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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 55 – Drucksache 16/10140<br />

parierung beträfe die marktbeherrschenden Unternehmen<br />

auf dem Markt für den erstmaligen Stromabsatz. Die Unternehmen<br />

würden dazu veranlasst, innerhalb angemessener<br />

Frist bestimmte Teile ihres Kraftwerksparks zu veräußern<br />

oder auf andere Weise zu verselbständigen.<br />

Hierdurch ließe sich prinzipell eine direkte Wettbewerbsbelebung<br />

auf der Erzeugerebene erreichen, sofern geeignete<br />

Käufer für die Kraftwerke gefunden werden könnten.<br />

Eine horizontale Entflechtung birgt jedoch ebenfalls<br />

nicht unerhebliche ökonomische Risiken, auf welche die<br />

Monopolkommission bereits mehrfach hingewiesen hat.<br />

So besteht unter anderem die Gefahr, dass für die Erzeuger<br />

nach der Abgabe von Kraftwerkskapazitäten eine angemessene<br />

Risikodiversifikation über verschiedene<br />

Kraftwerkstypen (Grundlast-, Mittellast- und Spitzenlastkraftwerke)<br />

nicht mehr möglich ist. Darüber hinaus<br />

würde eine horizontale Entflechtung – sofern sie nicht<br />

von einer vertikalen Separierung des Netzbetriebs begleitet<br />

wird – auch weitehin die bisher praktizierte Regulierung<br />

des Netzbetriebs erforderlich machen. 37<br />

35. Jede Form der eigentumsrechtlichen Entflechtung<br />

verursacht einmalige direkte volkswirtschaftliche Kosten<br />

von nicht unerheblichem Ausmaß, denen ein – seiner<br />

Höhe nach – unsicherer volkswirtschaftlicher Nutzen gegenübersteht.<br />

Diese Kosten setzen sich unter anderem aus<br />

Anwalts-, Notar-, Unternehmensberatungs- und Wirtschaftsprüfungskosten<br />

sowie den Kosten für die rechtliche<br />

und organisatorische Umstrukturierung zusammen.<br />

Vor diesem Hintergrund sind die Preiseffekte nach einer<br />

vorgenommenen eigentumsrechtlichen Entflechtung<br />

nicht vorhersehbar. Denkbar wäre auch, dass als Folge die<br />

Energiepreise steigen können.<br />

36. Es ist davon auszugehen, dass durch den Entflechtungszwang<br />

der erzielbare Verkaufserlös im Vergleich zu<br />

einem freiwilligen Verkauf gemindert wird. Die betroffenen<br />

Unternehmen können sich, falls sie die Kaufgebote<br />

als zu gering erachten, nicht für den Eigenbetrieb der<br />

Netze entscheiden. Diese Information werden die Käufer<br />

bei ihren Geboten berücksichtigen. Der Verkaufserlös<br />

wird in der Regel umso geringer ausfallen, je kleiner der<br />

potenzielle Käuferkreis ist. Dies lässt sich zum einen da-<br />

37 gewiesen sein müsse. Ferner müsse es sich um einen Markt für bedeutende<br />

oder gar unverzichtbare Güter handeln, an denen ein erhebliches<br />

versorgungs- und strukturpolitisches Interesse bestehe.<br />

Eine Entflechtung könne nur erfolgen, wenn zuvor eine umfassende<br />

Marktanalyse durchgeführt worden sei. Die Entflechtung darf nach<br />

dem Gesetzentwurf ausnahmsweise nicht erfolgen, wenn ein Ministerdispens<br />

erteilt wird (§ 42a GWB-E). Dieser Dispens setze jedoch<br />

voraus, dass die bestehenden Wettbewerbsbedingungen durch gesamtwirtschaftliche<br />

Vorteile aufgewogen werden oder die gegebene<br />

Struktur der betroffenen Unternehmen durch ein überragendes Interesse<br />

der Allgemeinheit gerechtfertigt sind. Ebenso wie bei der Ministererlaubnis<br />

in Fusionsfällen soll eine vorherige Stellungnahme der<br />

Monopolkommission eingeholt werden. Der Gesetzesentwurf vom 2.<br />

November 2007 wurde von Herrn Staatsminister Rhiel in der Sitzung<br />

des Bundesrates am 14. März 2008 vorgestellt. In der Sitzung wurde<br />

beschlossen, den Entwurf zur weiteren Beratung an den Wirtschaftsausschuss<br />

des Bundesrates zu verweisen.<br />

37 Darüber hinaus bestünde die Gefahr einer Rekonzentration, die sich<br />

im Zeitablauf nach einer vorgenommenen Entflechtung insbesondere<br />

durch Fusionen ergeben könnte. Dieser Gefahr wäre unbedingt im<br />

Rahmen der Fusionskontrolle vorzubeugen.<br />

rauf zurückführen, dass sich die potenziellen Käufer strategisch<br />

verhalten. Zum anderen ist es möglich, dass durch<br />

die spezifischen Anforderungen an einen potenziellen<br />

Käufer eines Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzes Interessenten<br />

mit einer vergleichsweise höheren Zahlungsbereitschaft<br />

ausgeschlossen werden. Beschränkt wird der<br />

Käuferkreis zunächst durch die Anforderungen an das<br />

notwendige netzspezifische Know-how. Zusätzlich limitieren<br />

die Regelungen des EnWG, die Entflechtungsbestimmungen<br />

der Richtlinienvorschläge sowie das hierin<br />

vorgesehene Zertifizierungsverfahren 38 den Käuferkreis.<br />

37. An der Wirksamkeit des Entflechtungsinstruments<br />

für den Gassektor hegt die Monopolkommission grundsätzlich<br />

Zweifel. Der Großteil des Gasangebotes erfolgt<br />

von Unternehmen, die ihren Hauptsitz außerhalb der EU<br />

haben. Sollten Netze, die sich in ihrem Eigentum befinden<br />

und innerhalb der Europäischen Gemeinschaft liegen,<br />

entflochten werden, können sie problemlos mit einer Erhöhung<br />

der Netzentgelte bzw. Gaspreise an den EU-<br />

Grenzen reagieren. Darüber hinaus kann eine vertikale<br />

Entflechtung im Gasbereich dazu führen, dass die Markteintritte<br />

echter Newcomer im Bereich der Stromerzeugung<br />

unterbleiben. Befürchtet z. B. das Unternehmen<br />

Gazprom, dass es sein geplantes Gaskraftwerk nicht mit<br />

Gas über die eigenen Netze beliefern darf, könnte dieser<br />

Umstand den Gaskonzern an einem Markteintritt auf den<br />

Markt für erstmaligen Stromabsatz hindern.<br />

2.2 Unabhängiger Netzbetreiber<br />

(Independent System Operator, ISO)<br />

38. Einen strukturellen Eingriff mit einer vergleichsweise<br />

geringeren Eingriffsintensität stellt die Schaffung<br />

eines unabhängigen Netzbetreibers dar (Independent System<br />

Operator, ISO). 39 Wird das ISO-Modell realisiert, so<br />

bleibt das Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetz zwar im<br />

Eigentum des vertikal integrierten Versorgungsunternehmens,<br />

die eigentliche Geschäftstätigkeit wird jedoch von<br />

dem unabhängigen Netzbetreiber wahrgenommen. Ein<br />

unabhängiger Netzbetreiber stellt ein Unternehmen oder<br />

eine Instanz dar, das bzw. die völlig getrennt von dem<br />

vertikal integrierten Unternehmen ist. 40 Der ISO wird auf<br />

Vorschlag des jeweiligen Eigentümers des Übertragungsbzw.<br />

Fernleitungsnetzes vom Mitgliedstaat benannt, sofern<br />

ihm von der nationalen Regulierungsbehörde bescheinigt<br />

wurde, dass er den Anforderungen der Elektrizitäts-<br />

bzw. Gas-Richtlinie genügt. 41 Die Benennung ist<br />

anschließend von der EU-Kommission zu genehmigen. 42<br />

39. Die nationale Regulierungsbehörde überwacht im<br />

Anschluss die Beziehungen und die Kommunikation zwi-<br />

38 Vgl. Artikel 8b Richtlinienvorschlag-Elektrizität sowie Artikel 7b<br />

Richtlinienvorschlag-Gas.<br />

39 Vgl. Artikel 10 Richtlinienvorschlag-Elektrizität sowie Artikel 9<br />

Richtlinienvorschlag-Gas.<br />

40 Vgl. Richtlinienvorschlag-Elektrizität, Ziffer 1.2 sowie Richtlinienvorschlag-Gas,<br />

Ziffer 1.2.<br />

41 Vgl. Art 10 Abs. 2 Richtlinienvorschlag-Elektrizität sowie Artikel 9<br />

Abs. 2 Richtlinienvorschlag-Gas.<br />

42 Vgl. Art 10 Abs. 1 Satz 1 Richtlinienvorschlag-Elektrizität sowie Artikel<br />

9 Abs. 1 Satz 1 Richtlinienvorschlag-Gas.

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