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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 40 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

rung fördert. Denn in dem Festpreissystem erweisen sich<br />

die Anreize für Krankenhausbetreiber als problematisch,<br />

zur Steigerung der eigenen Gewinne die Behandlungsqualität<br />

abzusenken, Patienten zu frühzeitig aus der Behandlung<br />

zu entlassen, eine Selektion der Patienten nach<br />

wirtschaftlichen Kriterien vorzunehmen sowie unnötige,<br />

zusätzliche Behandlungen auszuführen.<br />

99.* Bedenklich sind auch der Trend zur Einzelleistungsvergütung<br />

und der Trend zu standardisierten Behandlungen<br />

und Prozeduren, die verhindern, dass sich die<br />

möglicherweise heterogenen Präferenzen der Patienten in<br />

Bezug auf die Krankenhausversorgung in einem entsprechend<br />

differenzierten und effizienten Angebot widerspiegeln.<br />

Das DRG-Fallpauschalensystem läuft Gefahr, durch<br />

seine zunehmende Ausdifferenzierung die Vorteile der<br />

prospektiven Vergütung weitgehend zu verspielen. Den<br />

Krankenhäusern bleiben ohne explizite Verhandlungen<br />

mit den Kostenträgern nur geringe Spielräume zur Entwicklung<br />

innovativer Behandlungen, die einerseits teurer<br />

als etablierte Methoden sind, andererseits aber auch die<br />

Qualität weiter verbessern würden. Die Monopolkommission<br />

ist der Auffassung, dass die sich gegenwärtig<br />

bietenden Fehlanreize nur schwerlich über eine weitere<br />

Ausdifferenzierung des einheitlich gültigen Fallpauschalensystems<br />

und über eine weiter intensivierte Regulierung<br />

des Krankenhausmarktes zu kontrollieren sind. Die weitere<br />

Differenzierung der Fallpauschalen sollte daher zumindest<br />

gestoppt, wenn nicht zurückgeführt werden, um<br />

den Krankenhäusern neue Gestaltungsspielräume bei der<br />

Entwicklung und Umsetzung innovativer Behandlungen<br />

zu eröffnen.<br />

100.* Aus Sicht der Monopolkommission ist es ein überlegenswerter<br />

Schritt, den Krankenhausmarkt erneut einem<br />

monistischen Finanzierungssystem zu unterwerfen.<br />

In einem solchen würden sämtliche Betriebsausgaben und<br />

Investitionen aus Fallpauschalen gedeckt. Nach der<br />

Rückkehr zur Monistik generieren nun Investitionszuschläge<br />

auf die Betriebskosten-Fallpauschalen einen Anreiz<br />

für Investoren zum Abbau des bestehenden Investitionsstaus.<br />

Aus wettbewerbsökonomischer Perspektive ist<br />

ein Ausgleich des Investitionsstaus vor Einführung der<br />

Monistik keineswegs zwingend. Man mag daher den unvermittelten<br />

Übergang zur Monistik wegen der Unterschiede<br />

im Investitionsniveau als unfair empfinden, weil<br />

ihnen keine entsprechenden Leistungsunterschiede in der<br />

Vergangenheit gegenüberstehen. Die Monopolkommission<br />

sieht ihren Ausgleich jedoch kritisch. Dieser müsste<br />

über einen Ausgleichspool erfolgen. Einerseits wären<br />

seine Transaktionskosten aber vermutlich nicht unerheblich.<br />

Lösungen, die noch dazu eine Streckung der Ausgleichszahlungen<br />

über einen längeren Zeitraum vorsehen,<br />

führen weiterhin zum Aufbau einer schwerfälligen Bürokratie<br />

und bergen die Gefahr einer ineffizienten Geldanlage<br />

durch den Staat. Aus ökonomischer Sicht schließlich<br />

ist an jeder Form des Ausgleichs von Unterschieden<br />

im bestehenden Investitionsbestand grundsätzlich problematisch,<br />

dass der Restwert investierten Kapitals eine vergangenheitsbezogene<br />

Größe ist, die an sich für zukunftsbezogene<br />

Entscheidungen keine Relevanz besitzt.<br />

101.* Größtes Hindernis bei der Einführung der Monistik<br />

dürften Konflikte zwischen den Bundesländern werden.<br />

Diese sind ihren Subventionspflichten zuletzt in sehr unterschiedlicher<br />

Weise nachgekommen und es dürfte daher<br />

zu einer politischen Auseinandersetzung darüber kommen,<br />

wer in einem monistischen Krankenhausfinanzierungssystem<br />

welche Lasten trägt. Sollten die Bundesländer<br />

künftig in mindestens demselben Maße wie bisher zur<br />

Investitionsfinanzierung des Krankenhaussektors beitragen,<br />

muss die Umstellung auf ein monistisches Finanzierungssystem<br />

nicht zu einer höheren Beitragslast auf den<br />

Schultern der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

führen.<br />

102.* Wenn kein vollmonistisches System erreicht werden<br />

kann, ist zumindest über die Einführung einer teilmonistischen<br />

Finanzierung, wie sie beispielsweise das<br />

Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung<br />

(RWI) diskutiert, nachzudenken. Hierbei würde auf die<br />

antragspflichtige Einzelförderung von Krankenhäusern<br />

verzichtet und es würden sämtliche staatlichen Mittel nur<br />

noch in Form pauschaler Fördermittelzuwendungen an<br />

die Krankenhäuser ausgeschüttet. Allerdings müsste ein<br />

geeigneter Schlüssel gefunden werden, über den die Bundesländer<br />

ihre Fördergelder ausschütten. Da die bisherige<br />

Bindung an die Planbettenzahl aufgrund der mit Angebots-<br />

oder Prozessinnovationen im Krankenhaussegment<br />

zwangsläufig einhergehenden Kapazitätsanpassungen<br />

nicht anreizgerecht erscheint, muss ein zeitgemäßerer<br />

Schlüssel etwa in Form einer Bindung an den Krankenhausumsatz<br />

entwickelt werden.<br />

103.* Das sich einstellende marktliche Leistungsangebot<br />

sollte dann bei korrekt bemessenen Investitionszuschlägen<br />

dem effizienten Versorgungsniveau weitgehend entsprechen.<br />

Mögliche innovative Anpassungen können<br />

dann auch in marktstrukturellen Veränderungen gesehen<br />

werden, etwa in einer stärkeren Integration der ambulanten<br />

Versorgung in den Krankenhausbetrieb oder in der<br />

Umsetzung von Portalklinikkonzepten in weniger dicht<br />

besiedelten Regionen, durch die in einem Klinikverbund<br />

die unmittelbare Notfallversorgung vor Ort sichergestellt<br />

und gleichzeitig die spezialisierte stationäre Krankenhausversorgung<br />

in überregionalen Zentren übernommen<br />

werden kann. Mit Blick auf die Forderung nach der Sicherstellung<br />

einer flächendeckenden Versorgung mit<br />

Krankenhausleistungen betont die Monopolkommission,<br />

dass es bei der Daseinsvorsorge auf Krankenhausmärkten<br />

in erster Linie nicht um die Korrektur eines ökonomisch<br />

fundierten Marktversagens geht, sondern vielmehr um die<br />

Bereitstellung eines politisch gewünschten, flächendeckenden<br />

Umfangs an Krankenhausleistungen nach dem<br />

Prinzip der Tarifgleichheit im Raum. Auch wenn dieser<br />

politisch gewünschte Umfang nicht dem ökonomisch effizienten<br />

Umfang entspricht, kann seine Bereitstellung legitim<br />

sein, denn es spielen hierbei neben ökonomischen<br />

Effizienzzielen auch an Wertvorstellungen anknüpfende<br />

Zielsetzungen eine Rolle.<br />

104.* Der Monopolkommission erscheint es nicht sinnvoll,<br />

den Sicherstellungsauftrag für Reservekapazitäten<br />

und die Notfallversorgung den Krankenkassen zu übertra-

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