßenfür Referendarinnen <strong>und</strong> Rechtsanwältinnen.Ausbil<strong>de</strong>rliste, Aufbewahrung <strong>de</strong>r Ausbildungszeugnisse,Vorschlagsliste zur Besetzung <strong>de</strong>r Prüfungsausschüsse) obliegen<strong>de</strong>r zuständigen RAK, die auch das Recht <strong>und</strong> die Pflichthat, bei <strong>de</strong>r Stellung geeigneter Prüfungsaufgaben mitzuwirken.Soweit <strong>de</strong>r wesentliche Inhalt <strong>de</strong>s vorgelegten Gesetzentwurfs.Die Frage ist, ob die bei<strong>de</strong>n eingangs genannten Säulen, auf<strong>de</strong>nen dieser Gesetzentwurf ruht, tragfähig sind.Was die erste Säule, nämlich die angestrebte Verbesserung <strong>de</strong>rpostuniversitären Vorbereitung auf <strong>de</strong>n Anwaltsberuf angeht, sozeigt <strong>de</strong>r Entwurf keinen Lösungsansatz auf, wie eine qualifizierteAusbildung in <strong>de</strong>r Breite künftig gewährleistet sein soll.Es besteht nämlich kein Anspruch auf <strong>de</strong>n zwingend erfor<strong>de</strong>rlichenAusbildungsplatz bei einem Rechtsanwalt, so dass zu befürchtensteht, dass we<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Ballungszentren noch gar außerhalb<strong>de</strong>rselben eine annähernd ausreichen<strong>de</strong> Zahl von Anwaltskanzleiensich bereit fin<strong>de</strong>n wird, einem Referendar fürdie Dauer von min<strong>de</strong>stens 14 Monaten einen Arbeitsplatz in<strong>de</strong>r <strong>Kanzlei</strong> zur Verfügung zu stellen, ihn während dieser 14Monate in <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Begründung zu § 6 Abs. 2 genannten 14Bereichen examenstauglich auszubil<strong>de</strong>n <strong>und</strong> ihm darüber hinaus24/17 <strong>de</strong>r Vergütung eines Richter-/Verwaltungsreferendarszu zahlen. In <strong>de</strong>n fünf größten Kammerbezirken <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublikmit mehr als 65.000 Rechtsanwälten haben sich trotzgroßen Werbeaufwan<strong>de</strong>s gera<strong>de</strong> mal 350 <strong>Kanzlei</strong>en bereit gef<strong>und</strong>en,einen DAV-Ausbildungsplatz für Referendare zur Verfügungzu stellen. Wenn künftig auch noch die vorgenannteVergütungs- <strong>und</strong> intensive Ausbildungspflicht hinzukommt,wird diese bereits jetzt völlig unzureichen<strong>de</strong> Zahl zur Erhaltung<strong>de</strong>s Anwaltsnachwuchses noch weiter zurückgehen. Je<strong>de</strong>nfallsbestärkt <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong> Entwurf die Feststellung, dass einequalifizierte Ausbildung in <strong>de</strong>r Breite nicht erfolgen wird.Zu berücksichtigen ist weiter, dass das System willkürlich <strong>und</strong>keinesfalls geeignet ist, eine Bestenauslese zu treffen. Der mäßigexaminierte Anwaltssohn hat gegenüber <strong>de</strong>m bestexaminiertenReferendar im wahrsten Sinne <strong>de</strong>s Wortes <strong>de</strong>n „Marktvorteil“<strong>de</strong>r väterlichen <strong>Kanzlei</strong>. Wer will es ihm ver<strong>de</strong>nken?Und auch <strong>de</strong>r begüterte Vater wird sein mäßig examiniertesKind, so es <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>n Anwaltsberuf ergreifen will, nicht im Stichlassen. Die in § 9 getroffene Vergütungsregelung kann problemlosunterlaufen wer<strong>de</strong>n.Darüber hinaus wird die Durchlässigkeit, also <strong>de</strong>r Wechselvom Anwalts- in <strong>de</strong>n Richterberuf <strong>und</strong> umgekehrt, in <strong>de</strong>n §§ 8<strong>und</strong> 13 faktisch unmöglich gemacht. Hier sind die Hür<strong>de</strong>n für<strong>de</strong>n Wechsel eines Richter- o<strong>de</strong>r Verwaltungsreferendars bzw.eines Richters o<strong>de</strong>r Verwaltungsbeamten in <strong>de</strong>n Anwaltsberufextrem hoch gelegt. Es steht <strong>de</strong>shalb zu erwarten, dass <strong>de</strong>rkünftige Anwaltsreferendar o<strong>de</strong>r Anwaltsassessor nahezu keineChance mehr hat, in <strong>de</strong>n Beruf eines Richters o<strong>de</strong>r Verwaltungsbeamtenzu wechseln.Deshalb steht umso mehr zu befürchten, dass die Mahnung <strong>de</strong>rJustizministerin NRW, Frau Müller-Piepenkötter, dasAnwaltsnotariatkönne bei einem Spartenmo<strong>de</strong>ll abgeschafft wer<strong>de</strong>n,Realität wird. Wenn ein Richter o<strong>de</strong>r Verwaltungsbeamter die
BRAK-Mitt. 6/2006 Aufsätze 243Finzel, Sparte adé! Anmerkungen zum DAV-Entwurf eines B<strong>und</strong>esrechtsanwaltsausbildungsgesetzeshohen Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r §§ 8 <strong>und</strong> 13 erfüllen muss, umRechtsanwalt zu wer<strong>de</strong>n, dann dürfte auf <strong>de</strong>r Hand liegen, dassdas öffentliche Amt <strong>de</strong>s Notars im Nebenberuf für die künftigeAnwaltsgeneration nicht mehr zu erreichen ist.Und nun zu <strong>de</strong>n Kosten. Der Rechtsanwalt soll <strong>de</strong>m Anwaltsreferendareine Min<strong>de</strong>stvergütung von min<strong>de</strong>stens 24/17 <strong>de</strong>r monatlichenBruttovergütung für Referendare im Richterreferendariatzahlen <strong>und</strong> zwar für die Dauer von min<strong>de</strong>stens 14 Monaten.Die <strong>de</strong>rzeitige Bruttovergütung eines ledigen Referendarsbeläuft sich auf ca. 900 Euro. Für 14 Monate sind dies insgesamtca. 12.600 Euro. Darüber hinaus muss ihm <strong>de</strong>r Rechtsanwalteinen Ausbildungsplatz in <strong>de</strong>r <strong>Kanzlei</strong> zur Verfügung stellen<strong>und</strong>ermussihnin<strong>de</strong>n14Bereichen<strong>de</strong>s§6Abs.2gem.DAV-Ausbildungshandbuch ausbil<strong>de</strong>n <strong>und</strong> hierüber Ausbildungszeugnisse,die bei <strong>de</strong>r Rechtsanwaltskammer verwahrtwer<strong>de</strong>n, ausstellen.Deshalb nur <strong>de</strong>r Vollständigkeit halber an dieser Stelle: Auchauf <strong>de</strong>n Referendar selbst kommen erhebliche Kosten zu. Derzeitbetragen die Lehrgangskosten bei einem Fachanwaltslehrgangmit 120 Zeitst<strong>und</strong>en r<strong>und</strong> 2.000 Euro. Legt man für einenReferendarlehrgang mit 120 Zeitst<strong>und</strong>en lediglich 1.000 Eurozu Gr<strong>und</strong>e, dann belaufen sich die Gesamtkosten für <strong>de</strong>n 510-stündigen Referendarlehrgang durchschnittlich auf r<strong>und</strong> 4.500Euro.Mit an<strong>de</strong>ren Worten, die nahezu gesamte finanzielle <strong>und</strong> praktischeAusbildungslast zum Rechtsanwalt liegt auf <strong>de</strong>n Schultern<strong>de</strong>r Anwaltschaft <strong>und</strong> <strong>de</strong>s betroffenen Referendars. Nichtvon ungefähr heißt es in <strong>de</strong>r Begründung zum Entwurf, alleindie bislang für Referendargehälter anfallen<strong>de</strong>n Ausgaben <strong>de</strong>rB<strong>und</strong>eslän<strong>de</strong>r in Höhe von etwa 233 Mio. Euro wür<strong>de</strong>n fastvollständig wegfallen, während im Gegenzuge dazu von <strong>de</strong>rAnwaltschaft zusätzlich zu <strong>de</strong>n monatlichen Vergütungen dieKosten für die während <strong>de</strong>r praktischen Anwaltsausbildung zurVerfügung zu stellen<strong>de</strong>n Ausbildungsplätze zu tragen wären.Vergessen wur<strong>de</strong>n bei dieser Begründung die Kosten für <strong>de</strong>nZeitaufwand, <strong>de</strong>n je<strong>de</strong>r Ausbil<strong>de</strong>r zwingend hat, wenn er <strong>de</strong>nReferendar zur Examensreife führen will (<strong>und</strong> muss).Es verbleibt also dabei: Nach <strong>de</strong>m jetzt vorgelegten Entwurfkommt auf die Anwaltschaft jährlich eine im dreistelligen Millionenbereichliegen<strong>de</strong> Kostenlawine zu, sofern nur die annäherndnotwendige Zahl von jährlich r<strong>und</strong> 3.000 Anwaltsreferendaren– so die frühere Schätzung <strong>de</strong>s DAV – zur Erhaltung<strong>de</strong>s Anwaltsnachwuchses ausgebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n soll. Auch diesspricht dagegen, dass künftig noch eine qualifizierte Ausbildungzum Anwaltsberuf in <strong>de</strong>r Breite gewährleistet ist.Fazit: Die erste Säule <strong>de</strong>s Entwurfs, nämlich die Verbesserung<strong>de</strong>r Ausbildungsqualität, ist mehr als brüchig.Nun sollen aber ausweislich <strong>de</strong>r Begründung mit dieser Säule„Marktmechanismen“ geschaffen wer<strong>de</strong>n, die es <strong>de</strong>r Anwaltschafterlauben, <strong>de</strong>n Zugang zum Beruf selbst zu steuern, willsagen: „Geht es <strong>de</strong>r Anwaltschaft gut, gibt es viele Plätze, gehtes ihr schlecht, vermin<strong>de</strong>rt sich ihre Zahl“ (so Kilger, AnwBl.2005, 534).Diese Säule ist spätestens mit <strong>de</strong>r Vorstellung <strong>de</strong>s Bachelor-Master-Mo<strong>de</strong>lls durch die Justizministerin NRW, Frau Müller-Piepenkötter, eingebrochen. Nach diesem Mo<strong>de</strong>ll soll das bisherigejuristische Studium eine zweigeteilte Studienstruktur erhalten,nämlich einen 3-jährigen Studiengang mit <strong>de</strong>m Abschlussals Bachelor <strong>und</strong> einen weiteren 2-jährigen Studiengangmit <strong>de</strong>m Abschluss zum Master. Der Zugang zum weiterführen<strong>de</strong>nMasterstudium setzt zwingend einen ersten berufsqualifizieren<strong>de</strong>nHochschulabschluss voraus <strong>und</strong> soll darüberhinaus von weiteren beson<strong>de</strong>ren Zugangsvoraussetzungen –z.B. gute Studienleistungen – abhängig gemacht wer<strong>de</strong>n. Angesichtsdieser Vorgaben wird, so die Ministerin, nur <strong>de</strong>r geringereTeil <strong>de</strong>r Bachelor-Absolventen ein juristisches Masterstudiumaufnehmen können. Es wer<strong>de</strong>n voraussichtlich etwa 40 % sein.Nach erfolgreichem Durchlaufen <strong>de</strong>s Masterstudiums, wozuauch eine während <strong>de</strong>s Studiums zu erstellen<strong>de</strong> wissenschaftlicheMasterarbeit gehört, fin<strong>de</strong>t eine Eignungsprüfung zur Aufnahmein <strong>de</strong>n juristischen Vorbereitungsdienst statt <strong>und</strong> nachAbleistung <strong>de</strong>sselben eine abschließen<strong>de</strong> juristische Staatsprüfung.Wir erhalten also eine <strong>de</strong>utlich intensivere <strong>und</strong> qualitativ bessereAusbildung als heute. Und vor allem: Es ist – an<strong>de</strong>rs alsbeim DAV-Mo<strong>de</strong>ll – eine qualifizierte Ausbildung in <strong>de</strong>r Breitegewährleistet <strong>und</strong> es fin<strong>de</strong>t hier im Gegensatz zur Zufallsauslese<strong>de</strong>s DAV-Mo<strong>de</strong>lls eine Bestenauslese statt. Wer nicht zu <strong>de</strong>nersten 40 % gehört, kann nicht einen <strong>de</strong>r reglementierten juristischenBerufe ergreifen.Auch die Durchlässigkeit zwischen <strong>de</strong>n einzelnen volljuristischenBerufen bleibt erhalten: Alle durchlaufen bis zur abschließen<strong>de</strong>nStaatsprüfung unter staatlicher Leitung <strong>und</strong> mitstaatlicher Finanzierung eine vergleichbare Ausbildung.Die Anwaltschaft wie<strong>de</strong>rum wird nicht mit Millionen-Kostenbelastet <strong>und</strong> vor allem ist das Massenproblem auf ehrliche Art<strong>und</strong> Weise gelöst. Der Beruf <strong>de</strong>s Rechtsanwalts ist in diesemMo<strong>de</strong>ll wie<strong>de</strong>r ein Qualitätssiegel.Natürlich müssen sich sowohl <strong>de</strong>r DAV-Entwurf wie auch dasMüller-Piepenkötter-Mo<strong>de</strong>ll fragen lassen, was mit <strong>de</strong>n „60 %“geschieht, die beim DAV-Mo<strong>de</strong>ll nach <strong>de</strong>m ersten juristischenStaatsexamen infolge <strong>de</strong>r Zugangssteuerung durch die Anwaltschaft<strong>und</strong> beim Müller-Piepenkötter-Mo<strong>de</strong>ll nach <strong>de</strong>m 6. Semesteraufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bestenauslese nicht mehr weiterkommen.Aber auch hier ist das Müller-Piepenkötter-Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>m DAV-Entwurf überlegen. Bei bei<strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llen wer<strong>de</strong>n zwar die Betroffenenje<strong>de</strong>nfalls in einer Übergangszeit auf <strong>de</strong>n Rechtsberatungsmarktdrängen, die Gefahr jedoch, in das ureigene Betätigungsfeld<strong>de</strong>s Rechtsanwalts eingreifen zu können, ist bei <strong>de</strong>nim DAV-Mo<strong>de</strong>ll erstexaminierten Kandidaten weitaus größerals bei <strong>de</strong>n Bachelor-Juristen. Erstere können nämlich imDurchschnitt auf 8–10 Semester (<strong>und</strong> mehr) Jura-Studium verweisen,während Letztere mit sechs Semestern ihren zwingen<strong>de</strong>nAbschluss gef<strong>und</strong>en haben. Der Referendar <strong>de</strong>s DAV-Mo<strong>de</strong>lls kann also auf seine längere juristische Ausbildung verweisen<strong>und</strong> damit möglicherweise größere juristische Betätigungsfel<strong>de</strong>rerschließen, während sich <strong>de</strong>r Bachelor in <strong>de</strong>r Regelan<strong>de</strong>re Berufsfel<strong>de</strong>r erschließen muss. Ein weiterer gravieren<strong>de</strong>rNachteil, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m DAV-Mo<strong>de</strong>ll anhaftet.Damit dürfte auch die zweite Säule <strong>de</strong>s DAV-Mo<strong>de</strong>lls brüchiggewor<strong>de</strong>n, wenn nicht gar vollends eingestürzt sein.Es gibt sicher noch vieles im Bologna-Mo<strong>de</strong>ll zu über<strong>de</strong>nken<strong>und</strong> insbeson<strong>de</strong>re wird auch hier das anwaltliche Berufsbildschon frühzeitig Berücksichtigung fin<strong>de</strong>n müssen. Aber einessteht spätestens jetzt fest: Das DAV-Mo<strong>de</strong>ll ist ungerecht, es för<strong>de</strong>rtdie Zufalls- <strong>und</strong> nicht die Bestenauslese, es führt zumWegfall <strong>de</strong>s Anwaltsnotariats, es überwälzt Millionen-Kostenauf die Anwaltschaft, es verhin<strong>de</strong>rt einen Wechsel zwischen<strong>de</strong>n reglementierten juristischen Berufen <strong>und</strong> ist bei <strong>de</strong>r Lösung<strong>de</strong>s Massenproblems <strong>de</strong>m Müller-Piepenkötter-Mo<strong>de</strong>ll weit unterlegen.Der Entwurf zeigt nicht im Ansatz auf, wie die„Marktmechanismen“ funktionieren sollen, um dieses Problemzu bewältigen. Allein <strong>de</strong>r Hinweis, die Anwaltschaft regele diesesProblem selbst durch die Zurverfügungstellung von Ausbildungsplätzen,reicht nicht, wie die Beispiele aus einzelnenLän<strong>de</strong>rn zeigen. Darüber hinaus lässt das DAV-Mo<strong>de</strong>ll weitausmehr halbfertige Juristen in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Rechtsanwaltschaft vorbehaltenenRechtsberatungsmarkt eindringen, so dass man abschließendnur noch einmal sagen kann: Sparte adé!