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TickeTs & konzerTkarTen - a3kultur

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03<br />

21. Mai bis 03. Juni 2012<br />

PORTRÄT<br />

Wer macht hier die POPKULTUR?<br />

Am 5. Mai lud <strong>a3kultur</strong> zur großen Diskussionsrunde Pop in die Ballonfabrik. Wir sprachen an diesem Abend mit Machern und Kennern aus unterschiedlichen Szenen über<br />

ein eigentlich trockenes Thema. Es ging um die Verwaltung der Popkultur. Nach zwei lebhaften Stunden gelangten wir zu einem erstaunlichen Ergebnis. Aber dazu später.<br />

Gäste waren: Ina Jeske – Ethnologin an der Uni Augsburg und Mitgründerin des Forums Populärkultur, Thomas Weitzel – Kulturamtschef und Präsident der Deutschen Mozart-Gesellschaft, Fritz<br />

Effenberger – Autor und Piratenchef in Schwaben, Peter Bommas – Geschäftsführer Kulturpark West und Junges Theater, Manfred Hörr – Sozialarbeiter und Konzertveranstalter, Florian Kapfer –<br />

Neue-Szene-Redakteur und Popmusiker, Stefan Sieber – DJ und Modular-Festivalleiter beim Stadtjugendring, Horst Thieme – IT-Profi und Poetry Slam Master. Moderiert wurde die Diskussion von<br />

<strong>a3kultur</strong>-Herausgeber Jürgen Kannler, aufgezeichnet von Andrea Reichart.<br />

Intro<br />

Die Geschichte der Augsburger Popkultur<br />

wurde im letzten Kommunalwahlkampf um ein<br />

bemerkenswertes Kapitel erweitert. Nachdem<br />

der damals regierende Regenbogen mit dem<br />

Thema nicht allzu viel anzufangen wusste, erkannte<br />

die CSU um den heutigen OB Gribl das<br />

Potenzial und versuchte damit nicht zuletzt<br />

junge Wähler anzusprechen. Der Coup gelang,<br />

aus Pop wurde Politik und die CSU lancierte die<br />

Gründung der sogenannten Popkommission,<br />

einer Art Interessenvertretung für Clubbetreiber<br />

und Popaktivisten. Ein Ziel der Kommission<br />

war es, den Popalltag in Augsburg mit einer<br />

besseren Infrastruktur zu versehen und die<br />

ebenfalls neu geschaffene Stelle des Popkulturbeauftragten<br />

als eine Art Poplobby kritisch und<br />

unterstützend zu begleiten. So weit sollte es jedoch<br />

nicht mehr kommen. Nach dem Regierungswechsel<br />

wurde der im CSU­Wahlkampf<br />

aktive Sprecher der Popkommission zum ersten<br />

Popkulturbeauftragten der Stadt und die Popkommission<br />

wickelte sich wenig später selber<br />

ab. Das geschah vor gut drei Jahren. Ende Mai<br />

soll nun die Stelle des Popkulturbeauftragten<br />

erneut ausgeschrieben werden. Wer nach dem<br />

dubiosen Abgang des bisher ersten und einzigen<br />

Stelleninhabers Richard Goerlich vor einigen<br />

Monaten die vielfältigen Reaktionen und<br />

die opulente Berichterstattung zum Thema verfolgt<br />

hat, konnte annehmen, beim Popbüro<br />

handelte es sich um eine jener sagenumwobenen<br />

Institutionen, die rein aus politischem<br />

Willen heraus tatsächlich die Welt verbessert<br />

haben. Nachdem die Stelle nun aber bald ein<br />

halbes Jahr verwaist blieb und die erhitzten Gemüter<br />

sich beruhigen konnten, stellen sich<br />

immer mehr Kreative die Frage, wie effektiv<br />

diese Institution wirklich war. Auf der Basis des<br />

vom Kulturreferat erstellten Anforderungsprofils<br />

erarbeiteten sowohl der Kulturpark West<br />

(KPW) als auch der Stadtjugendring (SJR) einen<br />

Plan zur »Weiterführung, Neustrukturierung<br />

und inhaltlichen Weiterentwicklung der Jugendkultur,<br />

Popkultur und Kreativwirtschaft in<br />

Augsburg«, wie im SJR­Papier auf Seite 1 zu<br />

lesen ist. Doch noch bevor Peter Bommas und<br />

Stefan Sieber die von ihnen mitgestalteten Konzepte<br />

(beide Konzepte und die Präambel der Popkommission<br />

als Download auf www.<strong>a3kultur</strong>.de) in der<br />

Ballonfabrik vorstellen konnten, wurden die<br />

Kriterien, nach denen ein Popbüro in Zukunft<br />

arbeiten solle, nicht zuletzt von den beiden Mitautoren<br />

selber durch den Fleischwolf gedreht.<br />

Und nicht nur das.<br />

Nun einige Statements …<br />

Ina Jeske sprach von Schwierigkeiten, den Begriff<br />

»Popkultur« überhaupt zu definieren, und wandte<br />

sich prinzipiell gegen eine Trennung in Hoch­<br />

und Tiefkulturen. In diesem Zusammenhang<br />

betonte sie die Altersunabhängigkeit im Pop und<br />

unterstrich, dass es hier »nicht nur um massenkulturelle<br />

Phänomene« gehe. »Hilflos« nannte<br />

Horst Thieme den Versuch, alle möglichen Aspekte<br />

unter dem Begriff »Pop« zu deckeln, und<br />

bescheinigte der Politik: »Popkultur wird gehypt,<br />

aber nicht erst genommen, hier wird ein Konzept<br />

nicht zu Ende gedacht.« Natürlich weiß auch Stefan<br />

Sieber vom »Strahlfaktor« der Popkultur ein<br />

Lied zu singen und auch von denen, die sich von<br />

diesem Phänomen Vorteile versprechen, jedoch<br />

nicht bereit sind, diesen Wert auch mit den nötigen<br />

finanziellen Mitteln in eine angemessene Relation<br />

zu bringen. Als Beispiel nannte er die<br />

70.000 Euro Gesamtetat für das Popbüro. Auch<br />

Thomas Weitzel präsentierte interessante Zahlen.<br />

Demnach schmolz der Projektfördertopf des Kulturamts<br />

innerhalb weniger Jahre von einst 80.000<br />

auf heute 18.000 Euro. Dem stellte er die freien<br />

Fördermittel ausschließlich für die Popkultur in<br />

annähernd gleicher Höhe gegenüber und zeigte<br />

sich darüber schon etwas verwundert. Zumal<br />

Förderrichtlinien bisher nicht nach einheitlichen<br />

Kriterien angewandt werden. Schließlich plädierte<br />

er: »Es muss eine gesunde Balance geben,<br />

um die Projektgelder Kultur muss eine Diskussion<br />

geführt werden.« Klar, dass sich auch Peter<br />

Bommas dafür aussprach, alle kulturellen Projekte<br />

wieder aus einem Topf und nach transparenten<br />

Kriterien zu vergeben. Gleichzeitig forderte<br />

er »eine starke Partizipation der Szenen« und<br />

wandte sich damit klar gegen eine Personalunion<br />

von Popkulturbeauftragtem und Intendant. Er<br />

forderte in dieser Position einen Dienstleister, der<br />

Strukturen vorgibt und Projekte organisatorisch<br />

begleitet. »Für die Kultur wäre es wünschenswert,<br />

wenn sich die Politik und die Bürokratie aus dem<br />

Thema weitgehend heraushalten würden«, meinte<br />

Fritz Effenberger und vertraute dabei auf die<br />

Kraft der Kreativen. Gleichzeitig bemängelte er<br />

aber auch zu wenig aktive Kommunikationswege,<br />

derer sich die Kreativen zurzeit bedienen könnten.<br />

Hier setzte Florian Kapfer an und brachte als eine<br />

mögliche Organisationsform einen Beirat ins<br />

Spiel, der sich aus verschiedensten Protagonisten<br />

der Szenen zusammensetzen könnte. Gleichzeitig<br />

stellte er den Aufwand in Bezug auf das Verhältnis<br />

von Popkulturverwaltung und Projektförderung<br />

im bisherigen Popbüro infrage und favorisierte<br />

einen Beauftragten, der unter möglichst wenig<br />

bürokratischen Zwängen agiert. Nun nahm Manfred<br />

Hörr den Ball auf und gab zu bedenken, dass<br />

generell schnell über Geld gesprochen werde,<br />

wenn es eigentlich um Strukturen gehen sollte. Er<br />

vermisse beispielsweise eine demokratische Struktur<br />

in der Etatverteilung und machte dies am<br />

»skandalös geringen Etat des Sozialreferats« deutlich.<br />

Schließlich stellte er die Frage: »Wie kriegen<br />

wir Intelligenz in die Verteilung?« Darauf wusste<br />

auf die Schnelle auch Stefan Sieber keine klare<br />

Antwort und brachte das Gespräch auf das Modethema<br />

Kreativwirtschaft, einen von mehreren<br />

Punkten im Anforderungsprofi für das »neue Popbüro«.<br />

Seiner Ansicht nach macht es wenig Sinn,<br />

wenn sich der neue Popkulturbeauftragte gleichzeitig<br />

um die Kreativwirtschaft kümmern soll.<br />

Zumal vonseiten der Stadt eher nur geredet<br />

werde, als Struktur und Förderung zu bieten.<br />

Horst Thieme brachte es auf den Punkt: »Sobald<br />

die Kultur wirtschaftet, sollte das Kulturreferat<br />

die Finger davon lassen und sich das Wirtschaftsreferat<br />

einschalten.« Unterstützung fand er dabei<br />

unter anderem bei Thomas Weitzel und Fritz Effenberger,<br />

die einerseits das Mannheimer Modell<br />

(gilt bundesweit als vorbildliche Popkulturförderung,<br />

d. Red.) mit einer klaren Trennung der Bereiche<br />

Wirtschaft und Kultur anführten und<br />

andererseits deren Vermischung generell infrage<br />

stellten. Ferner warnte Weitzel davor, die Stelle<br />

ohne ausreichende Ausstattung mit Mitteln zu<br />

beschließen, und plädierte dafür, sie nach wie vor<br />

im Kulturamt angesiedelt zu lassen. Hierin fand<br />

er auch bei Ina Jeske Unterstützung, die davon<br />

sprach, dass die Stadt bei einer Verlagerung des<br />

Popbüros hin zum SJR oder zum KPW auch symbolhaft<br />

Verantwortung abgeben würde. Florian<br />

Kapfer ergänzte, dass es unbedingt wieder jemanden<br />

geben müsse, »der sein Gesicht für den<br />

Pop hinhält und es gleichzeitig schafft, das Publikum<br />

mit einzubeziehen«. Peter Bommas forderte<br />

noch: »Das Popbüro muss stärker darin werden,<br />

die Szenen sich selbst kuratieren zu lassen.«<br />

… dann ging alles ganz schnell:<br />

Aus dem Publikum Linus Förster, Landtagsabgeordneter<br />

der SPD: Wir brauchen mehr Transparenz<br />

in Kulturfragen. Nicht nur wenn es um die Verteilung<br />

der Mittel geht, sondern ganz allgemein.<br />

Ina Jeske: Das wird nicht leicht, ich denke da nur<br />

ans Theater.<br />

Horst Thieme: Ein Beirat ist richtig und wichtig,<br />

wir sollten einen Popkulturbeirat starten!<br />

Jürgen Kannler: Warum nur für Pop? Wir haben<br />

heute doch gehört, dass die Verflechtungen zwischen<br />

den Szenen und Kulturen viel zu eng sind,<br />

um sie einzeln zu behandeln.<br />

Fritz Effenberger: Im Zentrum dessen, was wir<br />

formen, sollte stehen, den Kulturschaffenden eine<br />

Stimme zu geben.<br />

Stefan Sieber: Ein Kulturbeirat bündelt viele unterschiedliche<br />

Interessen, das könnte schwierig<br />

werden, kann aber klappen.<br />

Aus dem Publikum CSU­Mann und KuKi­Vorstand<br />

Michael Bernicker: Der Beirat funktioniert, wenn<br />

wir wissen, was wir wollen.<br />

Thomas Weitzel: In einem Kulturbeirat sollte vor<br />

allem die kulturinteressierte Öffentlichkeit vertreten<br />

sein und nicht bestimmte Interessenvertreter.<br />

Aus dem Publikum Rainer Erben, Grünen­Stadtrat:<br />

Der Beirat muss überparteilich sein.<br />

Peter Bommas: Ein Beirat entsteht durch Selbstorganisation<br />

und Sich­zu­Wort­Melden. Später muss<br />

man zu den Fraktionen gehen.<br />

Fritz Effenberger lässt spontan abstimmen, wer<br />

von den ca. 60 Anwesenden einen Kulturbeirat<br />

haben will. Das Ergebnis: alle, bis auf eine Neinstimme<br />

und zwei Enthaltungen.<br />

Jürgen Kannler: Wir versuchen also, einen Kulturbeirat<br />

zu installieren. Gut, wir werden kommende<br />

Woche dazu eine Seite auf Facebook freischalten.<br />

Aus dem Publikum Frank Mardaus, Künstler und<br />

SPD­Mann: Ist das die Idee, jetzt alles auf Eis zu<br />

legen, bis es einen Beirat gibt?<br />

Anonymes Schlusswort aus dem Publikum:<br />

Wenn sich der OB einbildet, diese Stelle neu besetzen<br />

zu können, dann sitzen wir auf der anderen<br />

Seite des Knochens.<br />

Die Freischaltung der Adresse www.facebook.<br />

com/kulturbeirat.augsburg erfolgte am 11.<br />

Mai. Es ist jeder dazu eingeladen, dieses Projekt<br />

mitzugestalten.<br />

�Zusammenfassung: Jürgen Kannler,<br />

siehe auch Kommentar Seite 2.<br />

w w w . a 3 k u l t u r . d e

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