29.11.2012 Aufrufe

Deutscher Bundestag Unterrichtung

Deutscher Bundestag Unterrichtung

Deutscher Bundestag Unterrichtung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 381 – Drucksache 16/10140<br />

Ohne darzulegen, warum sie nicht wie in den übrigen Bereichen<br />

der Wettbewerbspolitik insoweit auf die Konsumentenwohlfahrt<br />

abstellt, benennt die EU-Kommission<br />

beiläufig die Gesamtwohlfahrt als maßgebliches Leitbild.<br />

1068. Die EU-Kommission sieht im FuEuI-Gemeinschaftsrahmen<br />

verschiedene Verfahren mit unterschiedlicher<br />

Prüfungsdichte vor: zum einen ein schnelleres Verfahren,<br />

bei dem auch gesetzliche Vermutungen zum<br />

Tragen kommen sollen, zum anderen ein sehr aufwendiges<br />

Prüfverfahren, bei dem eine konkrete und auf den Fu-<br />

EuI-Bereich zugeschnittene Anwendung der dreistufigen<br />

Abwägungsprüfung erfolgt. Die eingehende Würdigung<br />

soll vorgenommen werden, falls die Beihilfe bestimmte,<br />

in Kapitel 7 des FuEuI-Gemeinschaftsrahmens aufgeführte<br />

Obergrenzen überschreitet. Die Höhe dieser<br />

Schwellenwerte differiert je nach Beihilfenart und geförderter<br />

Tätigkeit. 197 Darüber hinaus enthält der FuEuI-Gemeinschaftsrahmen<br />

besondere Vorgaben für die Prüfung<br />

des Anreizeffekts.<br />

1069. Konkret definiert die EU-Kommission in Kapitel 5<br />

des FuEuI-Gemeinschaftsrahmens zunächst verschiedene<br />

Beihilfenkategorien, für die sie konkrete Voraussetzungen<br />

aufstellt und die zulässige Beihilfenintensität 198<br />

bestimmt. Je marktferner die geförderte Tätigkeit ist,<br />

desto höher darf die Beteiligung an dem jeweiligen Projekt<br />

ausfallen (100 Prozent bei der Grundlagenforschung,<br />

50 Prozent bei der industriellen Forschung und 25 Prozent<br />

bei der experimentellen Forschung). Dieser Abgrenzung<br />

liegt die zutreffende Annahme zugrunde, dass<br />

schädliche Wettbewerbsverzerrungen auf Produktmärkten<br />

umso wahrscheinlicher sind, je stärker die geplante<br />

Investition auf die Entwicklung neuer oder veränderter<br />

Produkte oder Verfahren angelegt ist.<br />

1070. In Kapitel 6 des FuEuI-Gemeinschaftsrahmens<br />

geht die EU-Kommission sodann auf das Kriterium des<br />

Anreizeffekts ein, dem sie einen zentralen Stellenwert<br />

beimisst. Bei bestimmten Beihilfen – namentlich bei Projektbeihilfen<br />

für Großunternehmen, Projektbeihilfen für<br />

KMU über 7,5 Mio. Euro, Beihilfen für Prozess- und Organisationsinnovation<br />

im Dienstleistungssektor und Beihilfen<br />

für Innovationskerne – muss der Anreizeffekt von<br />

197 Nach Ziff. 7.1 des FuEuI-Gemeinschaftsrahmens sind die folgenden<br />

Schwellenwerte maßgeblich:<br />

„– im Falle von Projektbeihilfen und Durchführbarkeitsstudien<br />

– bei Projekten, die überwiegend die Grundlagenforschung betreffen:<br />

20 Mio. Euro je Unternehmen und Vorhaben/Durchführbarkeitsstudie;<br />

– bei Projekten, die überwiegend die industrielle Forschung betreffen:<br />

10 Mio. Euro je Unternehmen und Vorhaben/Durchführbarkeitsstudie;<br />

– bei allen anderen Projekten: 7,5 Mio. Euro je Unternehmen und<br />

Projekt/Durchführbarkeitsstudie;<br />

– im Falle der Prozess- oder Betriebsinnovation im Dienstleistungssektor:<br />

5 Mio. Euro je Unternehmen und Vorhaben;<br />

– im Falle von Innovationskernen (je Kern): 5 Mio. Euro.“<br />

198 Hierunter versteht man „die in Prozent der beihilfenfähigen Kosten<br />

des Vorhabens ausgedrückte Höhe der Bruttobeihilfe. Sämtliche eingesetzten<br />

Beträge sind Beträge vor Abzug von Steuern oder anderen<br />

Abgaben. Werden Beihilfen nicht in Form eines Zuschusses gewährt,<br />

bestimmt sich die Höhe der Beihilfe nach ihrem Beihilfenäquivalent.“<br />

(Ziff. 2.2 c) FuEuI-Gemeinschaftsrahmen).<br />

den anmeldenden Mitgliedstaaten konkret nachgewiesen<br />

werden. In entsprechenden Fällen müssen die Mitgliedstaaten<br />

unabhängig davon, ob darüber hinaus auch der in<br />

Kapitel 7 für die konkrete Tätigkeit genannte Schwellenwert<br />

überschritten ist, der EU-Kommission eine Ex-ante-<br />

Bewertung der gesteigerten FuEuI-Tätigkeit vorlegen, die<br />

auf einem Vergleich der Situation ohne Beihilfe mit der<br />

Situation nach Beihilfengewährung basiert. Als mögliche<br />

Indikatoren benennt die EU-Kommission: Erhöhung des<br />

Projektumfangs, Erhöhung der Projektreichweite, Beschleunigung<br />

des Verfahrens, Aufstockung der Gesamtaufwendungen<br />

für FuEuI. 199<br />

1071. Sofern die jeweilige Beihilfenmaßnahme die Kriterien<br />

des Kapitels 5 erfüllt, den für die geförderte Tätigkeit<br />

vorgesehenen Schwellenwert des Kapitels 7 nicht überschreitet<br />

200 und der Anreizeffekt entsprechend dem in Kapitel<br />

6 beschriebenen Verfahren nachgewiesen wird, erfolgt<br />

keine weitere Prüfung. Vielmehr wird unterstellt,<br />

dass die dreistufige Abwägungsprüfung zu einem positiven<br />

Ergebnis führen würde. Da die EU-Kommission insoweit<br />

auf Schwellenwerte und nicht etwa auf Marktanteile<br />

abstellt, kommt dieser Vermutungstatbestand<br />

unabhängig von der Größe des Marktes und der Marktstellung<br />

des Begünstigten zum Tragen.<br />

1072. Sofern der für die jeweilige Tätigkeit festgelegte<br />

Schwellenwert überschritten ist, soll die dreistufige Abwägungsprüfung<br />

einzelfallbezogen nach Maßgabe der in<br />

Kapitel 7 näher beschriebenen Vorgehensweise durchgeführt<br />

werden.<br />

Zunächst muss der Mitgliedstaat auf Stufe 1 das Vorliegen<br />

eines berechtigten gemeinsamen Interesses nachweisen.<br />

Nach Maßgabe des FuEuI-Gemeinschaftsrahmens<br />

kommt eine Rechtfertigung von Beihilfen nur dann in<br />

Betracht, wenn die Beseitigung eines Marktversagens angestrebt<br />

wird. 201 Andere Ziele sozialer oder verteilungspolitischer<br />

Art lässt die EU-Kommission im Anwendungsbereich<br />

des FuEuI-Rahmens nicht gelten. Nach<br />

Ansicht der EU-Kommission sind im Bereich FuEuI als<br />

Formen des Marktversagens Wissens-Spillover, unvollständige<br />

und asymmetrische Informationen sowie mangelnde<br />

Koordinierung und Netzbildung denkbar. Deren<br />

bloße Behauptung reicht nicht aus, vielmehr muss der je-<br />

199 Falls der in Kapitel 7 genannte Schwellenwert nicht überschritten ist,<br />

möchte die EU-Kommission im Regelfall annehmen, dass die geplante<br />

Beihilfe einen Anreizeffekt aufweist, wenn zumindest bei einem<br />

dieser Faktoren signifikante Veränderungen unter Berücksichtigung<br />

des normalen Verhaltens in dem betreffenden Wirtschaftszweig<br />

nachgewiesen werden können. Andernfalls gelten erhöhte Nachweispflichten.<br />

200 Hierunter fallen:<br />

– Projektbeihilfen und Durchführbarkeitsstudien, bei denen die Beihilfe<br />

einem KMU gewährt wird und der Beihilfenbetrag je KMU<br />

und Vorhaben unter 7,5 Mio. Euro liegt (Projektbeihilfe plus Beihilfe<br />

für Durchführbarkeitsstudie),<br />

– Beihilfen für von KMU zu tragende Kosten für gewerbliche<br />

Schutzrechte,<br />

– Beihilfen für junge innovative Unternehmen,<br />

– Beihilfen für Innovationsberatung; Beihilfen für innovationsunterstützende<br />

Dienstleistungen,<br />

– Beihilfen zur Ausleihung hochqualifizierten Personals.<br />

201 Vgl. Ziff. 1.3.2 FuEuI-Gemeinschaftsrahmen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!