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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 43 – Drucksache 16/10140<br />

Hoheitsträger. Neben dem Beweggrund, grenzüberschreitende<br />

Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern, kann<br />

mit der Delegierung der Beihihilfenkontrolle an eine supranationale<br />

Instanz wie die EU grundsätzlich auch bezweckt<br />

werden, den effizienten Einsatz öffentlicher Ressourcen<br />

extern überprüfen zu lassen. Staatliche Beihilfen<br />

können nicht nur zu erheblichen negativen Folgen für den<br />

Wettbewerb, sondern auch zu weiteren volkswirtschaftlichen<br />

Kosten und Ineffizienzen führen. Da für Beihilfen<br />

ein Transferschema kennzeichnend ist, sind sie zunächst<br />

mit direkten Finanzierungskosten verbunden. Außerdem<br />

stammen die Zuwendungen aus Steuern, die ihrerseits<br />

Wohlfahrtsverluste in anderen Bereichen nach sich ziehen<br />

(Schattenpreis der Besteuerung) oder anders eingesetzt<br />

werden könnten (Opportunitätskosten). Zudem können<br />

Beihilfen bedingt durch Fehlprognosen und Mitnahmeeffekte<br />

zu einer Verschwendung öffentlicher Mittel führen.<br />

Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die verantwortlichen<br />

politischen Entscheidungsträger Beihilfen<br />

öffentlichkeitswirksam einsetzen und Partikularinteressen<br />

unterstützen, um die eigene Wiederwahl bzw. den Wahlerfolg<br />

der eigenen Partei zu fördern.<br />

116.* Die gesetzessystematische Stellung und der Wortlaut<br />

des Beihilfenverbotstatbestands machen deutlich,<br />

dass die Artikel 87 ff. EGV auf den Wettbewerb im Binnenmarkt<br />

und nicht auf eine externe Haushaltskontrolle<br />

ausgerichtet sind. Durch die bereits 1958 erfolgte Einführung<br />

der Beihilfenkontrollvorschriften sollte die Errichtung<br />

eines einheitlichen Binnenmarkts gefördert und verhindert<br />

werden, dass die Mitgliedstaaten den Abbau von<br />

Handelshemmnissen und die Verwirklichung der europäischen<br />

Grundfreiheiten durch den Einsatz von Beihilfen<br />

konterkarieren. Eine Kompetenz zur Kontrolle der Haushalte<br />

steht der EU-Kommission innerhalb der Artikel 87 ff.<br />

EGV dagegen nicht zu. Vielmehr sind die Mitgliedstaaten<br />

aufgefordert, im innerstaatlichen Bereich wirksame Kontrollmechanismen<br />

und ein stringentes System zu schaffen,<br />

um eine Verschwendung staatlicher Mittel als Folge<br />

von Beihilfenexzessen zu verhindern.<br />

117.* Zum Schutz des grenzüberschreitenden Wettbewerbs<br />

im EU-Binnenmarkt erfüllt die europäische Beihilfenkontrolle<br />

eine wichtige und tragende Funktion. In außereuropäischen<br />

Staaten fehlen häufig entsprechende<br />

Schutzmechanismen, so dass die Vergabe von Beihilfen<br />

durch die politischen Entscheidungsträger keiner strengen<br />

Kontrolle wie die durch die EU-Mitgliedstaaten vergebenen<br />

Beihilfen unterliegt. Infolgedessen besteht bei international<br />

umworbenen Großprojekten die Möglichkeit,<br />

dass Drittstaaten den Unternehmen höhere Beihilfenbeträge<br />

(Subventionen) in Aussicht stellen können als die an<br />

Artikel 87 ff. EGV gebundenen EU-Mitgliedstaaten.<br />

Nach Ansicht der Monopolkommission sollten die EU-<br />

Beihilfenregeln jedoch auch in solchen Konstellationen<br />

keine Einschränkung erfahren und nicht aufgeweicht werden.<br />

Vielmehr sollte angestrebt werden, bessere Schutzstandards<br />

auf internationaler Ebene zu etablieren und die<br />

Einführung strengerer Subventionsregeln (insbesondere<br />

im Rahmen der WTO) auch im Verhältnis zu Drittstaaten<br />

zu erwirken. Allerdings sollten auch die Beihilfen, welche<br />

die EU selbst vergibt, einer strengeren Kontrolle un-<br />

terworfen werden. Diese sind im Gegensatz zu Beihilfen,<br />

die durch die Mitgliedstaaten vergeben werden, nicht<br />

dem Kontrollregime der Artikel 87 ff. EGV unterworfen.<br />

Nach Ansicht der Monopolkommission ist zu erwägen,<br />

die Kontrolle über nationale und EU-eigene Subventionen<br />

auf eine neu zu errichtende, unabhängige europäische<br />

Aufsichtsbehörde zu übertragen, die frei von politischer<br />

Einflussnahme agieren kann.<br />

118.* Maßnahmen der Mitgliedstaaten mit Beihilfencharakter<br />

sind nach Artikel 87 Abs. 1 EGV grundsätzlich unvereinbar<br />

mit dem Gemeinsamen Markt. Dieses Beihilfenverbot<br />

gilt allerdings nicht absolut, vielmehr sind<br />

zahlreiche Ausnahmen und Rechtfertigungsgründe im<br />

EGV (insbesondere in Artikel 87 Abs. 3 EGV) vorgesehen.<br />

Über die Freistellung entscheidet die EU-Kommission,<br />

die hierbei über ein sehr weites Ermessen verfügt.<br />

Die Mitgliedstaaten sind dazu verpflichtet, die EU-Kommission<br />

über jede beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung<br />

von Beihilfen so rechtzeitig zu unterrichten, dass<br />

sie sich dazu äußern kann (Anmeldepflicht, Artikel 88<br />

Abs. 3 Satz 1 EGV). Solange eine solche Anmeldung bei<br />

der EU-Kommission nicht erfolgt und diese nicht abschließend<br />

entschieden hat, darf der Mitgliedstaat die<br />

Beihilfe nicht gewähren (Durchführungsverbot, Artikel<br />

88 Abs. 3 Satz 3 EGV).<br />

119.* Zur Umsetzung der von der EU-Kommission im<br />

SAAP angekündigten Reform sind inzwischen mehrere<br />

Maßnahmen ergangen. Diese machen deutlich, dass die<br />

EU-Kommission mit der Etablierung eines more economic<br />

approach in der Beihilfenkontrolle nicht bezweckt,<br />

künftig auf Per-se-Regeln und Vermutungstatbestände zu<br />

verzichten. Vielmehr hat die EU-Kommission den Anwendungsbereich<br />

der De-minimis-Verordnung erweitert<br />

und die Obergrenze der pauschal freigestellten Beihilfenbeträge<br />

auf 200 000 Euro (bezogen auf einen Zeitraum<br />

von drei Jahren) erhöht. Zudem hat sie eine allgemeine<br />

Gruppenfreistellungsverordnung vorgeschlagen, die mehr<br />

Beihilfen als bisher von der Anmeldepflicht befreien und<br />

einen einheitlichen Rechtsrahmen schaffen soll.<br />

120.* Der more economic approach der EU-Kommission<br />

setzt nicht bereits auf der Ebene des Beihilfentatbestands<br />

(Artikel 87 Abs. 1 EGV), sondern erst auf der Ebene der<br />

Rechtfertigung (Artikel 87 Abs. 3 EGV) an, bei welcher<br />

die Mitgliedstaaten die Beweislast dafür tragen, dass die<br />

jeweilige Beihilfe ausnahmsweise mit dem Gemeinsamen<br />

Markt vereinbar ist. Die EU-Kommission beabsichtigt,<br />

innerhalb dieser Vereinbarkeitsprüfung einen dreistufigen<br />

Abwägungstest durchzuführen, den sie in Sekundärrechtsakten<br />

für bestimmte Arten von Beihilfen (z. B. im<br />

Bereich Forschung, Entwicklung und Innovation) weiter<br />

konkretisiert. Auf Stufe 1 dieses Tests soll überprüft werden,<br />

ob die Beihilfenmaßnahme einem genau definierten<br />

Ziel von gemeinsamem Interesse dient, das durch das<br />

freie Spiel der Marktkräfte nicht erreicht werden kann.<br />

Als schützenswertes Ziel soll nach dem Willen der EU-<br />

Kommission künftig vor allem die Beseitigung eines<br />

Marktversagens gelten. Hierbei handelt es sich um den<br />

klassischen ökonomischen Rechtfertigungsgrund für die<br />

Vergabe von Beihilfen. Auf Stufe 2 des Abwägungstests

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