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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 382 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

weilige Mitgliedstaat den Nachweis erbringen, warum im<br />

konkreten Fall ein spezifisches Marktversagen vorliegt.<br />

Sodann soll auf Stufe 2 überprüft werden, ob es sich bei<br />

der Beihilfe um ein geeignetes Instrument handelt, ein<br />

Anreizeffekt vorliegt und die Beihilfe verhältnismäßig<br />

ist. Eine Maßnahme gilt bereits dann als geeignetes Instrument,<br />

wenn der betreffende Mitgliedstaat im Rahmen<br />

einer Folgenabschätzung andere Maßnahmen erwogen<br />

hat und (nachvollziehbar) zu der Feststellung gelangt ist,<br />

dass die Gewährung einer selektiv wirkenden Beihilfe<br />

Vorteile mit sich bringt. In diesem Zusammenhang gesteht<br />

die EU-Kommission den Mitgliedstaaten somit einen<br />

Einschätzungsspielraum zu. Demgegenüber verlangt<br />

sie in Bezug auf den Anreizeffekt einen positiven Nachweis,<br />

der eine äußerst komplexe und aufwendige Analyse<br />

voraussetzt, die über die in Kapitel 6 genannten Anforderungen<br />

hinausgeht. Die Ermittlung des Anreizeffekts bildet<br />

nach den Ausführungen der EU-Kommission im Rahmen<br />

des konkreten Abwägungstests „den wichtigste(n)<br />

Bestandteil bei der Analyse einer staatlichen FuEuI-Beihilfe“.<br />

202 Für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit fordert<br />

die EU-Kommission die Mitgliedstaaten hingegen lediglich<br />

dazu auf, konkret darzulegen, inwiefern ein offenes<br />

Auswahlverfahren stattgefunden hat und ob die Beihilfe<br />

den erforderlichen Mindestbetrag nicht überschreitet.<br />

Zum Schluss sollen auf Stufe 3 des Tests mögliche Wettbewerbs-<br />

und Handelsverzerrungen analysiert und mit<br />

den positiven Wirkungen (der Beseitigung des jeweiligen<br />

Marktversagens) abgewogen werden. Als Wettbewerbsverzerrungen,<br />

die durch eine FuEuI-Beihilfe ausgelöst<br />

werden können, benennt die EU-Kommission:<br />

– die Verringerung der dynamischen Innovationsanreize<br />

für die Wettbewerber durch eine verstärkte Präsenz<br />

des begünstigten Unternehmens auf den Produktmärkten<br />

(Verdrängungseffekte); in diesem Zusammenhang<br />

möchte die EU-Kommission den Beihilfenbetrag, 203<br />

die Marktnähe/Beihilfenart, 204 die Art der Vergabe, 205<br />

eventuelle Austrittsschranken, 206 die Wettbewerbsanreize<br />

für einen zukünftigen Markt 207 und die Produkt-<br />

202 Vgl. Ziff. 7.3.3. FuEuI-Gemeinschaftsrahmen.<br />

203 Bei besonders hohen Beihilfenbeträgen (gemessen an den gesamten<br />

privaten FuEuI-Ausgaben in dem betreffenden Sektor) sind nach Ansicht<br />

der EU-Kommission beträchtliche Verdrängungseffekte wahrscheinlicher.<br />

204 Mit zunehmender Marktnähe der durch eine Beihilfe geförderten<br />

FuEuI-Tätigkeit nimmt nach Einschätzung der EU-Kommission die<br />

Wahrscheinlichkeit erheblicher Verdrängungswirkungen zu.<br />

205 Die Gewährung der Beihilfen auf der Grundlage objektiver Kriterien<br />

wird von der Kommission positiver bewertet.<br />

206 Die EU-Kommission führt aus, dass die Wettbewerber eher geneigt<br />

sein werden, ihre Investitionen aufrechtzuerhalten oder sogar zu erhöhen,<br />

wenn die Schranken zur Aufgabe des Innovationsprozesses<br />

hoch sind. Dies kann der Fall sein, wenn ein Großteil der früheren Investitionsausgaben<br />

des Wettbewerbers in einer bestimmten FuEuI-<br />

Technologie gebunden ist.<br />

207 FuEuI-Beihilfen können nach Ansicht der EU-Kommission dazu<br />

führen, dass die Wettbewerber des Begünstigten auf den Wettbewerb<br />

um einen zukünftigen Markt verzichten, da die mit der Beihilfe verbundenen<br />

Vorteile (hinsichtlich des Maßes des technischen Vorsprungs<br />

oder zeitlicher Vorteile) die Rentabilität eines zukünftigen<br />

Markteintritts für die Wettbewerber verringern.<br />

differenzierung sowie die Intensität des Wettbewerbs<br />

208 berücksichtigen;<br />

– die Schaffung oder Aufrechterhaltung von Marktmacht;<br />

die EU-Kommission kündigt an, die Höhe der<br />

Zutrittsschranken, 209 die Nachfragemacht 210 und den<br />

Auswahlprozess in ihre diesbezügliche Betrachtung<br />

einzustellen. 211 Sie legt dar, es sei unwahrscheinlich,<br />

dass in Märkten, in denen jeder Begünstigte einen Anteil<br />

von weniger als 25 Prozent hält und sich die<br />

Marktkonzentration gemessen am HHI 212 auf unter<br />

2 000 beläuft, Wettbewerbsbedenken wegen Marktmacht<br />

auftreten.<br />

– die Aufrechterhaltung ineffizienter Marktstrukturen;<br />

die EU-Kommission möchte insoweit überprüfen, ob<br />

die Beihilfe in Märkten mit Überschusskapazitäten,<br />

für schrumpfende Wirtschaftszweige oder in sensiblen<br />

Sektoren gewährt wird.<br />

1073. Zu begrüßen ist, dass die EU-Kommission die<br />

Wettbewerbsverzerrungen, die im Falle einer FuEuI-Beihilfe<br />

drohen, im Gemeinschaftsrahmen typologisiert und<br />

die Beurteilungskriterien ausdrücklich benennt. Die Untersuchung<br />

der negativen Auswirkungen auf Stufe 3 des<br />

Tests setzt voraus, dass eine detaillierte Wettbewerbsanalyse<br />

auf der Basis einer konkreten Definition des sachlich<br />

und geografisch relevanten Marktes erfolgt. Die EU-<br />

Kommission berücksichtigt bei der Wettbewerbsanalyse<br />

sowohl verschiedene Marktcharakteristika (die Stellung<br />

des begünstigten Unternehmens im relevanten Markt, die<br />

Marktanteilshöhe und -konzentration, Marktzutrittsbarrieren,<br />

den Grad an Produktdifferenzierung sowie Überkapazitäten<br />

im Markt) als auch Beihilfencharakteristika (die<br />

Art der Vergabe 213 , die Höhe des Beihilfenbetrags, die<br />

208 Wenn die Produktinnovation auf die Entwicklung differenzierter Produkte<br />

(etwa bezogen auf bestimmte Marken, Normen, Techniken,<br />

Verbrauchergruppen) gerichtet ist, sind die Wettbewerber davon nach<br />

Auffassung der EU-Kommission in der Regel weniger stark betroffen.<br />

Dasselbe gelte, wenn viele effektive Wettbewerber auf dem<br />

Markt vertreten sind.<br />

209 Die EU-Kommission legt dar, dass im FuEuI-Bereich die Zutrittsschranken<br />

für Newcomer hoch sein könnten. Hierzu zählt sie Schranken<br />

rechtlicher Art (insbesondere Rechte des geistigen Eigentums),<br />

Größen- und Verbundvorteile, Schranken beim Zugang zu Netzwerken<br />

und Infrastrukturen und sonstige strategische Schranken für den<br />

Markteintritt oder das Wachstum.<br />

210 Die Marktmacht eines Unternehmens kann, so die EU-Kommission,<br />

durch die Marktstellung der Abnehmer eingeschränkt werden. Das<br />

Vorhandensein starker Abnehmer könne bewirken, dass eine starke<br />

Marktstellung weniger schwer wiege, wenn anzunehmen sei, dass die<br />

Käufer versuchen werden, ausreichenden Wettbewerb im Markt zu<br />

erlangen.<br />

211 Nach Ansicht der EU-Kommission sind Beihilfen bedenklich, die es<br />

Unternehmen mit starker Marktstellung ermöglichen, den Auswahlprozess<br />

zu beeinflussen, z. B. wenn sie das Recht haben, Unternehmen<br />

im Auswahlprozess zu empfehlen oder den Forschungspfad auf<br />

eine Weise zu beeinflussen, die alternative Pfade ungerechtfertigt benachteiligt.<br />

212 HHI ist die Abkürzung für Herfindahl-Hirschman-Index und beschreibt<br />

die Summe der quadrierten Marktanteile der Unternehmen<br />

im relevanten Markt.<br />

213 Maßnahmen, die innerhalb breiter Hilfsprogramme oder innerhalb<br />

offener Auswahlverfahren vergeben wurden, sind ceteris paribus weniger<br />

verzerrend als gezielte Ad-hoc-Maßnahmen zugunsten einzelner<br />

Firmen.

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