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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 42 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

diese in der Höhe ihrer Erwerbseinkommen unterscheiden.<br />

110.* Es ist grundsätzlich eine Preisdifferenzierung wünschenswert,<br />

die den Versicherten korrekte Signale zur<br />

Wirtschaftlichkeit ihrer Tarifentscheidung übermittelt.<br />

Idealerweise sollten daher den Versicherten Preisnachlässe<br />

in Form von kassenindividuellen, pauschalen Prämien<br />

gewährt werden. Zudem ist darüber nachzudenken,<br />

ob preismindernde Prämien nicht lediglich je Beitragszahler,<br />

sondern je Versichertem ausgezahlt werden sollen.<br />

Weiterhin ist die Möglichkeit einer regionalen Prämiendifferenzierung<br />

zu erwägen. Hierdurch würde der Tatsache<br />

Rechnung getragen, dass sich die Krankenhausversorgung<br />

überwiegend im regionalen, wohnortnahen<br />

Umfeld der Versicherten abspielt, daher auch für den einzelnen<br />

Versicherten die vor Ort zwischen seiner Krankenkasse<br />

und den Krankenhäusern geschlossenen selektiven<br />

Verträge eine besondere Relevanz besitzen.<br />

111.* Es wäre anreizschädlich, Kostenersparnisse, die<br />

eine Krankenkasse alleine aus der erfolgreichen Einführung<br />

ihres Optionstarifes bei einem Teil ihrer Versicherten<br />

erzielt, ganz oder teilweise zugunsten allgemeiner Solidarziele<br />

über den Risikostrukturausgleich auch den<br />

Versicherten im Standardtarif zukommen zu lassen. Aus<br />

Sicht der Monopolkommission ist daher unter Beachtung<br />

des hierfür erforderlichen zusätzlichen bürokratischen<br />

Aufwandes zu empfehlen, den Risikostrukturausgleich<br />

für die Tarife des Optionsmodells von dem Risikostrukturausgleich<br />

für den gesetzlichen Standardtarif zu trennen.<br />

112.* Damit der Vertragswettbewerb der Krankenkassen<br />

funktionsfähig wird, muss schließlich die Nachfragemacht<br />

marktbeherrschender Krankenkassen der Wettbewerbsaufsicht<br />

unterworfen werden. Der § 69 SGB V<br />

kommt für die Rechtsbeziehungen von Krankenkassen zu<br />

den Leistungserbringern im Gesundheitswesen einer Bereichsausnahme<br />

gegenüber dem deutschen Kartell- und<br />

Unlauterkeitsrecht gleich. Durch diese ist den Krankenkassen<br />

die wettbewerbspolitisch problematische Möglichkeit<br />

gegeben, Verträge mit Leistungserbringern<br />

anstatt einzeln nun kollektiv abzuschließen. Die Koordination<br />

zwischen den Marktseiten und der Marktseiten untereinander<br />

würde den vertragswettbewerblichen Wirkmechanismus<br />

stören und die für die Versicherten der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung mittel- bis langfristig<br />

möglichen qualitativen und preislichen Verbesserungen<br />

untergraben. Es steht die Bildung eines bilateralen Oligopols<br />

mit mittel- bis langfristigen Tendenzen zu überhöhten<br />

Preisen, eingeschränkten Angebotsmengen und suboptimalen<br />

Angebotsqualitäten zu befürchten, in dem jede<br />

Marktseite die Partizipation ihrer Mitglieder an den Überschüssen<br />

des Krankenhausmarktes durch oligopolistische<br />

Strukturen sichert. Mithin ist der dem § 69 SGB V zugrunde<br />

liegenden Logik, wonach die Bündelung von Einkaufsmacht<br />

zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen<br />

führen und übernormale Gewinne reduzieren kann, aus<br />

wettbewerbsökonomischer wie aus ordnungspolitischer<br />

Sicht nicht pauschal zuzustimmen. Die vertraglichen Vereinbarungen<br />

zwischen den gesetzlichen Krankenkassen<br />

und den Krankenhäusern sind daher nach Auffassung der<br />

Monopolkommission im vollen Umfang wettbewerbsrechtlichen<br />

Regelungen und kartellrechtlicher Kontrolle<br />

zu unterwerfen.<br />

VI. Der more economic approach in der<br />

europäischen Beihilfenkontrolle<br />

113.* Die EU-Kommission hat eine umfassende Reform<br />

der europäischen Beihilfenkontrolle angekündigt. In ihrem<br />

im November 2005 veröffentlichten State Aid Action<br />

Plan (SAAP – Aktionsplan Staatliche Beihilfen) benennt<br />

sie als ein herausragendes Ziel dieser Reform, dass ein<br />

stärker ökonomisch fundierter Ansatz (more economic<br />

approach) zur Anwendung kommen soll. Unter Berufung<br />

auf einen more economic approach strebt die EU-Kommission<br />

bereits seit einigen Jahren eine schrittweise<br />

Reform der unternehmensbezogenen europäischen Wettbewerbsvorschriften<br />

an (Artikel 81, 82 EGV und europäische<br />

Fusionskontrollnormen, nachstehend: EU-Kartellrecht).<br />

Der von der Kommission im EU-Kartellrecht<br />

befürwortete more economic approach ist Gegenstand<br />

zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten und wird in der<br />

juristischen und ökonomischen Fachwelt kontrovers diskutiert.<br />

Die wissenschaftliche Diskussion über die Chancen<br />

und Risiken eines more economic approach in der<br />

Beihilfenkontrolle findet dagegen bislang nur in wesentlich<br />

geringerem Umfang statt.<br />

114.* Die in Artikel 87 ff. EGV geregelte Beihilfenkontrolle<br />

bildet neben dem EU-Kartellrecht den zweiten Bestandteil<br />

des europäischen Wettbewerbsrechts. Während<br />

die Artikel 81 und 82 EGV privat veranlasste Wettbewerbsbeschränkungen<br />

kontrollieren sollen, geht es in<br />

Artikel 87 ff. EGV um einen wichtigen Fall staatlicher<br />

Wettbewerbsbeschränkungen, nämlich die Gewährung<br />

von Beihilfen durch Mitgliedstaaten. Der Begriff Beihilfen<br />

wird im europäischen Recht für Subventionen verwendet,<br />

welche die in Artikel 87 Abs. 1 EGV genannten<br />

fünf Voraussetzungen erfüllen. Nach dieser Definition<br />

sind Maßnahmen dann als Beihilfen zu qualifizieren,<br />

wenn sie<br />

– erstens eine „Begünstigung“, also einen wirtschaftlichen<br />

Vorteil für den Empfänger, beinhalten,<br />

– zweitens zugunsten „bestimmter Unternehmen oder<br />

Produktionszweige“ gewährt werden, also selektiv<br />

wirken,<br />

– drittens „staatlich“ sind oder aus „staatlichen Mitteln“<br />

gewährt werden,<br />

– viertens den „Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen<br />

drohen“ und<br />

– fünftens den „Handel zwischen den Mitgliedstaaten<br />

beeinträchtigen“.<br />

115.* Die Vergabe von Beihilfen kann zu erheblichen<br />

Wettbewerbsverzerrungen auf den betroffenen Produktund<br />

Dienstleistungsmärkten in allokativer, produktiver<br />

und dynamischer Hinsicht führen. Die Verursacher möglicher<br />

Wettbewerbsbeschränkungen sind hier nicht Unternehmen<br />

und Marktteilnehmer, sondern staatliche

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