TickeTs & konzerTkarTen - a3kultur
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07<br />
21. Mai bis 03. Juni 2012 GASTBEITRAG<br />
Hilfe, die Kreativität stirbt aus!<br />
Der Komponist Enjott Schneider antwortet auf den Gastbeitrag »Geistiges Eigentum ist die Kernkraft<br />
des 21. Jahrhunderts« des Piraten Fritz Effenberger aus der <strong>a3kultur</strong>-Ausgabe Nr. 7<br />
von Enjott Schneider<br />
Als Komponist auf vielen Tätigkeitsfeldern von<br />
Oper, Sinfonie, Kirchenmusik bis zu Musiken für<br />
Film und Fernsehen und als Hochschulprofessor,<br />
der seit 30 Jahren die Werdegänge der Absolventen<br />
von Musikhochschulen verfolgt, kann ich nur<br />
eines feststellen: So viele arbeitslose und finanziell<br />
an der Armutsgrenze lebende Kreative gab es noch<br />
nie! Orchester werden geschlossen, Filmproduktionen<br />
wurden auf ein Zehntel zurückgefahren, das<br />
Sponsoring der Firmen geht gegen null, die finanzielle<br />
Kapazität der gemeinnützigen Stiftungen<br />
ging so drastisch zurück, wie sich der Zinzsatz von<br />
5 % auf 0,2 % reduzierte. Dazu kommt – das sehe<br />
ich als Aufsichtsratsvorsitzender der GEMA in harten,<br />
nackten Zahlen – ein katastrophales Zusammenbrechen<br />
des physischen Bild/Tonträgermarkts:<br />
CDs und DVDs sind nur noch für konzernstrategisch<br />
veröffentlichte MainstreamInhalte (etwa<br />
DSDS und MegaStarEditionen) profitabel, jede<br />
Nischen oder ambitioniert individuelle CD ist<br />
heute ein krasses Verlustgeschäft geworden. In<br />
meinen Ohren schmerzen die Hilferufe arbeitsloser<br />
Kameraleute, Maskenbildner, Schauspieler,<br />
Tonmeister, Tonstudiobetreiber, Drehbuchautoren,<br />
Cutter, Orchestermusiker, Jazzmusiker, Volksmusikanten,<br />
Instrumentalsolisten, aber auch Buchautoren,<br />
Journalisten, Übersetzer, Cateringfirmen …<br />
Der Grund liegt in der NochnichtBewältigung der<br />
Anforderungen des digitalen Zeitalters: Alles soll<br />
umsonst, »for free«, öffentliches Gemeingut sein,<br />
das geistige Eigentum (Grundsäule einer auf Meinungs<br />
und Denkautonomie basierenden demokratischen<br />
Gesellschaft) wird grundsätzlich infrage<br />
gestellt. Als extremen Zynismus empfinde ich (vor<br />
dem Hintergrund der radikalen Arbeitslosigkeit<br />
und sozialen Armut von Kulturschaffenden) die<br />
Aussage »Kurz: Es gibt gar kein geistiges Eigentum.<br />
Das ist nur ein Marketingbegriff«, formuliert von<br />
F. Effenberger, dem Vorsitzenden der schwäbischen<br />
Piratenpartei.<br />
Der Lech – Geschichte und Zukunft<br />
Eine Ringvorlesung an der Universität Augsburg<br />
im Sommersemester 2012 am 19. April | 3./10./31. Mai | 21./28. Juni | 5. Juli<br />
jeweils um 18.15 Uhr im Hörsaal 1004 des Physik-Hörsaalzentrums, Universitätsstraße 1, 86159 Augsburg<br />
Detaillierte Informationen: www.uni-augsburg.de/lech | Eintritt frei<br />
weil unstofflich, nicht mehr »physisch«! Dasselbe<br />
gilt für Texte: Selbst eine zwei Kilogramm schwere<br />
Bibel passt heute mit ein paar MB als Anhang in<br />
eine Mail – wertlos. Gratis!<br />
Was wird dringend brauchen, sind keine ideologischen<br />
Grabenkämpfe, sondern angemessene Bezahl<br />
und Abrechnungssysteme für die Nutzung<br />
solcher Datenfiles (egal, ob sich darauf ein Film,<br />
ein Song oder ein Buchtext befindet). Ich veranschauliche<br />
die Problematik am liebsten, indem ich<br />
eine Parallele zwischen dem Internet und dem<br />
Nahverkehrsnetz einer Großstadt ziehe: Jeder, der<br />
halbwegs die wirtschaftlichen Grundlagen eines<br />
städtischen Verkehrsbetriebs kennt, bezahlt für<br />
seine Fahrten. Ich liebe die UBahn und SBahn, die<br />
Trams und Busse in München, und ich weiß: Die<br />
Benutzung des Verkehrsnetzes kostet Geld. Das<br />
»Netz« hier wird in unzähligen Varianten mit Abos,<br />
mit Einzelkarte oder Mehrfachkarte ohne Murren<br />
bezahlt. Genauso muss es demnächst im Internet<br />
sein: Wer im »Netz« surft, zahlt pro Nutzung einen<br />
Splitterbetrag von zum Beispiel 0,003 Cent – und<br />
kriegt am Monatsende, wie bei der Telefonrechnung,<br />
seine Abrechnung. Alltag, den wir schon<br />
kennen und akzeptieren.<br />
Damit dies aber reibungslos funktioniert,<br />
braucht man eines: den Namen des »Urhebers«,<br />
des geistigen Eigentümers, damit der Geldwert<br />
seiner Kreatividee auch bei ihm ankommt – und<br />
nicht bei einem Multimilliardenkonzern wie<br />
Google oder Youtube.<br />
Damit sind wir bei einem Unterschied, den viele<br />
(noch) nicht kapiert haben: Im deutschen Urheberrecht<br />
bleibt der Urheber namentlich immer erhalten.<br />
Urheberrecht ist unverkäuflich! Im<br />
amerikanischen Copyright dagegen ist der Urheber<br />
nicht geschützt: Ein Konzern wie etwa Disney<br />
Productions kauft eine Idee (einen Song, einen<br />
Text) – und weg ist sie! Typisches Beispiel ist der<br />
Komponist John Barry, der für jämmerliche 100<br />
Dollar die berühmte JamesBondMelodie komponierte.<br />
Das Copyright dafür wurde ihm abgekauft,<br />
von der weiteren millionenschweren Nutzung dieser<br />
Melodie hat er allerdings keinen Cent mehr<br />
bekommen, auch sein Name musste nicht mehr<br />
genannt werden.<br />
Das »geistige Eigentum« ist in den letzten Jahrhun Deshalb kämpft die GEMA seit Jahren gegen Youderten<br />
als die bedeutendste kulturelle Errungentube und andere Provider. Wir wollen, was der<br />
schaft gewachsen, sie hat Erfindungen, Kunstwerke, GEMA oft angeboten wurde, keine anonymen Mil<br />
technischen Fortschritt, Opern und Sinfonien, eine lionen als Pauschale oder Flatrate. Denn so landet<br />
florierende Kunst, Kultur, Konzert und Literatur das Geld nie beim einzelnen »kleinen« Urheber,<br />
szene ermöglicht. Deutschland ist kein Agrar oder der auf Youtube einen Sensationserfolg etablieren<br />
Rohstoffland: Wir leben von Ideen und Kreativität konnte. Diese Pauschalmillionen könnten nur als<br />
und wollen, dass diese geschützt bleiben!<br />
Zuschlag auf die »Reichen« verrechnet werden, als<br />
Mehrwert für die, die sowieso schon gute Main<br />
Das Grundübel: In der digitalen Welt ist ein ProstreamUmsätze haben. Die GEMA will aber nicht<br />
dukt auf ein kleines, unstoffliches Datenfile ge »die Bohlens dieser Welt« begünstigen, sondern<br />
schrumpft, das ich beliebig kopieren, benutzen, dafür sorgen, dass jeder »Kleine« seine Kreativität<br />
weitersenden oder auch löschen kann. War ich honoriert bekommt, wenn er im Netz Klicks gene<br />
früher im Tonstudio und kam mit vier Kilogramm<br />
Tonbändern wieder heraus, so ist heute das Resulriert<br />
und konsumiert wird.<br />
tat einer halbjährigen Produktionsarbeit ein Da Technisch wären alle in der Lage, digitale Nuttenfile<br />
mit lausigen 400 MB. Anscheinend wertlos, zungen unbürokratisch und vollautomatisch,<br />
a3K-Anzeige-April12-a:Layout 1 09.04.12 13:43 Seite 1<br />
wie ein Telefongespräch, zu verrechnen, sodass<br />
das Geld beim einzelnen Autor und Künstler ankäme.<br />
Nur: Die Großkonzerne sind am einzelnen<br />
Urheber kaum interessiert. Sie denken in »Marktanteilen«!<br />
Sie sagen: »Ich habe 30 % Marktanteil<br />
bei Youtube, also will ich 30 % des Milliardenumsatzes<br />
…« Das Geld wird ausbezahlt, findet bislang<br />
aber nie seinen Weg zum einzelnen Autor<br />
– weil es für die Konzerne viel ertragreicher ist,<br />
das Geld selbst zu behalten. Die GEMA kämpft<br />
wie Robin Hood für die Kleinen und Entrechteten.<br />
Und die »Piraten« (die sich früher mal als die<br />
eigentlichen Robin Hoods der Meere gesehen<br />
haben) machen sich seltsamerweise für Google,<br />
Milliardenkonzerne & Co. stark!<br />
Das Bekenntnis der Piraten, sie seien zwar für die<br />
Künstler und Kreativen, aber nicht für die Verwerter<br />
(Verlage, Labels, Vertriebshändler), ist grundfalsch.<br />
Wenn zum Beispiel meine Werke in China<br />
oder New York gespielt werden, dann kann ich<br />
nicht selber das Notenmaterial verpacken oder<br />
Rechnungen stellen. Das macht zum Glück mein<br />
»großer Bruder« SchottVerlag. Wenn wir CDs herstellen,<br />
dann brauchen wir ein Label, einen Vertrieb,<br />
Zwischenhändler, die ganze Verwerterkette<br />
… sonst hätten wir statt Musik BWL studieren müssen.<br />
Urheber bzw. Kreative brauchen »Verwerter«,<br />
die marktkundig und konkurrenzorientiert sind.<br />
Natürlich soll auch Youtube, diese geniale demokratische<br />
Plattform, erhalten bleiben. Natürlich<br />
soll eine Grauzone (wie das Probehören einer CD)<br />
unverrechnet bleiben. Wir brauchen aber eine<br />
selbstverständlich funktionierende Abrechnungssystematik<br />
– wie beim Benutzen des öffentlichen<br />
Verkehrsnetzes.<br />
By the way: allein die Filmmusik, die jeden Tag auf<br />
60 TVProgrammen massenhaft gespielt wird …<br />
Zum Glück gibt es Verwerterstrukturen (von Verlagen<br />
bis zur GEMA), die dafür sorgen, dass alle<br />
Musik in Radio und Fernsehen namentlich abgerechnet<br />
wird. Hurra, es funktioniert! Sollten wir<br />
Musiker alle 60 Kanäle selber kontrollieren und<br />
anschreiben? An diesen Erträgen hängen eine<br />
ganze Musikindustrie, Tonmeister, Ensembles, Hersteller<br />
von Unterhaltungselektronik … Kultur ist<br />
übrigens – noch vor der Stahlindustrie liegend –<br />
die umsatzstärkste Branche in Deutschland. Mit<br />
dem Wegfall des geistigen Eigentums würde ein<br />
wirtschaftliches Chaos ausbrechen. Da verhungerten<br />
auch die Piraten, wenn sie dann keine vollen<br />
Schiffe mehr kapern könnten!<br />
Enjott Schneider<br />
ist Komponist von<br />
Opern, Sinfonien, vielen<br />
Hundert Filmen<br />
(»Schlafes Bruder«,<br />
»Das Mädchen Rosemarie«,<br />
»Jahrestage«,<br />
»Die Flucht«, »Stauffenberg«,<br />
»Herbstmilch«),<br />
Hochschulprofessor<br />
für Komposition in München, Schriftsteller und<br />
Aufsichtsratsvorsitzender der GEMA. Details<br />
unter �www.enjott.com. Foto: Ursus Samaga<br />
Das Chaos ist aufgebraucht<br />
Der neue Spielplan ist da<br />
Ein beitrag von Florian pittroff<br />
Das waren zuletzt gute Wochen für das Theater<br />
Augsburg – die Bayerischen Theatertage gehen<br />
in der Fuggerstadt über die Bühne, die neue Interimsspielstätte,<br />
die brechtbühne, wurde nach<br />
langem Hin und Her eröffnet und nun wurde<br />
auch noch der neue Spielplan für die Spielzeit<br />
2012/13 vorgestellt. Und der kann sich wie schon<br />
in den vergangenen Jahren auch sehen lassen.<br />
Von Brecht über »Hair« bis zu »Minna von Barnhelm«<br />
findet sich viel Interessantes und Ambitioniertes<br />
im Spielplan. So zum Beispiel in<br />
deutscher Erstaufführung »Israel, mon amour«.<br />
Hier sind zwei aktuelle Stücke zu erleben, die in<br />
Israel für Furore, aber auch für Irritationen gesorgt<br />
haben: »Odysseus auf dem Flaschenfloß«<br />
und »In Spuckweite«. Aber auch der gute alte<br />
Brecht darf nicht fehlen: Das etwas sperrige<br />
Stück, so Schauspieldirektor Markus Trabusch,<br />
»Im Dickicht der Städte« wird zur Aufführung<br />
kommen. Wo? Natürlich auf der neuen brechtbühne<br />
– versteht sich!<br />
Apropos Brecht. Das Brechtfestival wird 2013<br />
zum ersten Mal seinen Schwerpunk im Theater<br />
haben. Darüber hinaus laufen derzeit die Planungen<br />
bezüglich eines Gastspiels.<br />
Cover Spielplan 2012/13 Fotos: A.T. Schaefer<br />
Dirk Kaftan hat in der Spielzeit 2012/13 auch viel<br />
vor. Durch das Engagement von MAN Diesel &<br />
Turbo konnte der Generalmusikdirektor einige<br />
namhafte Gaststars nach Augsburg lotsen: Kit<br />
Armstrong, Trilok Gurtu und Sharon Kam.<br />
Im Jahr 2013 wird die Aufmerksamkeit der<br />
musik und theaterinteressierten Öffentlichkeit<br />
in ganz besonderer Weise auf Richard Wagner<br />
liegen. Anlass: der 200. Geburtstag und der 130.<br />
Todestag des berühmten Komponisten. In Augsburg<br />
wird es nach heutigem Stand keinen Wagner<br />
geben. Bei den Spielplanüberlegungen haben<br />
sich die Verantwortlichen zwar schon Gedanken<br />
gemacht – aber alle Bühnen um Augsburg<br />
herum spielen Wagner. Statt Wagner wartet<br />
Augs burg mit »Don Giovanni«, »La Boheme« und<br />
dem Ring auf. Nein, nicht dem des Nibelungen,<br />
sondern mit dem »Ring des Polykrates«. Auch<br />
alles sehenswert!<br />
Balletttechnisch steht natürlich wieder die<br />
große Gala auf dem Spielplan. Die Tickets sind<br />
allerdings noch nicht im Vorverkauf erhältlich.<br />
Außerdem gibt es »Divertimento für Mozart«<br />
und »Liebe und andere Tragödien«. Für den ersten<br />
Auftritt auf der brechtbühne erwarten den<br />
geneigten Ballettinteressenten fünf Choreografen,<br />
die einen Abend zum Thema »Heroes«<br />
gestalten. �www.theater-augsburg.de<br />
Foto: Thorsten Hartmann<br />
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