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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 45 – Drucksache 16/10140<br />

bereits eine veränderte Rechtsanwendungspraxis ausreicht<br />

und die europäischen Gerichte ihre traditionelle<br />

Rechtsprechung aufgeben.<br />

126.* Das in der Beihilfenkontrolle angewendete Verfahren<br />

sollte nach Ansicht der Monopolkommission reformiert<br />

und in bestimmten Punkten an das europäische<br />

Kartellverfahren angeglichen werden. In diesem Zusammenhang<br />

sollten die Verfahrensrechte von Wettbewerbern<br />

und Beihilfenempfängern gestärkt, die Untersuchungsmöglichkeiten<br />

der EU-Kommission gegenüber Unternehmen<br />

verbessert und kürzere, verbindliche Genehmigungsfristen<br />

eingeführt werden. Zu erwägen ist, anstelle des<br />

bisherigen Legalitätsprinzips der EU-Kommission, wie<br />

im Kartellrecht, ein Aufgreifermessen einzuräumen, sofern<br />

die Beihilfe ein bestimmtes Volumen nicht überschreitet.<br />

Hierdurch würde es der EU-Kommission ermöglicht,<br />

Prioritäten zu setzen und sich auf wichtige<br />

Beihilfenfälle zu konzentrieren. Das Aufgreifermessen<br />

könnte durch die Einführung einer privaten Feststellungsklage<br />

flankiert werden. Die Monopolkommission empfiehlt<br />

zudem, Klagen des Beihilfenempfängers, betroffener<br />

Wettbewerber und ihrer Verbände vor den<br />

Gemeinschaftsgerichten auch bei allgemeinen Beihilfenregelungen<br />

zuzulassen. Darüber hinaus sollten Wettbewerber<br />

leichter Rechtsschutz auf europäischer Ebene erlangen<br />

können. Der Rechtsschutz auf nationaler Ebene<br />

sollte zusammenhängend geregelt werden und den Bedürfnissen<br />

des Beihilfenrechts Rechnung tragen. Hierbei<br />

sollte insbesondere in Anlehnung an das Kartellrecht<br />

(§ 33 Abs. 2 GWB) eine Klagebefugnis für Verbände eingeführt<br />

werden. Welche Mindeststandards dafür in den<br />

Mitgliedstaaten zu schaffen sind, könnte Gegenstand einer<br />

EU-Richtlinie werden. Darüber hinaus sollte die aufschiebende<br />

Wirkung von Klagen in Rückforderungsfällen<br />

ausgeschlossen und ein effizientes Rechtsschutzsystem<br />

geschaffen werden, das ähnlich wie im öffentlichen Vergaberecht<br />

(§§ 104 ff. GWB) ausgestaltet werden könnte.<br />

127.* Bei einer Rückführung der europäischen Beihilfenkontrolle<br />

auf den Schutz des grenzüberschreitenden Wettbewerbs<br />

wird ihr Anwendungsbereich im Vergleich zur<br />

bisherigen Verwaltungspraxis der EU-Kommission begrenzt.<br />

Nach Ansicht der Monopolkommission ist es geboten,<br />

zugleich auf nationaler Ebene effektive komple-<br />

mentäre Kontrollmechanismen zu schaffen. Andernfalls<br />

besteht die Gefahr, dass infolge einer zu geringen Kontrolldichte<br />

die Vergabe von Beihilfen auf einem ineffizient<br />

hohen, volkswirtschaftlich schädlichen Niveau erfolgt.<br />

Während sich die Kompetenz der EU-Kommission<br />

im Rahmen der europäischen Beihilfenkontrolle auf den<br />

Schutz des grenzüberschreitenden Wettbewerbs beschränkt,<br />

sind die Mitgliedstaaten berufen, die gesamten<br />

volkswirtschaftlichen Kosten – einschließlich der Finanzierungs-<br />

und anderen Opportunitätskosten – bei der Vergabe<br />

von Beihilfen in Rechnung zu stellen und mit dem<br />

erwarteten Nutzen abzuwägen.<br />

128.* Nach Ansicht der Monopolkommission sollten nationale<br />

Beihilfenprogramme einer regelmäßigen Erfolgskontrolle<br />

unterzogen werden und in gravierenden Fällen,<br />

in denen die Einzelbeihilfe oder das Beihilfenprogramm<br />

ein näher zu definierendes Volumen überschreitet, eine<br />

gesamtwirtschaftlich angelegte Ex-ante-Kontrolle durch<br />

eine unabhängige nationale Instanz durchgeführt werden.<br />

Zudem sollten Beihilfen grundsätzlich im Rahmen eines<br />

offenen und transparenten Verfahrens vergeben werden.<br />

Beihilfen, die von vornherein auf individuelle Unternehmen<br />

oder eine spezifische Branche zugeschnitten sind,<br />

sollten verboten und nur in Ausnahmefällen im Rahmen<br />

einer nationalen Ex-ante-Kontrolle erlaubt werden. Neben<br />

einer Befristung von Beihilfenprogrammen und einer<br />

degressiven Ausgestaltung langfristiger Förderungen<br />

sollten Beihilfen ab einem bestimmten Volumen durch<br />

die jeweilige öffentliche Stelle vorab auf einer zentralen<br />

Plattform im Internet veröffentlicht werden. Darüber hinaus<br />

sollten insbesondere subjektive Rechte potenzieller<br />

Beihilfenempfänger, betroffener Wettbewerber und ihrer<br />

Verbände sowie ein effizientes Rechtsschutzsystem geschaffen<br />

werden.<br />

129.* Die Vorschläge der Monopolkommission zur<br />

Rückführung der Beihilfenaufsicht der EU-Kommission<br />

auf wettbewerbsrelevante Beihilfen und zur Schaffung<br />

nationaler Kontrollmechanismen stellen ein Maßnahmepaket<br />

dar, das nur zusammenhängend verwirklicht werden<br />

sollte, da europäische und nationale Beihilfenkontrolle<br />

miteinander verzahnt sind und nur so die Effektivität<br />

der Vergabe von Beihilfen sichergestellt werden kann.

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